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Ausgabe:

1970

Spalte:

265-267

Kategorie:

Neues Testament

Autor/Hrsg.:

Fascher, Erich

Titel/Untertitel:

Frage und Antwort 1970

Rezensent:

Nagel, William

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265

Theologische Literaturzeitung 95. Jahrgang 1970 Nr. 4

266

gestaltung und einer bunten Palette von Themen, die in Verbindung
mit der Verkündigung des Arnos behandelt werden können.
Ob der Aufweis solcher Beziehungen ausreicht, auch die Aktualität
des Prophetenwortes aufzuzeigen?

Kiel Werner H. Schmidt

Malamat, A., and H. Reviv: A Bibliography of the Biblical Period.

With Emphasis on Publications in Modern Hebrew, selected and
classified. Jerusalem: Hebrew University 1968. VII, 46 S. 4°.
Eine Bibliographie, die auf 44 Seiten Literatur zum Alten
Testament zusammenstellt, kann nur eklektisch verfahren. Nach
welchen Gesichtspunkten ausgewählt wurde, deutet der Untertitel
an. Vor allem Veröffentlichungen im modernen Hebräisch (auch
wenn diese lediglich Übersetzungen aus europäischen Sprachen
sind) hat man aufgenommen. Da der eine der beiden Verfasser,
A. Malamat, alttestamentliche Geschichte und Bibelwissenschaft an
der Hebräischen Universität von Jerusalem lehrt, wird die Bibliographie
für Studenten gedacht sein, deren Muttersprache Iwrit ist.
Daß z. B. auch Wellhausen ins Hebräische übersetzt wurde, entdeckt
man mit Freude (S. 13: Geschichte Israels).

Die Bibliographie behandelt nacheinander die Gebiete: Alter
Orient und seine Völker; entsprechende Quellensammlungen; alt-
testamentliche Archäologie und Geographie samt hebräischer Epi-
graphik; Geschichte Israels (einschliefjlich Gesellschaft, Kultur und
Religion); die vorstaatliche Zeit; die Königszeit. Jedes Gebiet ist
in Abschnitte unterteilt. Eröffnet werden diese mit einem Hinweis
auf den entsprechenden Artikel in der .Biblischen Enzyklopädie"
(hebr.), falls ein solcher Artikel vorhanden ist. Dann folgen die
hebräischen Druckschriften, anschließend die europäischen. Deutsche
Werke werden häufig in ihrer englischen Übersetzung aufgeführt.

Bei einer auswählenden Bibliographie kann man fortwährend
kritische Fragen stellen. Warum sind S. 4 Eißfeldt's Arbeiten über
die syrische Religion nicht erwähnt? Warum fehlt dort ein Hinweis
auf Wellhausens .Reste arabischen Heidentums'? Solche Eigenheiten
weisen auf die grundsätzlichere Frage, wie die heutige jüdische
Bibelwissenschaft betrieben wird. Eine Analyse solcher Bibliographie
könnte ersten Aufschluß geben. Der unmittelbare Wert
dieser Bibliographie aber besteht zweifellos darin, daß sie zahlreiche
hebräische Publikationen verzeichnet. Dem europäischen
Alttestamentler gibt sie die Möglichkeit, diese Literatur zu erfassen
.

Druckfehler: S. 24: Statt AHMIOEPrOI lies AHMIOYPrOI. S. 31:
Statt Hahnart lies Hanhart.

Berlin Hans G. Kippenberg

Carmichael, Calum M.: Some Sayings in Genesis 49 (JBL LXXXVIII,

1969 S. 435-A44).
Gutman, Joseph: A Note on the Temple Menorah (ZNW 60, 1969

S. 289-291).

Haacker, Klaus: Assumptio Mosis — eine samaritanische Schrift?
(ThZ 25, 1969 S. 385—405).

Harner, Philip B.: The Salvation in Second Isaiah (JBL LXXXVIII,
1969 S. 418-434).

Perlitt, Lothar: Neue Literatur zum Alten Testament (Pastoraltheologie
58, 1969 S. 523-545).

Schmidt, Werner H. i Das Wort „Gott" im Alten Testament (Internationale
Dialog Zeitschrift 2, 1969 S. 366-369).

NEUES TESTAMENT

rascher, Erich i Frage und Antwort. Studien zur Theologie und
Religionsgeschichte. Berlin: Evang. Verlagsanstalt (1968). 231 S.
8°. Kart. M 8.—.

Die hier veröffentlichten acht „Studien zur Theologie und Religionsgeschichte
" sind bezeichnend für das weitgespannte Arbeitsfeld
des Vf.s, indem sie nicht nur Problemen der neutest. Forschung
nachgehen, sondern auch solchen der religionsgeschichtl. Umwelt
des frühen Christentums, ja, der Religions- und Geistesgeschichte
im weitesten Sinn. Vor allem beeindruckt die Intensität, mit welcher
hier die klassische Antike ausgewertet wird, darin Mahnung
für eine Theologengencration, der dieses große Erbe mehr und
mehr zu entschwinden droht. Die neutest. Untersuchungen verraten

