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Ausgabe:

1970

Spalte:

109

Kategorie:

Kirchengeschichte: Alte Kirche, Christliche Archäologie

Titel/Untertitel:

Sancti Avrelii Avgvstini De fide rervm invisibilivm. Enchiridion ad Lavrentivm de fide et spe et caritate. De catechizandis rvdibvs. Sermo ad catechvmenos de symbolo. Sermo de disciplina Christiana. Sermo de

Rezensent:

Diesner, Hans-Joachim

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109

Theologische Literaturzeitung 95. Jahrgang 1970 Nr. 2

110

stände aus dem Archiv der Stadt Nürnberg ergänzt werden, durch
eine kritische Publikation der Forschung zugänglich gemacht werden
könnten, denn der Geschichtschreiber muß letzten Endes doch
unmittelbar aus der Quelle schöpfen.

Wien Grete Mecenseffy

KIRCHENGESCHICHTE: ALTE KIRCHE

[Augustinus:] Sancti Aurelii Augustini. De fide rerum invisibilium.
Enchiridion ad Laurentium de fide et spe et caritate. De catechi-
zandis rudibus. Sermo ad catechumenos de symbolo. Sermo de
disciplina Christiana. Sermo de utilitate ieiunii. Sermo de excidio
urbis Romae. De haeresibus. Turnholti: Brepols 1969. LXIV, 388 S.
gr. 8° = Corpus Christianorum, Series Latina XLVI: Aurelii Augustini
Opera, Pars XIII, 2.

Mit erfreulicher Kontinuität erscheinen in den letzten Jahren
Bände des Corpus Christianorum mit Ausgaben wichtiger patri-
stischer Schriften. Die hier vereinten Arbeiten Augustins, die zu
ganz verschiedenen Zeiten entstanden sind, fanden sich bisher
vor allem in Band VI und VIII der Maurinerausgabe bzw. in
M PL 40 und 42. Ihr innerer Zusammenhang ergibt sich daraus,
daß sie sämtlich zu den dogmatischen Schriften gezählt werden
können. Allerdings gehört eine Schrift wie die 428 29 verfaßte
Arbeit De haeresibus natürlich mehr zu den polemisch-antihäretischen
Schriften, da sie mit der Aufzählung von 88 Häresien auch
eine Kampfansage gibt (und das in einem Moment, als die Auseinandersetzung
mit den Arianern in Afrika besonders dringlich
wurde).

In der Einleitung wird neben den Codices zu den jeweiligen
Schriften eine Bibliographia Selecta gegeben, die teilweise sehr
knapp ausfällt. Den kritischen Textangaben zu den einzelnen
Schriften wird jeweils eine ausführliche praefatio, ggf. mit Kapitelübersicht
, vorausgeschickt. Indices locorum Sacrae Scripturae und
auctorum erleichtern die Benutzung. Einen Index nominum haben
lediglich die Herausgeber von De haeresibus ad Ctuodvultdeum
für ihren Bereich erarbeitet.

Übrigens läfjt gerade diese von R. Vander Plaetse und C. Beu-
kers besorgte Ausgabe einige Wünsche offen. Moderne Literatur
ist nicht eben reichlich verwertet, der chronologische Standort
dieser am Ende von Augustins Schaffen entstandenen (zwischen
den Schriften gegen Maximus, der unvollendet gebliebenen
Polemik gegen Iulianus und den Arbeiten De dono perseverantiae
und De praedestinatione sanetorum verfaßten) Arbeit nicht erörtert
worden. Der gleichzeitige Abdruck der Briefe 221-224 des
Augustinischcn Corpus gibt dem Benutzer nur sporadische Hinweise
; nach Meinung des Rez. wären eine chronologisch-sachliche
Erörterung der gerade (und für den heutigen Benutzer) im Zusammenhang
mit dieser Schrift auftauchenden Probleme sehr
wesentlich gewesen. Gerade der Herausgeber eines Textes ist beim
jetzigen Forschungsstand doch gehalten, die nötigen Literaturoder
Sachhinweise - am besten wohl oft eine Kombination von
beidem — zu geben, um den Leser von ganz unnötigen Suchaktionen
zu entlasten. Der Benutzer dieses Textes findet zwar im Index
nominum die Stichwörter Ariani, Circumcelliones, Donatistae usw.
- aber auch nicht einen einzigen Hinweis auf Forschungsstand
oder Literatur. Es erweckt fast den Anschein, als wollten sich die
gelehrten Herausgeber, denen die meiste moderne Literatur oder
zumindest ihr bibliographischer Nachweis zugänglich sein dürfte,
nur an einer gewissen, dann doch notwendigerweise einseitigen
Forschungsrichtung orientieren (womit wir nicht die katholische,
eher eine im alten Sinne geistesgeschichtliche meinen).

