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Ausgabe:

1970

Spalte:

853-855

Kategorie:

Liturgiewissenschaft, Kirchenmusik

Autor/Hrsg.:

Spital, Hermann Josef

Titel/Untertitel:

Der Taufritus in den deutschen Ritualien von den ersten Drucken bis zur Einführung des Rituale Romanum 1970

Rezensent:

Bieritz, Karl-Heinrich

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Theologische Literaturzeitung 95. Jahrgang 1970 Nr. 11

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Auct. D. i 20 (Mainz, St. Gallen, Regensburg) soweit wie
möglich auf die älteste Form zurückgeführt, (der Übergang
zum Sanctus fehlt noch). Auch von der Postcommu-
nio „Gratias tibi agimus" wird durch Textvergleichung
gezeigt, daß das Stowe Missale die älteste, und zwar altrömische
Form enthält (44).

Es wird gezeigt, daß das heute als „Fürbitten"
wiederaufgelebte Gebet nicht den Abschluß des Wortgottesdienstes
, sondern den Beginn der Opferfeier bildete,
eine Tatsache die für die Reform der Karfreitagsliturgie
von Interesse ist (53). Es gibt neben dem Eucharistiegebet
keinen Text der Meßfeier, der schon im 2.Jahrhundert
so allgemein bezeugt ist. Es handelt sich primär
um eine Danksagung, erst sekundär um ein Bittgebet für
die großen Anliegen der Kirche.

S.66ff. Rekonstruktion der „Canonia prex" vor Inno-
cenz I. aus umfassendem Handschriftvergleich und Betrachtung
der Einzelteile (zu dem jüngst vieldiskutierten
mysterium fidei S.70) sowie ihrer Stellung im Eucharistiegebet
.

Das Kapitel „Zu den Anfängen des Missale Romanum"
beginnt mit den für das ganze Werk entscheidenden Worten
: „Schon in naher Zukunft wird man es als Kuriosum
betrachten, daß die römische Kirche über tausend Jahre
lang das gleiche Meßbuch benützt hat; daß tausende
und abertausende Priester Jahr für Jahr dieselben Ora-
tionen gesungen haben" in allen Weltteilen. Der Grund
ist nicht „in den hervorragenden Eigenschaften der Ora-
tionen" sondern „in der geschichtlichen Entwicklung" zu
suchen. Deren Würde zeigt G. in einer Reihe von Einzeluntersuchungen
, aus denen nur die Betrachtung der
Spuren des (verlorenen) Sakrarnentars des Paulinus von
Nola (91), die Untersuchung, ob das römische Stations-
Sakramentar auf Gregor d.G. zurückgeht (116), die Studien
zur Verbreitung und Weiterentwicklung des Sacra-
mentarium Gregorianum (Codex Tridentinus und Sacra-
mentarium Glagolythicum) hervorgehoben seien (138ff.).

Das Werk schließt mit Betrachtungen einzelner liturgischer
termini (missa, collecta, secreta; s.auch S.56 zu
Canon Missae).

Basel John Heiinlg

Spital, Hermann Josef: Der Taufritus in den deutschen Ritualien
von den ersten Drucken bis zur Einführung des Rituale
Romanum. Münster/W.: Aschendorff [1968]. XV, 300 S.,
gr. 8° = Liturgiewissenschaftl. Quellen u. Forschungen,
hrsg. v. O.Heiming, 47. Kart. DM 48,-.

Die Erfindung der Buchdruckerkunst ist für die Geschichte
des Taufritus im deutschsprachigen Raum zunächst
nur ein zufälliges Datum, ohne jeden inneren Zusammenhang
mit dem Stand der liturgischen Entwicklung
; und doch hat der Vf. gute Gründe dafür, als untere
Grenze für den von ihm behandelten Zeitraum (ca. 1480
bis 1614) das Erscheinen der ersten Ritualiendrucke zu
wählen: Die Möglichkeiten des Buchdrucks gestatten es,
erstmalig mit einiger Aussicht auf Erfolg eine größere
Vereinheitlichung des Ritus in den einzelnen Diözesen
anzustreben sie schaffen weiter die technischen Voraussetzungen
dafür, daß - freilich erst im Laufe einer gewissen
Entwicklung - die Darstellungen des Ritus durch ausgedehnte
pastorale Hinweise ergänzt und erweitert werden
können. So entsteht dann tatsächlich innerhalb des von
Spital behandelten Zeitabschnitts ein neuer Typus des
Rituale, und das Rituale Romanum von 1614 ist weiter
nichts als der vorläufige Endpunkt dieser durch die Erfindung
des Buchdrucks in Gang gesetzten Entwicklung.

