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Ausgabe:

1970

Spalte:

195-196

Kategorie:

Neues Testament

Autor/Hrsg.:

Knight, George W.

Titel/Untertitel:

The faithful sayings in the pastoral letters 1970

Rezensent:

Lohse, Eduard

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195

Theologische Literaturzeitung 95. Jahrgang 1970 Nr. 3

196

schließlich richtet es sich gegen den Anspruch des Kaiscrkultes,
betont dabei aber, daß es nicht mit politischem Anspruch auftritt
.

Zum Abschluß der Einleitung fragt S. noch einmal nach dem
..Wert" des Evglms (und meint dabei vornehmlich seinen
historischen Wert als Quelle für das Leben Jesu). Zwar gestaltet
Joli die Geschichte weitgehend nach seiner Theologie, aber es ist
eben die tatsächlich geschehene Geschichte, die er so gestaltet.

Der eigentliche Kommentar ist sehr stark darauf gerichtet,
den so bestimmten „Wert" des Evglms zu erweisen. Nicht nur
die Gesamtdarstellung des Weges Jesu ist historisch zutreffend,
sondern auch die einzelnen Überlieferungsstücke geben gute
Erinnerung wieder. So ist tatsächlich in Kana aus Wasser Wein
geworden - freilich nicht in ungebührlich großer Menge, denn
wir brauchen nicht anzunehmen, daß alles Wasser in den Krügen
Wein wurde, ,,but only the water actually drawn from the
waterpots" (S. 112). Das anfängliche Zögern Jesu zu dieser Tat
rührt einerseits daher, daß er nichts ohne den Willen des Vaters
tun will, andererseits aber wohl auch daher, daß er zunächst
Skrupel hat, seine Macht für ein so triviales Objekt einzusetzen.
Allerdings gibt es auch für S. offenbar Grenzen für das, was ihm
noch möglich erscheint. So bemerkt er schon zum Weinwunder:
„the miracle does not violate the order of nature in the way that
changing stones into bread would do" (S. 111; damit soll wohl
zugleich erklärt werden, warum das Ansinnen des einen als Versuchung
, das andere aber als Offenbarungstat zu verstehen ist).
Lazarus aber war gar nicht wirklich tot, sondern nur scheintot,
und das wußte Jesus. - Bis auf die Terminologie des Evglms erstreckt
sich bisweilen die historisierende Erklärung. So wird das
seltene Vorkommen von X«pi>S undowrrjpCa damit begründet,
daß auch die Synoptiker zeigten, daß diese Begriffe nicht zur
Sprache Jesu gehörten (S.83 u 146 A.6).

Dieser Art der Erklärung ist auch Mastin verhaftet, wenn er
auch ein wenig zurückhaltender als sein Lehrer ist. Es mag sich
erübrigen, Beispiele anzuführen. Obwohl er z.B. den Lieblingsjünger
offenbar anders identifiziert als Sanders und Kap. 21 für
einen Nachtrag zum fertigen Evglm hält und überhaupt ein
anderes Bild von der geschichtlichen Situation des Evglms hat.
zerbricht sein Beitrag nicht eigentlich die Einheit des Buches.
Das liegt daran, daß diese ganze Art des Verständnisses des
JohEv so einseitig ist, daß noch so gravierende Unterschiede
innerhalb dieser Art überhaupt kein wirkliches sachliches Gewicht
entfalten können. Allein dieser Tatbestand dürfte hinreichend
zeigen, daß auf die Weise, wie es hier versucht wird,
das JohEv nicht wirklich verstanden werden kann.

Greifswald Traugott Holtz

«.night, George William, III: The Faithful Sayings in the
Pastoral Letters. Academisch Proefschrift. Kämpen: Kok
1968. XI, 162 S. gr. 8°. hfl. 8,90.

Mit dieser Abhandlung, die 1968 von der Freien Universität
in Amsterdam als Dissertation angenommen worden ist, leistet
der Verfasser einen Beitrag zur Exegese der Pastoralbriefe. Er
untersucht die Bedeutung und Verwendung des formelhaften
Ausdruckes ittcrcöc 6 Xöyog, und bemüht sich, zu einer zusammenfassenden
Beurteilung des zitierten Gutes und seiner
Bedeutung für die Theologie der Pastoralbriefe zu gelangen.

Zunächst wird die Wendung tclotös 6 Xöyoc auf ihre Herkunft
hin befragt. Die wenigen bekannten Belege werden kurz erörtert
(S.5), die vergleichbaren jüdischen Sätze werden reichlich
knapp erwähnt (S.6f.); dann wird ausgeführt, der Ausdruck
müsse von den Voraussetzungen paulinischer Theologie
her erklärt werden. Wie Gott treu ist, so auch das Wort. Zum
Vergleich wird auch auf Jesu-Amen-Sprüche verwiesen und vermutet
: „This usage of Jesus may have provided a background for
the origin of the formula tcwotö? 6 Xöyoc," (S. 12f.). Recht rah
kommen auch Apk 21,5 und 22,6 (S.17L). Xoyos ..refers to a
statement, to a series of words" (S.18). Die alte Streitfrage, ob
die Formel auf ein Zitat hinweist oder zur Beteuerung dient, wird
dahin beantwortet, es liege beides in einem vor (S. 19). "ntordg

