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Ausgabe:

1970

Spalte:

259-260

Kategorie:

Altes Testament

Autor/Hrsg.:

Meyer, Rudolf

Titel/Untertitel:

Hebräische Grammatik 1970

Rezensent:

Wagner, Siegfried

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259

Theologische Literaturzeitung 95. Jahrgang 1970 Nr. 4

260

sorgfähigen Quellenangaben sowie die Bildtafeln geben der Arbeit
einen besonders gewichtigen Charakter. — Die umfangreiche Arbeit
von Leon J. Weinberger über „sjrjm hdsjm mhtqwph hbjz'ntjnjt
(hebr. Seitenzählung 1—62) behandelt Lieder der byzantinischen
Epoche, die aus verschiedenen Handschriften stammen. Die einzelnen
Stücke werden in ausgezeichneten Faksimile-Tafeln und dann
in Transkription geboten und mit einem Apparat versehen. —
Moshe Pelli schreibt über „mjlhmtw hr'jwnjt whhlkjt sl hrb 'hrwn
hwrjn b'd rjpwrmh dtjt bjhdwt". Der Aufsatz untersucht den
Kampf des Rabbi Aharon Chorin (geb. 1766) um die religiöse Reform
des Judentums (hebräische Seitenzählung 63—79).

Leipzig Hans Bardtke

Meyer, Rudolf, Prof.: Hebräische Grammatik. II: Formenlehre,
Flexionstabellen. 3., neubearb. Aufl. Berlin: de Gruyter 1969.
221 S. kl. 8° = Sammlung Göschen Bd. 764/764a/764b. DM 7.80.
Im Jahre 1966 erschien der erste Band der oben genannten
Hebräischen Grammatik (vgl. m. Rez. in der ThLZ 92, 1967, 820f.1).
Nunmehr legt der bekannte Jenenser Gelehrte den zweiten Band
in seiner Neubearbeitung vor. Dieser beschäftigt sich ausschließlich
mit der Formenlehre und enthält die Flexionstabellen. Letztere
sind bis auf kleinere nomenklatorische Veränderungen (s. u.) und
gelegentliche Umstellungen (z. B. auf S. 195 steht jetzt Vopn in der
Tabelle und ^opn als Nebenform in der Anmerkung, in der 2. Auflage
war es gerade umgekehrt) aus der vorherigen Ausgabe übernommen
. Die Syntax ist einem dritten Bändchen vorbehalten.

Auch in dem hier zu besprechenden Band hat sich in Aufbau
und Abfolge der Stoffbehandlung gegenüber der Auflage von 1952/
1955 nichts geändert. Dagegen ergibt eine Textvergleichung sehr
rasch, daß der Vf. auch in der Formenlehre Abschnitt für Abschnitt
durchgegangen ist und Ergänzungen, Umstellungen, Neuformulierungen
vorgenommen und gelegentlich neue Abschnitte hinzugefügt
hat (so z. B. zum § 59 .Die Grundzahlen' den Abschnitt 7 mit dem
Hinweis auf das einst in Syrien seit alters weit verbreitete Zahlensystem
, bei dem die Kombination von Dezimal- und Sexagesimal-
prinzip vorausgesetzt ist, S. 89, oder zum § 32 ,Der Artikel' den
Abschnitt 1 b mit den Bemerkungen über das altkanaanäische
enklitische -mä, das auch als Determinativum auftreten kann,
S. 17 f.; vgl. dazu § 87, 6 auf S. 180 f.). Mitunter sind auch weitere
instruktive Beispiele und Stellennachweise sowohl aus dem Alten
Testament (masoretische und qumranische Rezension) wie auch aus
der Sprachgeschichte hinzugekommen (z. B. § 50, 7 — S. 65), zum
arabischen Äquivalent ist das akkadische getreten (z. B. § 45, 3b —
S. 49). Dem Leser fällt eine eingehendere Bearbeitung bei der Behandlung
des Nomens mit Suffixen, speziell im § 46 auf. Aber auch
die Grundsatzkapitel zum Verbum weisen eine ganze Reihe von
Um- und Neuformulierungen auf (§§ 62 ff.). Es ist in diesem Rahmen
gar nicht möglich, all die Änderungen aufzuführen, die
überall in der Formenlehre anzutreffen sind.

An vielen Stellen sind neuere Erkenntnisse der vergleichenden
semitischen Sprachwissenschaft eingearbeitet, und der Autor unserer
Grammatik beteiligt sich wiederholt selber sehr energisch an
der Diskussion aktueller Themen, wie beispielsweise zum Modus
des alten Durativs, dessen rudimentäres Vorhandensein zumindest
für die verba 3"s nach seinem Dafürhalten angenommen werden
darf (S. 134 f.). Überhaupt läßt sich auf Grund sprachgeschichtlicher
Studien, die in letzter Zeit vornehmlich zu den Texten von Ugarit
und Mari, aber auch zu den Texten von Qumran sehr intensiv betrieben
worden sind, die ursprüngliche modale Struktur des Alt-
kanaanäischen in der Präformativkonjugation rekonstruieren
(Narrativ-Durativ-Finalis-Präteritum / Jussiv-Energicus-Imperativ).
Dies gibt die Möglichkeit, auch im Hebräischen Resten eines differenzierteren
modalen Systems nachzuspüren (S. 96 ff.).

In der Nomenklatur des Verbums spricht M. beim Grundstamm
Qal jetzt von einer fientischen und von einer statischen Flexion
(früher: aktivisch und neutrisch), was dann auch in den Tabellen
entsprechend geändert worden ist (s. o.; S. 110 f. 204 f.).

