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Ausgabe:

1970

Spalte:

99-100

Kategorie:

Altes Testament

Autor/Hrsg.:

Ungern-Sternberg, Rolf von

Titel/Untertitel:

Redeweisen der Bibel: Untersuchungen zu einzelnen Redewendungen des Alten Testaments 1970

Rezensent:

Conrad, Joachim

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99

Theologische Literaturzeitung 95. Jahrgang 1970 Nr. 2

100

Für die eigene Interpretation ist ihm die Unterscheidung
zwischen dem geheimnisvoll empfangenen Gotteswort und seiner
Deutung durch den Propheten wesentlich. Gotteswort sei in Jes
7,10-17 nur V. 14. In ihm ist (S. 118) eine eigentliche göttliche
Offenbarung zu vermuten. Sie wird von Jesaja nicht in ihren
Einzelelementen ausgelegt, so daß ein Geheimnis bleibt. Er interpretiert
jene Offenbarung nur, und zwar wegen des ablehnenden
Verhaltens des Ahas in drohendem Sinne. Das geschieht dem heilvollen
Inhalt des Immanuel-Namens entgegen, den Jesaja im
Rahmen seiner Verkündigung übergangen habe (S. 122). Das erlaubt
dem Verfasser festzustellen, „daß die Immanuelverheißung
über ihre zeitgeschichtliche . . . Gebundenheit hinaus auf eine
weitere göttliche Wirklichkeit (auf die neutestamentliche?) hin
geöffnet scheint" (S. 123).

Gestützt auf Einsichten der neueren Prophetenforschung (vgl.
von Rad, Theologie II S. 83 ff.) legt Kilian eine neuartige, scharfsinnige
und beachtenswerte Deutung vor. Wenn ich sie trotzdem
nicht annehmen kann, so aus folgenden Gründen, die zum Schluß
kurz genannt seien:

1. Der textliche Zusammenhang legt eine so stark isolierende
Deutung von V. 14 nicht nahe.

2. Die Interpretation des Übrigen als reine GerichtsanKündi-
gung hat zwei schwierige Voraussetzungen:

a) V. 16b muß gestrichen werden.

b) Die Zusagen von V. 4-9 a können insgesamt nur als bedingte
anerkannt werden (S. 96 f.). Das trifft für den mit .wenn"
eingeleiteten Satz V. 9b »Wenn ihr nicht glaubt, so werdet ihr
keinen Bestand haben" sicher zu, nicht aber für die ganz unkonditionale
Zusage von V. 7: »es wird nicht hochkommen noch
geschehen".

Bern Johann Jakob Stamm

Ungern-Sternberg, Rolf von: Redeweisen der Bibel. Untersuchungen
zu einzelnen Redewendungen des Alten Testaments. Neukirchen:
Neukirchener Verlag des Erziehungsvereins [1968). 95 S. 8° =
Biblische Studien, hrsg. v. H. Gollwitzer, F. Hahn u. H.-J. Kraus,
54. DM 7.75.

