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Ausgabe:

1970

Spalte:

96-98

Kategorie:

Altes Testament

Titel/Untertitel:

Könige 1970

Rezensent:

Bernhardt, Karl-Heinz

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Theologische Literaturzeitung 95. Jahrgang 1970 Nr. 2

96

but he is merciful because he is creator" (48). Gott vergibt den
Menschen um seiner Ehre willen (David Kimchi).

Die zweite Studie „Daniel or the fulfilled prophecy . . .*
(51-138) ist die ausführlichste. Hier werden die verschiedenen
Entstehungsstufen der Einzelerzählungen des Danielbuches bis hin
zu seiner Vollendung als Apokalypse 168-166 v. Chr. auf ihrem
gemeinantiken Hintergrund dargestellt. Der Vision c. 2 lag, bevor
sie auf die 4 Reiche übertragen wurde, ein Orakel gegen die 4 neubabylonischen
Könige zugrunde. Auch andere Danielerzählungen
wie c. 4. 5-6 gehen auf ältere aus der Perserzeit stammende Legenden
zurück, während c. 3 durch die griechischen Musikinstrumente
und den Gottestitel 3, 26. 32 in das 3. Jh. verwiesen wird (91). Die
Erzählungen sollen dann „after 245 and probably before 219" veröffentlicht
worden sein (100 vgl. 92), sie wurden sukzessive durch
apokalyptische Visionen erweitert. Speziell die apokalyptischen
Teile besitzen eine Reihe von Parallelen zur zeitgenössischen
Orakel- und Ominaliteratur, das Buch ist als Ganzes ein typisches
Produkt des hellenistischen Zeitalters, obwohl es sich im entscheidenden
Punkt von den griechischen Parallelen unterscheidet, die
keine Finalität in der Geschichte kannten (125). Die Studie endet
mit einem Exkurs über Porphyrius und die Anfänge der modernen
Bibelkritik.

„Koheleth...or the philosophy of an acquisitive Society"
ist die 3., kürzeste Skizze gewidmet (139-167). Hier wird Koheleth
in seiner Zeit und Umwelt, der griechischen Aufklärung und der
wirtschaftlich-politischen Expansion der hellenistischen Kultur
unter den Ptolemäern gesehen. Auch die semitische Oberschicht
konnte davon nicht unbeeinflußt bleiben. Bei Ben-Sira zeigt sich
dann der Umschwung und die Selbstbesinnung gegenüber dieser
Haltung.

Die letzte Studie behandelt die Estherrolle (171-240). Ihr
liegen ursprünglich zwei Erzählungen von der Jüdin Esther, die
persische Königin wurde, und vom Aufstieg des Höflings Mardo-
chai zugrunde, die der jüdische Verfasser vermutlich in Susa selbst
im 3. oder 2. Jh. v. Chr. in meisterhafter Weise miteinander verband
, um dadurch einem Fest, das von den Juden in Susa gefeiert
wurde, allgemeine Bedeutung zu verschaffen (207 f.). Durch den
Sieg der Hasmonäer wurde dann das Buch in seiner erweiterten
griechischen Fassung in der westlichen Diaspora verbreitet. Im
Gegensatz zu manchen modernen Deutungen enthält das Buch -
zumindest in seiner hebräischen Urform - keinen Hafj gegen die
Heiden, das Edikt des siegreichen Mardochai gibt nur den von
Haman als vogelfrei erklärten Juden das Recht zur Selbstverteidigung
gegen ihre Gegner (192 ff.). Die Untersuchung schließt mit
einem Überblick über die Einschätzung des Buches bis hin zu
de Wette und Abraham Geiger und einer Darstellung der besonderen
Züge der griechischen Übersetzung. Auch wenn man nicht
in jeder historischen Einzelfrage mit dem Vf. einiggehen wird,
argumentiert er doch aufs Ganze gesehen überzeugend. Auch auf
die Stellung Luthers zum Buch Esther geht der Vf. kurz ein
(S. 212 f.). Leider wurde das Buch von Hans Bardtke „Luther und
das Buch Esther" (1964) nicht herangezogen. Bedauerlich ist für
den Wissenschaftler, daß die Quellen- und Stellenbelege nicht überall
angegeben sind, aber es handelt sich hier ja um ein Buch, das
für einen weiteren Leserkreis gedacht ist; die Beschränkung ist so
verständlich. Wünschenswert wäre es, wenn das Werk in deutscher
Ubersetzung auch hier einem breiten Publikum zugänglich gemacht
werden könnte. Besonders eindrücklich wird hier demonstriert,
wie die Kenntnis der klassischen Antike und der späteren Auslegungsgeschichte
in Juden- und Christentum auch für die Exegese
alttestamentlicher Schriften fruchtbar gemacht werden kann.

