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Ausgabe:

1970

Spalte:

954-956

Kategorie:

Referate und Mitteilungen über theologische Dissertationen und Habilitationen in Maschinenschrift

Autor/Hrsg.:

Stock, Konrad

Titel/Untertitel:

Annihilatio Mundi 1970

Rezensent:

Stock, Konrad

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953

Theologische Literaturzeitung 95. Jahrgang 1970 Nr. 12

954

Kaiser. Konrad: Identität und Sozialität. Soziale Interaktion Die Arheit gelangt über skizzenhafte Andeutungen nicht hin-

als Grundmodell einer theologischen Anthropologie, darge- aus, die für sich genommen problematisch bleiben und jeden-

ttdh anhand einer rntersuchung der Sozialphilosophie falls einer weiteren Ausarbeitung bedürfen. Sic hatte das Ziel,

vom George Herben Mead. Diss. Tübingen 1970. 281 S., eine neue Art theologischer Reflexion paradigmatisch zu ver-

Anmerk 86 S deutliehen und so im Bereich der Anthropologie zur Klärung

der Fragen beizutragen, denen sich die Theologie heute gegen-

Die vorliegende Arbeit verfolgt ein doppeltes Interesse; sie übergestellt sieht,
hat neben dem sachlichen auch einen methodischen Schwerpunkt
. Heide gehören eng zusammen. Sachlich geht es um
einen spezifischen Reitrag zur gegenwärtigen Debatte um die

Anthropologie. Die Arbeit geht, von der Überzeugung aus. Stock, Konrad: Aiiuihilatio mundi. Johann Gerhardt Kscha-
l«fl die Unsicherheit über die Grundlagen des Menschseins tologie der Welt. Diss. Tübingen 1970, 185 S.
tuid die Auflösung ,1er überkommenen Goltcsvorstcllung zwei .
einander entsprechende Aspekte einer umfassenden Krise Gegenstand der Untersuchung ,st jcjr oigeulimihclie Kniend
. Die Theologie muß sieh der anthropologischen Heraus- wi.rt einer hschatologie der Welt, den d.e lutherische Ortho-
forderu.,.r ,1er Gegenwart stellen. Aber sie kann dieser Her- doxie des späten 16. und des ganzen I/. Jahrhunderts mit
»«•fordern!« nuTbegf*nen, wenn es ihr gelingt, <lic für <lc.i dem Gedanken der ann.h.lal.o .nun*, der esehatolog.schen
«Whchen Glauben konstitutive Bezogcnheit von Mensch, Vernichtung des welthaft Seienden, vorgetragen hat. Ausgebt
und Colt in neuer Sprache auszudrücken. von der Deutung und Kritik die P. Althaus diesem Be-
Hier setzt das methodische Interesse der Arbeit an. Sic ver- gr.f! gewidmet hat, fragt s,c nach der systematischen Reicht
die überall erhobene Forderung nach interdisziplinärer grümlung des Gedankens, und zwar he. Johann Gerhard, weil
/,„ , . , i„ ,i„. Tni verhimM die dieser (Ins l'roblein in der umfassendsten Weise bearbeitet
»•usammenarbeil ernst zu nehmen. Jn der tat vi naiv1

K"se, in welche die tragenden Konzepte, unserer Wcltorien- hat. ,• v , ...

,:„,. ■ , , i ti „1„„;„ «in., npiie Art l'.in knapper I berbheU über die orgeschichte des anni n-

"erung .'einten sind, auch von der 1 heologie eine neue An -,.,01- 1. • ai.i

dp-ti „ „. __j_ K.t,ovi<rpii Denk- lalio-Gedankens ergibt, daU dieser nicht, wie Althaus vermu-

'" liellcxion. Ohne notwendigerweise ilirc luslieiigen i«,niv t, >

. „ i i- rn i„„:„ .,„r ,1,.,, Dinlo" tet hatte, dein r.inllub nivsl.se her Sprache aul das orthodoxe

«eisen preiszugeben, muß sich die I heologie aul den inaiop > • • ■ ■

mit 1 ti ... , . _ i,'..f.,i,,.„n>isuissen- l.utherl um zu verdanken sei. Vielmehr erweist, er sich als er-

"'il den Ilunianwissensrhafleii und den l'.rlahrungswissi.n........ . .

*cl...r. -t i_ -i __,„;i ibroii Aussa"cn neute Uezeption des gnostisch-origeinsliselien hnlwurfs einer

•hallen überhaupt einlassen, wenn sie mit ihren «OHP" < ■ p.

