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Ausgabe:

1970

Spalte:

731-733

Kategorie:

Religionswissenschaft

Autor/Hrsg.:

Des Places, Edouard

Titel/Untertitel:

La religion grecque 1970

Rezensent:

Schneider, Carl

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Theologische Literaturzeitung 95. Jahrgang 1970 Nr. 10

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Was endlich den Namen der Pth angeht, so ist er in der
Ökumene weithin gang und gäbe. In den USA gibt es eine
grofje Zahl von Lehrstühlen für Pastoral Theology (auch
Pastoralic oder Pastoral Ministry) und eine ganze Reihe
neuerer, ausdrücklich Pth genannter Lehrbücher40. Ebenso
steht es im Bereich der römisch-katholischen Kirche, wo
trotz des Strebens zu einer „Pth als PrTh" für den internationalen
Sprachgebrauch am Begriff der Pth festgehalten
wird, wie mir scheint, nicht nur als Konzession ans Herkömmliche
, sondern auch aus dem Sachgrunde noch nicht
gelungener Überwindung des wissenschaftstheoretischen
Gegensatzes zwischen charismatischer Pth und wissenschaftlicher
PrTh41. Nur die katholische Theologie hat dem schon
im 19. Jahrhundert mit aller Gründlichkeit zum Namensproblem
Ausgeführten4- in unserer Zeit etwas m. W. Neues
hinzugefügt, indem sie den Begriff „pastoral" in der „Pastoralkonstitution
über die Kirche in der Welt von heute"
vom 7.12.1965 folgendermaßen erklärt: „weil sie (die Pastoralkonstitution
), beruhend auf Lehrgrundsätzen, das Verhältnis
der Kirche zu Welt und Menschen von heute auszudrücken
beabsichtigt"". Man kann an die vorhin erwähnten
„gemischten" Verhältnisse und an die von der Pth gepflegte
prudentia pastoralis denken, denn hier wie da bezeichnet
das Pastorale die Beziehungen der Kirche zur ganzen
Menschheit, speziell zu ihren Gesellschaftsproblemen.
Gleichwohl hat jetzt, weil es ihr um diese, ihres Erachtens
im Wort Pth nicht mehr wiederzuerkennende Seite der
Sache geht, die „Monatsschrift für Pastoraltheologie" den
seit 1904 getragenen Namen gestrichen44. Doch wird der
Name kaum verschwinden, solange die Berufsbezeichnung
„Pastor" in Gebrauch bleibt. Wer aber für die Pth eine Lanze
bricht, soll nicht vergessen, daß Name und Sache im Streit
bleiben müssen, weil die — von der PrTh nicht allein, aber
in besonderer Weise auszuhaltenden — Spannungen zwischen
Theologie und Wissenschaft und zwischen Wissenschaft
und kirchlicher Praxis zu den verheißungsvollsten
Grundgegebenheiten des christlichen Glaubens zu zählen
sein dürften.

1 Als Referat auf der 1. Europäischen Theologentagung in Wien
am 24. 9. 1969 gehalten. Der III. Teil wurde für den Druck erweitert.

- Chr. Palmer, Artikel „Pastoraltheologie" in: RE I.Aufl. (1859)
Bd. 11 S. 176.

;t Die beste Literaturübersicht für das 18. u. 19. Jh. bietet: Seward
Hiltner, Preface to Pastoral Theology, New York/Nashville (Abingdon
Press), 1958 S. 244 ff., für die 1. Hälfte des 20. Jh. s.: L. Fendt, Grund-
riss der Praktischen Theologie, 1. Abtlg. Grundlegung, 1949- S. 32 f.

4 Chr. Palmer in JDTh 20, 1875, 169.

r' L. Fendt, a. a. O., S. 29. — D. Fr. Schleiermacher, Kurze Darstellung
des theologischen Studiums, edit. H. Scholz, 1910, § 263 u. 308.

" J. Fr. W. Koch, Die Preußischen Universitäten, 2. Bd. 1. Abtlg.
1840 S. 221, Nr. 226.

7 K. Rosenkranz, Encyklopädie der theologischen Wissenschaften,
1831, XXXI f.

> Cl. Harms, Pastoraltheologie, 3. Buch „Der Pastor", 1834, 26 f. -
Chr. Palmer, s. Anm. 2.