Zum Schluß stehen noch Berichtigungen und Nachträge zum
ersten Band. Wichtig ist, daß M. sich nunmehr im Anschluß an Erwägungen
von P. Katz zur Aussprache des Tetragramms (in ThZ 4,

1 Dort muß es auf Sp. 821, 4. Zeile v. u. statt .für den Hebräisdi-Lernenden"
„. . . Hebräisch-Lehrenden" heißen.

1948, 467—469) für die Lesung von ninj als 'JTIj entscheidet und
nicht mehr für die Lesung als aram. K™ , so wie es noch in § 17, 2
vertreten wird (S. 176, Anm. 2; 218). Eine andere Revision betrifft
die Ausführungen zur .partiellen Assimilation der Wurzelkonsonanten
' (§ 24, 4; S. 219 f.). Wie bewegt die Forschungssituation
innerhalb der semitischen Philologie heute ist, läßt sich an der Notwendigkeit
solcher Korrekturen ablesen, zeigt sich aber auch an
der neuerlichen Aufnahme von Literaturnummern in das Verzeichnis
und an der Erweiterung der Liste von grammatikalischen Bezeichnungen
um vier Siglen (S. 6). Hier darf sich der Leser in die
lebendige Forschung zur hebräischen Philologie mit hineingenommen
empfinden.

Bewundernswert ist wieder die enorme Stoff-Fülle, die auf so
engem Raum dargeboten wird. Was schon vom ersten Band rühmend
hervorgehoben werden konnte, gilt in gleicher Weise für
den zweiten Band. Gelehrsamkeit und präzise Diktion zeichnen
auch diesen aus und verhelfen zu einer umfassenden Information
auf dem Gebiet der Hebräischen Grammatik. Man ist auf den
dritten Band gespannt.

Greifswald Siegfried Wagner

Merendino, Rosario Pius, OSB: Das deuteronomische Gesetz. Eine
literarkritische, gattungs- und überlieferungsgeschichtliche Untersuchung
zu Dt 12—26. Bonn: Hanstein 1969. XXVI, 458 S. gr. 8° =
Bonner Biblische Beiträge, hrsg. von J. Botterweck, H. Zimmermann
, 31. DM 58.80; Lw. DM 64.50.
Im vorliegenden Werk, einer von der kath.-theol. Fakultät der
Universität Bonn angenommenen Doktordissertation, hat es sich
der Vf. zum Ziel gesetzt, das Gesetzeskorpus des Deuteronomiums
(12,1—26,16) nach den im Untertitel genannten Methoden umfas
send zu untersuchen. In einer kurzen Einleitung (S. 1—11) gibt er
zunächst Auskunft über die allgemeine Forschungslage und über
sein eigenes methodisches Vorgehen. Es folgt ein Hauptteil mit 17
Kapiteln (S. 12—397), in denen der Vf. durchweg je ein biblisches
Kapitel gründlich analysiert. Nur in zwei Kapiteln kommen gesonderte
Themen zusammenfassend zur Sprache, nämlich einerseits die
To'eba- und Bi'arta-Reihe (Kap. 15, S. 326—345) und andererseits
die Zentralisationstexte (Kap. 17, S. 382—397). Ein knapper Gesamtüberblick
über die erschlossenen Schichten und ihre Zusammensetzung
findet sich im Ergebnis (S. 398—408). Namen-, Sach-
und Stellenregister schließen das Werk ab (S. 409—458). Ein umfängliches
Literaturverzeichnis ist vorangestellt (S. XVIII—XXVI).

Innerhalb der einzelnen Kapitel des Hauptteils, die der Einzelanalyse
gewidmet sind, ist der Aufbau in allen wichtigen Zügen
stets der gleiche. Ausgangspunkt ist eine kurze Darlegung der gegenwärtigen
Forschungslage. An sie schließt sich als jeweils umfänglichster
Teil eine nach kleineren Einheiten untergegliederte
und innerhalb dieser versweise vorangehende literarkritische Analyse
sowie zur besseren Übersicht vielfach eine literarkritische
Synopse an. Auf Grund der hier erzielten Ergebnisse nimmt der
Vf. dann zu Fragen der literarischen Gattung, der Überlieferung
und der Redaktion Stellung. In einer Zusammenfassung am Schluß
gibt er noch einmal eine Gesamtübersicht über die literarische
Schichtung, wobei nun auch die redaktionellen Teile, die in der
literarkritischen Synopse in der Regel fehlen, berücksichtigt sind.

Aus diesem Aufriß ist klar genug zu ersehen, daß für den Vf.
literarkritische und redaktionsgeschichtliche Überlegungen im
Vordergrund stehen und das Ganze beherrschen. Das ist darin begründet
, daß er eine lange Geschichte schriftlicher Überlieferung,
bei der die jeweiligen Schichten vielfältig ergänzt und bearbeitet
wurden, voraussetzt und es als vorrangige Aufgabe betrachtet,
diese literarische Vorgeschichte aufzuhellen. Er wendet sich daher
in minutiöser Einzelanalyse stilistischen Merkmalen und Eigenheiten
des Wort- und Formelgebrauchs zu und kann auf diese
Weise eine sehr komplexe und in den einzelnen Einheiten recht
unterschiedliche Entwicklungsgeschichte eruieren. Wichtige Merkmale
sind — neben einfachem Numerus- oder Genuswechsel — insbesondere
chiastische Gliederung von Versen oder kleineren Einheiten
, wiederholtes Auftauches bestimmter Worte oder Formulierungen
, die die innere Zusammengehörigkeit eines Textabschnittes
evident machen, sowie metrischer Aufbau mit Hilfe einer gleichbleibenden
Anzahl rhythmischer Worte bzw. einem charakteristi-