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Ausgabe:

1970

Spalte:

241-249

Autor/Hrsg.:

Grane, Leif

Titel/Untertitel:

Die Anfänge von Luthers Auseinandersetzung mit Thomismus 1970

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Theologische Literaturzeitung

Monatsschrift für das gesamte Gebiet der Theologie und Religionswissenschaft

Begründet von Emil Schürer und Adolf von Harnadc
HERAUSGEBER: PROFESSOR D. ERNST SOMMERLATH, D.D.,LEIPZIG

NUMMER 4

Spalte

Die Anfänge von Luthers Auseinandersetzung
mit dem Thomismus

Von L. Grone................241

Aurenhammer, H.: Lexikon der christlichen Ikonographie
, I. (K. Onasch)...........294

Borth, K.: Letzte Zeugnisse (J. Fangmeier) . . . 249
Baum, G.: Glaubwürdigkeit. Zum Selbstverständnis
der Kirche, übers, v. J.Fischer u. F.Schmalz

(W. Dantine) ................307

Bogaert, P.: Apocalypse de Baruch, I u. II

(A. F. J. Klijn)................262

Dodd, C. H.: More New Testament Studies

(E. Schweizer)................269

Fascher, E.: Frage und Antwort (W. Nagel) . . . 265

Fischer, J., s. Baum, G.............307

Gessel, W.: Eucharistische Gemeinschaft bei

Augustinus (R. Lorenz) ...........282

Grillmeier, A., s. Schmaus, M..........295

Hebrew Union College Annual, ed. by M, Tsevat

XXXIX (H. Bardtke).............256

Heiming, O.: Corpus Ambrosiano Liturgicum, II, 1

(W. Nagel).................303

Hengel, M.: Nachfolge und Charisma (E. Größer) 275
Henneken, B., s. Stuttgarter Bibelstudien . . . 267

Iserloh, E., s. Lortz, J..............286

{Johannes von Damaskos:) Die Schriften des Johannes
von Damaskos. I. u. Anhang: Die philosophischen
Stücke aus Cod. Oxon. Bodl. Aue.
T. I. 6, besorgt v. B. Kotter (G. Richter) ... 282
Klauser, Th., s. Reallexikon für Antike und

Christentum ................277

Kotter, B., s. Johannes von Damaskos.....282

Küng, H.: Wahrhaftigkeit (W. Dantine) .... 307
Lohse, E.: Die Briefe an die Kolosser und an

Philemon übers, u. erklärt (H.-M. Schenke) . . 271
Lortz, J., u. E. Iserloh: Kleine Reformationsgeschichte
(J. Rogge)............286

_95. JAHRGANG_

Spalte

Malamat, A., and H. Reviv: A Bibliography of the

Biblical Period (H. G. Kippenberg).....265

Marxsen, W.: Der Exeget als Theologe (G. Baumbach
) ..................269

-: Predigten (J. Hempel)...........297

Meliton de Sardes: Sur la Päque et Fragments.
Introduction, texte critique, traduetion et notes

par O. Perler (W. Huber)..........284

Merendino, R.: Das deuteronomische Gesetz

(J. Conrad)................ 260

Meyer, R.: Hebräische Grammatik. II. 3. Aufl.

(S. Wagner) ................259

O'Shaughnessy, T.: Muhammad's Thoughts on

Death (A. Schimmel) ............255

Ott, L., s. Schmaus, M.............295

Perler, O., s. Meliton de Sardes........284

Pesch, R.: Naherwartungen (G. Strecker) . . . 274
Philonenko, M.: Joseph et Aseneth <Ch. Burchard) 253

Pluta, A., s. Stuttgarter Bibelstudien.....267

Probiemes et Methodes d'Histoire des Religtons

(W. Schilling)................250

Reviv, H., s. Malamat, A............265

Reallexikon für Antike und Christentum, hrsg. v.

Th. Klauser, Lfg. 53—56 (H. v. Campenhausen) 277
Rordorf, W.: Der Sonntag (G.Friedrich) ... 300
Ruhbach, G., SchrÖer, H., u. M. Wichelhaus

(Hrsg.): Bekenntnis in Bewegung (J. Wiebering) 299
Sartory, Th. u. G.: Strukturkrise einer Kirche

(R. Gallinat) ................292

Scheffczyk, L., s. Schmaus, M..........295

Schellong, D.: Calvins Auslegung der synoptischen
Evangelien (E. Koch) .........289

Schmalz, F., s. Baum, G............307

Schmaus, M., GriIlmeier, A., und L. Scheffczyk
(Hrsg.): Handbuch der Dogmengeschichte. IV,
5: Das Weihesakrament. Von L. Ott (W.Andersen
) ...................295

Schmitt, F. S., s. Southern, R. W........284

APRIL 1970

Spalte

Scholl, H.: Der Dienst des Gebetes nach Johannes
Calvin (E. Koch) ............288

Schröer, H., s. Ruhbach, G...........299

Schuberth, D.: Kaiserliche Liturgie (C. Albrecht) 305
Southern, R. W., and F. S. Schmitt (Ed.): Memorials
of St. Anselm (H. Zimmermann) .... 284
Stöhr, J.: Die theologische Wissenschaftslehre
des Juan de Perlin SJ. (1569-1638) (E. Fahlbusch
) ...................291

Stuttgarter Bibelstudien, hrsg. von H. Haag,
R. Kilian u. W. Pesch. 29: Henneken, B.: Verkündigung
und Prophetie im Ersten Thessalo-
nicherbrief. 34: Pluta, A.: Gottes Bundestreue