Erlangen Martin Hengel

Lampe, G. W. H., Prof. (Ed.]: The Cambridge History of the Bible.

Vol. 2: The West from the Fathers to the Reformation. London:
Cambridge University Press 1969. IX, 565 S., 48 Taf. gr. 8°. Lw.
70 s.

Im Jahre 1963 erschien Greenslade, S. L., Prof. F. B. A.: The
Cambridge history of the Bible. The West from the Reformation
to the Present Day. Inzwischen ist das Werk auf drei Bände zu
erweitern geplant. So ist 1969 der 2. Bd. erschienen, während der
bereits 1963 erschienene Bd. nunmehr der 3. Bd. ist. Der vorliegende
2. Bd. behandelt die Geschichte der Bibel im Abendland von
den Vätern der Alten Kirche bis zur Reformation. Auch an diesem
Band sind verschiedene Mitarbeiter beteiligt.

Die ersten drei Kapitel des Werkes geben Überblicke über
Handschriften, Texte und Übersetzungen des AT und NT sowie
über die früheste christliche Buchproduktion, wie sie in Papyri
und Handschriften auf uns gekommen ist. Die eigentliche Darstellung
setzt in Kap. 4 mit der Geschichte der Bibel ein, wie sie in
der Vulgata des Hieronymus ihren Niederschlag gefunden hat.
Leider fehlen Ausführungen über die Bibel im 2. und 3. Jh. bei den
Kirchenvätern. Mit einer gedrängten biographischen Übersicht
wird dann gezeigt, wie Hieronymus zum Textverständnis der Bibel

gekommen ist. Papst Damasus hat ihm als seinem Sekretär die
Revision der lateinischen Evangelientexte übertragen (383). Der
Verfasser dieser Darstellung, Fr. E. F. Sutcliffe, neigt zu der Annahme
, daß auch die übrige ntliche Vulgata von Hieronymus
stammt. Ebenso nimmt er entgegen den Einwänden von Dom. de
Bruyne an, daß die erste Psalmen-Bearbeitung im sog. Psalterium
Romanum auf Hieronymus zurückgeht. S. zeigt dann, welche Bedeutung
besonders für die zweite Psalmen-Übersetzung, Psalterium
Gallicanum, die Benutzung der Original-Kopie der Hexapla des
Origenes in Caesarea durch Hieronymus hatte, und was sie über
die Vertiefung seiner hebräischen Sprachkenntnisse mit Hilfe
jüdischer Lehrer bedeutete. Von den übrigen Übersetzungen des
Hieronymus ist nur die des Hiobbuches auf uns gekommen. Der Vf.
weist dann auf die Kommentare des Hieronymus hin, um das Textverständnis
des Kirchenvaters deutlich zu machen. Der Name
Vulgata ist erst seit dem 16. Jh. verwendet worden, obwohl bereits
lange vorher das Recht zu solcher Beziehung bestand.

Eine Übersicht über die Geschichte der Vulgata im Mittelalter
macht deutlich, daß nach dem Tode des Hieronymus die neue und
die alte lateinische Übersetzung sich nebeneinander behaupteten.
Es wird darauf hingewiesen, daß Cassiodors Bedeutungen für die
Herstellung besserer Vulgata-Handschriften oft mißverstanden und
überschätzt worden ist. Das Buch beschäftigt sich dann mit der
Geschichte der Vulgata bei den Spaniern, Angelsachsen, Iren und
Franken der Karolingerzeit sowie im Hochmittelalter. In einem
umfangreichen Kapitel wird eine Darstellung der Auslegung und
eine Übersicht über die Exegese der Schrift geboten. Sie reicht von
der Alten Kirche bis zur Reformation, wobei auch der liturgische
Gebrauch der Bibel berücksichtigt wird.

