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Ausgabe:

1970

Spalte:

186-187

Kategorie:

Altes Testament

Autor/Hrsg.:

Wagner, Max

Titel/Untertitel:

Die lexikalischen und grammatikalischen Aramaismen im alttestamentlichen Hebräisch 1970

Rezensent:

Körner, Jutta

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Theologische Literaturzeitung 95. Jahrgang 1970 Nr. 3

186

vgi. auch S. lof.). L'ber die bisherige Forschung hinaus wird also
die Frage gestellt nach der Echtheit des Theodotion-Textes zum
Buche Daniel, d.h. die Frage, „ob denn auch der d>-Text von
dem Übersetzer stammt, dessen griechische Übersetzung anderer
alttestamentlicher Bücher, wenn auch nur fragmentarisch, uns
unter der Sigeld' bekannt ist" (S. 14). Auf solche Weise nimmt
der Vf. eine Fragestellung auf, die sich bereits bei J. Ziegler
findet, der in der Einleitung zu seiner Ausgabe des Daniel-
buches im Rahmen der ,,Göttinger Septuaginta" geäußert hat:
„Wahrscheinlich hat unser Text mit Theodotion überhaupt
nichts zu tun, oder er ist nur ganz oberflächlich von ihm überarbeitet
" (a.a.O., S.28, Anm.l; vgl. A.Schmitt, S.14). Eine
eingehende Untersuchung des Problems ist einst von J. Ziegler
selbst in Aussicht genommen worden; sie ist nunmehr erfolgt in
der vorliegenden Abhandlung, die sich auch hinsichtlich der
Gliederung und des Aufbaus an die Argumentation anschließt,
mit der J.Ziegler bereits vorläufig die Uuechtheit des „#'"-
Textes zu begründen versuchte (a.a.O., S.28, Anm.l, und
S.61f. vgl. A.Schmitt, S.14L).

So werden in Teil I (S. 17-26 bzw. S.295-304) die „Zusätze,
Auslassungen und ungenauen Übersetzungen" des „Theodo-
tion"-Textes gegenüber der hebräischen bzw. aramäischen Vorlage
besprochen; in Teil II (S.26-62 bzw. S.304-340) folgen
„Wortuntersuchungen1, in Teil III (S.62-100 bzw. S.340 bis
378) Untersuchungen zur Syntax; in Teil IV (S. 100-112 bzw.
S.378-390) endlich wird die Untersuchung abgeschlossen durch
eine Erörterung der „deuterokanonischen Teile des Buches
Daniel". Methodisch geht der Vf. dabei so vor, daß er durchgehend
die erhaltenen Theodotioii-Fragniente (außerhalb des
Danielbuches) mit dem „Theodotion"-Text des Danielbuches
selbst vergleicht und damit zugleich gewisse Kriterien für eine
Differenzierung zwischen beiden gewinnt, zumal - wie der Vf.
des öfteren feststellt (S. 17.19.21 f.25f. u.ö.) - für den echten
Theodotiou-Text die möglichst enge Anlehnung a u die hebräische
bzw. aramäische Vorlage charakterisiert ist. Solches Kriterium
scheidet dann freilich für die „deuterokanonischen Teile des
Buches Daniel" aus, da hier die Entscheidung, ob ,Übersetzer-
griechisch" oder „Verfassergriechisch" vorliegt, kaum eindeutig
zu fällen ist (S. 100f.). Aus diesem Grunde vermag der
Vf. denn auch in diesem Teil seiner Untersuchung nur zu einem
Wahrscheinlichkeitsurteil zu gelangen (vgl. bes. die Feststellung
gewisser sprachlicher Differenzen zwischen den „proto-
kanoniachen" und „deuterokanonischen" Teilen des Buches
Daniel, die zu der Frage Anlaß geben, ob beide Teile möglicherweise
verschiedene Verfasser gehabt haben: S. 106.110.111).

Trotz dieser Einschränkungen ist das Ergebnis der Untersuchung
relativ eindeutig und durchaus überzeugend: Ein
Unsichcrheitsfaktor auch für die Teile I—III der Abhandlung ist
zwar dadurch gegeben, daß vom unbezweifelt echten Theodo-
tion-Text nur wenige Fragmente überliefert sind (in einem „Anhang
", S. 112, werden sie zusammengestellt); jedoch führen die
durchgehend aufgezeigten Differenzen zwischen dem Theodo-
tion-Text außerhalb des Danielbuches und dem „Theodotion"-
Text des Dauielbuches selbst mit innerer Notwendigkeit zu dem
abschließend formulierten Ergebnis: „Der sogenannte ,#"-Text
hat nichts mit dem Übersetzer zu tun, der uns durch seine
griechische Übersetzung anderer alttestamentlicher Bücher
unter dorSigel d« bekannt ist" (S.112; vgl. bereits S. 19.25.33.57
u.ö.). Wie bereits anfangs vermorkt, ist es die erklärte Absicht
des Vf.s, nur bis zu diesem negativen Ergebnis zu führen: Über
den Übersetzer (oder Bearbeiter?) selbst jenes „vor-theodotia-
uischon" Danieltextes erfährt man also nichts (nur gelegentlich -
vgl. S.28.62.86.90.101f. - wird auf eine Beziehung zwischen dem
unechten ,,Theodotion"-Text und dem der Septuaginta hingewiesen
); solche Feststellung ändert jedoch nichts daran, daß
in der Abhandlung des Vf.s ein ausgezeichneter und weiterführender
Beitrag zum Problem des griechischen Danieltextes
im besonderen wie auch zum Problem der griechischen Übersetzungen
des Altan Testaments im allgemeinen vorliegt, der
erneut eindrücklich deutlich macht, wie kompliziert und vielfältig
im einzelnen die Geschichte der Übersetzung des Alten
Testaments ins Griechische verlaufen ist.

jenft Hnns-FriPrtrIch Wflß

1 So in der alteren Forschung: H.B.S^ete, J.A.Montgomery,
E. Schürer; vgl. neuerdings zum Problem auch P.E.Kahle, Die
Kairoer Genisa. Untersuchungen zur Geschichte des hebräischen
Bibeltextes und seiner Übersetzungen, Berlin 1962 S. 266-272, und
J. Ziegler, Susanna - Daniel - Bei et Draco, Göttingen 1954 S.61f.
(= Septuaginta. Vetos Testamentum Graecum. Auctoritate Societa-
tis Litterarum Gottingensis editum, XVI/2).

