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Ausgabe:

1970

Spalte:

458-461

Kategorie:

Liturgiewissenschaft, Kirchenmusik

Autor/Hrsg.:

Berger, Rupert

Titel/Untertitel:

Kleines liturgisches Wörterbuch 1970

Rezensent:

Bieritz, Karl-Heinrich

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Theologische Literaturzeitung 95. Jahrgang 1970 Nr. 6

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digt die Hörerresonanz verhältnismäßig schwach wirksam wird
und die gruppendynamische Komponente weitgehend eliminiert
ist, kann beides in der Bibelstunde zur Entfaltung kommen. Sie
stellt deshalb eine wichtige Möglichkeit dar, das Gespräch als
Form und Hilfe der Verkündigung wirksam werden zu lassen.
Wurde die Theorie des Gesprächs in der Praktischen Theologie
bisher fast nur im Blick auf die Seelsorge erörtert, so will Lerle
sie für die Homiletik fruchtbar machen. Die auf knappem Raum
dargebotenen klaren und konkreten methodischen Ausführungen
sind nicht nur für die Bibelstunde, sondern auch für verschiedenste
andere Veranstaltungen der Gemeinde hilfreich. Formal-technische
Richtlinien zur äußeren Gestaltung, zur Diskussionsleitung und zur
Kunst des Fragens werden durch psychologische Hinweise, z. B. auf
die Bedeutung und den Abbau der Derealisation, die Erarbeitung
der Motive des Handelns bei biblischen Personen oder die Förderung
der Erlebnistiefe bereichert.

Ob es gelingen wird, die klassische Bibelstunde neu zu beleben
, oder ob die Gemeinde neue Wege zum Gespräch anhand der
Bibel suchen muß, kann hier nicht erörtert werden. Auf jeden Fall
ist Lerles schnell und leicht lesbare Schrift geeignet, jedem zu
helfen, der die Herrschaft des Monologs in der Verkündigung
brechen und zur fruchtbaren Arbeit der Gemeinde mit der Bibel
beitragen möchte.

Halle/Saale Eberhard Winkler

Senghaas-Knobloch, Eva: Die Theologin im Beruf. Zumutung,
Selbstverständnis, Praxis. München: Kaiser 1969. 182 S. m. 63
Tabellen gr. 8° = Pfarrer in der Großstadt. Studien u. Materialien
, hrsg. v. D. Goldschmidt u. Y. Spiegel, V. Kart. DM 18.—.
Die Arbeit ist das sorgsam ausgewertete Resultat einer von
1963 bis 1965 durchgeführten Untersuchungsreihe. Das durch zahlreiche
Statistiken bereicherte Erhebungsmaterial wurde aus dem
Raum von West-Berlin gewonnen und nach überwiegend soziologischen
sowie praktisch-theologischen Gesichtspunkten interpretiert
.

Die Vf.n gibt zunächst einen Überblick über den Prozeß der
Etablierung des Theologinnenberufes. Vergleiche zur säkularen
Frauenbewegung werden angestellt, Differenzierungen vorgenommen
und die Chancen der Berufsausübung gegenüber denen bei
anderen akademischen Ausbildungsgängen abgewogen. Motivationsstudien
im Hinblick auf die Wahl des Studienfaches bei Theologinnen
ergeben, daß die ursprünglich sehr geringen Berufsaussichten
zu einer positiven Selektion geführt haben.

Anhand der Entwicklung der Rechtsstellung der Theologin im
kirchlichen Dienst wird aufgezeigt, wie der Weg von anfänglicher
weiblicher Ressortarbeit über die Übergangsform des besonderen
geistlichen Amtes für Frauen bis hin zu der heute noch nicht generell
erreichten völligen Gleichstellung mit dem männlichen Pfarrer
beschritten wurde. Die ungleiche Rechtsstellung von Männern und
Frauen im kirchlichen Dienst findet ihren sichtbaren Ausdruck in
der Verschiedenheit der Berufsbezeichnungen. Nur in wenigen
unierten Kirchen gibt es die „Pfarrerin", während die meisten
Landeskirchen den Titel .Pastorin" an die ordinierte Theologin
verleihen und vereinzelt noch die Amtsbezeichnung „Pfarrvikarin"
beibehalten wird.

In West-Berlin besitzt der Passus der Grundordnung über das
„geistliche Amt besonderer Prägung" nach wie vor Gültigkeit. Die
Unabgeschlossenheit des Entwicklungsganges weist auf zahlreiche
retardierende Widerstände gegen eine Integration der Theologin
in das ungekürzte geistliche Amt. Ein Vergleich „westlicher" und
„östlicher" Regionalkirchen ergibt, daß Quantität und Qualität
des Anteils von Frauen am geistlichen Amt in der DDR schneller
anwachsen. E. Senghaas-Knobloch hebt hervor, daß neben anderen
Faktoren die „allgemein-gesellschaftliche Situation" in der DDR,
„in der Selbstständigkeit von Frauen eher verlangt und gefördert
und diese gesellschaftliche Situation bewußter wahrgenommen
wird" (S. 62 f.), als Ursache anzusehen ist.

