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Ausgabe:

1970

Spalte:

419-420

Kategorie:

Altes Testament

Autor/Hrsg.:

Weippert, Manfred

Titel/Untertitel:

Die Landnahme der israelitischen Stämme in der neueren wissenschaftlichen Diskussion 1970

Rezensent:

Jepsen, Alfred

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Seite 1

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419

Theologische Literaturzeitung 95. Jahrgang 1970 Nr. 6

420

und entstehenden theologischen Richtungen in der Gemeinde
selbst vom Judaismus bis zur Gnosis. Direkt und indirekt übte
die LXX einen tiefgehenden Einfluß auf die christliche Literatur
aus. Auch damit ergibt sich, wie Swete zum Schluß feststellte, die
Bedeutung des LXX-Textes und seiner Geschichte.

Die 32 Seiten Ergänzungen von Ottley, die noch zu den nicht
zahlreichen Anmerkungen im Text hinzukommen, bieten außer
sachlichen Hinzufügungen vor allem Literaturangaben für die Zeit
von 1900 bzw. 1902 bis 1914, ohne an der Substanz oder dem
Charakter des Werkes etwas zu ändern. Der Text des Aristeas-
briefes bildet, wie in der 1. Auflage, den Schluß des Ganzen, ist
also als Anhang zu werten. Als besonderen Vorzug der Neuausgabe
werden viele Leser die Vergrößerung des Satzspiegels betrachten,
der von etwa 14,5 X 9 cm auf etwa 18 X 11 cm erweitert
worden ist. Die Zahl der Buchstaben in der Zeile und auf der
Seite ist dieselbe geblieben. Sie sind also größer und leichter lesbar
geworden. Auch sonst entspricht die äußere Ausstattung dem
inneren Wert und der Bedeutung des Werkes für Gegenwart und
Zukunft.

Gießen Georg Bertram

Weippert, Manfred: Die Landnahme der israelitischen Stämme in
der neueren wissenschaftlichen Diskussion. Ein kritischer Bericht.
Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht 1967. 163 S., 2 Ktn. gr. 8° =
Forschungen zur Religion u. Literatur d. Alten u. Neuen Testaments
, hrsg. von E. Käsemann u. E. Würthwein, 92. DM 16.80;
Lw. DM 19.80.

M. Weippert hat mit seiner Arbeit über die Landnahme der
israelitischen Stämme der wissenschaftlichen Forschung einen
guten Dienst geleistet. Er hat sich zwei Ziele gesetzt. Zum ersten
will er darstellen, welche „Versuche zur Lösung des Landnahmeproblems
seit 1925" unternommen worden sind. In diesem Kapitel
stellt er die Versuche A. Alts und M. Noths („die territorial- und
traditionsgeschichtliche Lösung"), Albrights („die archaeologische
Lösung") und Mendenhalls („die soziologische Lösung") nacheinander
dar. Zum anderen greift er, in der richtigen Erkenntnis, daß
die Zeit für eine neue Lösung noch nicht reif ist, Einzelprobleme heraus
, wie das der 'apiru und Hebräer, und das der Nomaden, und
bespricht Grundsatzfragen, wie die Wertung archäologischer und
literarischer Befunde. Das Ganze ist mit reichen Anmerkungen
untermauert, die vor allem eine Fülle von Literatur zusammentragen
.

Die Darstellung der verschiedenen Lösungsversuche will
betont objektiv sein und ist es auch, wenn der Verfasser auch
keinen Hehl daraus macht, daß die Auffassungen Alts und Noths
ihm die größere Wahrscheinlichkeit zu haben scheinen, gegenüber
Mendenhall auf jeden Fall, aber auch gegenüber Albright. Das
wird auch deutlich an der Art, wie er die grundsätzliche Kritik
der „Albright-Schule" an der „Alt-Schule" nun seinerseits einer
genauen kritischen Analyse unterzieht, sowohl was die Auswertung
der Ausgrabungsbefunde wie die ätiologische Deutung der
Eroberungssagen angeht. Dabei ist er durchaus nicht blind gegenüber
manchen Einseitigkeiten oder Überspitzungen bei A. Alt oder
M. Noth.

Am ausführlichsten ist die Auseinandersetzung mit Mendenhall
, in der dessen Voraussetzung, die Gleichsetzung von hapiru
und Hebräer, genau untersucht wird. Es ergibt sich ihm, daß das
Verhältnis jedenfalls sehr viel verwickelter ist, als es bei Mendenhall
erscheint. Bezeichnend, sowohl für das vorsichtige Urteil
Weipperts wie auch für die Schwierigkeit des Problems, sind die
Schlüsse, die W. zieht, S. 101:

a) Unter der Voraussetzung, daß 'apiru nach der Nominalform
fa'il- gebildet ist, kann die etymologische Verwandschaft des
Wortes mit hebr.' ibri begründet werden.

b) Die Situation des 'ebed 'ibri des „Bundesbuches" (Ex 21,
2—6) kann mit der der 'apiru-Leute der wardutu-Verträge von
Nuzi verglichen werden.

c) Die Bezeichnung der dem Oberhoheitsanspruch der Philister
Widerstand leistenden Israeliten als 'ibrim kann vielleicht
analog zu der Benennung der gegen die ägyptische Herrschaft
rebellierenden Bevölkerungsteile Syrien-Palästinas als 'apiru in
den Amarna-Briefen erklärt werden.

