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Ausgabe:

1971

Spalte:

190-192

Kategorie:

Neues Testament

Autor/Hrsg.:

Merk, Otto

Titel/Untertitel:

Handeln aus Glauben 1971

Rezensent:

Walter, Nikolaus

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Theologische Literaturzeitung 9G. Jahrgang 1971 Nr. 3

190

tisch streng begrenzten Beitrag zu der heute lebhaften
Diskussion über die Näherbestimmung der Theologie des
Lukas zu geben. Seinen Ausgangspunkt nimmt R. bei der
Tatsache, „daß in Lukasevangelium und Apostelgeschichte
im Zusammenhang mit christologischen Aussagen alt-
testamentliche Zitate und Anspielungen vorkommen"
(S.35). Methodisch geht R. so vor, daß er bei jedem Zitat
nach Text, Form und Bedeutung innerhalb seines Kon-
texts fragt, um dann den traditionsgeschichtlichen Ort
Beiner Verwendung bei Lukas zu fixieren. In einem 1.Teil
werden die alttestamentlichen Motive in der lukanischen
Christologie innerhalb der Apostelgeschichte (S. 45-135)
behandelt, wobei zwischen direkten alttestamentlichen
Zitaten (S.45-104) und alttestamentlichen Anspielungen
und Bildern im Zusammenhang mit christologischen Aussagen
(S. 105-120) differenziert und kurz auf ehristolo-
gische Bezeichnungen und Titel in der Apostelgeschichte,
die möglicherweise dem AT entstammen oder eine Beziehung
zu ihm haben (S. 121-133), eingegangen wird.
Eine Zusammenfassung beschließt den 1. Teil. Ganz entsprechend
ist der 2.Teil: Alttestamentliche Motive in der
lukullischen Christologie innerhalb des Lukasevangeliums
(K. 1 10-207) gegliedert. Ein kurzer Schlußteil bringt das
Fazit des Buches im Blick auf die Verwendung des AT im
NT und im Blick auf die Theologie des Lukas (S. 208-210).
In einem 1. Exkurs setzt sich R. mit der Habilitationsschrift
von T.Holtz: Untersuchungen über die alttestamentlichen
Zitate bei Lukas (S.211-216) auseinander, in
einem 2. Exkurs beschäftigt er sich kritisch mit der
Testimonienbuehhypothese (S. 217-223). Ein Autorenregister
(S.224-227; wünschenswert wären ein Bibelstellenregister
und ein Literaturverzeichnis gewesen!) beschließt
das Buch.

Der Wert dieser Untersuchung besteht in den sorgfältigen
Einzelexegesen alttestamentlicher Zitate und Anspielungen
innerhalb des lukanischen Schrifttums, die
häufig in überzeugender Weise deutlich machen, daß
Lukas die Schrift nicht mechanisch zitiert, sondern reflektiert
gebraucht hat. Als Beweis dafür wertet R. die in
den Zitaten angebrachten Änderungen, die Rückschlüsse
auf die theologische Absicht des Lukas zulassen. Für R.
sind „Zitate und Anspielungen ... ein vorzügliches Hilfsmittel
bei dem Versuch, Einzelzüge der lk. Theologie ...
zu erkennen und herauszustellen" (S.207). Die Plinseitig-
keit dieses redaktionsgeschichtlich orientierten Vorgehens
besteht darin, daß alle erkennbaren Änderungen in alttestamentlichen
Zitaten als Zeichen einer bewußten Arbeit
des Lukas angesehen werden, ohne die Frage von
möglichen unterschiedlichen Textvorlagen ernsthaft zu
diskutieren. Insofern stellt die Habilitationsschrift von
T. Holtz ein notwendiges Korrektiv zu der Untersuchung
von R. dar, worauf R. in kritischer Selbsteinschätzung
selbst hinweist (vgl. S.216).

Sehr instruktiv und diskutabel ist die Aufteilung der
einzelnen Zitate in die Gruppen der „hermeneutisehen
Schriftverwendung", der „typologisehen Schriftverwen-
dung", des „einfachen Schriftbeweises" und der „Weissagungsbeweise
", wobei sich jedoch bei der Einordnung
der Zitate zeigt, daß R. der ersten Gruppe den absoluten
Vorrang (qualitativ und quantitativ) zuerkennt - auf
Koston der anderen Gruppen, die bewußt zurückgedrängt
und abgewertet werden. Ob aber diese „moderne" Bevorzugung
der „hermeneutisehen Schriftverwendung", in der
>,die Schrift nicht Mittel des Beweises, sondern Mittel der
Interpretation" ist (S.38 mit Verweis auf E.Auerbach:
Miniesis), bereits für Lukas gelten kann, muß bezweifelt
Werden.

