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Ausgabe:

1970

Spalte:

328-330

Kategorie:

Allgemeines

Titel/Untertitel:

Humanitas - christianitas 1947

Rezensent:

Ullmann, Wolfgang

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327

Theologische Literaturzeitung 95. Jahrgang 1970 Nr. 5

328

Die von Girgensohn und Gruehn vertretene Methode, deren
Anwendung hohe Ansprüche an den Forscher („Versuchsleiter")
stellt, hat man in der allgemeinen Psychologie verlassen. Sie
hat aber in modifizierter Gestaltung, in der fließende Übergänge
zwischen der experimentellen Methode in ihrer ursprünglichen
Gestaltung (Külpe), der Gesprächsmethode und der Anwendung
von Anamnesen bestehen, auch innerhalb der modernen
Religionspsychologie einen Heimatort gefunden.

In „Zur Farbenlehre" schreibt Goethe: „Gehalt ohne
Methode führt zur Schwärmerei, Methode ohne Gehalt zum
leeren Klügeln". In den letzten Worten birgt sich eine Warnung
gegen Methodenfanatismus. Was diese Sache betrifft, gibt es nur
wenige Bücher, die mit so offener und vorurteilsfreier Einstellung
geschrieben sind wie die „Religionspsychologie"25 von
Wilhelm Poll. Aus diesem Grunde möchte ich den kurzen
Forschungsbericht damit beenden, auf dieses Werk hinzuweisen
.

I A Study in Human Nature. London: Longraans, Green and Co.
1902.

2 An Empirical Study of the Growth of Religious Consciousness.
London: Walter Scott 1899. Deutsche Ausgabe: Religionspsychologie.
Empirische Entwicklungsstudie religiösen Bewußtseins. Übersetzt
von F.Beta. I-II. Leipzig: Werner Klinkhardt 1909.

3 Siehe Look to This Day. Selected Writings by Edwin Diller
Starbuck. The University of Southern California Press 1945.

4 Eine religionspsychologische Untersuchung auf experimenteller
Grundlage. Leipzig: S.Hirzel 1921. - Zweite, durch einen Nachtrag
von Werner Gruehn erweiterte Auflage erschien im Jahr 1930 im
Vorlag C. Bertelsmann, Gütersloh.

5 Eine religionspsychologische Studie auf experimenteller Grundlage
. Leipzig: S.Hirzel 1924.

6 Grundtatsachen der empirischen Psychologie. Konstanz: Friedrich
Bahn Verlag 21960.

7 Wesen und Weisen der Religion. Ehrengabe für Professor Dr. Dr.
Wilhelm Keilbach zum 60. Geburtstag. Hrsg. v. Charlotte Hörgl,
Kurt Krenn und Ernst Rauh. München: Max Hueber Verlag 1969.

8 2"a ed., revised and enlarged. New York/Nashville: Äbingdon
Press 1959. 304 S.

9 An Introduction to Religious Experience and Behavior. New
York: The Macmillan Company 1958. 485 S.

10 A Psychological Interpretation. New York/Nash ville: Äbingdon
Press 1962. 128 S.

II New York: Harper & Row 1968. 367 S.

12 Psychologie religieuse. Bruxelles: Charles Dessart 1966. 338 S.

13 Tapasztalati valläslelektan. Budapest 1966. 296 S. - Leider liegt
diese „Empirische Religionspsychologie" nur in ungarischer Sprache
vor.

14 In A.Bolley und G.Clostermann: Abhandlungen zur Religionsund
Arbeitspsychologie. Werner Gruehn zum Gedächtnis. Münster/
Westf.: Aschondorffsche Verlagsbuchhandlung 1963. S.3-64.

15 Hjalmar Sunden: Religionen och rollerna. Ett psykologisk
Studium av fromheten. Stockholm: Svenska Kyrkans Diakonisty-
ralses Bokförlag H966. 574 S.

16 Die Religion und die Rollen. Eine psychologische Untersuchung
der Frömmigkeit. Berlin: Alfred Töpelmann 1966. 451 S.

17 Gott und Himmel in der psychischen Welt der Jugend. Vom
dritten Schuljahre bis zum Ausgang des Volksschulalters. Düsseldorf
: Patmos-Verlag 1951.

18 Die Religion des Kindes. Eine Untersuchung nach Klassengesprächen
mit katholischen und evangelischen Kindern der Grundschule
. Stuttgart: Ernst Klett Verlag 1959.

19 London: Routledge and Kegan Paul 1964.

20 Adolescent Religion. A Development Study of the Religion of
Youth. New York/Nash ville: Abingdon Press 1967.

21 Eine religionspsychologische Untersuchung nach Niederschriften
von Schülern beider Bekenntnisse in der Volksschule, der höheren
Schule und der Berufsschule. Stuttgart: Ernst Klett Verlag 1963.

22 Eine roligionspsychologische Untersuchung: Zollikon: Evangelischer
Verlag 1960.

23 Hans-Otto Wölber: Religion ohne Entscheidung. Volkskirche
am Beispiel der jungen Generation. Göttingen: Vandenhoeek &
Ruprecht 21960. - Adolf Holl und Gerhard H.Fischer: Kirche auf
Distanz. Wien/Stuttgart: Wilhelm Braumüller 1968.

