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1970

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Neues Testament

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277

Theologische Literaturzeitung 95. Jahrgang 1970 Nr. 4

278

»Jesus gegenüber gewissen höchst fragwürdigen religiösen Gestalten
seiner Zeit und Umwelt abzugrenzen" (96). Heißt das, daß
der historischen Forschung der Wahrheitsbeweis zufällt, welcher im
Nachweis der Inkommensurabilität Jesu besteht (77)? Aber was wird
hier bewiesen, wenn im gleichen Atemzug mit G. van der L e e u w
festgestellt wird, daß die soteriologische Dignität des „eschatolo-
gischen Charismatikers" eben kein Phänomen ist, das der „reli-
gionsphänomenologischen Methode" als Gegenstand zukommt,
sondern etwas ist, was man „nur glauben" kann (77, A. 126)? Die
Frage bleibt: Was ist mit dem Kriterium der „Einzigartigkeit" Jesu
(im religionsphänomenologischen Sinn!) für den Christus des
Glaubens (im kerygmatischen Sinn des Neuen Testaments!) wirklich
gewonnen? Dieses hermeneutische Problem — bei einem „Diskussionsbeitrag
zur Frage nach dem historischen Jesus" unabdingbar
zu bedenken — sieht man in dem sonst so kenntnisreich gearbeiteten
Buch von H. mit Bedauern völlig vernachlässigt.

Herbede/Ruhr Erich Größer

Barth, Markus: ,The Faith of the Messiah' (The Heythrop Journal

10, 1969 S. 363-370).
Benko, Stephen: The Edict of Claudius of A.D. 49 and the Instigator

Chrestus (ThZ 25, 1969 S. 406-418).
Böttger, Paul Christoph: Die eschatologische Existenz des Christen

(ZNW 60, 1969 S. 244-263).
Dewailly, L.-M., O. P.: Jesus-Christ, Parole de Dieu. 2e edition re-

fondue. Paris: Editions du Cerf [1969]. 202 S. 8° ffr. 18.-.
Haacker, Klaus: Creatio ex auditu. Zum Verständnis von Hebr. 11,3

(ZNW 60, 1969 S. 279-281).
Hanhart, Karel: Paul's Hope in the Face of Death (JBL LXXXVIII,

1969 S. 445-457).
Hengel, Martin: Mc 7,3 Jtvy/tjj : Die Geschichte einer exegetischen

Aporie und der Versuch ihrer Lösung (ZNW 60, 1969 S. 182—198).
Jeremias, Joachim: Artikelloses Xmnnki in I Cor 15,3 (ZNW 60,

1969 S. 214-219).
Klemm, Hans G.: Die Gleichnisauslegung Ad. Jülichers im Bannkreis
der Fabeltheorie Lessings (ZNW 60, 1969 S. 153—174).
Kvalbein, Hans: 2. Kor. 5,1—10 og sporsmälet om „mellomtilstan-

den" hos Paulus (Tidsskrift for teologi og kirke 40, 1969 S. 179—

195).

Lyall, Francis: Roman Law in the Writings of Paul — Adoption

(JBL LXXXVIII, 1969 S. 458-466).
Patsch, Hermann: Zum alttestamentlichen Hintergrund von Römer

4, 25 und I. Petrus 2, 24 (ZNW 60, 1969 S. 273-279).
Ru, G. de: De authenticiteit van II Petrus (NedThT 24, 1969 S. 1—

12).

Ruddick, C. T. Jr.: Behold, I send my Messenger (JBL LXXXVIII
1969 S. 381-417).

Rüger, Hans Peter: „Mit welchem Maß ihr me5t, wird euch gemessen
werden" (ZNW 60, 1969 S. 174—182).

Schenk, Wolf gang: Der 1. Korintherbrief als Brief Sammlung (ZNW
60, 1969 S. 219-243).

Schottroff, Luise: Johannes 4,5—15 und die Konsequenz des jo-
hanneischen Dualismus (ZNW 60, 1969 S. 199-214).

Schulz, Siegfried: Die Stunde der Botschaft. Einführung in die
Theologie der vier Evangelisten. Berlin: Evang. Verlagsanstalt
(Lizenzausgabe des Furche-Verlages, Hamburg) [1969]. 392 S. 8°.
(s. Bespr. in ThLZ 93, 1968 Sp. 350).

Thiele, Walter: Zum lateinischen Paulustext. Textkritik und Überlieferungsgeschichte
(ZNW 60, 1969 S. 264—273).

Via, Dan Otto i The Right Strawy Epistle Reconsidered: A Study in
Biblical Ethics and Hermeneutic (JR 49, 1969 S. 253—267).

Vögtle, Anton: „Hochverehrter Theophilus!", in: Tätigkeit im rechten
Sinne. Festschrift für Heinrich Rombach zum 70. Geburtstag.
Verlag Rombach, Freiburg 1967 S. 29—45.

KIRCHENGESCHICHTE: ALTE KIRCHE

Reallexikon für Antike und Christentum. Sachwörterbuch zur Auseinandersetzung
des Christentums mit der antiken Welt, hrsg. v.
Th. Klauser in Verb, mit C. Colpe, A. Dihle, B. Kötting, J. H.
Waszink. Lfg. 53—56 (= Band VII, Sp. 641-1288). Stuttgart:
Hiersemann 1968'69. 4°.

