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Ausgabe:

1970

Spalte:

342-343

Kategorie:

Altes Testament

Autor/Hrsg.:

Osten-Sacken, Peter von der

Titel/Untertitel:

Die Apokalyptik in ihrem Verhältnis zu Prophetie und Weisheit 1970

Rezensent:

Herrmann, Wolfram

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341

Theologische Literaturzeitung 95. Jahrgang 1970 Nr. 5

342

Walkenhorst, Karl-Heinz, S. J.: Der Sinai im liturgischen Verständnis
der deuternomistischen und priesterlichen Tradition.
Bonn: Hanstein 1969. XIV, 170 S. gr. 8° = Bonner Biblische
Beiträge, hrsg. v. G. J.Botterweck u. H.Zimmermann, 33.
DM 32,-; Lw. DM 37,80.

Das Buch geht auf eine Dissertation am Päpstlichen Bibelinstitut
vom Jahre 1965 zurück (vgl. ThLZ 92, 1967, 466). Es
wurde durch weitere Arbeiten des Vf.s, die in japanischen theologischen
Zeitschriften erschienen, ergänzt und zu Lev 8f. eine
Auseinandersetzung mit der Auslegung K. Elligers im HAT eingefügt
. Der Kommentar wird jedoch im Lit.-Verz. nicht genannt
.

Diese Bemerkung mag zu einer ersten Stellungnahme überleiten
, die sonst meist erst am Ende einer Rezension üblich ist.
Hier aber ist gleich zu Anfang ein offenes Wort notwendig. Der
Rez. entdeckte 128 (!) Druckfehler, was nicht ausschließt, daß
ihre Zahl noch größer ist, wohl aber ihre Aufzählung hier unmöglich
macht. 84 entfallen auf S. 1-32, d.h. auf das Lit.-Verz., die
Einleitung und die Referate zu bisherigen Forschungen. Es
handelt sich keineswegs nur um kleine Versehen, die man beim
Lesen stillschweigend selbst richtigstellt: Buchtitel sind falsch;
Auflageangaben, Orts- und Jahresangaben fehlen; Titelangaben
sind entstellt; Werke aus Reihen (etwa BWANT) werden unterschiedlich
gezählt. Die meisten und gewichtigsten Fehler finden
sich bei Zitierungen: Seitenangaben sind falsch oder fehlen
häufig ganz; in wörtlichen Zitierungen werden ganze Wendungen
ausgelassen; aus Singular wird Plural und umgekehrt, wodurch
ein anderer Sinn entsteht; Vf. schreibt den Gottesnamen
YHWH, trägt diese Schreibweise aber auch in Zitate ein, die
Jahwe, Jahve oder Jahwä haben, was jedoch wiederum nicht
grundsätzlich geschieht sondern willkürlich, so daß derselbe
Autor (Vf. schreibt oft „Auktor") dann in einem Buch oder Aufsatz
den Gottesnamen auf verschiedene Weise schreiben soll;
warum bei Literaturangaben innerhalb der Anmerkungen neben
dem verkürzt genannten Titel noch ein „I.e." steht, bleibt
uneinsichtig. Mit S.33 beginnt die eigene Darstellung und die
Zahl der Druckfehler nimmt eindeutig ab. Wechselte der Korrekturleser
? Nach dem im Vorwort ausgesprochenen Dank soll
dieser Prof. D. Dr. Botterweck als Herausgeber der Reihe selber
gewesen sein. Man kann nur hoffen, daß dem nicht so ist. Der Vf.
ist hiermit dringend um sorgfältigere Arbeit gebeten, der Leser
aber ist gewarnt. Stellen- und Sachregister fehlen leider auch bei
diesem Band der BBB, und die oft geäußerte Bitte nach diesen
Hilfen sei daher erneut wiederholt.

Der Titel der Arbeit verspricht mehr, als sie selber hält. Ihr
Hauptteil (S.33-115!) bringt nämlich nur eine literarische Analyse
der Kapitel Ex 29 und Lev 8 und 9, die erweisen soll, daß
in Lev 8 älteres und in Lev 9 zuweilen noch älteres Material enthalten
ist, man folglich mit dem Pauschalurteil „Priesterschrift"
hier am Entscheidenden vorbeigeht. In sechs Abschnitten werden
die Einführung zur Weihe, das Ritual der Waschung, Einkleidung
und Salbung, das Sündopferritual, das Brandopferritual
und der Segen mit der Eröffnung des ständigen Opferdienstes
ausführlich und nicht selten etwas mühsam und ermüdend
erörtert. Hierbei werden stets zuerst eine synopt. Texttafel
erstellt, dann die Textbezeugung überprüft, das Sondergut
der Texte bzw. ihre Gemeinsamkeiten untersucht; eine Formanalyse
fragt nach der Struktur der Rituale und nach dem Verhältnis
von Ritual und Erzählung, und alles geschieht mit dem
Ziel, ein Bild von der Sinailiturgie in ihrer ältesten Form zu
erhalten. Dabei ist nicht das historische Sinaigeschehen gemeint
, sondern die theologische Wertung des Sinaiereignisses.
Zusammenfassungen (auf S.62, 66, 72, 95f., 114f., 116,121, 124,
129, 131, 133f., 145, 155f., 159f., 168ff.) erleichtern dem Leser
das Erkennen des Gedankenfortschrittes. Die aus Lev 8 u. 9
erhobene alte priesterliche Tradition, die vor der Opferthora
fixiert ist, für die der Opferaltar als Bundesaltar im Zentrum der
Priesterweihe steht, und die das Erstopfer des Priesters und den
Segen zum Mittelpunkt hat, wurde in ihrer ältesten Form als
„Ritualerzählung" tradiert. Eine jüngere priesterliche Schicht
(Ex 29) setzte bereits andere Akzente, aber selbst Num 28f.
gehen auf alte Listen zurück, die am Zentralheiligtum und d.h.
schon von der Wüstenzeit her (S. 115 u.ö.) in Gebrauch waren.