• E. Chr. Achelis, Lehrbuch der Praktischen Theologie, Bd. III, 1911*

S. 2.

10 C. I. Nitzsch, Praktische Theologie, Bd. I. 1859- S. 96.

11 A. Eckert, Das Problem der Pastoraltheologie und seine Lösung,
in: MPTh 3, 1907, 276 f.

'-' L. Fendt, a. a. O., S. 10 ff.

U W. Caspari, Artikel „Theologie, praktische" in RE- 19, 653, 34 ff.
14 O. Baumgarten, Artikel „Praktische Theologie" in: RGG Bd. 4
(1913) Sp. 1722 f.

1 > Chr. Palmer, s. Anm. 2. S. 181 f.

10 O. Haendler, Grundriß der Praktischen Theologie, 1957 S. 3 u. 118.
17 Chr. Palmer, s. Anm. 2 S. 117 f.

U Cl. Harms, Pastoraltheologie, 1. Buch „Der Prediger", 1837-, 28.
'» Chr. Palmer, s. Anm. 2 S. 178

-u Dies und die einzeln nachgewiesenen Zitate dieses Absatzes
sind entnommen: Chr. Palmer, Evangelische Pastoraltheologie, Stuttgart
1860, und zwar der Vorrede und dem 1. Kapitel (S. VII, 7,9-11).
„Eine Seelsorgelehre unter dem Titel Pastoraltheologie", wie man aus
einer Bemerkung D. Rösslers schließen könnte (ZThK 64, 1967, 363),
wollte das Buch nicht bieten, sondern „Pastoraltheologie nach der
älteren Weise als etwas Umfassenderes" (S. VII, ähnlich S. 6). Die
veränderte 2. Auflage von 1863 habe ich allerdings nicht vergleichen
können.

-> R. König, Versuch einer kurzen Anleitung zum Studium der Theologie
, Bern 1830 S. 134 von der „Pastoraltheotogie im engeren Sinne".
--' Chr. Palmer, s. Anm. 2 S. 179.
-'3 Cl. Harms, s. Anm. 18 S. 15.

'->4 Petrus Damiani (1006-72), De saneta simplicitate scientiae in-
flanti anteponenda, in: MPL 145, 695-704.
s. Anm. 22.

-f* Aus dem Nachlaß des Jahres 1875 abgedruckt in: Fr. Nietzsche,
Die Geburt der Tragödie. Der griechische Staat (Kröners Taschenausgabe
Bd. 70), 1939, 339 ff.

-'7 Cl. Harms, s. Anm. 18 S. 22 f.

*• A. a. O.. S. 18 tt.

2» A. Rüegg, Artikel „Vinet, Alexander" in RE320, 684, 50.
:l" Chr. Palmer, s. Anm. 2 S. 179 f.

■tl Chr. Palmer, Evangelische Pastoraltheologie, 1860, VII f. und
Ders., s. Anm. 4 S. 173.

;f-' A. F. C. Vilmar, Die Theologie der Tatsachen wider die Theologie
der Rhetorik, XI. Pastoraltheologie, (1856) 18764, 106 ff. - Ders.,
Lehrbuch der Pastoraltheologie, nach dessen akademischen Vorlesungen
hrsg. v. K. W. Piderit 1872, § 22. 142 ff.

33 Cl.Harms, s. Anm. 18. 15 f.

•* Chr. Palmer, Evangelische Pastoraltheologie, 1360, 22 f. u. 60.
3> Chr. Palmer, s. Anm. 2 S. 176.

3" Dies und die anderen nicht einzeln nachgewiesenen Zitate dieses
Absatzes aus Cl. Harms, s. Anm. 18, 2. Rede, S. 10 u. 14.
37 Chr. Palmer, s. Anm. 2 S. 183.

