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Ausgabe:

1971

Spalte:

201-203

Kategorie:

Kirchengeschichte: Alte Kirche, Christliche Archäologie

Autor/Hrsg.:

Mayer, Cornelius

Titel/Untertitel:

Die Zeichen in der geistigen Entwicklung und in der Theologie des jungen Augustinus 1971

Rezensent:

Voss, Bernd Reiner

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Seite 1, Seite 2

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201

Theologische Literaturzeitung 96. Jahrgang 1971 Nr. 3

202

londum reporta ex operibus S. Hieronymi" und verschiedene
Register.

Der Bearbeiter enthält sich jeglicher Bemerkung. Wir
•iahen ein sprödes Arbeitsinstrument erhalten, das einem
Herausgeber hieronymianischer Texte zugute kommt und
in das man Einblick nehmen wird, wenn man sich rasch
über die Bezeugung hieronymianischer Schriften unterrichten
will. Eine Beurteilung der handschriftlichen Überlieferung
oder ihre Geschichte enthält das Buch nicht.

Tttbingen llnnK-Dielrtdi AlU-mlcnf

Player, Cornelius Petrus, 0.S.A.: Die Zeichen in der geistigen
Entwicklung und in der Theologie des jungen Augustinus.

Würzburg: Augustinus-Verlag 1969. 416 S. 8° = Oassicia-
oum, hrsg. v. A. Zumkellor u. A.Kunzelmann, XXIV, I. Kart.
DM 19,50.

Augustiii hat sich in De magistro und umfassender im
2-Buch von De doctrina christiana grundsätzlich über
Leistung und Wesen der Zeichen geäußert und damit zu
erkennen gegeben, daß er ihnen erhebliche Bedeutung beimaß
. Entscheidend ist die Auffassung, daß fast alle res
als signa fungieren können, die über sich hinaus auf etwas
Höheres weisen. Das ist grundsätzlich bekannt and in
verschiedenen Untersuchungen von Fall zu Fall berücksichtigt
worden. Außerdem ist eine Reihe von Abhandlungen
entstanden, in denen Funktion und Begriff des
Zeichens nicht nur im Mittelpunkt des Interesses standen,
sondern bereits im Titel erschienen. Mayers Ziel ist es
demgegenüber, durch umfassende und systematische Behandlung
der einschlägigen Zeugnisse zu einer „Ontologie
der Zeichenbegriffe bei Augustinus'' (29) zu gelangen. In
der hier anzuzeigenden „Vorarbeit" (29) behandelt er die
Zeichenbegriffe - neben signum vor allem similitudo,
iinago, raysterium, sacramentum, figura und allegoria -
Ol den Frühschriften bis einschließlich De vera religione
unter Ausschluß allerdings der frühen antimanichäischen
Schriften (mit der anfechtbaren Begründung, die Polemik
habe die Anwendung der Begriffe verschoben; außerdem
findet sich antimanichäische Argumentation u.a. auch
in De vera religione). Vorangestellt ist diesen Darlegungen
ein umfangreicher Abschnitt (39-168) über „Die Zeichen
als erfahrene Wirklichkeit im Leben Augustins bis zu seiner
Konversion".

Ziel dieses Abschnitts ist es offensichtlich zu zeigen, auf
welchem Weg Augustin mit den verschiedenen Zeichen
bekannt geworden und wie er zu dem Zeichenverständnis
Bekommen ist, das sich in seinen frühesten erhaltenen
Schriften fassen läßt. Da M. den Bericht in den Confessio-
Bes zugrunde gelegt und aus ihnen überdies die symbolische
Interpretation der Ereignisse übernommen hat,
handelt es sich weitgehend um eine Darlegung des Zeichenverständnisses
dieser Schrift. Das Verfahren ist
""historisch, und der Vf. hat damit die sich selbst geatzte
Grenze zwischen behandelten und nicht behandelten
Schriften überschritten. Unhistorisch ist das Verfahren
nicht deshalb, weil die biographischen Abschnitte der
Confessiones unglaubwürdig wären, sondern weil als „erfahrene
Wirklichkeit" ausgegeben wird, was tatsächlich
spätere Deutung ist.

Für die Darlegung des Hauptteils bedeutet das Vorgehen
, daß schon im scheinbar nur einführenden Abschnitt
vorausgesetzt und benutzt wird, was erst im
Laufe der Untersuchung herausgestellt werden sollte: die
•Auffassung von der Zeichenhaftigkeit der Ereignisse -
Heben der Zeichenhaftigkeit der Dinge. Diese Auffassung
*per hat Augustin erst gegen Ende der behandelten
Epoche voll entwickelt.

