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1970

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Kirchengeschichte: Neuzeit

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Neuerscheinungen

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Theologische Literaturzeitung 95. Jahrgang 1970 Nr. 2

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nicht verzichten sollen. Die Zeltgemeinschaft, die die Theologie
damals mit dem Zeitgeist pflegte, um sich als Wissenschaft weiter
zu behaupten, sollte man doch nicht durch diskretes Niederschlagen
der Augen übersehen.

Aber ich will die Anzeige dieses Buches nicht nur mit Kritik
begleiten. Ich bin sicher, daß es (wie das ganze kirchengeschichtliche
Werk) seine dankbaren und, wie man nur wünschen kann,
auch kritisch aufgeschlossenen Leser finden wird. Unter diesen
sollten sich auch Theologiekandidaten befinden. Bei der vorherrschenden
Abstinenz der Geschichte gegenüber, verbunden mit
einer beschämenden Unkenntnis auch der einfachsten Tatsachen,
vom Verstehen der Zusammenhänge ganz zu schweigen, würde
jeder, der sich der Mühe unterzieht, auch nur den Inhalt des vorliegenden
Bändchens sich zu eigen zu machen, alle Examenshürden
spielend überspringen.

Berlin Karl KupEsch

Andersen, Trygve: De katolsk-protestantiske maktbalanse i England
under Elizabeth I og det katolske overlevingsproblem
(Tidsskrift for teologi og kirke 37, 1966 S. 114-120).

Bammel, Ernst: Judentum, Christentum und Heidentum: Julius
Wellhausens Briefe an Theodor Mommsen 1881—1902 (ZKG 80,
1969 S. 221-254).

Bornewasser, Hans: Staat und Politik von der Renaissance bis zur

Französischen Revolution. Ein Säkularisierungsprozeß (Conci-

lium 5, 1969 S. 527-535).
Dussel, Enrique: Von der Säkularisierung zum Säkularismus der

Wissenschaft (Renaissance bis Aufklärung) (Concilium 5, 1969

S. 536-547).

Härder, Günther: Die theologische Beurteilung der Kirchenausschüsse
(ZKG 80, 1969 S. 194-220).

Kaiser, Otto: Kants Anweisung zur Auslegung der Bibel (NZsTh
11, 1969 S. 125-138).

Maron, Gottfried: Harnack und der römische Katholizismus (ZKG
80, 1969 S. 176-193).

Pribnow, Hans: Das freie Christentum und seine liberalen Väter
aufgezeigt am Beispiel Hermann Gunkels. Zugleich ein Beitrag
zur Frage nach dem Verhältnis von „freiem Christentum" und
„moderner Theologie" (Freies Christentum 19, 1967 S. 68-72).

Wittstadt, Klaus: Kuriale Bemühungen um Johann Friedrich von
Schwalbach, Fürstabt von Fulda (1606 bis 1622) (RQ 64, 1969
S. 154-167).

KIRCHEN- UND KONFESSIONSKUNDE

Theologisches Jahrbuch 1969, hrsg. von A. Dänhardt. Leipzig:
St. Benno-Verlag 1969. 559 S. gr. 8°.
Der hiermit vorgelegte 12. Band des Theologischen Jahrbuches
fügt sich gleichwertig in die Reihe seiner Vorgänger ein. Der
Verlag plant, demnächst zu den ersten Jahrgängen ein ausführliches
Personen- und Sachregister herauszubringen, „das den Gebrauch
der einzelnen Bände wesentlich erleichtern wird" (S. 7).
Dafür sei ihm schon jetzt gedankt. Die Themen, die in den 37 hier
vereinigten Beiträgen behandelt werden, sind im wesentlichen Ausdruck
der mit dem Zweiten Vatikanischen Konzil in Gang gekommenen
Diskussion. Die ersten sechs Aufsätze beschäftigen sich
mit der Bedeutung der Dogmatischen Konstitution „Dei Verbum"
für die katholische Bibelwissenschaft. Es folgen fünf Aufsätze zur
Ekklesiologie, einer über „Die Zukunft des Glaubens in einer
hominisierten Welt", vier zur Eucharistie, fünf über Fragen der
Ökumene und der Einheit der Kirche, zwei über Priesterbild /
Priesterberuf, einer über Marienverehrung, einer über die neue
Meßliturgie, drei zum Kirchenrecht, zwei zur Reformationsgeschichte
, einer über Teilhard de Chardin, fünf über die religiöse
Bedeutung des heiligen Buches in den nichtchristlichen Religionen
und einer über „Institutionalisierte Religion". Die Namen der 32
Autoren aufzuführen, ginge zu weit. Auch können nicht alle Beiträge
einzeln gewürdigt werden; es muß genügen, einiges herauszugreifen
.