3i In der Vortragssammlung: E. Jüngel, K. Rahner, M. Seitz, Die
Praktische Theologie zwischen Wissenschaft und Praxis, 1968, hat M.
Seitz auf solche Versuche von G. Merz, M. Fischer, R. Bohren, R. Leuen-
berger hingewiesen und einen eigenen Entwurf hinzugefügt (S. 70 u.
76 ff.), den jetzt H. Schröer aufgenommen hat (Inventur der PrTh, in:
DtPfrBl 69, 1969 S. 720-723). W. Trillhaas nennt sein Buch: Der Dienst
der Kirche am Menschen 1958, im Untertitel Pth. Von dem Kapitel
über „die Person des Amtsträgers" in O. Haendlers Grundriß der PrTh
(1957 S. 111 ff.) herkommend, dessen Erweiterung der Verfasser eine
Pth nennt, könnte man Haendlers Buch „Die Predigt" (i9601) als den
bisher einzigen ausgeführten Versuch ansehen, die pastoraltheologische
Fragestellung in ein Fachgebiet der PrTh mit modernen Mitteln,
nämlich denen der Tiefenpsychologie, hineinzunehmen.

39 Ich nenne nur: G. Ebelinn, Der Theologe und sein Amt in der
Kirche (ZThK 66, 1969, 245-254) und G. Sauter, Die Berufsrolle des
Pfarrers im Widerstreit von Amtsautorität und persönlicher Qualifikation
(DtPfrBl 69, 1969 S. 469-477).

40 Vgl. die Literaturangaben in S. Hiltner, Preface to Pastoral
Theology (s. Anm. 3), besonders S. 216, 224, 226 ff.

41 Diese Problematik habe ich ausführlich dargestellt in: Theologia
Practica II, 1967, 367 ff., muß aber meine dort nur angedeutete Sicht
der Problemstellung auf evangelischer Seite, die dem traditionellen
Vorurteil gegen die Pth folgte, jetzt als revisionsbedürftig bezeichnen.

4- Chr. Polmer, Evangelische Pastoraltheologie, 1860, 1 ff.

43 Vatikanum II. Vollständige Ausgabe der Konzilsbeschlüsse
(=Fromms Taschenbücher Sonderband 44), Osnabrück 1966 S. 236 Anm.

14 Die Zeitschrift heißt jetzt: Wissenschaft und Praxis in Kirche
und Gesellschaft, vgl. das Vorwort zum Wechsel des Titels vom Schriftleiter
W.-D. Marsch im 1. Heft des 59. Jahrgangs 1970.

RELIGIONSWISSENSCHAFT

Places, Edouard des, S. J.: La Religion Grecque. Dieux, cul-
tes, rites et sentiment religieux dans la Grece antique.
Paris: Editions A. et J. Picard 1969. 397 S. gr. 8°. ffr. 80.-.
Man könnte dies Buch eine elegante, verkürzte französische
Version von Nilssons zweibändiger Geschichte der
Griechischen Religion nennen, deren Vorzug zweifellos darin
besteht, dafj sie auch für den Laien leicht lesbar, strek-
kenweise geradezu amüsant zu lesen ist. Die Anordnung des
für den nicht allzu großen Umfang des Buches erfreulich
reichen Materials ist vorwiegend systematisch, was sich
durchaus rechtfertigen läßt. Warum jedoch im ersten Teil,
der die einzelnen Götter vielfach in der Art von Wilamowitz
charakterisiert, der alte Kronos als letzter rangiert, ist nicht
ganz verständlich. Hervorzuheben ist die Zurückhaltung des
Vf.s bei ungelösten oder kaum zu lösenden Problemen, deren
es noch immer genug gibt : in solchen Fällen referiert er
nur über die wichtigste Literatur und zitiert einschlägige
Quellen. Allerdings — wie etwa beim delphischen Apollon —
ist das Verfahren zu fragmentarisch, es entsteht dadurch
häufig der Eindruck einer nur lexikographischen Addition.
Zuweilen — etwa beim Abschnitt Demeter — vermißt man
doch eine Auseinandersetzung schmerzlich. Material aus der
RE oder aus Nilsson zu exzerpieren hat doch nur dann Sinn,
wenn man auch dazu Stellung nimmt — sonst schaut man
schon lieber in die RE selber. Im übrigen ist jeder Gott nach
einem bestimmten Schema rubriziert: Namen, Beinamen,
Identifikationen mit anderen Gottheiten, Assoziationen mit
anderen Göttern, dazu eine kurze allgemeine Charakterisierung
und die Hauptzeugnisse. Behandelt sind außer den
Olympiern Hekate, Herakles, Hades, Asklepios, die Göttermutter
(sehr simplifiziert) und Kronos. Der zweite Teil behandelt
in der Hauptsache nach Nilsson und Deubner die