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Ausgabe:

1970

Spalte:

151-153

Kategorie:

Religionspädagogik, Katechetik

Titel/Untertitel:

Werkbuch biblische Geschichte 1970

Rezensent:

Schmutzler, Siegfried

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Theologische Literaturzeitung 95. Jahrgang 1970 Nr. 2

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beitrag abverlangt werden . . . der für die Schüler um so gewichtiger
und beachtlicher wird ... je mehr er . . . den Charakter . . .
eines . . . beachtlichen und . . . gewichtigen Diskussionsbeitrags
hat" (173). Die zitierten Sätze sind Blasen. Der folgende hat wie
mancher andere einfach einen Fehler, und es macht Mühe, ihn zu
finden und zu beseitigen: Luther mußte seine Erkenntnis verteidigen
„gegenüber der eigentümlichen additiven, vermeintlich natürlichen
, allen Menschen zuhandenen Gotteserkenntnis mit dem Besonderen
der biblischen Botschaft zu einem Ganzen summierenden
Verfahrensweise der römischen Kirche seiner Zeit" (167). M.-B.
baut monströse Sätze (man vergleiche die 29-Zeilen-Leistung, 162 f.),
ohne sich von den dafür zuständigen grammatischen Regeln beeindrucken
zu lassen: „. . . wurde bereits erwähnt und ist ebenso
deutlich, wie dies, daß solche Selbsttätigkeit der Schüler auch in
dieser Hinsicht eine Beratung durch den Lehrer, der jedoch gehalten
ist, auch wenn dadurch nicht seiner Meinung nach die
optimale Form der Gestaltung solcher Feierstunden erreicht wird,
soweit irgend nur möglich den Vorschlägen seiner Schüler nachzukommen
, einschließt" (186 f.). M.-B. kennt „die Vorstellung des
eschatischen Bundesschlusses in Eigentlichkeit, wie die der
eschatischen Erfüllung des Mosetypus durch Jesus" (41), „die
Zusage . . . gegenwärtigen Schon-Hereinbruchs im Anbruch solcher
Zukünftigkeit" (42), aber auch eine abschließende „Überprüfung
des katechetisch an dem zuvor exegetisch Gewonnenen" (202).
Über das ganze Buch verstreut sind Doppelungen nach diesem
Modell: „. . . so differenziert im einzelnen auch die zu solcher
Bezeugung verwandten Denkschemata . . . auch sind" (10); „. . . daß
er neben anderem besonders an der Frage nach der rechten Erfüllung
des Willens Gottes . . . besonders interessiert ist" (12).
M.-B. überrascht durch immer neue Einfälle bei der Wortstellung:
ein Aussagegehalt, der „zu durchdenken jetzt ist" (200) j „nicht
selten auch ein gleichsam Sekundärmirakel" (17); bestimmtes
Spruchgut findet sich „darum auch als Abschluß heute angehängt
in dieser Weise an Gleichnisse" (31). Verschwenderisch geht er
mit Füllfloskeln, insbesondere mit dem doch so vielsagenden
„gerade auch" um. Aber das schlichtere „auch" kommt ebenfalls
zum Zuge, u. U. in einem Satz gleich fünfmal (192). Wenn es sich
irgendwie machen läßt (und wann ließe es sich nicht machen?),
ersetzt der Vf. das schmucklose Wort „Bedeutung" durch „Bedeutsamkeit
". Doch werden die Sprecher in der hermeneutischen Diskussion
ihm dafür Dank wissen? Höher im Rang als „Bedeutsamkeit
" steht nur noch „Eigentlichkeit", und die Erinnerung an einen
gewissen Buchtitel ersetzt hier jeden Kommentar.

Wohlgemerkt, der Rez. beklagt sich nicht über stilistische Entgleisungen
. Vielmehr ist der sprachliche Zustand des gesamten
Buches beklagenswert. Von der Interpunktion bis zur Syntax, von
der Terminologie bis zur Logik spricht es gegen sich selbst. Seine
hier begründete Schwerverständlichkeit steht in groteskem Widerspruch
zur Meinung des Vf.s, er könne damit eine „unmittelbare
Arbeitshilfe" (203 u. ö.) bieten und nicht nur Religionslehrern,
sondern auch Jugendkreisleitern, Eltern und Bibellesern einen
greifbaren Dienst tun (8).