Das sehr lesenswerte Büchlein enthält vier selbständige Untersuchungen
. Am überzeugendsten sind die beiden mittleren: »Die
Bezeichnungen ,Neu' und ,Erneuern' im Alten Testament" (S. 36—61)
und „Die Bezeichnung .Gefallen' im alttestamentlichen Sprachgebrauch
" (S. 62-82). In der erstgenannten beschäftigt sich der Vf.
mit dem Piel der Wurzel hdi> sowie mit dem von der gleichen
Wurzel abgeleiteten Adjektiv. Nach einem kurzen Überblick über
den alltäglichen Gebrauch der Begriffe und die magischen Vorstellungen
vom Neuen als dem noch nicht Benutzten und nicht Profanierten
kommt er auf die Art und Weise, wie Gott erneuernd
eingreift bzw. überhaupt Neues schafft, zu sprechen und führt die
diesbezüglichen Stellen in den Psalmen, Klageliedern und bei den
Propheten in ihrer Vielfalt und Differenziertheit vor. Er zeigt
vor allem, daß das Erneuern im menschlichen Leben wie in Natur
und Geschichte nur durch Gott, nicht durch den Menschen selbst
möglich ist. Die terminologisch ohnehin nicht nachweisbare Annahme
einer im Kult vollzogenen „Bundeserneuerung" lehnt er daher
ab (S. 42). In der zweiten der genannten Untersuchungen geht
es um vier hebräische Ausdrucksweisen, die im Deutschen durch
das gleiche Wort wiedergegeben werden können, nämlich „in den
Augen jemandes gut" oder „gerade sein" sowie „Lust" (hps) oder
„Wohlgefallen (rsh) an etwas haben". Der Vf. zeigt, dafj sie jeweils
eigene Bedeutungsnuancen besitzen und insbesondere das „Gefallen
" Gottes am Menschen auf charakteristisch unterschiedene
Weise wiedergeben. Teils richtet es sich nach bestimmten Maßstäben
, die er ihm gesetzt hat (vgl. Dtn 6,18), bzw. nach dessen
Gesamteinstellung im Leben (vgl. Hos 6, 6), teils ist es Ausdruck
seiner nicht kontrollierbaren Freiheit (vgl. Jdc 10,15) oder reiner
Gnade. Das letztere gilt vor allem für die vierte der behandelten
Wendungen, die primär auf das Opfer bezogen ist. Zu ihr bemerkt
der Vf., daß der Widerspruch gegen ein nur kultisch-rituelles
Verständnis bei den Propheten auffällig selten ist (Am 5,22;
Hos 8,13; Mi 6,7; Jer 6,20; 14,10 ff.), und schließt daraus, daß
diese das göttliche Wohlgefallen an Opfern Einzelner nicht summarisch
in Abrede gestellt haben, da ja dann auch ein heiliger
Rest im Volk überhaupt geleugnet werden müsse (S. 74 f.).

Nicht ganz so gerundet sind die beiden übrigen Untersuchungen
. Die eine („Gedanken zur symbolischen Bedeutung des Kleides
im Alten Testament", S. 83-95) betont den Gegensatz des nackt geborenen
und sterbenden Menschen zu der stets als „bekleidet" vorgestellten
Schöpfungs- und Himmelswelt, insbesondere Nacktheit
bzw. Entblößung als Zeichen des Leides, der die Verheißung neuer
Bekleidung korrespondiert (Jes 61,10; Gal 3, 27), wobei auch darauf
hingewiesen wird, daß gelegentlich Israel als Ganzes den Völkern
gegenüber als „nackt" erscheint (vgl. Ez 16,8. 39). In der
anderen („Die Klage Gottes um sein Gericht", S. 9-35) interpretiert
der Vf. die prophetischen Aussagen Hos 11, 8 f.; Jer 12,7-13; Jes

57, IIb als Klage Gottes um ein vollzogenes oder zu vollziehendes
Gericht, die dieses als sein opus alienum erweist. Es muß jedoch
fraglich bleiben, ob man Jes 57, IIb in einem solchen spezifischen
Sinn - Gott beklage es, daß er an falscher Stelle untätig gewesen
sei, ohne deshalb freilich das Gericht aufzuheben - zu verstehen
hat. Die Beweisführung ist jedenfalls nicht zwingend.

Anliegen des Vf.s ist es, „einen Eindruck von jenem Reichtum
zu vermitteln, der zutage kommt, wenn man einzelnen Redewendungen
und Bezeichnungen Israels nachgeht" (S. 7). Hierin liegt
die eigentliche Bedeutung seiner Ausführungen, die auch der, der
bei Einzelergebnissen anders urteilt, mit Gewinn lesen wird. Das
Büchlein kann daher Fachvertretern wie breiteren, theologisch
nicht vorgebildeten Kreisen warm empfohlen werden.

Die Transkription hebräischer Worte ist sehr großzügig gehandhabt
worden. Fehlerhaft ist sahar auf S. 29 (statt sakar),
Oholiha auf S. 55 (statt Oholiba).

Leipzig Joachim Conrad

Lewis, Jack P., Prof: A Study of the Interpretation of Noah and the
Flood in Jewish and Christian Literature. Leiden: Brill 1968. X,
IS* a. gr. 8°. Lw. hfl. 40.-.

