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1970

Kategorie:

Religionswissenschaft

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255

Theologische Literaturzeitung 95. Jahrgang 1970 Nr. 4

25Ö

4. Problematisch ist schließlich auch das „mystere juif", das
Ph. aus JA erschließt. Die Frage an sich, wie weit Kultisches bei der
Handlung Pate gestanden hat ist völlig sachgemäß. Sie stellt sich
seit R. Merkelbachs freilich umstrittenen Untersuchungen (Roman
und Mysterium in der Antike, München 1962) bei einem Roman
von selbst, bei JA noch ganz besonders, weil ja eine Bekehrung
unverschlüsselt und ausführlich erzählt ist, und das womöglich
nach dem Modell einer Initiation. JA spricht ja auch mindestens
an einem Punkt von einer Praxis i in den Brot-Kelch-Salböl-Formeln
8,5-7; 8,9; 15,5; 16,16; 19,5; Psalm V. 3 f. 9. Ph. schließt mit
Kilpatrick und K. G. Kuhn auf ein Kultmahl (S. 90—98), ohne auf
Jeremias' und meinen Vorschlag, es könne sich um Theologumena
über das gewöhnliche jüdische Essen handeln (Untersuchungen zu
Joseph und Aseneth, WUNT 8, Tübingen 1965 S. 121-133), näher
einzugehen (anders T. Holtz, Christliche Interpolationen in Joseph
und Aseneth', NTS 14 1967/68 S. 482-^197 und ThLZ 93, 1968 Sp. 837
bis 839, der die Stellen wieder für christlich hält). Aber das mag
sein, wie es will; die Formeln beziehen sich jedenfalls ausdrücklich
(8, 5) auf eine Praxis. Das Problem ist vielmehr, was in der
Romanhandlung verschlüsselt sein könnte. Hier ist Vorsicht am
Platz. Aseneths Initiation ist nach JA 19 zu erwarten, hier lenkt
die Handlung aber nach Josephs drei geistverleihenden Küssen
(19.10 f.), aus denen man zur Not ein Philema hagion erschließen
könnte, in die reine Liebesgeschichte zurück. So etwas wie Initiation
war nun freilich vorher durch den himmlischen Boten geschehen
, der Aseneth wunderbaren Honig (Manna) zu essen gab
und erklärte, nun habe sie Lebensbrot gehabt (16). Ph. folgert
daraus — zurückhaltend — eine Honigkommunion (S. 98). Aber
müßte man dann nicht auch anders oder alles, was während des
langen himmlischen Besuchs (14—17) geschieht, liturgisch zu verifizieren
suchen? Ist das nicht ebenso romanhaft wie Lucius' Rück-
verwandlung Met. XI 7 ff., die ja auch auch nicht besagt, daß Isis-
mysten auf Prozessionen geweiht wurden und dabei Rosenkränze
essen mußten? Mir scheint vorläufig einleuchtender, daß Aseneths
Initiation deshalb nur durch Engelhand, nicht oder nicht auch durch
Joseph geschieht, weil sie in der erzählten Form kein kultisches
Pendant hat. Mysterientradition ist aufgegriffen, um darzustellen,
was ein Obertritt zum Judentum bedeutet, nicht um den Übertritt
selbst zu gestalten.

Alles in allem: ein Buch, das die richtigen Fragen stellt und
beeindruckend material- und einfallsreich beantwortet, ein Buch,
das viele Einsichten vermittelt, last not least auch ein fesselndes
Buch, wenn man Apokryphen mag. Aber auf eine kritische Textausgabe
und eine befriedigende Gesamtschau der literarischen und
religionsgeschichtlichen Probleme von Joseph und Aseneth warten
wir weiter.

Göttingen Christoph Burchard

ten zurückgeführt wird, so ist es doch der ganz allgemein bei
primitiven und antiken Völkern verbreitete Glaube an die Haucb-
seele, die mit dem Atem ausgeht (woher auch der Gedanke vom
Kuß als Seelentausch stammt).

Das Buch ist eine nützliche Materialsammlung; die Hochachtung
, die dem ordnenden Intellekt des Propheten gezollt wird,
ist beachtlich; doch zögere ich, mit allen Schlußfolgerungen übereinzustimmen
.

Bonn Annemarie Schimmel

Cammann, Schuyler: Islamic and Indian Magic Squares, Part II
(History of Religions 8, 1969 S. 271—299).

Colpe, C.: Das samaritanische Pinehas-Grab in Awerta und die Beziehungen
zwischen Hadir- und Georgslegende (ZDPV 85, 1969
S. 162-196).

Eliade, Mircea: South American High Gods, Part I (History of

Religions 8, 1969 S. 338-354).
— Australian Religions, Part IV: The Medicine Men and Their

Supernatural Models (History of Religions 7, 1967 S. 159—183).
Fabian, Johannes: An African Gnosis — For a Reconsideration of

an Authoritative Definition (History of Religions 9, 1969 S. 42—

58).