Im Blick auf das Gesamtverständnis der lukanischen
Theologie bringt diese Untersuchung zwar nichts Neues,
bestätigt und präzisiert aber die bekannte Meinung Cad-
"Urys, daß „Lukas die Schrift anders benutzt als Matthäus
", und die These Duponts, daß „in den Missionsreden
durch die Schrift die theologische Bedeutung von
Leiden und Auferstehen Jesu und der Predigt des Evangeliums
an die Heiden nachgewiesen" wird (S.210).

F»erlin Oünther Biuimbach

Merk, Otto: Handeln aus Glauben. Die Motivierungen der pau-
linischen Ethik. Marburg: Elwert 1968. XIT. 287 S. gr.8° =
Marburgor Theologische Studien, hrsg. von H.Graß und
W.G.Kümmel, 5. DM 34,-; Lw. DM 39,-.

Die 1906 angenommene Marburger Dissertation aus der
Schule W. G. Kümmels, deren Vf. für die Druckfassung
noch die Literatur bis etwa Mitte 1967 berücksichtigt hat,
bemüht sich um die Begründungen des Paulus für seine
Paränesen. M. möchte in zusammenhängender Exegese
ganzer Kapitel bzw. Briefteile zeigen, daß diese jeweils
nur von einer oder doch wenigen Hauptbegründungen beherrscht
sind, zu denen Nebenmotivierungen von Fall zu
Fall nur ergänzend hinzutreten. Daß „alle Mahnungen zu
christlichem Lebenswandel und christlichem Handeln"
auf der Voraussetzung beruhen, daß die Situation der
Angeredeten „durch die ihnen widerfahrene Heilstat Gottes
gekennzeichnet ist", wird schon in der Einleitung (4)
ausgesprochen.

Teil I („Die Gottestat als Voraussetzung und Begründung
christlichen Handelns", 5-41) erhärtet diese These
durch eine etwas kompendienhafte Darstellung der pauli-
nischen Heilslehre (unter den Stichworten: Rechtfertigung
- Versöhnung - In Christus, 5-19), dann aber durch
eine eingehende Erörterung des Verhältnisses zwischen
Taufe und Rechtfertigung, das insbesondere an Hand von
Rom 6,1-12 untersucht wird (23ff.). Für die Gesamtfragestellung
ergibt sich, daß Taufparänese und Recht-
fertigungsparänese „nicht nur einander zugeordnet, sondern
... dieselbe eine Paränese" sind (28). Diese etwas
mühsam erreichte Einsicht hätte sich einfacher ergeben,
wenn Vf. klarer gesagt hätte, daß es sich bei Recht-
fertigungs- und Tauftheologie gar nicht um formal konkurrierende
Aussagereihen, sondern einmal um die Sach-
aussage über das neue Sein des Christen, zum andern um
den Aspekt des Beginns dieses neuen Seins handelt. Danach
wird die Exegese von Rom 6 fortgeführt, ein wenig
zu sehr unter der Voraussetzung, daß erst von V.12 an
vom „Imperativ" die Rede sei, obwohl doch schon V. 1
die Frage nach dem Handeln stellt und der Konjunktiv in
V.4c nicht mit der Bemerkung, er ergebe sich „durch das
ihn regierende tva" (24 Anm.116), um seine Aussage gebracht
werden darf; Paulus schreibt eben einen Final- und
keinen Konsekutivsatz! Doch von dieser formal überspitzten
Aufteilung des Kapitels abgesehen wird das Sachverhältnis
von Indikativ zu Imperativ sehr schön beschrieben
: „Das Zueinander von Indikativ und Imperativ ist...
das im Christenleben durchzuhaltende Ineinander der beiden
Äonen", an denen der Christ Anteil hat (37); die Wurzel
dieses Ineinander liegt „in Gottes geschichtlichein
Handeln" (38), ist dessen „anthropologische Konsequenz"
(39): daß Gottes Heil geschichtlich ist, impliziert, daß der
Glaubende nicht aus der Geschichte entrückt ist. - Damit
ist das systematische Anliegen des Vf.s deutlich; er
will zeigen, daß alle ethische Weisung des Paulus sich auf
dem Grunde des geschichtlichen Heilshandelns Gottes in
Christus so vollzieht, daß der Christ von diesem Geschehen
her und in Ausrichtung auf die Zukunft (das End-Heil)
seine Gegenwart unter dem Aspekt des Noeh-nicht-Vollendetseins
begreift und darin aus der Kraft Gottes - so in
Gottes Heilshandeln einbezogen - lebt (240f.).

Im Teil II („Die Motivierungen christlichen Handelns
in den einzelnen Briefen", 43-229) exegesiert M. sämtliche