>,;...,, , .... B f 1 ....„ ,„„nU,ldiebei' Wirk- l'.sci.nto ogie der Well, den die allkirchlicbc und scholastische

"hin .-in de,. gegenwärtigen r.rfnhrung mens, ihm 1111 r. ...

lii hl 1 • 1 ... „,„ ■ • , „„r .|i„<P Ausein- Antithese überlieferte. Seine erneute Rezeption beruht auf

"< hUeit vorbeigehen will. Die 1 heologie ist aul diese .iust,i„ ,.,,„.., ...

•Äj , . . , __1, -.1___1 .... einem dreifachen liegrundungszusnminoiihang, der aber sci-

''nderselzuiig bisher weder theoretisch noch methodisi 11 aus r, 0 e>

,.„•.. 1 , . 11 in« _ j_ /.Manan Criind- ncrseils erst nach der .Notwendigkeit, des tiedankens fragen

■Wehend vorbereitet. Aber eine Klärung der ollencn urona o , j. .b

|L__ . , ,, . ... m rbnpnlel- aßt- >cn ersten (.rund des (.edankens bildet l|i<: spezielle

"•'gen l,,ßi sieh wohl am ehesten im gleichsam experuneiuei 1

Lv.11 1 1 -i ji ;.. .lor ,.<.psnehs«eisen GotteUehre. Sie expliziert den < ,ollesgcdanken metapliy-

"" Vollzug des Dialogs erreichen, d.h. US der vcrsui Dswweu . _ .. , . „ . . w V . . c . , .

An,. 1 .1 •• 1 t. ../ 11 1 ..i im i sisch. sofern sie < .Ott als den allein 111 Wahrheit Seienden und

"Wendung und kritischen Prüfung von Denkmodclien unu > . ,

K-,,„„ • ,. , vir „„.Mi-irtcTi erwach- als den n lein in Preiheit Wirkenden zu denken sucht, der sich

•Mitegonen. «he aus der Arbeit dieser Wissenschaften erwai n , ,

sn,, J , ,,. ,. , 1 . ... „l., ,i;„Uo„ llpiikwe" im W ort der Wahrheit mit t .indciitigkcil. als der zu erkennen

sind. Die vorliegende Arbeil versucht diesen uesuweg » » ' 1 . , • 1 u •, , ,

i,..,..,,.._ .. , w 1 11 1 ■ i„„ T„ipr.,utirin'zu ver- gibt, der den Menschen zu eschatologiscnem Heu, zu eschato-

1'"•idigmalisi h am Modell der .sozialen Interaktion '■" vcr J» .', „ . , «tu fc . w 1 1 11-.. \t 1 .

denn; 1 j i-i 1 . AowLipn von Meli- logischer Kntsiirechung erwählt hat. W eil durch < .olles Wahl,

"Hieben das unter den beiden polaren Aspekten von «e r- " _ __ <

Ii,:;, , ' . ,. , . , . lMitscbei(huv und schöpferische I at eschatologisches Sein als

UI"t und Sozialität nnalvsicrt wird. r .. ,, • , r 1 1

c • . T . . -rr ■__„r. fliMtialiheorie Sein 111 b.n sprechung zu (.oll allein dein .Menschen zukom-

»oziale Interaktion ist der Leitbcgnff jener OOSMltneonei r ~*> __ .

'»« mil den, N,.....•„ des amerikanischen Philosophen und So- .neu soll, ist alles wclthaft Seiende escha.„logisch aufzuheben.

■'......syehologen George Herbert Mead (1863-1931; verbun- Der zweite .^^^~^ sieb aus

<'<•-> isi. Da Mead. ungeachtet seines starken Einflusses auf die dem VersU.....ms der Welt selbst. Welt ist der Inbegriff des-

^«■wissenschaftliche Diskussion in den USA erst langsam jen.gen Seienden, dessen Seinsbeg.nn im Akt der Schopf,,,,,

'»kam,, wird, ist der Hanptteil dieser Arbeit einer interpre- aus N„ bis dessen allen. ... der Erhaltung gegebene Dauer,

tita», 1 ,v .. .toi • i.„.,i Im Mittel- dessen zeitliche Wescnsstruktur und dessen teleologische

