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Ausgabe:

1970

Spalte:

295-296

Kategorie:

Systematische Theologie: Allgemeines

Autor/Hrsg.:

Ott, Ludwig

Titel/Untertitel:

Das Weihesakrament 1970

Rezensent:

Andersen, Wilhelm

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Seite 1

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Theologische Literaturzeitung 95. Jahrgang 1970 Nr. 4

296

Kreuz, Schwert und Lanze als personale Attribute für beide Heilige
ansehen kann, erscheint mir fraglich. Zur Literatur könnte man
nachtragen, daß die Chrestomatija von Gudzij inzwischen in 7. Auflage
(1962) erschienen ist und von L. Müller, Die altrussischen
hagiographischen Erzählungen und liturgischen Dichtungen über
die Heiligen Boris und Gleb, München 1967. Wird A. auch andere
bedeutende russische Heilige, in Auswahl natürlich, in sein Lexikon
aufnehmen? Sein Wörterbuch könnte eine Bereicherung unserer
Kenntnisse der Hagiographie und Ikonographie Altrußlands bedeuten
und damit auch seiner speziellen Spiritualität; Christopherus
(S. 435—453), wozu mir zuletzt W. Loeschke, Neue Studien zur
Darstellung des tierköpfigen Christopherus, in i Beiträge zur Kunst
des christlichen Ostens, 1. Studiensammlung, Recklinghausen 1965,
37-88 bekannt geworden ist. Beim Artikel Auge Gottes (S. 259-260)
ist die Hand Gottes mit keinem Hinweis versehen. Der Ausfall
dieses Artikels wäre aber zu bedauern. — Die s. Z. (ThLZ 85, 19G0
Sp. 763 f.) geäußerten Ergänzungswünsche zum Literaturverzeichnis
sind nur z. T. erfüllt worden. Es fehlt u. a. immer noch die RGG''.

Halle/Saale Konrod Onasch

Liebe, Paul: Rembrandts Radierung .Die große Krankenheilung".
Zu seinem 300. Todestag am 4. Oktober 1969 (Die Innere Mission
59, 1969 S. 447-451).

SYSTEMATISCHE THEOLOGIE

Schmaus, Michael, Grillmeier, Alois, und Leo Scheffczyk [Hrsg.]:
Handbuch der Dogmengeschichte. Bd. TV: Sakramente, Eschato-
logie. Fasz. 5: Das Weihesakrament, von L.Ott. Freiburg-Basel-
Wien: Herder (1969). V, 184 S. 4°.
Aus dem Handbuch der Dogmengeschichte liegt ein weiterer —
bisher der umfangreichste — Teilband vor: „Das Weihesakrament"
von Ludwig Ott. Diese Arbeit ist, ebenso wie die beiden 1968 veröffentlichten
Faszikeln von Michael Seybold als Schriftleiter betreut
worden. Die innere und äußere Struktur des großen Vorhabens
eines umfassenden Handbuches der Dogmengeschichte ist unverändert
beibehalten. Ausgehend von den .Grundlagen des Weihesakramentes
im Neuen Testament" untersucht Ott die Entwicklung
von der vor- und nachnizänischen Patristik über die einzelnen
Perioden der Scholastik, die Reformation, das Konzil von Trient,
die nachtridentinische Theologie bis hin zu den neueren lehramtlichen
Erklärungen zur Theologie des Weihesakramentes.

Dem von seinem alltestamentlichen Hintergrund her verstandenen
Neuen Testament entnimmt Ott die Unterscheidung zwischen
dem durch die Taufe begründeten allgemeinen Priestertum aller
Gläubigen und dem besonderen Priestertum, dessen erste Träger
die Apostel waren. Mit diesem besonderen Priestertum befaßt sich
das Buch. Es hat nach Ott seinen Ursprung in der Auswahl, Sendung
und Bevollmächtigung der Zwölf aus der Schar der übrigen
Jünger. Ott findet in der neutestamentlichen Überlieferung eine
Fülle von Hinweisen darauf, wie sie ihre priesterlichen Aufgaben
und Vollmachten an andere weitergegeben haben.

Eine theologische Reflexion darüber setzt spätestens bereits
bei der vornizänischen Patristik ein. Nach Klemens geht die Einsetzung
der Bischöfe und Diakone über die Apostel auf Jesus
Christus und zuletzt auf Gott zurück (S. 9). Ihre Amtseinsetzung soll
mit Zustimmung der gesamten Gemeinde geschehen, aber nicht
durch die Gemeinde selbst. Es bildet sich sehr früh die hierarchische
Rangordnung heraus: Bischöfe, Presbyter und Diakone. Die Nachrichten
über die Form der Amtsübertragung — seit Tertullian als
Ordination bezeichnet — sind zunächst sehr spärlich. Erst in der
Kirchenordnung des Hippolyt von Rom erfahren wir mehr: Wesentliches
Moment ist die Handauflegung, verbunden mit Gebet (S. 13).
Und alle Weihen müssen vom Bischof gespendet werden (S. 15).