Freilich kommt der Vf. nicht umhin, die von ihm
selbst gewählte zeitliche Begrenzung sowohl nach oben
wie nach unten zu durchbrechen. Zum einen braucht er

einen Maßstab, einen Ausgangspunkt, von dem aus er die
Taufriten der zahlreichen Drucke des genannten Zeitraums
miteinander vergleichen kann, um bestimmte Tendenzen
und Weiterentwicklungen zu konstatieren. Diesen
Ausgangspunkt findet er nicht etwa in den handschriftlichen
Ritualien des Mittelalters; diese liegen ihm nur in
den wenigen bereits edierten Exemplaren vor, und er weist
mit Recht darauf hin (S.5f.), daß die handschriftlichen
Ritualien unseres Raumes noch weithin in den Bibliotheken
schlummern und ihrer Sichtung, Bearbeitung und
Herausgabe harren. Ausgangspunkt des vom Vf. durchgeführten
Vergleichs sind vielmehr die Klassischen Sakramentare
, insbesondere das Altgelasianum (Cod. Vat. Reg.
lat. 316), wo sich fast alle der späteren Formeln bereits
finden und wo die „weit auseinandergefächerten Linien
zusammenlaufen"; für den dazwischenliegenden Zeitraum
muß er sich auf Stichproben (edierte Handschriften,
Römisch-Germanisches Pontifikale u.a.) beschränken.

Aber auch die Grenze nach oben wird durchbrochen;
das hängt einmal mit der Tatsache zusammen, daß sich
die Einführung des Rituale Romanum keineswegs schlagartig
durchsetzt, sondern sich in einzelnen deutschen Diözesen
bis ins 19. Jahrhundert hinein verzögert; zum anderen
entsteht unter dem Einfluß der Aufklärung noch einmal
ein neuer Typus des Rituale, der sich weniger in der
Gestaltung des Ritus, als viel mehr in der pastoralcn Ausrichtung
von den älteren Ritualien unterscheidet. Spital
kann diese weitere Entwicklung nur am Rande behandeln;
es wird aber deutlich, daß er gerade für diese Entwicklung
gewisse Sympathien aufzubringen vermag (vgl. S.291).

Es ist ein bisher noch wenig erforschtes Neuland, das
der Vf. mit seiner Untersuchung betritt; seine Hauptaufgabe
mußte es zunächst sein, sich eine möglichst breite
Quellenbasis zu verschaffen. Das Ritualienverzeichnis,
das er seiner Arbeit anfügt (S.212-285), ist bisher einmalig
in seiner Art - eine derart auf Vollständigkeit bedachte
Bibliographie der deutschen Ritualiendrucke gab es
noch nicht - und von unschätzbarem Wert für die weitere
Forschung. Überhaupt liefert Spital keineswegs nur einen
Beitrag zur Erforschung des Taufritus, sondern auch zur
Geschichte des Rituale ganz allgemein. In dem von ihm
behandelten Zeitabschnitt ist das Rituale als „Buch"
nach Inhalt und Form noch deutlich in Entwicklung; es
enthält anfangs noch Teile, die später ins Missale abwandern
(bestimmte, an das Kirchenjahr gebundene Riten).

Die Quellen, die Spital heranzieht, kann man - unabhängig
von ihrer Datierung - nach ihrer Entstehung in
drei Gruppen einteilen: 1. offizielle Diözesanagenden; 2.
private Ausgaben einzelner Drucker oder Verleger; 3. von
einzelnen Theologen verfaßte „Pastoralhandbücher", die
neben den Riten auch ausführliche pastorale Hinweise
enthalten. Auch hinsichtlich der chronologischen Ordnung
der Quellen - nach der Art, wie der Taufritus dargeboten
, in das Ganze das Rituale eingeordnet, rubriziert
und kommentiert wird, sowie nach dem liturgischen Entwicklungsstand
des Ritus selbst - ergibt sich eine Dreiteilung
(wobei Spital erwägt, die Aufklärungsritualien
noch als eine vierte Gruppe gesondert zu betrachten). Ein
wesentliches Merkmal für die Zugehörigkeit zu der einen
oder der andern Gruppe ist die Ausstattung der einzelnen
Drucke mit Pastoralinstruktionen; während die ältesten
Drucke hier noch sehr sparsam verfahren und oft nur den
Ritus mit den unbedingt notwendigen Rubriken abdrucken
, entwickelt sich das Rituale im Laufe des vom
Vf. behandelten Zeitabschnittes immer mehr zu einem
regelrechten „Pastoralhandbuch" mit ausführlichen Einleitungen
und Hinweisen. Vom Vf. werden wir wiederholt
darauf aufmerksam gemacht, daß das Rituale Romanum
bei seinem Erscheinen keineswegs ein Novum darstellt;
es gehört seinem Entwicklungsstand nach ganz in die
dritte und jüngste Gruppe der sog. „Pastoralhandbücher"