Das Bibelstudium des mittelalterlichen Judentums findet eine
eingehende Würdigung. Biblische Darstellungen in der Kunst,
Illustrationen in Handschriften reihen sich an. Besonders umfangreiche
Ausführungen über die Übersetzungen in die Volkssprachen i
ins gotische, englische vor und durch Wyclif, ins deutsche vor 1500,
italienische und spanische schließen sich an. Den Abschluß der Darstellung
bilden Ausführungen über die Beziehungen des Erasmus
zur mittelalterlichen Bibelübersetzung. Eine umfangreiche Bibliographie
, Bildtafeln und Generalregister schließen das Werk ab.

Berlin Walter Delius

Internationale Zeitschriftenschau für Bibelwissenschaft und Grenz-

gebiete.hrsg v. F. Stier in Verb, mit P. I. Bratsiotis, K. Elliger,
A. Vögtle. Bd. XV, 1968/69. Düsseldorf: Patmos-Verlag [1969].
XV, 342 S. gr. 8°. DM 68.-.

Der pünktlich erschienene neue Band (vgl. zuletzt ThLZ 94,
1969 Sp. 659) erfaßt vornehmlich die Produktion des Jahres 1967,
wobei wieder zahlreiche 1966 erschienene Veröffentlichungen mitaufgenommen
sind. Der Begriff „Grenzgebiete" ist großzügig gefaßt
: Auslegungsgeschichte, Patristisches, Sprachliches, Geographisches
, Archäologisches, auch Systematisches sind reichlich aufgeführt
, so daß der Benutzer einen guten Zugang zur Literatur
erhält; wäre nur alles, was oft so bedenkenlos dem Druck übergeben
wird, es wert, sorgsam gebucht zu werden!

Tübingen Hans-Dietrich Altendorf

Flood, Ethelbert David: Neue Wege in der Textkritik (WiWei 32,

1969 S. 151-155).
Fransen, P. F.: Symboliek en bijbelse taal (Bijdragen 28, 1967

S. 152-176).

ALTES TESTAMENT

Noth, Martin: Könige. 1. Teilband. I. Kön. 1-16. Neukirchen: Neu-
kirchener Verlag d. Erziehungsvereins [1964-68]. VIII, 367 S.,
1 Porträt gr. 8° = Biblischer Kommentar. Altes Testament, hrsg.
v. M. Noth u. H. W. Wolf, IX.

Martin Noth (f 30. 5.1968) konnte seinen großen Kommentar
zum Königsbuch nicht mehr vollenden. Die seit 1964 erschienenen
Lieferungen hat der Verlag zu einem ersten Teilband, der die Erklärung
von 1 Kön 1—16 enthält, zusammengefaßt. Die weitere
Arbeit an den Königsbüchern wurde Rudolf Smend, einem Schüler
des Heimgegangenen, übertragen. Zweifellos eine sehr glückliche
Wahl, die eine Weiterführung des Werkes im Sinne von M. Noth
erwarten läßt.

Dem nunmehr in seinem ersten Teil vorliegenden Kommentar
kommt schon aus einem äußeren Grunde besondere Bedeutung zu:
Er ist der erste protestantische wissenschaftliche Kommentar zu
den Königsbüchern in deutscher Sprache, der seit R. Kittels Beitrag
zum .Göttinger Handkommentar' vom Jahre 1902 erschienen ist1.

1 Auch die größeren katholischen Kommentare von A. Sanda (.Exegetisches
Handbuch zum Alten Testament', Münster 1911/12) und S. Landersdorfer (.Die
Heilige Schrift des Alten Testaments', Bonn 1927) liegen jetzt schon 57 bzw.
42 Jahre zurück. Der gelehrte Kommentar von J. A. Montgomery / H. S. Gehman
im .International Critical Commentary' (Edinburgh 1951) hat das Fehlen eines
entsprechenden deutschsprachigen Werkes besonders spürbar gemacht.