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Ausgabe:

1970

Spalte:

207-208

Kategorie:

Neues Testament

Autor/Hrsg.:

Schick, Eduard

Titel/Untertitel:

Offenbarung und Geschichte 1970

Rezensent:

Demke, Christoph

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207

Theologische Literaturzeitung 95. Jahrgang 1970 Nr. 3

208

Heidelberger Katechismus' (Goeters). E. Bizer setzt sich auch
damit auseinander, daß die Rechtfertigung, für die Reformation
das Zentrum des Glaubens, im heutigen Protestantismus auf
bescheidenes Interesse stößt (13). Dabei steht (und fällt) das
Thema Rechtfertigung schlicht mit der Voraussetzung, daß
Gott der Herr über unser Leben ist und Rechenschaft von uns
fordert (14). Aber dieser Glaube wird, als Glaube und als dieser
Glaube, „nicht durch Selbstreflexion aus der Existenz herausgesponnen
" (19). Vielmehr ginge es, urteilt ein so kritischer
Theologe wie Bizer, neu um den Mut, „auch das Denken unter
den Gehorsam des Glaubens zu stellen" (26).

W. Kreck bietet,Dogmatische Thesen und Abgrenzungen zum
Verständnis des Todes Jesu in der heutigen Theologie und Verkündigung
'. Seine luziden Darlegungen sind eine stauro-
zentrische Dogmatik (und Ethik) in nuce. Die „vor allem von
Paulus explizit gefällte Entscheidung für die zentrale Stellung
des Wortes vom Kreuz, die von den Reformatoren aufgenommen
ist", beurteilt Kreck als gerechtfertigt, weil sie der sachlichen
Mitte der Schrift entspreche. „Denn hier ist eine Klarheit und
Tiefe des Christuszeugnisses erreicht, von der aus man auch die
anderen Auffassungen im Neuen Testament am ehesten an ihren
Ort zu stellen vermag, während das umgekehrt schwerlich gelingt
..." (94).

W.Fürst schließlich entwirft mit seiner Besinnung über ,Die
Predigt der Rechtfertigung der Gottlosen' ,Homiletik als ein
Kapitel der theologia crucis'. Er entfaltet die beiden Sätze:
1. ,,Es macht das Wesen der Predigt aus, daß sie Predigt der
Rechtfertigung ist", 2. „Die Rechtfertigung der Gottlosen
kann nur gepredigt werden" (115). Er tut dies mit strenger
und weitreichender (homiletischer, ekklesiologischer, ethischer),
manchmal vielleicht mehr eherner als fleischerner Konsequenz.
Sein Schlußsatz: „In der Gemeinde, die das Kreuz predigt, gibt
es entweder gar keine Laien oder nur Laien".

ad B: Die vor dem Theologischen Ausschuß gehaltenen Referate
ließen es durchaus nicht als selbstverständlich erscheinen,
daß eine gemeinsame Stellungnahme zustande käme. Schließlich
ist aber doch gerade der Widerstreit fruchtbar geworden.
Mehrere Beiträge des 3.Bandes (oben A) kommen in der .Stellungnahme
' besonders zum Tragen. Diese besteht in der Entfaltung
und Durchleuchtung des Satzes: ,Der Tod Jesu wird
verkündigt, weil der Gekreuzigte lebt': I. „Der Tod Jesu Christi
wird verkündigt, weil der Gekreuzigte lebt. Und indem Jesus
Christus lebt, offenbart sich, daß er für uns starb" (14). Das
führt zu II: „Der Tod Jesu Christi wird verkündigt, weil der
Gekreuzigte lebt.... Im Kreuz Jesu Christi ereignet sich die
Selbstdefinition Gottes und die Definition des Menschen durch
Gott" (16). Hier liegt der Kern der Stellungnahme (,Kreuz als
Heilsgeschehen'), während die drei andern Kapitel die notwendigen
Relationen klären (,Kreuz und Auferstehung'; ,Kreuz und
Verkündigung'; ,Kreuz und Nachfolge'). III. „Der Tod Jesu
wird verkündigt, weil der Gekreuzigte lebt"; die Verkündigung
der Versöhnung gehört untrennbar zum Heilsgeschehen
von Kreuz und Auferstehung hinzu (18f.). IV „Weil der Auferstandene
als der Gekreuzigte verkündigt wird, darum ist Teilhabe
an seinem Leben zugleich Nachfolge im Zeichen seines
Kreuzes" (20).

Als Wort der theologia perennis zeigt diese Stellungnahme
einmal die Verheißung gemeinsamen theologischen Bemühens
, zum andern daß es Verheißung hat, das ,Wort vom
Kreuz' im letzten Drittel des 20. Jahrhunderts neu zu hören.
Es gibt eine entsprechende reformierte Tradition, die mündiges
Christsein daran mißt, ob einer „den Tod des Herrn zu verkündigen
weiß". Das wird Zukunft haben, gerade weil es nicht
Sache von Formeln ist.

Schöller Bez. Düsseldorf Jürgen Fangmeier

Schick, Eduard: Offenbarung und Geschichte. Mainz: Matthias-
Grünewald-Verlag [1968]. 95 S. 8°. Kart, DM 9,80.