In einem zweiten Hauptabschnitt untersucht die Vf.n das
Selbstverständnis der Theologinnen. Als sich 1925 erstmals Theologinnen
auf deutschem Gebiet organisatorisch zusammenschlössen,
forderten sie einen Dienst „entsprechend den Bedürfnissen der
Gemeinden" (S. 71). Das Amt der Theologin wurde als Amt sui

generis begriffen. Dafür wurden vor allem biblische und anthropologische
Gründe geltend gemacht, die einerseits zwar den Integrationsprozeß
behinderten, andererseits aber zu einer nutzbringenden
theologischen Reflexion zwangen.

Das ursprüngliche Selbstverständnis der Theologin als der
Ausübenden eines „besonderen Amtes" („Ergänzungstheorie"), in
dem sie ihre speziellen weiblichen Gaben entfalten wollte, wurde
letztlich durch die schrittmacherisch wirkende Praxis durchbrochen,
indem ihr in den Zeiten akuten Pfarrermangels Aufgaben zufielen,
die nicht den Einsatz „weiblicher" Fähigkeiten, sondern die Wahrnehmung
des Verkündigungsauftrages der Kirche verlangten. Eine
theolgische Neukonzeption glaubte man unter Berufung auf die
„Notlösung" im zweiten Weltkrieg noch längere Zeit hindurch
umgehen zu können. Für die Dauer erwies sich das aber als ungenügende
Basis.

Die „Pfarrermangeltheorie" und die „Ergänzungstheorie"
werden heute durch das theologisch fundierte Bestreben, den
Dienst des Pfarrers streng sachbezogen und nicht geschlechtsspezifisch
zu sehen, weithin außer Kraft gesetzt.

In einem dritten Hauptabschnitt werden Berufsverständnis
und Berufspraxis der Theologinnen expliziert. Die Erhebungen
zeigen, daß Frauen im kirchlichen Amt weniger stark an volkskirchlichen
Vorstellungen hängen als Männer, weil sie nicht von
dem traditionellen Leitbild des „Pfarrherrn" her zu denken gewohnt
sind. Die Folge ist eine weitaus größere Konzentration auf
das Gebiet der Seelsorge (im weitesten Sinne des Wortes) als
bei Männern.

Eine Analyse der Stellungnahmen zu den sogenannten übergemeindlichen
Diensten zeigt, daß ein in seinen Funktionen aufgegliedertes
Amt den modernen gesellschaftlichen Bedürfnissen
entspricht, daß die auszusondernden Aufgaben aber keineswegs
als besonderer Dienst der Frauen angesehen werden. Sehr wesentlich
erscheint uns die in diesem Zusammenhang getroffene Feststellung
: „Mit überwiegender Selbstverständlichkeit bejahen Gemeindepastorinnen
das eigene Amt" (S. 147). In der strikten
Ablehnung des „besonderen Amtes" erweisen sich die Gemeindepastorinnen
gegenüber den im übergemeindlichen Dienst stehenden
Amtsschwestern als homogene Gruppe. Schwierigkeiten, die
der Gleichstellung mit dem Pfarrer entgegenstehen, werden als
nicht essentieller Natur, sondern als äußere Behinderungen durch
die kirchliche Gesetzgebung (z. B. der „Zölibat" der Theologinnen)
betrachtet, die man in Analogie zum Entwicklungstrend bei den
weltlichen Berufen beheben könnte.

Das im Hinblick auf die Empirie nicht unbedingt optimistisch
ausklingende Buch findet immerhin in dem Streben nach formaler
Gleichstellung in Übereinstimmung mit U. Schmiederer („Emanzipation
der Frauen", 1965) die Möglichkeit eines „Zerbröckeln(s)
starrer Ideologien" (S. 158) impliziert.

Bei einer Neuauflage des Buches wäre eine gründliche Druckfehlerkorrektur
zu empfehlen. Erwähnt sei hier nur als besonders
gravierend „Satandardisierung" statt „Standardisierung" auf S. 164.

Potsdam Ilse Bertinetti

LITURGIEWISSENSCHAFT

Berger, Rupert: Kleines liturgisches Wörterbuch. Freiburg-Basel-
Wien: Herder [1969], 495 S.kl. 8° = Herder-Bücherei, 339/340/341.

Wer dieses liturgische Lexikon mit einigen ähnlichen Veröffentlichungen
aus jüngerer Zeit vergleicht, wird einige bemerkenswerte
Unterschiede feststellen können. An drei Punkten läßt
sich dieser Sachverhalt besonders verdeutlichen:

1. Da ist zunächst die radikale ökumenisierung, die das Thema
„Gottesdienst" hier erfährt: Der Vf. beschränkt sich keineswegs
darauf, die römische Liturgie mit ihren Vor- und Nebenformen
darzustellen; in einem ganz ungewöhnlichen Umfang bietet er auch
den nichtrömischen, nichtlateinischen Überlieferungen Raum. Da
ist kaum ein Stichwort, unter dem nicht auch — meist in einem
gesonderten Abschnitt — auf die jeweilige byzantinische, ost- und
westsyrischc, koptische, äthiopische usw. Praxis verwiesen würde
— wobei das Wort „Verweis" noch zu wenig besagt: Gleichberechtigte
Riten erfahren eine (auch im Textumfang sichtbare!) gleich-