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Ausgabe:

1970

Spalte:

841-843

Kategorie:

Systematische Theologie: Allgemeines

Titel/Untertitel:

Beiträge zur Fundamentaltheologie und zur Lehre von Gott 1970

Rezensent:

Trillhaas, Wolfgang

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Theologische Literaturzeitung 95. Jahrgang 1970 Nr. 11

842

Javor, George: A Senecan Echo in Luther's Table-Talk
(HThR 62, 1969 S.430).

Jedin, Hubert; Moeller, Bernd; Skalweit, Stephan: Probleme
der Kirchenspaltung im 16. Jahrhundert. Hrsg. von Raymund
Kottje und Joseph Staber. Regensburg: Friedrich
Pustet 1970. 84 S. 8°.

Lienhard, Marc; Notes sur un texte christologique de jeune
Luther (RHPhR 49, 1969 S. 331-340).

Süss, Theobald, Dr.: Luther. Paris: Presses Universitäres de
France 1969. 134 S. kl. 8° = Philosophes.

Trinklein, Michael: Luther's Insights into the Translator's
Task (The Bible Translator 21, 1970 S. 80-88).

Wrzecionko, Paul: Probleme der Reformation in Polen (Evangelische
Kommentare 3, 1970 S. 39-41).

SYSTEMATISCHE THEOLOGIE

Ebeling, Gerhard: Wort und Glaube. II: Beiträge zur Fundamentaltheologie
und zur Lehre von Gott. Tübingen: Mohr
1969. VI, 445 S. gr. 8°. DM 29,-; Lw. DM 35,-.

Der 1960 erschienene, unterdessen in dritter Auflage
vorliegende Aufsatzband Ebelings war seiner Zeit nicht
auf eine Fortsetzung angelegt. Aber der Titel bezeichnete
eine Intention, an der der Vf. festhalten will, ja die an
Aktualität womöglich seither noch zugenommen hat,
nämlich „der Begegnung des christlichen Glaubens mit
der Neuzeit durch ein Denken gerecht zu werden, welches
das Vermächtnis der Eeformation im Weiterdenken
wahrt". Der Untertitel will deutlieh machen, worin E. die
heutige thematische Dringlichkeit sieht, nämlich in den
fundamentalen Fragen, vor allem in der Gotteslehre, zumal
„gegenwärtig die Gefahr droht, daß in einer Art
Schwindelanfall den Theologen ihr Thema verloren
geht".

Um mit dem Äußerlichen zu beginnen. Der Band enthält
16 Beiträge, von denen 13 schon gedruckt vorliegen,
neun davon in der ZThK bzw. in deren Beiheft 2, 1961.
Drei Beiträge erscheinen hier zum ersten Mal im Druck; sie
entstammen sämtlich den Vorlesungen des Vf.s. In zwei
Fällen führt jeweils der folgende Aufsatz die Verhandlung
des vorausgehenden fort: Der wichtige Artikel über „Die
Evidenz des Ethischen und die Theologie" (S.lff.) setzt
sich in einer Auseinandersetzung mit Pannenbergs Mainzer
Antrittsvorlesung fort: „Die Krise des Ethischen und
die Theologie" (S.42ff.), und der dogmengeschichtliche
Aufsatz „Der hermeneutische Ort der Gotteslehre bei
Petrus Lombardus und Thomas von Aquin" (S. 209ff.)
findet im folgenden „Existenz zwischen Gott und Gott.
Ein Beitrag zur Frage nach der Existenz Gottes"
(S.257ff.) eine ausführliche Ergänzung. Insoweit kündigen
sich schon inhaltliche Gruppierungen an, die allerdings
nicht einfach dem Aufbau der Sammlung entnommen
werden können. Die beiden schon genannten
ersten Aufsätze beschäftigen sich mit der fundierenden
Bedeutung der Ethik für die Theologie, wenn man so
sagen darf: mit dem Axiom W. Herrmanns im Rahmen
unserer heutigen Diskussionslage. Drei Beiträge, der
zweite über die Krise des Ethischen eingeschlossen, sind
dem Gespräch mit anderen Denkern gewidmet, mit
Pannen berg, Käsemann und Heidegger. Die übrigen Aufsätze
lassen sich insofern in zwei Gruppen zerlegen, als
in ihnen E. sich einerseits in freier Thematik seinen
eigenen theologischen Anliegen zuwendet, die auch die
unseren sind, also der hermeneutischen Theologie, der
Geschichtlichkeit des Wortes und der besonderen Modi-
ikation, welche diese Problematik in der Profanität der
modernen Welt, im Zeitalter des Atheismus erfährt. Hierzu
gehören die Beiträge „Hauptprobleme der protestantischen
Theologie in der Gegenwart" (S.56ff.), „Hermeneutische
Theologie?" (S.99ff.), „Zeit und Wort"
(S. 121 ff.), „Profanität und Geheimnis" (S.184ff.), „Die
Botschaft von Gott im Zeitalter des Atheismus" (S. 372ff.)
und der abschließende „Gott und Wort" (S. 396ff.). Die
andere Gruppe ist dadurch ausgezeichnet, daß der Vf.
seine eigenen Anliegen in Interpretationen einbindet, so
daß die Bewußtheit des Geschichtlichen in unserer eigenen
heutigen Fragestellung in der Begegnung mit älteren
Formen unserer Problemstellung potenziert wird. Dazu
gehören „Gewißheit und Zweifel. Die Situation des Glaubens
im Zeitalter nach Luther und Descartes" (S. 138ff.),
dann die beiden schon erwähnten über die Gotteslehre bei
Petrus Lombardus und Thomas, eine Studie, die im zweiten
Teil bis zu Melanchthon und der Neuzeit hin ausgedehnt
wird, ferner „Was heißt ein Gott haben oder was
ist Gott" (S.287ff.), worin der gewagte Subjektivismus
Luthers zur Auseinandersetzung mit L. Feuerbach gebracht
wird; hierher gehört die Analyse „Schleiermachers
Lehre von den göttlichen Eigenschaften" (S. 305ff.) und
auch - bezeichnend für den raschen Wandel der gegenwärtigen
Diskussionlage - die Interpretation von Bultmanns
klassischem Aufsatz „Welchen Sinn hat es, von
Gott zu reden?" (S.343ff.). - Drei Indices über Bibelstellen
, Namen und Sachen schließen den Band ab und
erleichtern seine Zugänglichkeit.