den Forscher, in welchem beste Traditionen der „liberalen" neutest.
Wissenschaft fortleben: nüchterne Ehrfurcht vor dem Text, die entsagungsvolle
textkritische Bemühungen und verantwortungsbewußte
Sachkritik nicht scheut, um einen Text in seinem ursprünglichen
Anliegen zum Reden zu bringen. Man sollte eine solche
Forscherhaltung als notwendiges Korrektiv gegenüber einem wissenschaftlichen
Umgang mit dem NT werten, in welchem eigene
systematische Vorentscheidungen heute nur oft den Texten Gewalt
antun können. Die hier vorgelegten Arbeiten wollen schon mit
ihrem zusammenfassenden Titel „Frage und Antwort" auf ihre
Veranlassung wie ihr Ziel hinweisen. Ihnen liegen Vorträge zugrunde
, durch welche der theologische Wissenschaftler Pfarrern,
Katecheten, Diakonen und interessierten Laien einen stellvertretenden
Dienst hat leisten wollen. Demgemäß ist auch nicht so sehr
spezielle fachwissenschaftliche Diskussion das Ziel dieser Veröffentlichung
, sondern den genannten Kreisen hilfreiche Antwort
zu geben. Doch wird auch der Theologe in der Auseinandersetzung
mit diesem Buch Erkenntnisse gewinnen können, die seinen Horizont
wesentlich erweitern.

Jeder dieser Studien gerecht zu werden, ist in einer Besprechung
nicht möglich; man müßte sonst die sorgsam bedachten
einzelnen Schritte nachgehen, welche den Vf. jeweils zu seinem
Ergebnis geführt haben. Fünf neutest. Untersuchungen stehen voran
: Jesus, der Arzt; vom Widersacher; Probleme der Zukunftserwartung
nach Markus 13,32 und Matthäus 24,36; mündliche
Überlieferung als Prozeß der Textauslegung; vom Logos des
Heraklit und vom Logos des Johannes. In den beiden ersten und
der letzten wird evident, wie erhellend sich ein reiches Wissen um
die spätantike Religionsgeschichte auf neutest. Sachverhalte auszuwirken
vermag.

Das Anliegen der ersten Studie „Jesus, der Arzt" ist von Har-
nacks These bestimmt, die Prädikationen „Arzt" (Iatros) und „Heiland
" (Soter) seien einander gleichzusetzen, wie „das im 2. und
3. Jh., vor allem in der Rivalität mit dem Asklepioskult, offenbar
gang und gäbe war" (S. 13). Daß „die Verbindung von Arzt und
Heiland in Personalunion" im 2. und den folgenden Jahrhunderten
nachzuweisen ist, kann der Vf. bestätigen. Doch indem er über
Harnack hinaus die Frage stellt, was denn in der christlichen Predigt
„Heil" bedeute, zeigt er zugleich, wie sich dieser Begriff über
das Leiblich-Natürliche hinaus ausweitet; denn da „alle ohne
Christus an ihrer Sünde Sterbende" sind, gewinnt die Deutung des
Christentums als „Religion für Kranke" einen ganz umfassenden
Sinn (S. 15). Dieser wird bis in das evangelische Kirchenlied hinein
aufgezeigt. In einem zweiten Teil wird dann vor allem der
neutest. Tatbestand unter der Frage nach Jesu Selbstverständnis
von seinem Amt und Beruf untersucht. In sorgfältiger Arbeit an
den Quellen wird hier dargelegt, daß Heiltaten Jesu an psychischen
, aber auch organischen Defekten nicht abzuleugnen sind. Sie
werden nicht „durch Zauberformeln oder magische Praktiken erwirkt
", sondern „ein unbedingtes Vertrauen zu Gott und seinem
Beauftragten — nenne man ihn Sohn Davids, Kyrios, Christos oder
Soter — Ist nötig, wenn wirksam geholfen werden soll" (S. 33). So
wird im Ergebnis „neben dem einzigartigen Lehrer, der sein Wissen
aus Vollmacht keiner theologischen Tradition verdankt", sozusagen
wiederentdeckt „der Arzt und Helfer Jesus, welcher nicht
mit erlernten Heilmethoden kranke Menschen umständlich und
langwierig behandelt, sondern durch ein machtvolles Wort oder
die Dynamis Gottes, die mit ihm war, augenblicklich heilt" (S. 40).
Die Bedeutung dieser Untersuchung scheint mir erst dann ganz
einsichtig, wenn man durch sie eine tragfähige Grundlage für die
heute drängend gewordene Erörterung des Verhältnisses von
christlichem Glauben und Krankheit gegeben sieht; der Vf. scheint
mir seinerseits in den Schlußsätzen einen gewissen Anstoß dazu
zu geben.

Das Ziel der zweiten Studie ist in dem Ergebnis zu sehen: „Wer
den Bösen und sein Böses in der Welt verharmlost, steht in Gefahr,
den .lieben' Gott zu einem freundlichen Faktotum zu machen, dessen
Rat und Hilfe der Mensch zuweilen in Anspruch nimmt. Wer
den Widersacher Gottes und seine Methoden durchschaut und
richtig einschätzt, der ist erst fähig, dem Heiligen Gott mit Ernst
und Ehrfurcht zu dienen" (S. 67). Wer des Vf.s Untersuchung aus
dem Jahr 1949 „Jesus und der Satan" kennt, wird es dankbar
begrüßen, daß die dort gewonnenen Einsichten jetzt eine so um
fassende Ausweitung erfahren haben.