Gerlitz, Peter: Kommt die Welteinheitsreligion? Das Christentum
und die anderen Weltreligionen zwischen gestern und morgen.
Hamburg: Furche-Verlag (1969). 144 S. kl. 8° - Stundenbücher,
88. DM 4.80.

Hasenfuß, Josef: Die Jungfrauengeburt in der Religionsgeschichte

(Cath 23, 1969 S. 1-15).
Hitchcock, John T.: A Nepalese Shamanism and the Classic Inner

Asian Tradition (History of Religions 7, 1967 S. 149—158).
Hultkrantz: Ake: North American Indian Religion in the History

of Research: A General Survey, Part IV (History of Religions 7,

1967 S. 112-148).
Khoury, Adel-Theodore: Der theologische Streit der Byzantiner

mit dem Islam. Paderborn: Schöningh (1969). I, 78 S. 8°. DM 6.80.
Lal Tikku, Girdhari: Satinäma of Värasta (History of Religions 7,

1967 S. 95-111).

Lipski, Alexander: Some Aspects of the Life and Teachings of the
East Bengal Saint Anandamäyi Mä (History of Religions 9, 1969
S. 59-77).

O'Flaherty, Wendy Doniger: Asceticism and Sexuality in the
Mythology of Siva, Part I (History of Religions 8, 1969 S. 300—
337).

Reynolds, Frank: Ritual and Social Hierarchy: An Aspect of Tradi-
tional Religion in Buddhist Laos (History of Religions 9, 1969
S. 78-89).

Rudolph, Kurt: Gnosis und Gnostizismus, ein Forschungsbericht
{Fortsetzung) (ThR 34, 1969 S. 181-231).

O'Shaughnessy, Thomas, S. J.: Muhammad s Thoughts on Death.

A Thematic Study of the Qur'anic Data. Leiden: Brill 1969. VIII.
90 S. gr. 8°. hfl. 16.-.

Seinem Buch über The Development of the Meaning of the
Spirit in the Qur'än (vgl. OLZ 1956, 3—4) läßt Pater O'Shaughnessy
eine Studie über die Todesbetrachtungen im Qur'än folgen — der
Titel deutet schon an, daß er hier versucht, die Predigt Muhammads
(denn das ist ihm der Qur'än) zu analysieren. Er findet, daß die
verschiedenen Aspekte des Todes sich infolge des stärkeren Druckes
auf den Propheten und seiner Auseinandersetzung mit den Ungläubigen
einerseits, infolge sich vertiefender Kenntnisse der christlich
-jüdischen Todesvorstellungen anderseits herausgebildet haben.
Von den frühesten Metaphern, der Belebung des toten Landes, bis
zu den Meditationen über Gott, der belebt und sterben läßt und in
dessen Händen Macht über Tod und Leben liegt, zu dem Gedanken,
daß es für die Freunde Gottes und die Märtyrer keine Todesfurcht
geben wird, während die Ungläubigen versuchen, dem Tod — er
ist nur ein .erster Tod" im Vergleich zu dem ewigen Nichtsterbenkönnen
in der Hölle — zu entfliehen, scheint ihm eine einigermaßen
klare Entwicklung zu führen. Ich meine, daß er die Einflüsse der
syrischen und durch sie vermittelten jüdischen Formulierungen
überschätzt: sind nicht solche Gedanken überall in der Welt mit
ähnlichen Worten geäußert worden? Wenn S. 70 (Süra 56/83) das
Motiv der aus der Kehle kommenden Seele auf apokryphe Schrif-

ALTES TESTAMENT

Hebrew Union College Annual. Ed. by M. Tsevat. Vol. XXXIX.
Cincinnati: Hebrew Union College — Jewish Institute of Religion
1968. V, 230 S. m. Abb., 81 S. hebr., 24 S. Index gr. 8°.
Jedes Jahrbuch des Hebrew Union College trägt ein eigenes
Gepräge. Wer wie der Referent die Freude hat, nun Jahr um Jahr
ein solches Jahrbuch hier anzeigen zu dürfen, spürt das im besonderen
Maße. Das diesjährige Jahrbuch hat seine Eigenart darin
, daß die eigentlich philologischen Themen der Altorientalistik
nur zweimal vertreten sind, die biblischen Themen sich auf zwei
entschieden theologisch ausgerichtete Aufsätze beschränken, während
die Mehrzahl sich verschiedenen Gebieten der jüdischen
mittelalterlichen Geschichte widmet, wobei wesentliche und interessante
Arbeiten vorgelegt werden. Der Band wird eröffnet mit
einer Sammlung von „Old Assyrian Texts in the University Museum
Philadelphia, Pa" S. 1—33. Es werden nur die Autographien gegeben
, die von Dr. Hildegard Lewy angefertigt wurden. Kommentare
, Übersetzungen etc. waren von der genannten Forscherin beabsichtigt
, konnten aber von ihr nicht mehr ausgeführt werden.
N. Kramer leitet daher die Sammlung der Autographien, insgesamt
59, pietätvoll ein und gibt zu den Tafeln einige kommentatorische
Bemerkungen, wie er sie noch aus ihrem Munde gehört hatte (S.