Recherche – Detailansicht

Ausgabe:

1970

Spalte:

817-823

Kategorie:

Neues Testament

Autor/Hrsg.:

Grundmann, Walter

Titel/Untertitel:

Das Evangelium nach Matthäus 1970

Rezensent:

Strecker, Georg

Ansicht Scan:

Seite 1, Seite 2, Seite 3, Seite 4

Download Scan:

PDF

817

Theologische Literaturzeitung 95. Jahrgang 1970 Nr. 11

818

Sperber. Daniel: Weak Waters (ZAW 82, 1970 S. 114-116).
Strauß, Hans: Zur Auslegung von Ps 29 auf dem Hintergrund

seiner kanaanäischen Bezüge (ZAW 82, 1970 S. 91-102).
Thomas, D. Winton: Harold Henry Rowley (ZAW 82, 1970

S.I).

Uchelen, N. A. van: De LXX-interpretatie van Ps 29 (NedThT
24, 1970 S. 171-181).

Watson, W.: Shared Consonants in Nothwest Semitic (JBL
LXXXIX, 1970 S. 525-533).

Wifall, Walter: Asshur and Eber, or Asher and Heber? (ZAW
82, 1970 S.I 10-114).

Willis, John T.: Micah 2:6-8 and the „People of God" in
Micah (BZ 14, 1970 S.72-87).

Wright, G.A., and A.A. Gordus: Source Areas for Obsidian
Recovered at Munhata, Beisamoun, Hazorea and El-Khiam
(IEJ 19, 1969 S. 79-88).

Zimmerli. Walther: Form- und Traditionsgesnhichte im Dienst
der Verkündigung (ZKTh 92, 1970 S. 72-81).

Zink. Jörg: Geschichten aus dem Alten Testament, ausgewählt
, neu angeordnet u. übertragen. Gütersloh: Gütersloher
Verlagshaus G.Mohn o.J. 234 S. 8° = Gütersloher
Taschenausgaben 52/53. Kart. DM 4,50.

NEUES TESTAMENT

Grundmann, Walter: Das Evangelium nach Matthäus. Berlin:
Evang. Verlagsanstalt [1968]. XX, 580 S. gr. 8° = Theologischer
Handkommentar zum Neuen Testament, hrsg. von
E. Faseher, 1. Lw. M 24,-.

Mit dem Erscheinen dieses Werkes ist ein weiterer, beachtenswerter
Schritt in Richtung auf die Neugestaltung
des Theologischen Handkommentars zum Neuen Testament
getan und der Rang de3 ThHK zum NT als einer der
führenden deutschsprachigen wissenschaftlichen Kommentarreihen
zum Neuen Testament bestätigt worden.
Durch seine Auslegungen zum Markusevangelium und
zum Lukasevangelium hat Walter Grundmann erfolgreich
zur Modernisierung des Handkommentars beigetragen.
In der nun vorliegenden Auslegung des Matthäusevangeliums
folgt er seiner schon bewährten Absicht, nicht
nur die religions- und traditionsgeschichtlichen Probleme
zu behandeln, sondern sich auch „um die einzelnen Evangelien
in Hinsicht auf ihre Eigenart in der Erfassung der
Botschaft und Erscheinung Jesu und seiner Geschichte"
zu bemühen, und zwar derart, daß eine „Art Bilanz dessen
..., was aus der gegenwärtigen Arbeit an den Synoptikern
zum Verständnis ihres Berichtes gewonnen werden kann",
gezogen wird (S.VI). Es ist denn auch die eingehende
Referierung der bisherigen Forschungsergebnisse, die
diesen wie die übrigen Synoptikerkommentare Grundmanns
auszeichnet, wenn auch in und neben solcher Berichterstattung
die Stellungnahme des Vf.s ausführlich
genug zur Sprache kommt, so daß sie der folgenden Besprechung
zugrunde gelegt werden kann.

1. Was die Komposition des Matthäusevangeliums
angeht, so erklärt sich Vf. gegen eine schematische Aufgliederung
des Evangeliums in Rede- und Erzählungsstücke
und ebenso gegen die Rekonstruktion des matthäi-
schen Aufrisses nach Maßgabe des alttestamentlichen
Pentateuch. Entsprechend dem Gang seiner Auslegung
sind folgende Kompositionsabschnitte festzustellen:

I. 1,1-2,23: Das Werden des Christus; II. 3,1-4,22: Der
Anfang des Wirkens des Christus Jesus; III. 4,23-9,34:
Das Wirken des Christus Jesus in Worten und Taten;
IV. 9,35-13,52: Auseinandersetzung um das Wirken des
Christus Jesus; V. 13,53-20,28: Begründung und Ordnung
der Gemeinde des Christus durch den mit seinen
Jüngern wandernden Jesus; VI. 20,29-22,46: Die Auseinandersetzungen
in den letzten Tagen in Jerusalem;
VII. 23,1-25,46: Jesu letzte Reden in Jerusalem; VIII.
26,1-28,20: Leiden, Sterben und Auferstehen Jesu Christi.