24 Roberto Zavalloni: Psicologia pastorale. Torino: Marietti 1965.

25 Formen der religiösen Kenntnisnahme. München: Kösel-Verlag
1965.

ALLGEMEINES, FESTSCHRIFTEN

[Loewenich, Walther von:] Humanitas-Christiauitas. Walther v.
Loewenich zum 65. Geburtstag, hrsg. v. K. Beyschlag, G. Ma-
ron u. E.Wölfel Witten: Luther-Verlag 1968. 411 S., I Porträt
gr. 8°. Lw. DM 60,-.

Eine thematisch profilierte, durch ihre Beiträge vielfältiges
Interesse weckende und befriedigende Festschrift. Wie der
Titel - gleichlautend hieß ein Buch von Loewenichs aus dem
Jahre 1948 - erkennen läßt, haben die drei Herausgeber versucht
, Gesprächsbeiträge zu einem Themenkreis zu sammeln,
dem von Loewenich selber in seinem Buch „Luther und der Neuprotestantismus
", Witten 1963, nachgegangen war. Der Jubilar
hatte damals, einerseits im Gefolge von K.Holl und E.Hirsch
zwischen Luther und dem Neuprotestantismus Zusammenhänge
aufweisen, andererseits aber, hierin Troeltschs Gedanken
näher, den Einbruch des historischen Denkens als eine theologisch
neu zu bewältigende Aufgabe bewußt machen wollen (cf.
„Luther und der Neuprotestantismus", S.415).

Dem Zweck der Rezension scheint am besten dadurch gedient,
daß ihr begrenzter Raum, der eine eingehende Würdigung aller
Beiträge nicht zuläßt, zu Hinweisen genutzt wird, deren recht
verschiedene Ausführlichkeit man den subjektiven Interessen
des Rezensenten zugute halten wolle.

Nach zwei einleitenden Beiträgen aus dem Bereich des Neuen
Testaments (G.Friedrich, Die Kirche Gottes zu Korinth) und
der Alten Kirche (R. Freudenberger, Die Acta Justini als
historisches Dokument) scheint mir der Aufsatz von E.-W.
Kohls über „Die theologische Position und der Traditionszusammenhang
des Erasmus mit dem Mittelalter in De libero
arbitrio" ganz besondere Beachtung zu verdienen. Kohls, durch
seine zweibändige Darstellung der Theologie des Erasmus und
seine Arbeit an der Erasmus-Ausgabe als Sachkenner ausgewiesen
, geht es darum, die theologische Position des Erasmus
einmal nicht, wie es meist geschieht, von Luthers Sicht, sondern
von den eigenen Voraussetzungen des Erasmus aus zu analysieren
. Er kann dabei überzeugend nachweisen, daß Erasmus nicht
menschliche Autonomie gegenüber Gott habe sicherstellen
wollen, sondern daß seine Auffassung von der Gnadensouveränität
Gottes die Verantwortlichkeit des Menschen nicht aus-,
sondern einschließe. Maßgebend für diese Vorstellungen sei die
Ontologie des Exitus-Reditus-Schemas, welches alles geschöpfliche
Sein in Gott begründet und auf Gott hingeordnet sein
läßt, ein Schema, das Erasmus teils von den griechischen
Kirchenvätern, teils von Thomas von Aquino übernommen
habe. Man muß Kohls zustimmen, wenn er behauptet, daß diese
Beobachtungen das theologische Gewicht der Auseinandersetzung
zwischen Erasmus und Luther eher erhöhen als verringern
.

In der durch das Erscheinen von Barths Lehre von der Taufe
neu angefachten Diskussion wird der Aufsatz von F. Lau,
„Luther und Balthasar Hubmaier" mit besonderem Interesse
gelesen werden. Anhand von Luthers Schrift „Von der Widdertaufe
an zween Pfarrherrn" (WA 26, 144-174) kann Lau zeigen,
wie der Zwingli nahestehende Hubmaier (cf. Barths Annäherung
an Zwingli in KD IV 4, Zürich 1967 S. 141) vor Luther eine
besser begründete Lehre vom Verhältnis von Taufe und Kirchenzucht
voraushat. Denn durch die Taufe unterstellt sich nach
Hubmaier der Täufling der Kirchenzucht der Gemeinde, die ihn
tauft. Außerdem müsse man Hubmaier ein einleuchtenderes
Verständnis der einschlägigen Bibelstellen bescheinigen. Andererseits
meint Lau, daß Luthers im Vergleich zu Hubmaier
weniger biblizistisch eingeengte Grundposition eine Entscheidung
gegen die Kindertaufe aufgrund eines neuen Schriftverständnisses
und einer neuen Situation der Gemeinde durchaus
zu tragen vermöge.

Um einen Abbau traditioneller Klischees in der Auffassung
der Reformationsgeschichte bemüht sich B. Lohse in dem Artikel
„Hans Denck und der ,linke Flügel' der Reformation". Auf die
Aufsätze von Maurer über „Theologie und Laienchristentum
bei Landgraf Philipp von Hessen", Pfeiffer über „Die Stellungnahme
der Nürnberger Theologen zur Einführung des Interims