Das I. Kapitel („Zur Eigenart und Entstehungsgeschichte der
synoptischen Evangelien") behandelt nach einer kurzen Kennzeichnung
der drei ersten Evangelien als Schriftengruppe die
„Aussageform der synoptischen Überlieferungsbildung" (Hauptgruppen
: Erzählungen und Weisungen) und die „synoptische Frage
als literarisches Problem". Das II. Kapitel („Das Markusevangelium
") erörtert „Wesen und Anliegen", „Aufbau" und „Aspekte
der Verkündigung" des zweiten Evangeliums. Jeweils im Anschluß
an die Darstellung der markinischen Verkündigung werden
„unterrichtliche Probleme" aufgeworfen. Das III. Kapitel („Der
Unterricht") enthält in der Hauptsache eine vom Markusstoff unabhängige
Abhandlung über die „Aufgabe biblischer Unterweisung
im Schulunterricht", berührt knapp die „Aufgabe kursorischer
Lektüre des Markusevangeliums im 6. Schuljahr im besonderen"
und schließt mit einigen Bemerkungen zur „Aufgabe der Unterrichtsvorbereitungen
". In diesem Kapitel liegt M.-B.s Didaktik
des biblischen Unterrichts vor. Zu ihrem Nachteil wird sie durch
eine breite und mehrfach breiige Darstellung des Weges der
Religionspädagogik von der liberalen Ära bis zur Gegenwart eröffnet
. In ihrem lesenswertesten Teil ist sie ein Gespräch mit
Droß und Stallmann über die Momente der Vorläufigkeit und
Verbindlichkeit in der unterrichtlichen Weitergabe der biblischen
Botschaft.

Petershagen b. Berlin Jürgen Henkys

Bartels, Karl Heinrich, Stemwede, Dietrich, und Renate Ziegler:
Werkbuch Biblische Geschichte für Kindergottesdienst und
Schule, I. Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht [1968). 358 S. 8°.
Lw. DM 14.80.

Das Buch ist „für Kindergottesdienst und Schule" gedacht. Mit
Schule ist dabei in erster Linie das in den Schulen der BRD noch
als Pflichtfach geltende Fach „Religionsunterricht" gemeint. In der

DDR ist demgegenüber biblischer Unterricht nicht Sache der Schule,
sondern der Kirche. Man könnte angesichts dieser Verschiedenheit
der Situation biblischen Unterrichts in den beiden deutschen Staaten
schließen, daß das hier zu besprechende Buch für die kircheigene
„Christenlehre" in der DDR nichts oder doch nur sehr wenig
austragen könne. Das ist aber aus einem doppelten Grunde nicht
der Fall: Einmal handelt es sich um die spezielle Frage des Erzählens
biblischer Geschichten; dabei spielt der jeweilige gesellschaftliche
Kontext nur sehr bedingt eine Rolle (so wird auch in
dem Buch nirgendwo auf die gesellschaftlichen Verhältnisse der
Bundesrepublik Bezug genommen). Zum anderen steht die evangelische
Unterweisung heute hinsichtlich der sie betreffenden
biblisch-theologischen Fragen überall in der Welt weithin vor
denselben Problemen.

