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Ausgabe:

1971

Kategorie:

Kirchengeschichte: Reformationszeit

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Neuerscheinungen

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20!)

Theologische Literaturzeitung 96. Jahrgang 1971 Nr. 3

210

Luther kaum angemessen, die Taufpredigt als Kompensation
und Korrektur der Kindertaufe zu bezeichnen.

Für die aktuelle Problematik ist der Hinweis auf die
Bedeutung der Taufpredigt wichtig. Die praktische
Schwierigkeit besteht freilich weithin darin, daß es nicht
gelingt, die Getauften und ihre Angehörigen durch die
Predigt zu erreichen. Dennoch zeigt Ferels Buch, daß
Luthers Taufpredigt trotz der veränderten Situation helfen
kann, den Gemeindegliedern die Bedeutung ihrer
Taufe nahezubringen. Es wäre zu wünschen, daß die spezifisch
homiletischen Gesichtspunkte in Luthers Predigt
stärker herausgearbeitet würden, da diese sowohl in der
Lutherforschung als auch in der Geschichte der Predigt
noch nicht die nötige Beachtung fanden.

Das Buch ist in ansprechendem, klarem Stil geschrieben
. Die zahlreichen, in der Regel Rörers Nachschriften
entnommenen Zitate werden so exakt wiedergegeben, daß
auch offensichtliche Fehler stehenbleiben, z. B. S. 27 Abs. 2
Z.3 mit statt nit; S.67 Anm.49 geborn statt gehorn;
S.216 Z.10 vitam inaeternum statt vitam in aeternum.

Halle/Snalc Eberhard Winklet

Cameron, Richard M.: The Charges of Lutheranism Brought

Against Jasques Lefevre d'Etaplea (1520-1529) (HThR 63,

1970 S. 119-149).
Casteel, Theodore W.: Calvin and Trent: Calvin's Reactlon

to the Council of Trent in the Context of his Conciliar

Thought (HThR 63. 1970 S.91-117).
Hagen, Kcnneth: The Problem of Testament in Luther's Lec-

turea on Hebrews (HThR 63, 1970 S.61-90).
Miller, Arlene A.: The Theologies of Luther and Boehme in the

Light of their Genesis Commentnries (HThR 68, 1970

S. 261-303).

Ozment, Steven E.: An Aid to Luther's Marginal Comments on
( Johannes Tauler's Sermons (HThR 63, 1970 8.306-311).
Roensch, Manfred: Das Priestertum der Gläubigen bei Luther
und Melanchthon (LRb 18, 1970 S. 115-122).

KIRCHENGESCHICHTE: NEUZEIT

I'acker, John Vf.: The Transformation of Anglicanism 1643 to

1660 with special referenee to Henry Hammond. Manchester:
Manchester University Press [19691. VIII, 223 S., 1 Taf. 8".
Lw. 55 s.

In die an Extremen reiche Geschichte Englands im
17. Jh., welche sich weithin auf kirchlichem Boden vollzieht
und in der sowohl Volksaberglaubc wie eine tiefgehende
theologische Wissenschaft zutage trat, führt das
Buch ein. Es zeigt insbesondere an der Person Henry
Harunionds, welche Veränderungen im Anglikanisrnus in
den Jahren 1643-1G60 sich vollzogen haben. Der Vf. hat
in lOjährigem Studium die Archivalien und Literatur
jener Zeit durchgearbeitet und dabei die erstaunliche Feststellung
machen können, daß glücklicherweise viele Briefe
Hamnionds erhalten geblieben sind. Leider aber sind sie
undatiert, so daß sich für die Chronologie Schwierigkeiten
ergeben, mit denen sich bereits Gelehrte im 19. und 20. Jh.
beschäftigt haben. So verdanken wir dem Vf. ein eindrucksvolles
kirchengeschichtliches Bild jener Jahre, in
denen das Leben Henry Hamnionds weithin im Mittelpunkt
steht. Seine Darstellung geht weit über die Biographie
J.Fells vom Jahro 1661 und über die Skizze
W. H.Teales in den Lives of English Divines, 1846, S. 101
bis 146 hinaus. Fells Darstellung ist außerdem in die Vorrede
der 3bändigen Auswahl der theologischen Schriften
Hamnionds in der Library of Anglo-Catholic Theology
1847-50 aufgenommen worden.