Gewiß ist dies ein weites Feld, dem hier nur Andeutungen
gewidmet werden können. Wir konzedieren auch, daß es infolge
der doch sehr mangelhaften bibliographischen und vor allem
lexikographischen Lage auf dem Gesamtgebiet der Forschung der
Spätantike außerordentlich kompliziert erscheinen kann, eine gute
Literatur- und Sachinformation zu geben, möchten jedoch im Interesse
aller beteiligten Forscher vor Einengungen warnen, die zumindest
als subjektiv erscheinen könnten. Im übrigen ist allen
Autoren des Bandes (neben den genannten in der Folge der Textausgaben
: M. P. J. van den Hout; E. Evans; I.Bauer; R. Vander
Plaetse; Ib.; S. D. Ruegg; M. V. O'Reilly) für ihre Sorge um die
Herstellung eines guten und brauchbaren, modernen Anforderungen
entsprechenden Textes zu danken.

Halle/Saale Hans-Joachim Diesner

Christiansen, Irmgard: Die Technik der allegorischen Auslegungswissenschaft
bei Philon von Alexandrien. Tübingen: Mohr 1969.
V, 191 S. gr. 8" = Beiträge zur Geschichte der biblischen Hermeneutik
, hrsg. v. O. Cullmann, E. Käsemann, H.-J. Kraus, H. Riesen-
fcld, K. H. Schelkle, P. Schubert, E. Wolf, 7. DM 39.-; Lw. DM
45.-.

Wendet man sich dem 1. Teil der vorliegenden Untersuchung
zu, so gewinnt man zunächst den Eindruck, als ginge es der Vf.n

um eine Ehrenrettung der allegorischen Auslegungsmethode. „Wie
die vorliegende Arbeit beweisen möchte, ersetzt die allegorische
Auslegungsmethode die Worte des Textes gerade nicht! Die Worte
des Textes sind mit den Worten der Auslegung verknüpft; in dieser
Verflechtung gewähren sie die größere Erkenntnis" (14). Die
kritische Zurückweisung dieser Methode in Jülichers Werk über
die Gleichnisreden Jesu habe sich hemmend ausgewirkt auf die Erforschung
der allegorischen Auslegung. Auch Ebelings Hinweis
darauf, daß die allegorische Auslegung in den Text hineinträgt
und darum dem Vorwurf der Willkür ausgesetzt sei, erschöpfe
nicht das Wesen der Allegorese. Es ist daher das Hauptanliegen
der Vf.n zu zeigen, daß Philon in seinen allegorischen Auslegungen
.streng logisch" vorgehe. .Nicht Willkür, sondern Logik beherrscht
die Allegorese, die die eigentümliche Form des mittleren Platonis-
mus gewesen ist, Schriften zu interpretieren" (28).

Man kann vorbehaltlos sagen, daß die Vf.n den Erweis dieses
Satzes in sorgfältig geführten Einzeluntersuchungen erbracht hat.
Beginnend mit dem Nachweis, daß das platonische Prinzip der
Diärese die beherrschende Grundlage der allegorischen Auslegungswissenschaft
Philons bildet, wie es sein systematisches Ziel war,
das .Allgemeine" zu erkennen, das sich im „Besonderen" der hl.
Schriften offenbart, weiterführend zur Technik der Symbolfindung,
wie alle Schriften Philons symbolische Auslegungen enthalten,
zeigt die Vf.n, wie in der Schrift Philons De agricultura die
Technik der Diärese als Muster dialektischer Auslegungskunst
ihren Höhepunkt erreicht. All dies gewinnt durch übersichtliche
Tabellen noch an rationaler Durchsichtigkeit. Und die Vf.n weist
zuletzt überzeugend nach, daß Philon wirklich der Auffassung gewesen
ist, durch seine Auslegungskunst die Erkenntnis des Göttlichen
zu erfahren, wobei er in Gott selbst den Urheber dieser
Erkenntnis sieht. Die allegorische Auslegung der hl. Schriften
sei für ihn der zuverlässigste Weg gewesen, sichere Erkenntnis
der göttlichen Dinge zu erlangen. So endet Philons Exegese in
Mystik, worauf u. a. wieder Ernst Dinkler hingewiesen hat (E.
Dinkler, Bibelautorität und Bibelkritik, ZThK 1950), und wodurch
zugleich deutlich wird, daß Philons Allegorese nicht nur platonisch
strukturiert war; denn Plato war kein Mystiker.