Aber dieses dreifache „kann" zeigt doch wohl, daß auch andere
Möglichkeiten erwogen werden können, daß also Sicherheit in
dem Verhältnis Hebräer-'apiru noch keineswegs besteht. Es scheint
mir daher immer noch methodisch richtiger (wie es neuerdings
auch wieder Kl. Koch im VT XIX getan hat), die „Hebräer'-Stellen
des AT aus sich heraus zu verstehen; dann aber ergibt sich, was
auch W. für viele Stellen anerkennt, daß 'eber und 'ibri als
Ethnikon interpretiert werden müssen. Ist es dann wirklich methodisch
angebracht. Ex 21,2 von Nuzi her zu deuten, statt von
Dtn 15 her? Kann die Befristung der Sklaverei auf 6 Jahre nicht
eben darauf beruhen, daß der, der „erworben" wird, eben ein
„Hebräer" ist? Daß sich im Bereich des „Keilschriftrechts" analoge
Verhältnisse ergeben, beweist nichts für den Sinn von 'ibri. Und
noch eine Frage: Ist es wirklich sinnvoll, die Möglichkeit aufzuweisen
, daß 'ibri und 'apiru auf die gleiche sprachliche Wurzel
zurückgehen können, um sie dann sachlich in Verbindung bringen
zu können? („Haß" und „häßlich" gehen deutlich auf die gleiche
sprachliche Wurzel zurück und haben doch im Neuhochdeutschen
einen völlig verschiedenen Sinn.) Wenn 'ibri im AT ein Ethnikon
ist und 'apiru im Alten Orient einen „outlaw" bezeichnet, so ist die
nächste Folgerung doch, daß die beiden Worte sachlich nichts miteinander
zu tun haben, ob sie nun sprachlich zusammenhängen
oder nicht.

Diese kurzen Bemerkungen sollen aber nur ein Hinweis darauf
sein, daß das historische Bild vielleicht noch vielschichtiger
ist, als es bei W. erscheint. Sie heben den Dank für die klare Darstellung
und die umsichtige Diskussion der Probleme nicht auf.

Greifswald Afred Jepsen

Mowinckel, Sigmund: Israels opphav og eldste historie. Oslo:
Universitetsforlaget [1967]. XVI, 378 S., 20 Abb. a. Taf. gr. 8° =
Scandinavian University Books. N. kr. 38.—.

Dieses Buch stellt das letzte umfassende Werk des weltbekannten
norwegischen Gelehrten dar, der im Jahre 1884 geboren
wurde und am 4. Juni 1965 verstarb. Er hat die Vollendung
der Drucklegung nicht mehr erleben können. Arvid S. Kapelrud
hat dieses Vermächtnis erfüllt und auch die Einleitung (S. VII)
verfaßt. Mowinckels Darstellung gründet sich auf die traditionsgeschichtliche
Forschungsmethode, deren er sich in seinem Schaffen
mit Erfolg bediente. Er wendet sich in diesem Zusammenhang der
teils mythischen, teils sagen- und legendenhaften Überlieferung
der frühen israelitischen Geschichtsbetrachtung zu, einem ebenso
umstrittenen wie anziehenden Stoff des Penta- bzw. Hexateuchs.
Aus diesem Grund muß Mowinckel einiges zur literarkritischen
Orientierung (S. XI—XVI) vorausschicken.

Der gesamte zu bearbeitende Stoff wird sodann abgesteckt
und aufgegliedert durch die vier Hauptteile: I Patriarkene (1—43),
II Israelstammene for innvandringen (45—84), III Innvandringen
(85—157), IV Israel i Kanaan (159—289). Die ausführlichen Fußnoten
(291—347) und das Literaturverzeichnis (348—361) bezeugen
die Aufarbeitung des gesamten Materials und die große Gelehrsamkeit
, auf denen die Untersuchung beruht. Das Namen- und
Sachregister (363—378) ermöglicht das Eindringen in die Darlegungen
von verschiedenen Seiten her. Ist dieses Buch auch auf
dem Hintergrund des langjährigen viel beachteten literarischen
Schaffens des Autors zu sehen, so bietet es doch auch eine Fülle
neuer Beobachtungen, die gerade in dieser Zusammenfassung
bemerkens- und diskutierenswert sind. Im Gegensatz zur heute
weithin vertretenen literarkritischen These von vier bzw. fünf
Pentateuchquellen geht Mowinckel vom Jahwisten (J) und einem
veränderten Jahwisten (Jv = J variatus) aus der ungefähr dem
sonst angenommenen Elohisten (E) entspricht, aber keine geschlossene
Pentateuchquelle darstellt, ferner von der Priesterschrift (P)
und dem deuteronomistischen Sagenwerk. Weder J noch Jv oder P
bieten eine Darstellung vom Verlauf der Frühgeschichte und Landnahme
Israels, sondern sie skizzieren in sagen- und anekdotenhafter
Gestalt — P mit seinem Listenmaterial zwar umfassender,
globaler — das Endergebnis der Vätergeschichte und der Landnahmevorgänge
.

Soviel läßt sich dennoch über den Gang der Ereignisse sagen:
Um die Mitte des zweiten vorchristlichen Jahrtausends wanderte