"Menden Darstellung seines Werkes gewidmet. Im rtiiuei .______•

iMinl i .1 , , • • • • 11 tu •„ ,lnr Vni wicklun" Siuiibcst 1111,,111111» aIs das 1.. 11 des Menschen 111 seiner zeitliche 11
1 "'"vi steht dabei seine originelle Ihcone der EJMWM kiii ,r o

v,„. I.__... . , . b. .,, Ct.— Mm Iwiherife D;«- I'.x,Stenz willen Seiende endgültiges und radikales JNicht-

, "" 1 demit;,i aus dem sozialen Akt. Uber die bislicrigi. um n e .. .„ ........ .

k„o. • , . . , , „. , • 7„.„mm»nli™i' der Sein erschließen laut. Die Bedeutung dieses Weltverstand-

»ussion hinaus wn-d versucht, Mead im Znsammennang oer ^ ___ , . . . ^

> ,-, .... n _ .:„„,,,c /Ppiree Ja- nisses besteht in seinem faktischen Widerspruch gegen die

"hosoplne des amerikanischen Pragmalismus (I 1 ine, ja ... .. , , . , . .. . w ,,, . .

»lies ... , „ „1 „„;.„. Itedeul um' im ubcrheferle aristotelische Weltlchre.

'"s und l)ewe, zu 111 erprelicren und seine Den, „„'"b

':ic»< der von'ihin ausgehenden sozialwissensehalllichen Drittens gründe der nun,hda .„-Gedanke im I egr.lt des

^.Irichtnng des soziale,; Interak.ionismus (Goffu.an. Sin- esehatolog.schen IUm s. Weil die Bec .ifcrt.gungdehre dessen

'"'".«i. S„,„;ss „ Kritisch zu bestimmen. Die häufig voll- Prinzip ,s. ergibt sich emc zugleich theologische und anthro-

>ene Einordnung Mead. in den Rehaviorismus erfährt da- pologische KonzentraUo,, des leilsbegrif s. ,scl,a.olog,sel,es

,ei «"e entschiedene Qualifikation. Resonderes Gewicht er- Heil ist demnach die Ste.igke.t der Rechtfertigung, das Sc,

''^ die späteren (ie.h.nkcn.Meads zur Philosophie der Z«t des Menschen,m En sprechung zu Gott,, las alle,,, .lurc.W „n

"Ml1 zun, Thenn, der Suzialiläl. d.h. der sozialen, und ,1mm. und Glaube k.msl,t.„er. Wird. Weil allen, Gottes rceh.ferti-

zein;,.i c- , . __,. ... .1 cendes Worl neue l-.xistenz erheiLll und schallt, ist neue

'"•«hen Struktur der Wirklichkeit. Z ,~ t 11- 11 im 1 ■ 1. ,

« Aufnahm,, von Ansätzen im Denken U.U. Niebutai ver- Schöptung nur als die neue Mcnl.tal des Menschen, n.cht als

^1 die Arbeit im Abschließenden Teil die mögliche Reden- zugleich erneuerte Ideulitä. der Weh zu versiehe,,.

<les Modells der Interaktion für die eingangs formulierte Als der bestimmende Grund der Rezeption des .„„„lulal.o-

""'«logische Aufgabe zu umreißen. Interaktion, in der Polari- Gedankens der diese I.egrundungszusa.nnienha.ige erst re-
181 von Identität und Sozialität, <lie.it hier zu einer ansatz- flektieren läßt, erweist sich aber die Ausarbeitung und Ver-
^sen Neuinterprctation des überkommenen Topos des Bun- teidigung der lutherischen Abcndma dslehre. Ihr Interesse
2*. d-li. der aktiven, .sozialen' Bezogcnheit von Mensch und besieh, dann, den Glauben an die sakramentale Gegenwart
f'ou- Gottes handelnde Gegenwart an jedem Ort und in je- Christi, an den in cschalolog,scl,cr Le.bhchke.t gcgenwärligen

Ereignis unserer Wirklichkeit wir.l als der umfasscn.le Herrn gegen...... Einwände als denkwürdig zu erweisen, wel-

«Offcont aller menschlichen Interaktion verstanden, und che diesem Glauben mit Argun.ente,, Widersprechen, die

,0|les Treue zu sich selbst in den Wandlungen seines Hau- letztlich aus dem Weltenlwurf der aristotelischen Physik re-
'lw|ns erscheint als der letzte Grund menschlicher Identität. sulticrcn. Die begriffliche Auseinandersetzung des Abend-