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Ausgabe:

1970

Spalte:

849-850

Kategorie:

Systematische Theologie: Ethik

Autor/Hrsg.:

Trillhaas, Wolfgang

Titel/Untertitel:

Das Evangelium und der Zwang der Wohlstandskultur 1970

Rezensent:

Gollwitzer, Helmut

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849

Theologische Literaturzeitung 95. Jahrgang 1970 Nr. 11

850

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ETHIK

Trillhaas, Wolfgang: Das Evangelium und der Zwang der Wohlstandskultur
. Berlin: Töpelmann 1966. VII, 82 S. 8° =
Theologische Bibliothek Töpelmann, hrsg. v. K.Aland,
K.G.Kuhn, C.H.Ratschow u. E.Schlink, 13. DM 12,-.

W. Trillhaas hat seine Fähigkeit zu knapper und klarer
Phänomen-Skizzierung schon öfter an der Darstellung
gesellschaftlicher Situationen und Entwicklungen bewiesen
(z.B. in seiner Schrift „Bauer-Bürger-Proletarier
", 1949). Sie kommt ihm zugute, wenn er als praktischer
Theologe die Veränderungen in der heutigen Gesellschaft
beschreiben will, die beachten muß, wer als
Prediger zu Menschen dieser Gesellschaft zu sprechen hat
und - was er besonders zu beachten hat! - selbst ein Glied
dieser Gesellschaft ist, „aus der keiner sich ausschließen
kann" (15). Trillhaas bringt sie auf den Nenner der
„Wohlstandskultur" und zählt die durch die ökonomischen
Leistungen bewirkten Lebensveränderungen auf
samt den von ihnen ausgehenden Zwängen und Problemen
. Ihren Impuls findet er in einer optimistischen
Grundanschauung mit der Formel: „Reichtum macht
frei" (27). Auf zwei dieser Lebensveränderungen geht er
mit der Frage, was die christliche Gemeinde zur Bewältigung
der damit verbundenen Probleme beizutragen habe,
besonders ein: das Freizeitproblem (mit Entwurf einer
heutigen Theologie des Sonntags) und die sog. sexuelle
Revolution (hier ein Vorgriff auf seine inzwischen erschienene
Sexualethik). Ein anregungsreiches Kapitel
über die Aufgabe der Evangeliumspredigt in der so gründlich
veränderten Welt beschließt die Schrift: 1. Der Huu-
ger nach glaubhaftem Wort fordert sowohl „entmythologisierendes
" Übersetzen der Bibelsprache wie auch Aufhebung
der Trennung von Person und Amt durch persönliches
Eintreten; 2. Säkularisation fordert solidarische
Zeitgenossenschaft des Predigers; 3. Predigt soll gerade
in einer kollektivierenden Gesellschaft Anrede an den
Einzelnen sein, und Kirchlichkeit darf nicht so sehr in der

Selbstdarstellung einer Konfession bestehen, sondern
muß das Christliche zu Gehör bringen, nach dem allein
die am Konfessionellen mehr und mehr desinteressierten
„Kinder der Welt" eigentlich fragen.

Was freilich die dabei vorausgesetzte Sicht der gegenwärtigen
Gesellschaft (gemeint ist dabei immer die
westliche) anlangt, so ruft sie viele Fragen hervor. Der
Wohlstand ist weder in der westlichen Welt, auch nicht in
Westdeutschland, so durchgängig, wie es Trillhaas, der
dafür sogar die USA (24) nennt, erscheint, noch erst recht
in der Dritten Welt, die für ihn außerhalb des Blickfeldes
liegt. Daß in der modernen Welt „die klassenlose Gesellschaft
, das Ideal des Marxismus tatsächlich verwirklicht"
ist (25), konnte man schon 1966, bevor also die Studentenrevolte
auf die zwar verschleierte, nichts desto weniger
harte Klassenstruktur der westlichen Gesellschaft aufmerksam
gemacht hat, nur in einer von der damals verbreiteten
Wunschthese vom Überholtsein des Marxismus
bewirkten Realitätsferne behaupten. Daß es keine Proletarier
mehr gibt (30), gilt nur, wenn man diesen Begriff
auf die Pauperität des Frühkapitalismus beschränkt und
die Proletarisierung breiter Schichten einschließlich der
Intelligenz (d.h. ihre Verwandlung im Verkäufer ihrer
Arbeitskraft) ignoriert. Ein „materialistisches System"
(28f.) in dem von T. gemeinten Sinne des Wortes „materialistisch
" ist nicht der Sozialismus, der die wirtschaftlichen
Verhältnisse unter die Kontrolle der Menschen
bringen will, sondern der Kapitalismus, wie denn die
Illusion, daß Wohlstand als solcher die Menschen bessere,
eine bürgerliche, nicht aber eine marxistische ist. So
fragt denn T. auch nicht, ob die von ihm aufgezeigten
Gefahren der „Wohlstandskultur" wirklich Folgen von
Wohlstand an sich sind (wie er meint), oder Folgen eines
(relativen) Massenwohlstandes im Rahmen spezifischer
gesellschaftlicher Verhältnisse, nämlich kapitalistischer,
d.h. solcher, in welchen die Massen der Produzenten von
der Verantwortung für die Produktion getrennt sind und
die Produkte nur als vereinzelte Konsumenten genießen.
Infolgedessen weiß T. über die Sozialaufgaben der christlichen
Liebe nur Kümmerliches zu sagen (21), und obwohl
er die Gesellschaft richtig als den entscheidenden „Ort
der Nächstenliebe" (22) bezeichnet und der Christenheit
das Eintreten „für die Notstände des Freiheitsverlustes"
(33) als Aufgabe zuschreibt, stößt er nicht zur gesellschaftskritischen
Aufgabe der Christen in allen bestehenden
Gesellschaften vor, bei der es um eine Gewinnung der
menschlichen Freiheit geht, die nur zugleich individuell
und sozial zu verwirklichen ist.

Berlin Helmut (Jollwitier

Bahmann, Manfred K.: Die Wende von Medellin. Katholische
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Baum, Günther: Autorität (Wege zum Menschen 22, 1970
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Dantine, Wilhelm: Die Funktion des Gewissens im Recht
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