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Ausgabe:

1970

Spalte:

176-177

Kategorie:

Altes Testament

Autor/Hrsg.:

Fohrer, Georg

Titel/Untertitel:

Das Alte Testament 1970

Rezensent:

Bernhardt, Karl-Heinz

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Theologische Literaturzeitung 95. Jahrgang 1970 Nr. 3

17«

gereihten Zusammenhang 11,1-8, der in der conclusio fast so
etwas wie eine positive Lebensanweisung enthält, findet sich in
10,4-20 eine Sammlung in sich in keiner Weise verbundener
Einzelsprüche. Ist es nur Zufall, daß die größeren, gedanklich
noch gewisse Verbindungen zeigenden Komplexe voranstehen
und dann gegen den Schluß hin (vor den zwei thematisch abschließenden
Schlußgebieten) alles kleine Einzelgut als Restbestand
von Kleinelementen noch zusammengefegt ist? Hier
meint man dann eben doch das Phänomen der Sammlung zunächst
selbständig vorliegenden Klein-Spruchgutes erkennen zu
können. Dieses, in ein Mittleres zwischen Traktat und reine
Sentenzen- oder Aphorismensammlung hineinführende Phänomen
darf bei der Gesamtbeurteilung des Buches nicht übersehen
werden.

Der große 3. Hauptteil bringt dann die inhaltlichen Feststellungen
zur „Lehre" Qohelets. Mit Nachdruck wird nun das
Wort hebel in die Mitte gerückt und entgegen der LXX-Über-
tragung uaroaÖTTjs „Eitelkeit", welches nach dem Vf. einen
gewissen „sittlich-religiösen Begriff" (20) darstellt, die wörtliche
Übertragung „Windhauch" verfochten. Darin ist die
Nichtigkeit all der vom Menschen im verfügbar geglaubten
Werte ausgesagt. Unter diesen vom Menschen angestrebten, für
ihn aber in Wirklichkeit ungreifbaren, wie Windhauch verwehenden
Werten steht das Phänomen „Name, Ruhm, Gedächtnis
" nach des Vf.s Sicht im Vordergrund. Von ihm her versteht
er auch das 'öläm an der vielleicht die größte Crux inter-
pretum bildenden Stelle 3,11. Gott hat dem Menschen „Dauer"
(so wird 'öläm von ihm wiedergegeben) ins Herz gegeben. Das
besagt, „daß Gott dem Menschen ein Streben nach einem dauernden
Ruhm und Namen eingegeben hat" (284). Aber gerade diese
„Ewigkeit" von Name und Ruhm ist dem Menschen versagt.
Gott hält alle Verfügung in seiner Hand und teilt dem Menschen
die Widerfahrnisse zu nach seinem verborgenen Gesetz der
Zeiten. In der großen Sentenz 3,1 ff. ist dieses Geheimnis des
gottbestimmten vtatpöe am vollsten ausgesprochen. Ob allerdings
die Formulierung: „Hinter dem Gedicht über die Zeit
steht die Erkenntnis der großen Gesetzmäßigkeiten, die Natur
und Menschen beherrschen... Das Leben der Natur ist gleichfalls
an die gleichbleibende Gesetzmäßigkeit gebunden: Selbst
der Storch in der Luft weiß seine Zeiten... Jer 8,7" (253) den
Sinn dieses großen Wortes von den fallenden Zeiten genau trifft,
ist mir fraglich. Es geht Qohelet nicht um eine instinktiv sogar
dem Tier erahnbare Gesetzmäßigkeit. Der Begriff „Gesetzmäßigkeit
" wird in diesem Zusammenhange richtiger vermieden,
weil er doch wieder so etwas wie ein neutral formulierbare Regel,
mag diese auch dem Menschen nicht greifbar sein, suggeriert.
Qohelet dagegen redet an dieser Stelle ganz direkt von Gott und
seinem Erlaß, von Gottes Verfügung, Zuteilung oder Verweigerung
.

Diese Mitte des allein verfügenden Gottes kommt im weiteren
bei dem Vf. voll zur Geltung, wenn er es mit Recht ablehnt,
in Qohelets Lehre irgendeinen „ismus" zu finden. Diese ist,
wie vom Vf. sorgfältig ausgeführt wird, weder als Determinismus,
noch als Pessimismus (oder auch Optimismus) und Skeptizismus
zu bezeichnen. Im Gegenüber zu dem in seinem Geheimnis
geheimnisvoll verhüllten Gott steht der Mensch nur dann am
rechten Ort, wenn er „Gott fürchtet" und in solcher „Furcht"
die Gabe dieses Gottes im einzelnen Tage empfängt, - bereit,
sich zu freuen, wo ihm solche Gabe gegeben ist.

Der knappe Schlußteil bestreitet mit beachtlichen Gründen
die übliche Sicht der Kanonisierung Qohelets durch die Synode
von Jamnia und nimmt an - was nun durch den Fund von
Qohelet-Texten in Qumran Gewicht erhält, -, daß die Einreihung
unter die Schriften des Kanons schon früher geschehen
sein muß. Vor allem aber führt dieser Schlußteil aus, daß die
Nichtigkeitsaussage vom Christusgeschehen der neutestament-
lichen Verkündigung ihre Gültigmachung zusammen mit ihrer
Überbietung erfahren hat.

Die hier gegebene Skizzierung des Gedankenganges des Buches
vermag die Fülle an Einzelerwägungen, auch an Einzelversuchen
, strittige Textstellen neu zu deuten, nicht voll wiederzugeben
. Der Vf. hat eine Arbeit vorgelegt, die jeder, der an
Qohelet arbeitet, mit Gewinn Seite für Seite durcharbeitet.