Die letzten Lieferungen des siebenten Bandes des RAC zeichnen
sich durch ein starkes Überwiegen der allgemein-religionsgeschichtlichen
Stichworte aus. Drei, durch inhaltliche Bedeutung
und Umfang hervorstechende seien vorangestellt. Vom Herausgeber
Th. K 1 a u s e r stammt der Doppelartikel über „Fest" und
„Festankündigung". Die „Festankündigung", ein bisher nur beiläufig
behandelter Gegenstand, bietet mancherlei Probleme und
spielt nicht nur im Christentum mit den bekannten „Osterfestbriefen
", sondern auch in der heidnischen Welt eine erhebliche
Rolle. Unter „Fest" werden die einzelnen christlichen Feste und
die allmähliche Ausbildung des christlichen Kirchenjahres bewußt
knapp behandelt; dafür werden die „theoretischen Diskussionen
über die rechte Art, Feste zu feiern", die gegenseitige Kritik und
Polemik gegenüber den heidnischen und christlichen Festvorstellungen
in neuartiger Weise herausgearbeitet und belegt. Plato
kehrt sich gegen die rauschhafte Zügellosigkeit mancher Feiern,
Christen kämpfen gegen die Beteiligung der Christen an heidnischen
Festen. Die Wurzeln der christlichen Feste liegen vielfach
im jüdisch-eschatologischen Bereich; aber mit der Zeit verstärken
sich die hellenistisch-heidnischen Umwelteinflüsse. So übt der heidnische
Heroenkult auf die christlichen Märtyrer- und Heiligenfeste
seinen Einfluß aus, dessen Bedeutung Klauser in früheren Jahren,
wie er jetzt meint, „wohl noch zu negativ" beurteilt habe.

Fast eine Lieferung füllen Jos. Engemanns klare und bestimmte
Ausführungen zum vielumstrittenen Thema des „Fisches",
eine Fundgrube für das literarische und ikonographische Material
und die kaum mehr übersehbare Literatur. In allen Bereichen der
Mittelmeerwelt spielt der Fisch als Nahrungsmittel eine ungeheure
Rolle und begegnet oft in kultischen und rituellen Zusammenhängen
. Aber diese Seite darf nicht überschätzt werden. Die
zahllosen dekorativen Fischdarstellungen erfordern nur selten eine
symbolische Auslegung. Auch in den Darstellungen des Totenmahls
kann der Fisch lediglich eine verbreitete (und künstlerisch
leicht darstellbare) Speise bedeuten. „Fischdarstellungen sind in
der Regel mehrdeutig". Bei dieser Unbestimmtheit des Fisches
in der heidnischen Umwelt entscheidet sich der Vf. hinsichtlich
der Gleichsetzung Christi mit dem Fische mit Entschiedenheit für
die Ableitung aus dem bekannten/X03'2'-Akrostichon, das seiner
Meinung nach bereits Tertullian (der das griechische Wort gebraucht
) gekannt haben muß. Der schon in der Aberkios-Inschrift
erkennbare eucharistische Bezug soll demgegenüber sekundären
Charakter haben. „Eine über die Verwendung als Speise hinausgehende
Symbolbedeutung besaß der Fisch in Mahlszenen nicht".
Ich gestehe, dafj mich diese rigorose Entscheidung nicht recht überzeugt
hat. M. E. weisen die zahlreichen neutestamentlichen Berichte
über das Speisungswunder und Mahle, bei denen der Fisch eine
Rolle spielt, den Weg zu einer frühen eucharistischen und damit
auch christologischen Deutung. Es beruht auf einem Zirkelschluß,
wenn der Vf. Sp. 1087 meint, die patristischen Exegesen dieser
Texte müßten das Fischsymbol für Christus bereits voraussetzen.
Den Einfluß der Evangelien spürt man auch bei den Markioniten,
die sich für ihre Fischnahrung und ihren Fleischverzicht auf Lk.
24,42 beriefen (Harnack S. 378*). Bei der Deutung des Fischers
(der im Titel des Artikels in Klammern hätte mitgenannt sein sollen
) nimmt der Vf. eine wohlüberlegte Mittelstellung ein. Der
Fischer kann in christlichen Darstellungen rein dekorativ sein; es
können aber auch „pagane Wunschvorstellungen" der Totenreise
und des Jenseits (ähnlich wie bei der Jonasruhc) in christlicher
Deutung fortwirken. Die Taufsymbolik ist in einigen Fällen nicht
auszuschließen; ihr Vorkommen muß jedoch äußerst zurückhaltend
beurteilt werden.

Fast den gleichen Umfang erreicht der Artikel „Fluch" von
Wolfg. Speyer. Allerdings wird der Begriff des Fluches sehr weit
genommen, umfaßt z. B. auch die Formen sakraler Tötung (als Befreiung
vom drohenden Fluchzustand), und manche Belege gehören
m. E. überhaupt nicht mehr in diesen Zusammenhang. So ist
z. B. Ign. ad Rom 4,1 zweifellos kein Zeugnis für die „ganz seltene
" magisch-sakrale Todesart des Zermahlenwerdens. Da der
Fluch vornehmlich als Korrelat zum archaisch-mythischen Weltbild
verstanden wird, kommen für Griechenland und Rom vor allem
die frühen Jahrhunderte, im Christentum die magischen Untergründe
und die Umwelteinflüsse in Betracht. Die weitgehend schon
verschwundene Vorstellung vom Sakxalfrevel bricht in den
Christenverfolgungen dann von neuem auf. Die Märtyrer gelten