Recherche – Detailansicht

Ausgabe:

1970

Spalte:

28-30

Kategorie:

Neues Testament

Autor/Hrsg.:

Lehmann, Karl

Titel/Untertitel:

Auferweckt am dritten Tag nach der Schrift 1970

Rezensent:

Haufe, Günter

Ansicht Scan:

Seite 1, Seite 2

Download Scan:

PDF

27

Theologische Literaturzeitung 95. Jahrgang 1970 Nr. 1

28

Der Rahmen der neutestamentlichen Christologie umfaßt
neben den Geheimnissen der ewigen Geburt und der Menschwerdung
auch Auferstehung und Erhöhung, die zentrale Bedeutung
für das ganze Erlösungswerk haben. Denn nach
Rom.1,3-4 gründet sich die Gottessohnschaft des Christus auf
die Auferstehung, was die präexistente Sohuschaft kraft der
ewigen Verbundenheit mit dem Vater nicht ausschließt. Auf der
Gottessohnschaft Christi aber beruht unsere Gotteskindschaft.
Die vorliegende Arbeit richtet sich auf die biblischen Grundlagen
der christoiogischen Aussagen von Rom. 1,3-4. Der Titel ,Sohn
Gottes' wird hier wie an anderen Stellen vor allem im Sinn der
Erhöhung und im Zusammenhang mit der davidischen Abstammung
gebraucht. Damit ist der Bück auf die Königstradition
in Juda zurückgelenkt und noch weiter auf den israelitischen
Stammesverband der vorköniglichen Zeit. Die so in graue
Vorzeit zurückreichende Tradition des Motivs der Gottessohnschaft
gehört ganz allein in das Königsritual des Alten Orients
und findet sich samt Erhöhung und Sohnesannahme in der davidischen
Überlieferung. Dieses Ritual wirkt im Judentum nach,
ist in den Qumrantexten nachweisbar und bestimmt in besonderer
Weise die alttestamentlichen Einflüsse im Neuen Testament
. So werden zunächst die alttestamentlichen Traditionen
über den Gottessohn aus dem Hause David behandelt. Sie haben
ihren ,Sitz im Leben' im Kultus. Am Anfang der Volkwerdung
Israels steht der Durchzug durch das Rote Meer und der Gottesbund
, der im Kult festlich begangen wird und auf den das Volk
zu allen Zeiten unbedingt vertraut. Das Aufkommen der Monarchie
in Israel steht sicher unter dem Einfluß der Umwelt, findet
aber in der Verbindung des Rituals der Inthronisation des Königs
mit dem jerusalemischen Heiligtum und seinem Kultus
seine Begründung in dem geschichtlich orientierten Glauben und
Vertrauen. Das zeigt sich in der Terminologie der alttestamentlichen
Aussagen, die das Königsritual überliefern und bezeugen.
Diese Stellen werden einzeln untersucht; dabei wird die einschlägige
Literatur - ein bibliographisches Verzeichnis ist der
Arbeit vorangestellt - herangezogen und vor allem in den Anmerkungen
verarbeitet. Die messianischen Stellen der alttestamentlichen
Überlieferung in den Psalmen und in sonstigen
vom Königsritual beeinflußten Formulierungen werden bei im
ganzen konservativer Einstellung gegenüber den kritischen Fragen
behandelt. Dazu wird das Verhältnis der Königstradition zu
der Geistoffenbarung Jahwes, dem Geist der Heiligkeit, im Blick
auf die neutestamentlichen Aussagen untersucht. Hier stehen
Jes.11,1-2 und Jes. 42,1-4 im Mittelpunkt. In einem weiteren
Kapitel werden die Vorstellungen vom Messias und vom Geist
im Judentum an Hand apokrypher Überlieferungen und vor
allem auch der Qumrantexte ausgewertet, um das Fortwirken
der alten Traditionen zu zeigen.

Die Ergebnisse dieser vorbereitenden Ausführungen finden
ihre Anwendung in dem Hauptteil der Arbeit, in dem die so umstrittene
Bekenntnisstelle Rom. 1,3-4 in vier Abschnitten teils
unter mehr thematischen, teils unter mehr exegetischen Gesichtspunkten
als grundlegende, aus der biblischen Tradition erwachsene
christologische Aussage erscheint. Dabei findet sich
der vorpaulinische Charakter der Glaubensformel bestätigt. Eine
genaue Untersuchung der Struktur und des irgendwie rhythmischen
Auf baus der Formel beantwortet auch die Frage nach einer
etwaigen Überarbeitung von Seiten des Paulus grundsätzlich in
ablehnendem Sinne und verweist dabei auf analoge Stellen der
Bekenntnisüberlieferung im Neuen Testament. Sachlich entscheidend
ist die Verbindung des Titels , Gottessohn' mit der
Auferstehung, die ihrerseits als Machttat Gottes aufzunehmen ist.
Es folgt ein erster Teil der Text- bzw. Wortanalyse, für die die
Davidsohnfrage aus Mark. 12 par wichtig ist, sofern sie das
jüdisch alttestamentliche Element der Überlieferung erkennen
läßt. Die davidische Abstammung des Christus und die Auferstehung
gehören mit der Gottessohnschaft und dem Ursprung
Christi zusammen zum eschatologischen Heilsgeschehen. Auch
die Gegenüberstellung von Fleisch und Geist in den Bekenntnisaussagen
des Neuen Testaments hat vorpaulinischen, judenchristlichen
Charakter; ebenso zeigt sich in der messianischen
Färbung mancher Sätze wie in dem Begriff, Geist der Heiligkeit'
semitischer Einfluß. Der zweite Teil der Textanalyse dient vor
allem dem Nachweis der heilsgeschichtlichen Ausrichtung des