Auch im Widerspruch zu mancher Annahme wird er zu neuer
Erwägung angeregt. Dafür ist dem Vf. zu danken.

An Druckversehen sind zu berichtigen: S.43 fehlt die erste
Zeile von Anm. 131. Dafür ist die unten wiederkehrende 1. Zeile
von Anm. 135 an ihre Stelle getreten. - S.46 sind Z.2 und 3 von
Anm.4 als Zeile 2 und 3 von Anm. 5 zu lesen. - Im Text oben
ist das Komma zwischen v <p' und n x c u zu tilgen.- S. 47 Anm. 11
lies Grundmann, ebenso S.50 Anm.33 Bultmann. - S.52 Im
Abschn. „Theognis" Z.öund Anm. 48 b, sowie in der „Zusammenfassung
" S.56 Z.6 ist der Name in Theogins entstellt. - S.54
Anm. 54 lies Hertzberg. - S.59 Anm. 80 lies Brunner. - S.132
Z.7 v.o. Babylonien. - S.141 Z.4 v.o. lies „Korrektur". - S.159
ist Anm. 109 (statt 100) zu lesen, nachher A faithful Lover, an
Stelle der fehlenden Anm. 114 ist die 1. Zeile von Anm. 111
wiederholt. - S.182 Anm. 176 am Ende 20-23 (statt 2023). -
S.187Anm.208mhbq(stattmhq),-S.193Anm.244* yUn«
benötigt nur einen Akzent. - S. 197 Anm. 263 Z. 10 muß vor
,,1'Ecclesiaste" etwas ausgefallen sein, ebenso S.200 Anm. 288
Z.4 unmittelbar vor der Klammer. - S.224 Anm.31 lies Weyers
. - S.231 Anm.63 Z.6 v.u. dürfte die Klammer hinter
Jwkl zu tilgen sein. - S.233 Anm. 75 lies concerning. - S.246
Anm. 124 J. (nicht G.) Hempel. - S.264 S.17 v.o. ist „nicht"
vor „fähig" einzufügen. - S.268 Z.ll v.o. ist wohl „kritischeres
" zu lesen. - S.291 Anm. 320 lies Cazelles.

Göttingen Walther Zlmmerli

Fohrer, Georg: Das Alte Testament. Einführung in Bibelkunde
und Literatur des Alten Testaments und in Geschichte und
Religion Israels. I.Teil. Gütersloh: Gütersloher Verlagshaus
G.Mohn [1969]. 183 S. gr. 8°. Lw. DM 16,80.

Eine Einführung in das Alte Testament, in der die wichtigsten
Ergebnisse der Einleitungswissenschaft sowie die Hauptlinien
der Geschichte und Religion Israels zusammengefaßt
und allgemeinverständlich dargestellt werden, findet heutzutage
zweifellos einen großen und dankbaren Leserkreis. Da allgemein
in den letzten Jahrzehnten die bibelkundlichen Voraussetzungen
, mit denen der Theologiestudent sein Studium
beginnt, geringer geworden sind, ist ein derartiges Lehrbuch für
den akademischen Unterricht nicht nur der Katecheten bzw.
Religionslehrer, sondern auch der Volltheologen von großem
Nutzen.

Die vorliegende Einführung von G. Fohrer behandelt als erster
Teil eines zweibändigen Werkes „Glaube und Geschichte von den
Anfängen bis zum Exil". Der Stoff wird in einer der Reihenfolge
der biblischen Bücher entsprechenden Anordnung geboten. Auf
die Wiedergabe des Inhalts von Pentateuch und Josua folgt die
Darstellung der Entstehung dieser Bücher, der Geschichte des
frühen Israels und des Glaubens dieser Zeit. Entsprechend gegliedert
schließen sich drei weitere Kapitel über die vorstaatliche
Zeit (Richterbuch), die Epoche von Samuel bis David
(Samuelbücher) und die Zeit von Salomo bis zum Exil an
(Königsbücher). Das Hauptgewicht liegt auf der Einführung in
die Geschichte und in die Religion Israels. Auch die bibelkundlichen
Inhaltsangaben sind entsprechend gestaltet. Im
übrigen hat sie F. mit Recht knapp gehalten, so daß sie zwar als
zusammenfassende Überblicke zur Lektüre des Alten Testaments
anregen, aber diese nicht ersetzen können. Auch über die Entstehung
der alttestamentlichen Geschichtsbücher ist nur das
wirklich Notwendige gesagt. Ausführlicher ist die Darstellung
des Werdens des Pentateuchs (S.31-65). Hier wird auch Grundsätzliches
zur Literarkritik und Gattungsforschung dem Leser
mitgeteilt und eine Aufgliederung des Stoffes nach den literarischen
Quellen geboten. Besondere Aufmerksamkeit verdient
eine graphische Darstellung (S. 65), mit deren Hilfe F. seine
Auffassung vom allmählichen Entstehen des uns vorliegenden
Pentateuch-Textes sehr anschaulich macht.

Es braucht kaum hervorgehoben zu werden, daß auch dieses
jüngste Lehrbuch des Vf.s didaktisch vorbildlich gestaltet ist.
Der Stil ist leicht verständlich und lebendig. Was dem Anfänger
Schwierigkeiten bereiten könnte, wird ohne schwerfällige Gelehrsamkeit
erklärt. F. ist es dabei gelungen, auf Verhältnis-