Es ist mir bewußt, daß mit dieser sehr äußerlichen Übersicht
nur dem Kenner der Arbeiten E.s ein Eindruck von
dem Gewicht dieses Aufsatzbandes vermittelt werden
kann. Darum möchte ich anstelle flüchtiger Inhaltsangaben
auf zwei Beiträge etwas genauer eingehen.

Der Beitrag „Schleiermachers Lehre von den göttlichen
Eigenschaften" (S.305-342) erscheint mir als die beste
Einführung in Schleiermachers Glaubenslehre, die mir in
letzter Zeit begegnet ist. Ich kann angesichts der Sorg-
falts E.s, mit der er - so weit es der begrenzte Rahmen
zuließ - den Subtilitäten Schleiermachers nachgegangen
ist, hier nur in aller Subjektivität hervorheben, was mir
an dieser Darstellung wichtig erscheint. Zunächst wird
auf dem Hintergrund der kritisch zum Bewußtsein gebrachten
Aporien der traditionellen Gotteslehre die Gotteslehre
als Frage nach der Sagbarkeit Gottes artikuliert.
Die alten Themen der Erkennbarkeit Gottes und vollends
der Gottesbeweise verschwinden völlig hinter dem einzigen
, wie wir angemessen von Gott sprechen können. Damit
ist ein ungeheurer Reduktionsprozeß in der Dogmatik
eingeleitet. Das „Interesse der Frömmigkeit" bedeutet
aber zugleich eine Abgrenzung gegen die Spekulation.
„Die Spekulation strebt von der Vielfalt fort zur Erkenntnis
der Einheit und treibt darum letztlich auf Sprachlosigkeit
hin. Die Frömmigkeit dagegen entspringt aus der
zugrundeliegenden Einheit des schlechthinnigen Abhängigkeitsgefühls
und entfaltet sich zu reichem sprachlichen
Ausdruck" (S.317f.). Dabei liegt die Idee der Einheit
doch immer im Blick: es ist die alle sog. Eigenschaften
tragende göttliche Ursächlichkeit, die im biblischen
Gedanken der Lebendigkeit, dem die Innerlichkeit,
der Erfahrung korrespondiert, ihren Ausdruck findet.
E. zeigt eindrucksvoll, wie trotz der eigenwilligen Systematik
der Glaubenslehre ihre Thematik insgeheim sich
an der Tradition orientierb, nur die Gotteslehre macht eine
Ausnahme insofern, als in jedem der drei großen Teile die
göttlichen Eigenschaften zur Sprache kommen, so daß in
ihrer Gestalt die Gotteslehre tatsächlich die ganzo
Glaubenslehre durchdringt. Die Glaubenslehre wird „im
Ganzen nun zu einer einzigen Entfaltung der Lehre von
Gott" (S.333). Die selbstkritischen Gedanken Schleiermachers
, die seine Arbeit an der Glaubenslehre begleitet
haben, werden zur Interpretation mitverrechnet. Merkwürdig
, wie die Gegenbildlichkeit des spekulativen Interesses
doch bis zuletzt motivisch lebendig ist: Die Liebe
Gottes, die allein seinem Wesen gleichgesetzt werden