Werkes Christi auf Grund der Thema-Aussage: es geht um das
Handeln Gottes, des Geistes, Jesu als des Herrn und zugleich der
Apostel und aller Christen im Reiche Gottes. Zwei verschiedene
christologische Auffassungen verbinden sich da zu der Anschauung
des Gottessohnes als des Erhöhten, der auch der Präexistente
ist. Mit all dem ordnet sich der Bekenntnistext von
Rom. 1,3-4 in die Gesamtheit der Überlieferungen des ursprünglichen
neutestamentlichen Kerygmas ein und findet auch in der
Verklärungsgeschichte die Bestätigung der Sohnschaft mit Bezug
auf ihre Transzendenz und die messianisch-eschatologische
Ausrichtung des Geschehens. Damit ist die Behauptung des
hellenistischen Ursprungs des Titels .Gottessohn' abgelehnt.
Auch die Verbindung des Motivs der Gottessohnschaft mit dem
der Macht und des Geistes weist auf die davidische Überlieferung,
die im Hintergrund steht. Als verbindendes Element aber ergäbe
sich wohl die Vorstellung von der messianischen Salbung.

Die Studie zeigt wesentlich biblischen Charakter und beleuchtet
die viel diskutierte Stelle des Römerbriefes von dem großen
Zusammenhang der biblischen und jüdischen wie auch der qum-
ranischen Überlieferung aus. Wenn so auch andere Zusammenhänge
unberücksichtigt bleiben, ist doch die Aufzeigung einer
geschlossenen Traditionskette beachtens- und dankenswert.

Gießen Georg Bertram

Nielsen, J.T., Dr.: Adam and Christ in the Theology of Irenaeus
of Lyons. An Examination of the Adam-Christ typology in the
Adversus Haereses of Irenaeus, against the background of the
Gnosticism of bis time. Assen: van Gorcum 1968. VIII, 109 S.
8° = Van Gorcum's Theologische Bibliotheek, XL. Lw. hfl.
12,50.

Bei dem vorliegenden Buch handelt es sich um eine sehr
schlichte Wiedergabe dessen, was bei Irenäus steht, wesentlich
anhand des Textes selber, sei es, daß er zitiert und paraphrasiert
wird (bzw. umgekehrt), sei es, daß er nur paraphrasiert wird, sei
es, daß bestimmte Steilen kurz zusammengefaßt werden, ergänzt
durch einige allgemeine Bemerkungen über die Adam-
Christus-Parallele in Rom. 5 und 1. Kor. 15 als den Ausgangspunkt
der Adam-Christus-Typologie des Irenäus und einen
kurzen Überblick über die mögüchen Zwischenglieder. Irgendwelche
besonderen Probleme werden bei alledem nicht anvisiert.

Das ganze Material ist auf fünf Kapitel, wie folgt, verteilt: 1.
„The Adam-Christ typology in Adversus Haereses" (S. 11-23);
2. „Contemporary Gnosticism described by Irenaeus" (S. 24 bis
42); 3. ,„Detectio' and ,eversio"' (S.43-55); 4. „The function of
the Adam-Christ typology in Adversus Haereses" (S. 56-67);
5. „The Adam-Christ typology in the first and second Century"
(S. 68-94). Gleichwohl wrd man bei der Lektüre das vage Gefühl
nicht los, daß der Vf. eigentlich etwas ganz anderes zu wollen
scheint, als er macht, daß es ihm, wie es der Untertitel des Buches
und die Überschrift des vierten Kapitels ja zu versprechen
scheinen, um die Frage geht, ob und inwieweit die eigene theologische
Position des Irenäus als eine Gegenposition durch die
Position der gnostischcn Gegner bestimmt ist, ob und inwieweit
die antignostische Frontstellung dafür verantwortlich ist, daß
die Theologie des Irenäus so (geworden) ist, wie sie sich uns darstellt
(vgl. S. 56.58 Anm. 1). Aber N. bringt diesen Gedanken
nicht einmal zum Ausdruck, geschweige denn, daß er den betreffenden
Sachverhalt aufweist. Und mit der von ihm praktizierten
„Methode" vermag er es auch nicht, zumal er seine (viel
zu große) geistige Waffenrüstung in Form einer ,Bibliography'
(S. 95-109!!) hinter sich herzieht, statt sie anzulegen.

Berlin Hans-Martin Schenke

Lehmann, Karl: Auferweckt am dritten Tag nach der Schrift.

Früheste Christologie, Bekenntnisbildung und Schriftauslegung
im Lichte von 1. Kor. 15,3-5. Freiburg-Basel-Wien:
Herder [1968]. 376 S. 8° = Quaestiones Disputatae, hrsg. v.
K.Rahner u. H.Schlier, 38. Kart. DM 29,50.