Das Buch beginnt unter dem Thema Kirche und Staat
•u den Jahren 1641- 1645 mit einer Übersicht über die geschichtlichen
Ereignisse, der Abfassung und Überreichung
der „großen Remonstranz" an Karl I. (1641), der Verhaftung
von 13 Bischöfen, dem Bruch zwischen Parlament
und König, der schließlich zur Hinrichtung des Königs
(1649) führte. Es folgt dann ein Aufriß des Lebens Hamnionds
(1605-1660): Erziehung in Eton, Studium in
Oxford, Ordination als Diakon (1629), Mitglied des „Kurzen
Parlaments" (1640), Archidiakon von Chichester und
Mitglied der Westminster Synode (1643). Seine Mitgliedschaft
ist um so erstaunlicher, als Hammond königstreu
war, dem König auch in dessen Gefangenschaft die Treue
gehalten hat und vergeblich ein Gnadengesuch (Humide
Adress) kurz vor dessen Hinrichtung eingereicht hatte.
Hammond ist dann in den Wochen vor seinen Tod als
Bischof von Worcester in Aussicht genommen worden.
Hammond konnte, obwohl wegen seiner Haltung politisch
gefährdet, abgesehen von einem milden Hausarrest, in den
Jahren politischer und kirchlicher Auseinandersetzung
sich wissenschaftlich betätigen. Die zahlreichen Schriften
jener Jahre, ein Ergebnis der theologischen und kirchlichen
Problematik, sind die Frucht dieser Tätigkeit (Anhang
I). In den letzten 10 Jahren seines Lebens hat er gemeinsam
mit Gilbert Sheldon, dem späteren Erzbischof
von Canterbury, wesentlichen Anteil an einer der größten
Perioden theologischer Argumentation und Apologetik
seines Landes. In ihr ging es in intellektueller Beweisführung
um die Verteidigung der anglikanischen Kirche
auf den Gebieten der Zeremonien, der Feiertage und der
Kindertaufe, der Abwehr der Papisten und Dissenters.
Alle diese Schriften haben Zeitgenossen angeregt zum
weiteren Studiuni und zur Förderung dieser Fragen.
Hammond als zugehörig zu den „Laudians", den Schülern
des hingerichteten Erzbischofs William Laud (1645),
gibt ein gutes Heispiel der Vertiefung solcher Studien der
„Laudians", aber zugleich zeigt er auch, wie sie trotz
aller Bedrohungen ihr bürgerliches Leben fortsetzen
konnten. Es ging den „Laudians" darum, mit den Prinzipien
, die. Laud entwickelt hatte, eine vernünftige Theologie
aufzubauen zur Errichtung einer anglokatholischen
Kirche. Die anonym veröffentlichte Erstlingsschrift
ITammonds, Fractical Catechism (1644), war Ausgangspunkt
. Sie führte zu einem umfangreichen Briefwechsel
mit Francis Cheynell, einem der „geistlichen Rebellen",
und zu einer Reihe Flugschriften. Die Diskussion, die
beide Kontrahenten zu einer sorgsamen theologischen
Wortbedeutung und Auslegung der Bibel nötigten, war in
dieser Form in der Kirche Englands neu. Jn diesem Zusammenhang
hat Hammond mit seinem Traktat über die
Vernünftigkeit der Religion (1650) in einer Zeit, da nach
der Hinrichtung des Königs die Sache der Kirche kritisch
erschien, viel zu der nach 1660 einsetzenden Wiederherstellung
kirchlicher Ordnung beigetragen.

So groß der Ruf Hamnionds als Apologet war, noch
größer war sein Ansehen als Exeget vor allem der bedeutsamen
Auslegung des KT (1653) und der Psalmen (1059).
Hammond hat als einer der ersten englischen Theologen
Bibelkritik getrieben. Hugo Grotius war sein Vorbild.
Die Anlehnung an seine Methode führte zu Auseinandersetzungen
. Wie stark Hammond von Grotius beeindruckt
war, zeigt sein Urtoil über ihn als Bewunderer der Kirche
von England. Mit ihr möchte Grotius in Gemeinschafl
leben. Ihre Form bischöflicher Verfassung billigt er.
Dieses Urteil ist für Hammond in der Auseinandersetzung
um diese Vorfassung besonders wichtig. In diesen]
Zusammenhang verteidigt Hammond nicht nur die Echtheit
der Ignatianen, sondern sah in ihnen klarer als im
NT die Prototypen der kirchlichen Ämter. Die Diskussion
über dieses Problem mit den gelehrten Hugenotten Salma-
sius und Blondel ist ein feines Stück der Apologetik im
Interesse der Ausübung des Kirchenregimentes durch die
Bischöfe.