(G. Delling) ................267

Tsevat, M-, s. Hebrew Union College Annual . . 256

Werner, H.: Arnos (W. H. Schmidt)......264

Wichelhaus, M., s. Ruhbach, G.........299

Zumkeller, A.: Das Mönchtum des heiligen Augustinus
, 2. Aufl. (R. Lorenz)..........280

Referate über theologische Dissertationen
u. Habil.-Schriften in Maschinenschrift:

Burger, Ol.: Jesus als Davidssohn......311

Gaffron, H.-G.: Studien zum koptischen Phifip-
pusevangelium ..............312

Wendelborn, G.: Geschichtstheologie und Hermeneutik
des Joachim von Fiore......314

Wulff-Woesten, H.: Der theologische Werdegang
Friedrich Rittelmeyers........316

Von Personen: W. Maurer zum 70. Geb. . . 317

Zeitschriftenschau

Mitropolia Banatului (P. Ziehe).......317

Ortodoxia (P. Ziehe) ............318

Reformätus Egyhdz (P. Ziehe)........319

Die Anfänge von Luthers Auseinandersetzung mit dem Thomismus

Von Leif Grane, Kopenhagen

Schon in den ersten theologischen Überlegungen, die wir von
Luthers Hand kennen, den Randbemerkungen von 1509/10, zeigt
er sich kritisch der Scholastik gegenüber. Sieht man von einigen
allgemeinen Bemerkungen ab, in denen der Gegner nicht näher
charakterisiert wird, scheint er besonders gegen den Scotismus abgeneigt
zu sein1. Seine Kritik ist jedoch durchaus eine Kritik im
Sinne der eigenen, d. h. der ockhamistischen Schule, von der er sich
offenbar nicht, jedenfalls nicht bewußt, scheiden will. In der ersten
Psalmenvorlesung beschäftigt sich Luther bekanntlich auffallend
wenig mit der Schultheologie. Wenn er sie erwähnt, geschieht es
meistens, um seinen Widerwillen gegen die Schulstreitigkeitcn
deutlich zu machen, oder um das ganz andere Verständnis irgendeines
Begriffes in der Bibel durch den Vergleich zu verdeutlichen.
Erst mit der Römerbriefvorlesung 1515/16 geht er wirklich zum
Angriff über.

Die jetzt bis in Einzelheiten gehende Auseinandersetzung ist
wohl von einem allgemeinen Unwillen geprägt, konkret aber gegen
Scotismus und Ockhamismus gerichtet. Er kann zwar von den
„Sekten" überhaupt abwertend reden2, aber die Einzelkritik ist
doch offenbar ausschließlich von einer genauen Kenntnis zu Scotus
und zum Ockhamismus bestimmt. Thomas und der Thomismus
scheinen keine wesentliche Rolle zu spielen. Diese Feststellung läßt
jedoch keine Vermutungen über seine Kenntnisse bzw. fehlenden
Kenntnisse des Thomismus zu. Die frühen Paulusvorlesungen
Luthers bezeugen in dieser Beziehung gar nichts. Aber mußte er
nicht über die Scholastik anders geurteilt haben, wenn er den
Thomismus gekannt hätte? Diese Frage kann man m. E. nur bejahend
beantworten, wenn man von der modernen Forschung und
nicht von der historischen Situation Luthers ausgeht. Will man dagegen
die Sache von Luther aus betrachten, ergibt sich von daher
keine Wegweisung.

Statt Luther fälschlich mit dem Maßstab der modernen Thomasforschung
(oder noch schlimmer, mit dem des Neuthomismus) zu
messen, täte man besser, wenn man einmal die Eigenart der theologischen
Polemik überlegte. Man greift kaum ganz daneben, wenn
man sagt, ernsthafte Polemik ist entweder Auseinandersetzung mit
eigenen Voraussetzungen oder Kritik an Anschauungen, deren
Beteiligtsein an der eigenen Sache man anerkennt. Unter anderen
Voraussetzungen als diesen polemisiert man nur, wenn eine konkrete
Situation es erfordert. Das heißt in Luthers Fall: wenn er
durch sein früheres Engagement in der scotistisch-ockhamistischen
Theologie sich gezwungen sah, ihre ganze Art des Theologisierens
grundsätzlich zu kritisieren, ergab sich daraus kein Grund, auch
bei anderen Schulen, denen er nie angehört hatte, zu einem fertigen
Urteil zu kommen. Nur das einmal Angefangenhaben gab Grund
zum Fertigwerden. Aber wenn er den Thomismus gekannt hat,
warum hat er ihn dann nicht in seiner Polemik gegen den Ockhamismus
positiv ausgewertet?

Auch ohne behaupten zu wollen, die Entstehung der luther-
schen Theologie „erklären" zu können, kann man folgendes feststellen
. Luther hat den Anfang seiner theologischen Arbeit in ockhamistischen
Gedankenbahnen gemacht. So wenig wie für Theologen
jeder anderen Zeit lag darin eine .Wahl" zwischen mehreren
Möglichkeiten vor. Er war nun einmal in dieser Weise in die theologische
Arbeit eingeführt worden, und von da mußte sein weiteres
Denken ausgehen. Wir können leider seine Entwicklung in den
wichtigen Jahren zwischen den Randbemerkungen zum Lombarden
und der ersten Psalmenvorlesung nicht genauer verfolgen, aber
soweit wir sehen können, ist der Gegensatz zur eigenen Schule
durch neue Erkenntnisse über die rechte Art des Theologisierens
entstanden. Darin ändert es nichts, daß er sich von der Römerbriefvorlesung
ab mit immer wachsender Indignation gegen den

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