2 D.Barthetemy, Les devanciers d'Aquila, Leiden 1963 S. 144-157
(= Supplements to Vetus Testamentum X).

Wagner, Max: Die lexikalischen und grammatikalischen Aramaismen
im alttestamentlichen Hebräisch. Berlin: Töpelmann
1966. X, 176 S. gr. 8° = Beihefte z. Zeitschrift f. d. Alttesta-
mentl. Wissenschaft, hrsg. v. G. Fohrer, 96. Lw. DM 46,-.

Dieses Buch ist als Baseler Dissertation nicht nur Professor
W.Baumgartner gewidmet, sondern von ihm augeregt und gefördert
worden. Vf. hat in die neuentstehende 3. Auflage des
„Lexiton in Veteris Testamenti Libros" Einblick nehmen dürfen
, und er wird seinerseits auch das Wörterbuch mit dieser
Arbeit befruchten. Nicht nur für eine Wörterbuchneubearbeitung
ist W.s Dissertation von Nutzen, es wird vielmehr noch
dem Exegeten gute Dienste leisten können; denn der Hauptteil
(Teil II, S. 17-138), die lexikalischen Aramaismen, enthält das
Wortmaterial mit sorgfältiger Stellenbelegung' und einer reichen
Auswahl an Literatur.

Vf. gliedert seine Arbeit in III Teile, untergliedert jeweils in
mehrere Kapitel, diese wiederum in Paragraphen, die in jedem
Teil fortlaufend numeriert sind, so daß sich ein klarer, formaler
Gesamtaufbau ergibt.

Der I.Teil (S.l-17) bietet die Einleitung, die im l.Kap. (S.l
bis 7) mit sprachgeschichtlichen Grundlagen zum Aramäisch und
Hebräisch gut informiert. Die Aufgliederung des Nordwest -
semitischen in Kanaanäisch und Aramäisch ist etwa mit dem
Ende des 3./Anfang des 2..Tts. anzunehmen. Wenige überkommene
Inschriften des 9. .Ihn. v. Chr. als erste Belege verraten
bereits den Charakter der arara. Schriftsprache. Die weite Verbreitung
des Aram. im l. vorchr. Jts. verdankt es seinem „relativ
einfachen gramm. u. syntakt. Bau" (S.3). Zu den aram.
Völkerstämmen gehören - nach der Vätertradition - die „Hebräer
", die mit der Einwanderung in Kanaan ihren alten aram.
Dialekt mit einem kan. Idiom vertauschen. Doch altes Erbgut
bringen sie in den neuen Dialekt ein, worauf eine Reihe alter
Aramaismen im Hebr. zurückzuführen ist. „Aram. Einfluß
geht somit auf die Anfänge der he. Sprachgeschichte zurück''
(S.5). Nach dem Untergang des Nordreiches Israel (722/1 v.Chr.)
wird hier das Hebr. dem Aram. gewichen sein. Im Südreich
Juda wird seit dem 8. Jh. mit aram. Einfluß zu rechnen sein.
Die entscheidend einsetzende Aramaisierung wird mit dem Exil
eingeleitet worden sein. „Die atl. Texte" haben „vom 5. vorchr.
Jh. an" ... „eine deutlich aramaisierende Tendenz, die bisweilen
beinahe zu einer he.-aram. Sprachmischung führt" (S.7). -
Das 2.Kap. (S.8-11) gibt einen Abriß der Forschungsgeschichte.
Für die Bearbeitung lexikalischer Aramaismen ist an W. Gese-
oius, Hirzel. Th.Nöldeke, E.Kautzsch und G.R.Driver erinnert
. - Das 3. Kap. (S. 11-14) untersucht die sprachwissenschaftlichen
Voraussetzungen für die Aramaismen. Aram. Einflüsse
werden auf lexikalischem, grammatikalischem und syntaktisch
-stilistischem Gebiet erkennbar. Vf. beschäftigt sich in
seiner Arbeit mit den lexikalischen Aramaismen, wobei er
großen Wert auf „breite Belegung aus dem Aram." (S.14) in
Anlehnung an den bibl.-aram. Teil des Wörterbuches von Koeh-
ler-Baumgartner legt, und mit den grammatikalischen Aramaismen
. wobei er „die formale, grammatikalische Gestalt einer
Vokab,'!" (S.17) betont. - Kap.4 (S. 14-17) gibt methodische
Hinweise zur nachfolgenden Untersuchung. -

Im II.Teil (8.17-188) geht es um die „Wortuntersuchung".
Kap. 1 (S. 17-121) zählt die lexikalischen Aramaismen auf, die
alphabetisch geordnet und durchnumeriert (Nr. 1-333) sind. Zu
den einzelnen Vokabeln verweist Vf. auf lautliche Verschiebungen
, er fragt naoh dem Herkommen des Wortes innerhalb des
Semitischen, oder auch ob eine Vermittlung etwa aus dem indo-
germ. Sprachraum zu vermuten sei. Er führt auch etwa die Bei-