Mehrfach sind wertvolle Einzeluntersuchungen eingestreut, wie
hier zur Verbfolge innerhalb der Ritualtexte bzw. später zur
Maqom-Formel im Dtn u. a. Auch das 3. Kapitel (Das liturg. Verständnis
des Sinai in der älteren priesterlichen Uberlieferung
verglichen mit der deuteronomistischen) kommt noch nicht zur
erwarteten Sache, sondern fragt zuerst nochmals (in Auseinandersetzung
mit Galling, Koch, Noth und Elliger) nach der
Abgrenzung der jüngeren von der älteren priesterlichen Schicht,
die beide für vordeuteronomisch gehalten werden, und danach,
wie hier Sinai und Sinaikult verstanden werden. Konstitutiv ist,
daß man vom Herzutreten des Volkes am Zelttor erzählte, wo
das Volk am ersten Opfer des geweihten Priesters teilnahm, beim
Segen des Priesters die Herrlichkeit Jahwes erschienen und
Flammen von Jahwe ausgegangen seien, welche die Opferstücke
verzehrt hätten, worauf das Volk niedergefallen sei, um in
Jubel anzubeten (133f.). Die genannten Einzelelemente werden
erneut genauer untersucht (134-141), um sie dann dem späteren
Neuansatz in Ex 29 zu konfrontieren (141 f.), welcher Ansatz
dem dtr. Verständnis nachzuordnen ist. Erst S.142 kommt der
Vf. zur Analyse des liturgischen Verständnisses des Sinai in der
dtr. Überlieferung, die nun viel zu kurz gehalten ist, was z.B.
im Vergleich des Altargesetzes Ex 20,24 (es soll zur dtn. Formel
vom maqom, den YHWH erwählen wird, in Beziehung stehen!)
zum Altargesetz des Dtn deutlich wird. Außerdem werden deu-
teronomisch und deuteronomistisch zwar unterschieden, später
aber mehrmals unscharf verwischt (vgl. etwa S. 167), was mit
darin seinen Grund haben mag, daß Vf. auch Dtn 5-11 für
deuternomistisch hält. Sind nun für die priesterlichen Texte
Altar, Priester und Opfer im Blick auf den Sinai wesentlich, die
als Ritenvollzug nachzuahmen sind und Kraft und Herrlichkeit
Jahwes und das Evangelium seiner Nähe betonen, um zu Ehrfurcht
und Gehorsam zu führen, so soll nach den Paränesen des
Dtn das Volk zum Sinai ziehen, um das Fürchten, um Gehorsam
zu lernen. Diese Einschätzung der Kultinstitution im Zeichen
des Gesetzes, von dessen Erfüllung Israels Stellung unter den
Völkern abhängt, ist nun nach Meinung von W. nur von der
älteren priesterlichen Überlieferung her verständlich und von
der Kultkonstitution im Zeichen des Gesetzes abhängig. Auch
das Verständnis des Segens ist im Dtn mit Gehorsam gekoppelt,
während die priesterliche Überlieferung hier verklärt ist durch
die Herrlichkeit Jahwes. Dtn und Dtr können angesichts der
menschlichen Sündhaftigkeit nicht mehr allein die Glorie des
Sinai und seines Kultes beschreiben. - Ein Ausblick auf den
Hebr.-Brief führt zu der Anwendung, daß die dtr. und die
priesterliche Weise liturgischen Verstehens für jede liturgische
Erneuerung wichtig sind.

Wenn man auch schon bei Elliger und Noth manches zur
Frage älteren Materials in Lev 8 und 9 (und Ex 29) finden konnte,
so liegen doch bei den Analysen dieser Texte Schwerpunkt und
Stärke der vorliegenden Arbeit. Bei der Befragung dieser Texte
wird man an ihr nicht mehr vorbeigehen können. Daß Dtn
(und Dtr) sowie P „Sinai" theologisch verschieden akzentuieren,
war ebenfalls bereits bekannt. Wenn hier nun beides kombiniert
wird, so ist diese Kombination durch die Thesen des sehr hohen
Alters der analysierenden Ritualtexte und eines Zentralheiligtums
seit der Wüstenzeit belastet. Es werden nur wenige Forscher
sein, die hier dem Vf. werden folgen können, zumal er das
Zentralheiligtum auch mehr behauptet als beweist.

Cello Horst Dietrich Preuß

Osten-Sacken, Peter von der: Die Apokalyptik in ihrem Verhältnis
zur Prophetie und Weisheit. München: Kaiser [1969].
63 S. 8° = Theologische Existenz heute, hrsg. v. K. G. Steck
u. G. Eichholz, 157. DM 6,80.

Die kleine, aber außerordentlich gehaltvolle Schrift, die zudem
sauber gearbeitet ist, wendet sich kritisch gegen von Rads
Herleitung der israelitisch-jüdischen Apokalyptik aus der Weisheit
. Traditionsgeschichtlich könne die Frage nach der Herkunft
der Apokalyptik nur geklärt werden, wenn man von der ältesten
erhaltenen Apokalypse, dem Danielbuch, ausgeht und sich
nicht, wie von Rad es tut, auf spätere Zeugnisse stützt. Im