Der Vf. hat in diesem Bändchen kurz vor seinem Tode fünf
Vorträge zusammengestellt, die in einer auch für den interessierten
Laien verständlichen Form die Frage nach dem geschichtlichen
Charakter der Offenbarung in verschiedener Hinsicht-

nahme erörtern. Es geht um eine kritische Orientierung über die
moderne exegetisch-hermeneutische Arbeit. So werden die
historisch-kritische Methode in ihrem Verhältnis zur Inspi-
rationslehre, die Frage nach dem historischen Jesus und das
Programm der Entmythologisierung behandelt. Die theologisch
-kritischen Prinzipien, die der Vf. dabei zur Geltung bringt,
werden dann in Überlegungen zur Wirklichkeit der Auferstehung
und des Auferstandenen angewandt. Ein Vortrag, der die „organische
" Zuordnung von Offenbarung, Schrift und Überlieferung
anhand der Dokumente des 2. Vatikanischen Konzils erläutert,
bildet den Abschluß. In dankenswerter Weise ist als Anhang
nach 1960 erschienene Literatur zu den einzelnen Themen zusammengestellt
.

In allen Vorträgen geht es Schick darum, zu erläutern, daß
und wie der Glaube „geschichtsgebunden" ist, weil er auf Offenbarung
als ein in der Vergangenheit geschehenes, aber Gegenwart
und Zukunft „mitbestimmendes" Ereignis bezogen bleibt
(8.62; Sperrung vom Rez.). Diese .Mitbestimmung' ist für
Schick offenbar im Phänomen der Kirche gegeben, das er als
„Erweiterung Christi in den Dimension der Geschichte" (S.79)
bestimmt.

Die Betonung des geschichtlichen Charakters von Glaube und
Offenbarung, für die der Vf. immer wieder auf Lk 1,1-4 und
Uoh 1,1-4 verweist, dient einmal und in erster Linie der entschiedenen
Abgrenzung gegenüber der theologischen Arbeit
R. Bultmanns und seiner Schüler, die nach Schick unter die
Herrschaft einer existential-philosophischen Weltanschauung
geraten ist (s. S. 67) und in deren Betonung des Dualismus von
Gott und Welt er eine Folge der reformatorischen Bestreitung
der analogia entis sieht (S.57f.).

Zum anderen soll mit der Hervorhebung der Geschichtlichkeit
von Glaube und Offenbarung der Gefahr begegnet werden, die.
der Vf. vor allem in der mittelalterlichen Theologie gegeben
sieht, daß nämlich Offenbarung als Mitteilung von Wahrheiten
mißverstanden und zu einem „religiösen Weltanschauungssystem
" verkehrt wird (S. 63.77). Gerade an dieser Stelle vermißt
man eine eigene Erörterung des vom Vf. vorausgesetzten
Geschichtsbegriffes. Ob die Abgrenzung gegenüber der Theologie
R. Bultmanns so bündig ausfallen kann, wenn das Problem
des Geschichtsbegriffes ausdrücklich in Angriff genommen wird,
erscheint mir zumindest fraglich.

Aus dem Gesagten ist schon deutlich, daß die hier gesammelten
Vorträge ausdrücklich einen Beitrag zur kontroverstheo-
logischen Orientierung leisten wollen (siehe besonders S.58).

Potsdam Christoph Demke

Barnmel, Ernst: Der Tod Jesu in einer „Toledoth Jcschu"-Über-
lieferung (Annual of the Swedish Theological Institute 6, 1967/68
S. 124-131).

Bertram, G.: Ev. Joh. 14,9 und das gnostische Christusbild (Akten

des VII. Internationalen Kongresses für Christliche Archäologie,

Trier 5.-11. September 1965 S. 379-389).
Carrez, Maurice: L'hermeneutique paulinienne peut-elle aider ä ap-

precier la coneeption lucanienne de l'histoire (RThPh 101, 1969

S. 247-258).

Filson, Floyd V.: First John: Purpose and Message (Interpretation 23,
1969 S. 259-276).

Flusser, David: The Conclusion of Matthew in a New Jewish Christian
Source (Annual of the Swedish Theological Institute 5, 1966/67
S. 110-120).

Hall, D.E.: Pauline Church Discipline (Tyndale Bulletin 20, 1969
S.3-26).

Howard, George E.: Christ the End of the Law: The Meaning of
Romans, 10,4ff. (JBL LXXXVIII, 1969 S. 331-337).

Kasser, Rudolphe: Bibliothäque gnostique VII. L'Apocalypse de Paul
(RThPh 101, 1969 S. 259-263).

Kosmala, Hans: „In my Name" (Annual of the Swedish Theologioal
Institute 5, 1966/67 S. 87-109).

Leivestad, Ragnar: Der Apokalyptische Menschensohn ein theologisches
Phantom (Annual of the Swedish Theological Institute 6,
1967/68 S.49-105).

Lentzen-Deis, Fritzleo: Das Motiv der „Himmelsöffnung" in verschiedenen
Gattungen der Umweltliteratur des Neuen Testaments
(Bibl 50, 1969 S.301-327).

Lonning, Inge: Rudolf Bultmann i Norge (NTT 70, 1969 S. 65-94).