Der Vf. ist Professor of Bible, Harding College Graduate School
of Religion, Memphis, Tennessee, und die vorliegende Arbeit ist
seine Dissertation für den Ph. D. in Hebraic and Cognate Studies
am Hebrew Union College - Jewish Unstitute of Religion, Cincin-
nati, Ohio, aus dem Jahre 1962. (Das Vorwort stammt von 1965;
die verarbeitete Literatur reicht nur in einem Falle bis 1960.
Vorherging eine andere Arbeit des Verfassers auf demselben Feld,
nämlich: An Introduction to the Testaments of the Twelve Patri-
archs. Unpublished Ph. D. dissertation, Dept. of History, Harvard
University, 1953.) Sein Buch ist eine Materialsammlung, ein Flori-
legium, der einschlägigen Stellen bzw. Auffassungen aus dem AT,
den alttestamentlichen Apokryphen und Pseudepigraphen, den
hellenistisch-jüdischen Schriftstellern (Philo, Ps.-Philo, Josephus),
den früheren Übersetzungen des AT, der geläufigen rabbinischen
Literatur und den Kirchenvätern. Und seine Methode ist die Nacherzählung
bzw. Aufreihung. Der Sinn und Zweck der Darbietung
wird offenbar als in ihr selbst liegend angesehen, denn irgendwie
ausgewertet, unter irgendeinen Gesichtspunkt gestellt, in irgendeiner
Hinsicht befragt wird das Material nicht, wenn man von den
jeweils letzten Absätzen der Teile absieht, wo der Vf. unter Mißbrauch
der Bezeichnung „Sitz im Leben" in allgemeinen Sätzen den
jedem Leser sowieso klaren Sachverhalt vor Augen hält, daß die
jeweilige Interpretation in irgendeiner Weise auch jeweils die Verfassung
des Interpreten widerspiegelt.

Berlin Hans-Martin Schenke

Barnouin, M.: Remarques sur les tableaux numeriques des Nom-

bres (RB 76, 1969 S. 351-364).
Bojorge, H.: Verkenning in de gedachtenwereld van het boek Pre-

diker (Bijdragen 28, 1967 S. 118-145).
Bojorge, H. — A. A. van Ruler: A propos du monde d'idees de

l'Ecclesiaste (Bijdragen 28, 1967 S. 150-151).
Haag, Ernst: Das Schweigen Gottes. Ein Wort des Propheten Arnos

(Am 8,11-12) (Bibel und Leben 10, 1969 S. 157-164).
Langlamet, F.: Israel et „l'habitant du pays" (RB 76, 1969 S. 321-

350).

Martin-Achard, Robert: Esa'ie et Jeremie aux prises avec les Pro-
blemes politiques (RHPhR 47, 1967 S. 208-224).

Ouellette, J.: Le vestibule du Temple de Salomon etait-il un bit
hiläni? (RB 76, 1969 S. 365-378).

Romaniuk, Kazimierz: Die Eschatologie des Buches der Weisheit
(Bibel und Leben 10, 1969 S. 198-211).

Theologische Akademie 6, hrsg. v. Karl Rahner u. Otto Semmelroth
, Frankfurt M.: Knecht 1969, 115 S.:

Lohfink, Norbert: Gott und die Götter im Alten Testament
S. 50-71.

Vaux, R. de: Teman, ville region d'fidom (RB 76, 1969 S. 379-385).
Vischer, Wilhelm: La lecon derniere (EThR 42, 1967 S. 9-17).

NEUES TESTAMENT

Egg, Gottfried: Adolf Schlatters kritische Position, gezeigt an seiner
Matthäusinterpretation. Stuttgart: Calwer Verlag [1968). 264 S.
gr. 8° = Arbeiten zur Theologie, hrsg. von Th. Schlatter mit
A. Jepsen und O. Michel, II, 14. Lw. DM 28.-.

Schlatters exegetisches Werk wird in der gegenwärtigen Diskussion
von Theologen recht unterschiedlicher Richtungen mit
Zustimmung genannt, doch zumeist ohne hinreichende Klärung der
Frage, ob man sich wirklich zu Recht auf ihn berufen kann. Die
Aufgabe, Schlatters Position gründlich zu untersuchen und zu
bestimmen, ist daher dringend gestellt. Sie wurde vom Vf. der
anzuzeigenden Studie, einer von G. Friedrich betreuten und im
Wintersemester 1966,67 angenommenen Erlanger Dissertation