Ein heikler Punkt bleibt nach wie vor die Autorität des Lehramtes
. Zwar betonen Semmelroth und Zerwick in ihrem Kommentar
zu „Dei Verbum", dafj auch das Lehramt der Kirche „an Gottes
Wort gebunden" ist, „es hören, bewahren und auslegen" muß, daß
es „nicht Autorität gegenüber dem Wort Gottes, sondern gegenüber
den Gläubigen" ist (S. 21), aber darf der Gläubige sich gegen
irrige Lehrentscheidungen unter Berufung auf Gottes Wort zur
Wehr setzen? Offenbar nicht; denn das Lehramt hat „authentisch
vorzulegen, was zu glauben ist", und der Glaubende ist zum Gehorsam
verpflichtet. Immerhin ist bemerkenswert, daß nach der
Instructio de historica Evangeliorum veritate der Päpstlichen
Bibelkommission vom 21. 4. 64 der Zusammenhang zwischen der
Tätigkeit des Exegeten in der Kirche und der Tätigkeit des Lehramtes
, die Aussage von Divino afflante Spiritu erweiternd, dahin
umschrieben wird, daß die Arbeit des Exegeten u. a. „zur Vorbereitung
und nachträglichen Begründung eines Urteils des kirchlichen
Lehramtes" dient (S. 133). Also auch zur Vorbereitung, nicht
nur zur nachträglichen Begründung. Vielleicht könnte, wenn die
nachträgliche Begründung nicht gelingt, dies Mißlingen zur Revision
einer voreilig ergangenen Lehrentscheidung führen?! Es ist
nur die Frage, wieweit sich die katholische Kirche im Netz ihres
Unfehlbarkeitsdogmas verfangen hat; aber nicht alle Lehrentscheidungen
sind unfehlbar. - W. Dupre will den Primat als „dialogisches
Prinzip" verstehen. Er stellt folgende Sätze auf: 1. „Der
Primat als wegweisendes Prinzip (Unfehlbarkeit im Hinblick auf
das Heil) ist getragen von der freien Entscheidung der Gläubigen".

2. „. . . nur wenn der Primat dialogisch ist, wird die Möglichkeit
nicht ausgeschlossen .... im freien Gebet des einzelnen und in der
freien Gnade des personalen Christus das Heil zu erlangen".