Seit langem steht vor der Katechetik die Aufgabe, die bibelwissenschaftlichen
Erkenntnisse unseres Zeitalters im Unterricht
bzw. im Kindergottesdienst sachgemäß zur Geltung zu bringen.
Vor allem geht es um eine richtige didaktische Umsetzung der Einsicht
von der durchweg kerygmatischen Struktur der biblischen
Texte, die ja keinesfalls als einfache Tatsachenberichte verstanden
und weitergegeben werden dürfen. Wie aber kann Kindern, zumal
jüngeren Kindern, die Botschaft der Bibel so nahegebracht werden,
daß die Texte nicht historisierend mißverstanden werden und doch
das Kerygma zur Geltung kommt, so also, daß auf einer höheren
Stufe nicht früher Vermitteltes zurückgenommen werden muß?
Es liegen nicht wenige ausgezeichnete Arbeiten vor, die eine gute
Hilfe bieten zur Bewältigung der Aufgabe mit jungen Menschen
etwa vom 8. Unterweisungsjahr ab, z. B. H. Stock, Studien zur Auslegung
der synoptischen Evangelien im Unterricht; die Hefte der
„Handbücherei für den Religionsunterricht"; Gert Otto, Handbuch
des Religionsunterrichts. Aber für die Didaktik biblischen Unterrichts
auf den ersten beiden Unterweisungsstufen sind wir in dieser
Hinsicht noch weithin unberaten. Zwei Extremwege werden
von vornherein ausscheiden müssen: 1) der utopische Vorschlag
(vgl. Theologia practica 3, 1968 S. 169 ff.), die biblische Geschichte
auf ihren theologischen Gehalt, die „Textintention", zu befragen
und auf Grund dessen die Geschichte völlig neu zu gestalten, d. h.
also eine neue Erzählung zu schaffen (Wer vermag das zu leisten?),
2) das Verharren bei der noch immer sehr im Schwange gehenden
naiv-erbaulichen Erzählweise, die es nicht bekümmert, ob sie
biblische Geschichten entgegen ihrer eigenen Intention historisch
objektiviert oder nicht (Wer kann das noch verantworten?). Doch
machen seit Jahren Karl Witt und seine Schüler auf einen Weg
aufmerksam, dem ernsthafteste Beachtung gebührt und der geeignet
erscheint, aus dem Dilemma herauszuführen: den Weg der
deutenden oder verkündigenden Erzählung (vgl. K. Witt, Kindergottesdienst
in pädagogischer Verantwortung, in: W. Wiese, Der
Kindergottesdienst; Ingo Baldermann, Biblische Didaktik, und Ingo
Baldermann, Der biblische Unterricht; Dietrich Steinwede, Zu erzählen
deine Herrlichkeit). Das ist der Weg, der konsequent in dem
vorliegenden „Werkbuch Biblische Geschichte" beschritten wird.

Die Verfasser möchten Leitern und Helfern im Kindergottesdienst
, Katecheten, darüber hinaus aber auch allen beruflich oder
privat Interessierten eine Hilfe bieten, biblische Geschichte sachgemäß
zu erzählen. Das Buch ist mit Recht ausdrücklich auch als
Hilfe für den biblischen Unterricht gedacht. Worin besteht die Hilfe?
1) Es werden für 54 Perikopen in Anlehnung an die Reihe III des
Kindergottesdienst-Textplanes der Evangelischen Kirchen genauere
theologische Überlegungen angestellt unter Berücksichtigung übergreifender
biblischer Zusammenhänge und insbesondere der formgeschichtlichen
und redaktionsgeschichtlichen Aspekte. Die Auslegung
des Textes „nach den Methoden und unter Beachtung der
Ergebnisse neuzeitlicher Exegese" wird nicht nur als „Vorbemerkung
" zur Erzählung gewertet. „Meist ist die Einführung in den
Text und seine Erschließung sogar die Hauptsache. Dem Benutzer
dieses Buches soll keiner der Schritte vom Text zur Erzählung
abgenommen werden!" 2) Mit besonderer Sorgfalt wird der
Sprachgestalt und den Stilmitteln der biblischen Erzählung nachgegangen
, der „Sprachbewegung" des Textes, wobei man sich an
der von Baldermann herausgearbeiteten hilfreichen Unterscheidung
von episch-konkreten Texten, Wundergeschichten, dialogischdramatischen
Texten und Gleichniserzählungen orientiert. 3) Es
werden Erzählvorschläge angeboten als „Modelle". In ihnen sind
nicht nur die an jede gute für Kinder bestimmte Erzählung zu
stellenden Forderungen (kurze Sätze, parataktische Satzfügung,
direkte Rede, verbale statt nominale Ausdrucksweise) vorbildlich
erfüllt. Zu erklärende sachliche Einzelheiten des Textes werden
nicht eingangs oder durch Unterbrechen der Erzählung erklärt,
sondern erzählerisch zum Ausdruck gebracht. Entscheidend
und kennzeichnend für das Kerygmatische der Erzählung: Diejenigen
Sätze, Situationen, Vorgänge der Geschichte, die für den
verkündigenden Charakter der Erzählung ausschlaggebend sind,
werden zu erzählerischen Schwerpunkten gestaltet (Stilmittel:
direkte Rede, „innere Rede", Wiederholung oder Kontrastierung