Die außerordentlich breite Darstellung des Vf.s hat zu
Ergebnissen geführt, die im groben als zutreffend angesehen
werden können. Der Zeichenbegriff Augustins
ruht auf der neuplatonischen Ontologie mit ihrem Dualismus
von mundus intelligibilis und mundus sensibilis als
seinem Abbild. Wie das Abbild als ganzes über sich hinausweist
auf das Urbild, so auch seine Teile. Die einzelnen
Gegenstände können insofern als Zeichen angesehen und
genutzt werden. Wissen wird durch sie nicht direkt vermittelt
. Sie dienen sowohl der Erinnerung wie der Aufforderung
, über sie selbst hinauszuschreiten zu ihrem
Urbild. Interesse verdienen sie nur wegen ihrer Hinweisfunktion
, um ihrer selbst willen sind sie nicht zu erstreben.

Entscheidend erweitert wird diese Theorie durch die
Einbeziehung der historischen Dimension in der Heilsgeschichte
. Als zeichenhaft gilt nun nicht mehr nur die
Welt mit ihren res, sondern auch die Geschichte mit ihren
facta. Neben den Weg per corporalia ad incorporalia tritt
der WTeg per temporalia ad aeterna, als Ausgangspunkt
tritt neben die Natur die Bibel als Aufzeichnung der dis-
pensatio temporalis. Wie der Vf. hervorhebt, hat Augu-
stin zu dieser Zeit auch die sacramenta in dem skizzierten
Sinn als Zeichen verstanden. Die Inkarnation des göttlichen
Wortes hatte den Sinn, den durch die Sünde geschwächten
Menschen den Weg zur Erkenntnis zu zeigen ;
der Gedanke der Krlösung von den Sünden ist daneben
praktisch bedeutungslos.

Dem Vf. ist es vornehmlich darauf angekommen, die
Hinweisfunktion der Zeichen und besonders ihren wesenhaften
Abstand von der bezeichneten Sache, die allein
erstrebt werden soll, hervorzuheben. Darin gleichen sich
die res-signa und die facta-signa. Sie unterscheiden sich
jedoch fundamental, und das hätte herausgestellt werden
müssen, hinsichtlich der Begründung ihres Zeichencharakters
. Bei den naturgegebenen Zeichen beruht er auf dem
Abbild-Urbild-Vorhältnis von mundus sensibilis und mundus
intelligibilis. Die heilsgeschichtliehen Zeichen sind dagegen
von Gott als solche gesetzt. Augustin hat in De
doctrina christiana signa naturalia und signa data einander
gegenübergestellt (2,1,2). Der Sache nach ist dieser
Gegensatz auch in dem vom Vf. behandelten Zeitraum
vorhanden. Seine Ausführungen werden strenggenommen
nur den naturgegebenen, r/ vac bestehenden Zeichen
gerecht. Infolgedessen sind auch seine Ausführungen, über
die sprachlichen Zeichen, die nach Augustin auf Setzung,
ih'nei, beruhen, blaß, zumal da bei ihnen nicht einmal mit
dem sonst so fruchtbaren Begriff der similitudo gearbeitet
werden kann.

Während der Vf. die großen Linien im wesentlichen
richtig herausgearbeitet hat, befriedigt die Durchführung
im einzelnen wenig. Ist es schon bedauerlich, daß weitgehend
auf der Grundlage von Übersetzungen argumentiert
wird, so ist es noch bedauerlicher, daß der Vf. nicht
selten auf gedruckte Übersetzungen zurückgreift, die
durchaus nicht fehlerfrei sind (bes. gravierend 189: ord.
1,2,3; 252: mus. G,9,29 [nicht 19]; 318: ver. rel. 55,113;
326 Anm.427 ist die Übersetzung von lib. urb. 3,10,30
zwar korrigiert worden, ist aber immer noch nicht richtig,
species ist vielmehr die wahre, d.h. intelligible Gestalt des
panis). Auch die eigenen Übersetzungen bzw. Interpretationen
sind nicht immer genau genug; Form und Abgrenzung
der Zitate lassen zu wünschen übrig. Aus anitnus
imniensitate diverberatur wird diverberata immensitas
(193), aus Spuren der von der Kunst behüteten Schönheit
worden Spuren der Kunst (268), ein für den Zusammenhang
entscheidendes nec fällt fort (268). Der ordo stu-
diorum besteht nicht, wie der Vf. 209 behauptet, in der Erkenntnis
der zwei Welten, sondern er führt zu ihr hin. Im
Intellekt „spiegelt sich" nicht das All (199), es ist vielmehr
in ihm; gemeint ist allerdings nicht der denkende
Geist des einzelnen Menschen, sondern der göttliche Geist
(nach ord. 2,9,26), so daß das Zeugnis nichts für die „Erkenntnis
als inneren Vorgang" beweist.