6 XöyoQ does not merely call attention to the fact that here we
have a xöyoc. > Bavs with emphasis that here we have a

saying whioh is regarded as niorög" (S.20). Dabei sei diese
Wendung mit dem Nachdruck apostolischer Autorität gebraucht
. Denn der Apostel könne nicht nur darauf hinweisen,
daß das Wort zuverlässig sei, sondern „also pronounce it such"
(8.21). Zur Formel ittorÄs 6 Xdyo? (vgl. lTim3,l; Tit3,4;
2Tim2,ll) werden lTim 1,15 und 4,9 die Worte ital wderne
&no6ox?fe &£toc hinzugefügt. Diesen nur zweimal gebrauchten
Ausdruck wird man schwerlich als eine geläufige urehristliche
Wendung bezeichnen dürfen (S.25). Es handelt sich hier jedoch
nicht lediglich um eine stilistische Variation, sondern „it may
he assumed that there is something inherent in the form or
content of the. saying itself that explains the addition in certain
cases" (S.30). Die allgemeinen Erwägungen werden dann durch
sorgfältige Einzelexegesen jeder der fünf Stellen, an denen sich
die Formel in den Pastoralbriefen findet, näher begründet
(Kap. II-VI). Die einschlägige Fachliteratur wird dabei gründlich
zu Rate gezogen und ausgewertet.

Kritische Rückfragen erweckt vor allem das Schlußkapitel,
in dem der theologische Ertrag des Ganzen aufgewiesen werden
soll. Die Formel „zuverlässig ist das Wort" weist, wie S.138L
abschließend festgestellt wird, als entweder vorangestellte oder
angehängte AVendung auf folgende Sätze hin: lTim 1,15; 3,1;
4,8; Tit 3,4-7; 2Tim 2,11-13. Daß die Aussagen dieser Stellen
nicht einfach auf eine Ebene aufgetragen werden können, wird
mit Recht gesagt. Gleichwohl wird versuoht, die Logien unter
übergreifenden Gesichtspunkten zusammenzufassen: 1 Tim 1,15;
Tit 3,4-7; 2Tim 2,11-13 „relate that work to the salvation of
siuful mankind" (S. 142). Für lTim 1,15 und 4,8 kann man mehr
katechetischen Charakter annehmen, während „Titus 3:4-7
and 2.Tim.2:11-13 do not have the addition to the formula
urging aeeeptance because they already express that aeeeptance
within tliemselves ... The words ,and worthy of all aeeeption'
are therefore words that urge the human response, of faith
and obedience" (S. 143f.). lTim 3,1 aber läßt sich nicht mit den
anderen Stellen zusammenordnen. Daher ist der Frage, ob der
Satz, auf den die Formel hinweisen soll, richtig bestimmt ist,
nicht auszuweichen. Aber auch wenn man von lTim 3,1 absieht,
läßt sich aus den vier anderen Sprüchen nicht eine einheitliche
theologische Position gewinnen. Daß weithin traditionelle Begriffe
und Vorstellungen vorliegen, hat der Vf. bei seinen Exegesen
selbst beobachtet. Bei dem Versuch, direkte Anklänge an
die Verkündigung Jesu aufzuweisen (vgl. S.152), müßte freilieh
vorsichtiger verfahren werden. Aus der Beobachtung, daß die
Wendungen durchgehend tradionellen Charakter haben, wird
dann am Ende eine allzu kühne Hypothese abgeleitet. Nachdem
zunächst bei einem Vergleich mit kerygmatischen Stücken der
Reden in der Apostelgeschichte bemerkt worden war, in diesen
liege eine knappe Zusammenfassung der urchristlichen Predigt
vor, während die Sätze der Pastoralbriefe „cover various aspects
of the life and work of the church and are concerned with the
Christian life as well" (S. 148), wird dann diese Unterscheidung
sofort wieder eingeebnet und aus dem Auftauchen traditioneller
Formulierungen in der Apostelgeschichte einerseits und den
Pastoralbriefen andererseits gefolgert: „Luke, perhaps more
than auy other canditate for the amanuensis of the Pastoral
Letters. would have an eye and an ear for faithful sayings. Luke
as an amanuensis may thus also help explaiu the presence of
faithful sayings in the Pastorais" (S. 151). Der Gedanke, Lukas
sei entweder der Verfasser der Pastoralbriefe oder er habe
Paulus bei ihrer Niederschrift als Sekretär zur Verfügung gestanden
, ist zwar in letzter Zeit verschiedentlich erwogen worden
(v. Campenhausen. Moule, Strobel). Tatsächlich aber gehen
die Berührungen zwischen der Apostelgeschichte und den Pastoralbriefen
nicht über hier wie dort gesprochene gehobene Koine
und die Verwendung urchristlichen Traditionsgutes - freilich
recht unterschiedlicher Art-hinaus. Da die itiert3<; 5 X6"yoe-
Formeln keine Parallele in der Apostelgeschichte haben, kann
für die Hypothese, Lukas solle an der Abfassung der Pastoralbriefe
beteiligt gewesen sein, nicht der Schatten eines Beweises
geltend gemacht werden,
Oflttiugen Eduard Lohse