3. „. . . wenn der römische Bischof kraft seines Priesteramtes der
.gesamten Liebesgemeinschaft vorsteht', dann ist das nur möglich,
wenn dieser Primat sich der im Wort äußernden Liebe gemäß vollzieht
, das heißt als Dialog" (S. 222 f.). Dieser Auffassung bereitet
allerdings das harte „ex sese, non autem ex consensu Ecclesiae"
des Ersten Vatikanischen Konzils Schwierigkeiten. - Zu den großen
Überraschungen in der katholischen Theologie gehört die neu entfachte
Diskussion über die Eucharistie, besonders über die Trans-
substantiation. Dieser Begriff, weil einmal dogmatisiert, zudem
neuerdings vom Lehramt neu eingeschärft, kann nicht aufgegeben,
wohl aber neu interpretiert werden. „Transsubstantiation wird
zum Synonym für Transsignifikation und Transfinalisation"
(S. 277). Auch von „Transelementation" wird gesprochen. „In der
Eucharistie inkarniert Christus seine Liebe gleichsam in Brot und
Wein. Insofern sie Ausdruck seiner Liebe werden, erhalten sie
eine höhere Seinsdimension" (S. 279). Analog inkarniert ein Mensch
seine Liebe in einem Geschenk, z. B. in einem Willkommenstrunk:
„Der Wein wird zum Ausdruck seines Ichs". „Transsubstantiation
ist also tatsächlich Wesensverwandlung, aber weder chemischer
noch physischer, sondern metaphysischer Art" (S. 278) - H. Mühlen
untersucht „Die Lehre des Vaticanum II über die ,Hierarchia veri-
tatum' und ihre Bedeutung für den ökumenischen Dialog". Er sagt:
„Die Frage nach der erkenntnistheoretischen Gewißheit der Offenbarungswahrheiten
wird immer mehr zurücktreten hinter die
Frage nach ihrer konstitutiven Heilsbedeutung" (S. 367). Wenn
man bedenkt, welche große Rolle in der traditionellen katholischen
Dogmatik die Feststellung des Gewißheitsgrades der einzelnen
Aussagen spielt, scheint sich hier ein grundlegender Wandel anzukündigen
. M. fragt, „ob nicht ... bei dem Vollzug der Wiederherstellung
der Einheit aller Christen auf eine ausdrückliche Zustimmung
der getrennten Christen zu bestimmten ,Randdogmen'
ganz verzichtet werden könnte". Es besteht „eine ganz erhebliche
Differenz zwischen der Hierarchie der Gewißheitsgrade und der
Hierarchie der Glaubenswahrheiten in sich selbst . . ., und man
könnte fragen, ob nicht zugunsten der letzteren die erstere in den
Hintergrund treten müßte" (S. 388). Als Beispiel für diese Differenz
verweist M. auch auf „die beiden letzten mariologischen
Dogmen" und auf die Primatsstellung und Unfehlbarkeit des
Papstes. Laut Konzilsbeschluß ist „im Verhältnis der römischen
Kirche zu den orthodoxen Kirchen vorerst nur das Angebot einer
.begrenzt offenen' Kommuniongemeinschaft vorgesehen" (S. 380).
Von einer gegenseitigen offenen Kommunion kann man nicht
sprechen, weil die orthodoxe Seite bisher nicht geantwortet hat. -
Sehr scharfe Kritik am CIC übt P. Shannon. Er konstatiert 1. mangelnde
Vertrautheit mit theologischen Grundkonzeptionen, 2. bedauerliche
Unkenntnis der Ekklesiologie, 3. Zentralismus statt
Subsidiarität, 4. eine zum Evangelium in Widerspruch stehende
Überbetonung des Gesetzesbuchstabens. S. hofft auf ein neues
charismatisches Kirchenrecht (S. 467-474).

Errata: S. 35 Z. 9 lies: nullius; S. 164 Z. 13 lies: 'Hyant)y.hw;
S. 369 Z. 8. 11. 12.14. 21 lies: syw tl/u; S. 441 Z. 32 lies: marianischer
; S. 501 Z. 16 lies: gibt.

Halle/Saale Erdmann Sdiott

Ebeling, Gerhard: Verstehen und Verständigung in der Begegnung
der Konfessionen. Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht [1967].

20 S. 8° = Bensheimer Hefte, hrsg. v. Evangelischen Bund, 33.
E. veröffentlicht hier, was er am 16. 2.1967 als theologischen
Beitrag innerhalb einer Ringvorlesung vorgetragen hat, die im
Wintersemester 1966/67 an der Universität Zürich über das Thema
„Verstehen und Verständigung" von Vertretern der verschiedensten
Wissenschaftszweige gehalten wurde. E. nimmt das Verhältnis
der Konfessionen zueinander (E. denkt dabei vornehmlich an
den Gegensatz von Katholizismus und Protestantismus) als eine
der „vielen Weisen, wie sich Verstehen und Verständigung als
Begegnungsvorgang konkretisiert" (S. 4). Heute ist „ein ungewöhnlich
irenischer Geist" im Gespräch der Konfessionen festzustellen
(S. 8), so daß es manchmal scheinen könnte, als erledige sich das
konfessionelle Problem „mit der Praktizierung einiger Grundregeln
der Menschlichkeit" (S. 10). Aber dieser Schein trügt. Viel-