Wenn das Matthäusevangelium, wie Vf. meint, „nicht
nur eine Sammlung von Überlieferungen ist, sondern ein
selbständig gestaltetes Werk, das auch literarisch-künstlerische
Qualität besitzt" (S.54), dann wird gegenüber
solchem Vorschlag zu fragen sein, ob die kompositorische
Bedeutung der fünf Abschluß- und Überleitungsformeln,
die die matthäische Bearbeitung des Mk- und Q-Stoffes
nicht unerheblich prägen (7,28; 11,1; 13,53; 19,1; 26,1),
zur Geltung gekommen ist. Wenn auch der Abschnitt
4,23-9,34 (von der Frage seiner Abgrenzung nach oben
einmal abgesehen) zu Recht als einheitliche Komposition
verstanden werden kann, da die Zusammenstellung von
zehn Wundertaten Jesu (8,1-9,34) offenbar bewußt auf
das Voraufgehende bezogen ist - wenngleich 7,28f. als
deutliche Zäsur die Rede Jesu auf dem Berg hervorhebt
-, so ist doch das Gleichniskapitel (13,1-52) im Sinn
des Redaktors ein selbständiger Passus, der trotz der von
Markus übernommenen, aber zugleich modifizierten
Unterscheidung von Jünger und Volk im Gegensatz zum
übergreifenden Themen Vorschlag nicht als „Auseinandersetzung
", sondern als Lehrvortrag begriffen werden will,
wie denn auch das Motiv der Jüngeraussendung (9,34ff.)
kaum unter die Überschrift „Auseinandersetzung" fällt.
Überraschend auch, daß die genannte Formel in 19,1 so
gut wie nicht für die Disposition des Evangeliums ausgewertet
wird, obwohl sie die vorausgeschickten Weisungen
(18,1-35) unterstreicht und den Beginn der judäischen
Wanderung Jesu markiert. Bekanntlich sieht jeder Gliederungsversuch
der synoptischen Evangelien sich vor die
Aufgabe gestellt, neben den sachlichen auch geographischchronologische
Gesichtspunkte zu berücksichtigen. Abgesehen
von Teil VI (hierzu läßt sich freilich sagen, ob die
Zäsur mit 20,29 glücklich ist, da die Blindenheilung in
20,29-34 wie das Voraufgehende noch auf dem Weg nach
Jerusalem, nicht in Jerusalem selbst lokalisiert ist) und
Teil VII hat Vf. seine Gliederung im wesentlichen nach
inhaltlichen Kriterien, die im einzelnen wenig präzis sein
können, ausgerichtet. Mag man auch zugestehen, daß alle
derartigen Versuche einen „hypothetischen Charakter"
tragen (S.52 Anm. 10), so ist doch mit der genannten
Präferenz die Beurteilung von Arbeitsweise und theologischer
Konzeption des Evangelienredaktors in einem
nicht geringen Maße präjudiziert.

2. Die theologische Konzeption des Matthäus
kommt in der matthäischen Darstellung des Wirkens
Jesu zum Ausdruck. Charakteristisch für die Interpretation
des Vf.s ist, daß er nicht grundsätzlich unterscheiden
möchte zwischen dem historischen und dem matthäischen
Jesus; denn „der Evangelist nimmt in seinem Evangelium
auf, was Jesus mit seinem Abba sagt, in das er die
Seinen hineinnimmt, und formuliert es neu" (S.9). So
werde es paradigmatisch im Herrengebet, das Vf. als
„Mitte der Bergpredigt" bezeichnen möchte1, zur Sprache
gebracht; der Jesus der Bergpredigt rufe seine Hörer „in
die Gemeinschaft mit dem Vater-Gott" (S.199), worin
sich „ebenso eschatologisches Geschehen wie die christolo-
gische Vollmacht Jesu als Grund der Bergpredigt" verdeutliche
(S. 190. 205). Hierzu wären an den Vf. die Fragen
zu richten, ob nicht der Jesus der Bergpredigt entschiedener
noch zur Verwirklichung der d'ixnioavvt] aufruft
- die „Überschrift" 5,20, die auch Vf. als „Schlüsselwort
" verstehen möchte (S. 151), gilt doch dem Corpus der
redaktionellen Redekomposition insgesamt - und ob eine
eschatologisch-christologische Auslegung der Bergpredigt
nicht auch die Aussage einschließen kann, daß die Verkündigung
des Willens Gottes, wie Vf. sie mit dem „ersten
der matthäischen Einlaßsprüche" (5,20) beginnend in der
Bergpredigt artikuliert sieht, nicht erst in 5,20, sondern
schon mit der Ansage des ersten Makarismus einsetzt
(zu S. 152.205). Es ergibt sich als Konsequenz, daß den
Vater-Sohn-Stellen zwar ebenfalls eine spezifische, nun