Damit hat Ott die wichtigsten Fragestellungen gewonnen, an
denen er die weitere Untersuchung orientiert i Die einzelnen Weihestufen
, der Ordinationsakt und die Frage nach dem Spender und
Empfänger der Ordination (mit großer Sachkenntnis stellt Ott
den Prozeß der Differenzierung der Weihestufen, die Rivalität
zwischen Bischofs- und Presbyteramt etc. dar). Im achten Buch
der Apostolischen Konstitutionen, die gegen Ende des 4. Jahrhunderts
entstanden sind, finden sich bereits genaue Anweisungen
über den Vollzug der Ordination, von denen sich manche bis heute

durchgehalten haben. Und Spender der Weihen ist bereits nach
allgemeiner Überzeugung in der Regel der Bischof, auch wenn die
Diskussion darüber noch nicht abgeschlossen ist.

Schon Augustin war vom sakramentalen Charakter der Weihe
überzeugt; er stellte das sacramentum ordinationis in Parallele
zur Taufe. Aber erst im 12. Jahrhundert, als der Sakramentsbegriff
enger und präziser gefaßt wurde, erscheint der ordo in der Reihe
der sieben heiligen Zeichen des Neuen Bundes (S. 50). Er bezeichnet
nicht bloß eine unsichtbare geistige Gnade, sondern verleiht
sie auch (S. 57). Die Frage der Spendung des Weihesakramentes ist
während der Früh-, Hoch- und Spätscholastik lebhaft erörtert worden
. Es bildet sich schließlich immer stärker die Übung und Über
zeugung heraus, daß der Bischof der ordentliche Spender
des Weihesakramentes ist. Daneben werden außerordentliche Spender
anerkannt. So geben die meisten Theologen zu, daß der einfache
Priester mit päpstlicher Bevollmächtigung die niederen Or-
dines spenden kann (S. 103). Dabei wurden gelegentlich auch abweichende
Meinungen vertreten. Einzelne Theologen beziehen auch
die höheren Ordines in die außerordentliche Ordinationsvollmacht
und sprechen diese auch Nichtpriestern zu. Dagegen könne der
Papst einem Nichtpriester nicht die Konsekretion der Eucharistie
übertragen, da er über den wahren Leib Christi keine größere Gewalt
besitze als der einfache Priester (S. 105).

In einem besonderen Abschnitt geht Ott auf die Kritik der Reformation
an der katholischen Lehre und Praxis der Ordination
ein (S. 112 ff.). Während Wyclif nur einzelne Punkte der kirchlichen
Lehre vom Weihesakrament angriff, wandte sich Luther bereits
1520 mit der Bestreitung der Sakramentalität des Ordo gegen die
Substanz der kirchlichen Lehre, indem er die Sakramentalität des
Ordo bestritt. In diesem Abschnitt geht Ott auf die innerprotestantische
Diskussion nicht näher ein, an Sekundärliteratur zitiert er
nur H. Lieberg. Sein zusammenfassendes Urteil dürfte zutreffend
sein: Luthers Polemik richtet sich nicht gegen die Ordination als
solche, sondern gegen die Ordination als Weihe zum Opferpriester-
tum (S. 115).

Um so gründlicher ist dann die Beschäftigung mit dem Konzil
von Trient. Ott geht auf die einzelnen Phasen der Diskussion ein
und enwickelt so das, was amtliche Lehre der Kirche geworden ist
(Es gibt ein besonderes Priestertum im Neuen Bund, dem die Konsekrationsgewalt
und Absolutionsgewalt eignet. Der Ordo ist ein
von Christus eingesetztes Sakrament. Durch die Ordination wird
der Heilige Geist verliehen und ein Charakter eingeprägt. Die Hierarchie
, bestehend aus Bischöfen, Presbytern und Dienern beruht
auf göttlicher Anordnung. Nur die Bischöfe besitzen Firmungsund
Ordinationsgewalt.)

Das Buch schließt mit einem Abschnitt über die nachtridentinische
Theologie, dem ein Paragraph über die anglikanischen
Weihen eingefügt ist. Die nachtridentinische Theologie und die
neueren lehramtlichen Erklärungen des Weihesakramentes haben
die Entscheidungen von Trient zu interpretieren, begründen und
vertiefen versucht. Von dogmatischer Bedeutung ist nach Ott die
Apostolische Konstitution .Sacramentum Ordinis" Pius' XII. von
1947, da sie eine Entscheidung über die lange Zeit umstrittene Frage
nach der Materie und Form der hierarchischen Ordines, d. h. des
Diakonats, des Presbyterates und des Episkopates, brachte (S. 180):
„Die Materie der Diakonatsweihe, der Priesterweihe und der
Bischofsweihe ist allein die Handauflegung; die Form sind allein
die Worte, welche die Anwendung dieser Materie näher bestimmen
" (S. 181). Hinsichtlich der Form hat die Kirche Freiheit der
Gestaltung, da Christus bei der Einsetzung des Sakramentes den
Wortlaut der Form nicht näher bestimmt hat.

Das zweite Vatikanische Konzil hat hinsichtlich der Theologie
des Weihesakramentes keine Neuorientierung gebracht. Sie kommt
in der dogmatischen Konstitution über die Kirche mehr beiläufig
zur Sprache. Nach Otts Urteil sind die Aussagen der Konstitution
über die Sakramentalität, die Wirkungen und den Spender der
Biscl ofsweihe entsprechend der Absicht des Konzils keine unfehlbaren
Lehrentscheidungen. Sie müssen allerdings als Ausdruck
einer Lehre des allgemeinen Konzils als sichere Lehre angesehen
werden (S. 184).

Neuendettelsou Wilhelm Andersen