Die allegorische Auslegung ist also kein willkürliches Konglomerat
von beliebigen Vorstellungen. Darin hat die Vf.n zweifellos
recht. Aber, so fragen wir uns, beginnt nun nicht erst eigentlich
das hermeneutische Problem, das die Allegorese aufgibt und das
in der Frage Ausdruck gewinnt: muß nicht eine noch so rational
und klug durchdachte allegorische Auslegungsmethode zwangsläufig
gerade dadurch an objektiver Geltungskraft verlieren, daß
sie so streng rational ausgerichtet ist? Konkret gesprochen: mußte
Philon nicht zu einer totalen Verdeutung des Alten Testamentes
kommen, wenn er diese hl. Schrift vorwiegend mit den Augen
Piatons sah? Der von der Vf.n öfter zitierte Hans Leisegang bejaht
diese Frage (vgl. H. Leisegang, Denkformen, 1951 S. 402 ff.,
237 ff.). Dann aber dürften die Vorwürfe Adolf Jülichers und
Gerhard Ebelings gegen die Allegorese doch wohl zu Recht bestehen
und man wird der großen hermeneutischen Entdeckung
Luthers folgen müssen: scriptura sacra sui interpres, die Entdeckung
, die unmißverständlich die das katholische Denken beherrschende
allegorische Schriftauslegung in ihre Schranken wies.

Kiel Werner Schultz

Früchtel, Ursula: Die kosmologischen Vorstellungen bei Philo von
Alexandrien. Ein Beitrag zur Geschichte der Genesisexegese.
Leiden: Brill 1968. X, 198 S. 8° = Arbeiten zur Literatur und
Geschichte des hellenistischen Judentums, hrsg. v. K. H. Rengs-
torf in Verb. m. J. Danielou, G. Delling, H. R. Moehring, B. Noack,
H. M. Orlinsky, H. Riesenfeld, A. Schallt, H. Schreckenberg, W. C.
van Unnik, A. Wikgren, II. Lw. hfl. 37.-.

Die Frage nach der Entstehung von Welt und Mensch ist
im AT mit dem Glauben an den Schöpfergott beantwortet und
wird in der Schöpfungsgeschichte der Genesis eindrücklich dargestellt
. Mit dieser Erzählung konnte das Judentum bei seiner
Begegnung mit dem Hellenismus seine überlegene Welterkenntnis
, die auf Offenbarung beruhte und zugleich rational einsehbar
war, überzeugend nachweisen. Das ist in der Übersetzung der
LXX wie in darauf fußenden hellenistisch-jüdischen Darstellungen
geschehen und von Philo Alexandrinus in vielseitigen, aber doch
zielsicheren Ausführungen verarbeitet worden. Die vorliegende
Untersuchung geht dem im einzelnen nach und behandelt von
Philo aus biblischen und philosophischen Überlieferungen übernommene
Bilder vom Kosmos als Polis, als Pflanze und als Heiligtum
. Dazu kommt noch die rationale Vorstellung von der Teilung,
die zunächst ein logisch-begrifflicher Vorgang ist.

Auch innerhalb dieser so verschiedenartigen Bildkreise sind
Philos Anschauungen nicht einheitlich, sondern stehen unter widersprüchlichen
Einflüssen und verwenden mannigfaltige Motive,
ohne daß es dem jüdischen Philosophen gelänge, sie einheitlich
zu verarbeiten. Es kommt ihm vielleicht nicht einmal so sehr dar-