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Ausgabe:

1969

Spalte:

171-186

Autor/Hrsg.:

Maron, Gottfried

Titel/Untertitel:

Das zweite Vatikanische Konzil. Ereignisse und Ergebnisse 1969

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Theologische Literaturzeitung 94. Jahrgang 1969 Nr. 3

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Moment zurückgedrängt und das prophetische Moment hervorgehoben
wird28.

5. Erst wenn die Neugestaltung der Evangelienreihe geklärt ist,
kann entschieden werden, „in welcher Weise die Episteln neu geordnet
und den Evangelien zugeordnet werden sollen". Bekanntlich
gibt es im Kreis der Fachleute gewichtige Stimmen, die sich
dafür einsetzen, das Prinzip der „Bahnlesung", das bei der Entstehung
der frühmittelalterlichen Epistelreihe offenbar maßgebend

") vgl. P. Vielhauer (in: Hennecke-Schneemelcher. Neutestamentl. Apokryphen II.
Tübingen. '1964. S. 418f).

gewesen ist, zu erhalten, ohne Rücksicht darauf, daß Evangelienreihe
und Epistelreihe nicht „kongruieren". Es ist jedoch sehr zu
hoffen, dafj endlich Augustins Wunsch erfüllt wird, der im Gottesdienst
lectiones congruas ex evangelio et apostolo haben wollte.
Die Lutheraner Schwedens haben hierfür eine sehr sorgfältige und
kluge Vorarbeit geleistet, und wenn bei der dringend nötigen
Reform unsres Lektionars nur so viel erreicht würde, dafj auch in
den anderen lutherischen Kirchen das neue Lektionar der Kirche
Schwedens eingeführt würde, dann wäre dies zwar keine Ideallösung
, aber ein großer Schritt vorwärts auf einem richtigen Wege.

Das zweite Vatikanische Konzil. Ereignisse und Ergebnisse

Ein Literaturüberblick

Von Gottfried M a r o n , Erlangen

Das Zweite Vatikanische Konzil war ein Welt- und Säkularereignis
. Es kann deshalb nicht wundernehmen, dafj die Literatur
dazu das Land wie eine Sturzflut überrollt hat, deren Wogen sich
noch nicht verlaufen haben. Die Konzilsliteratur ist also nahezu
unübersehbar. Es schien deshalb eher angebracht, den Lesern dieser
Zeitschrift durch einen wenn auch knappen „Überblick" eine
Hilfsstellung zu ihrer Benutzung zu geben, als sie durch eine
grofje Zahl von Einzelbesprechungen zu verwirren. Vollständigkeit
zu erreichen war dabei nicht möglich, doch werden auch einige
Buchtitel wenigstens erwähnt, die der Zeitschrift nicht zur Be
sprechung vorlagen, dem Rezensenten jedoch zur Hand waren.
Die Veröffentlichungen aus der Zeit zwischen der Ankündigung
und der Eröffnung des Konzils sind in summa heute nicht mehr
relevant genug, um hier herangezogen zu werden. Die Diskussion
vor dem Konzil bleibt also unberücksichtigt. Lediglich die Literatur
über „Ereignisse und Ergebnisse" dieses Konzils soll vorgeführt
werden. Wir beschränken uns dabei auf den deutschen
Sprachraum und machen nur die Ausnahme, auf einige Arbeiten
italienischer Waldenser zu verweisen, weil diese, trotz aller Eigen
ständigkeit, doch letztlich im Strome der deutschen evangelischen
Theologie stehen.

t

1) Eine Geschichte dieses Konzils im wissenschaftlichen Sinne ist
bisher noch nicht zu schreiben. Es fehlen die Quellenpublikationen
. Zwar befinden sich wenigstens die verschiedenen
Textentwürfe (Schemata), die Änderungswünsche (Modi) und die
Einführungsreferate zu den Konzilsdebatten (Relationen) in den
Händen der Konzilsteilnehmer und der Beobachter, also einiger
Tausend Leute über die Welt hin verstreut. Die konziliare Geheimhaltungspflicht
ist zwar nicht offiziell aufgehoben worden, trotzdem
haben katholische Theologen den Anfang damit gemacht, in
ihren Kommentaren diese Unterlagen mit heranzuziehen und zur
Texterklärung zu verwenden (s. unten H/2). Überhaupt nicht zugänglich
sind sämtliche Akten der Kommissionen, sie werden auch
voraussichtlich noch lange in römischen Archiven verschlossen bleiben
(die des I. Vatikanums sind bis heute noch nicht publiziert!).
Etwas besser steht es mit der Konzilsdebatte. Bedenkt man.
dafj auf dem Konzil im ganzen 2127 Reden gehalten worden sind,
so ist die Zahl der wirklich zugänglichen Reden aber gering.
Y. Congar, H. Küng, D. O.'Hanion haben aus den ersten
zwei Sitzungsperioden in einem verdienstlichen Band wenigstens
55 Reden gesammelt und zugänglich gemacht1. Sie sind sachlich
geordnet und leider ohne Angabe von Tag und Jahr. Immerhin
aber sind hier „die großen Reden" aus der ersten Zeit des Konzils
einzusehen. Ebenfalls hat sich J. Chr. Hampe in dem von
ihm zusammengebrachten großen Kommentarwerk (s. II/2) bemüht
, in jedem Kapitel „die Stimme der Bischöfe" zu Gehör zu
bringen. So enthält z. B. Bd. I 45 Reden, doch nur zum Teil vollständig
. Über den Inhalt der (lateinisch gehaltenen) Konzilsdebatte
, die Abstimmungen usw. informierte während des Konzils
täglich das Bulletin des Konzilspressebüros, dessen Mitteilungen
freilich nur vervielfältigt worden sind.

') Konzilsreden, hrsg. v. Y. Congar, H. Küngu. D. O'Han-
lon, übers, v. Ch. H e m p e 1. Köln Benziger (1964). 218 S. 8°.

Etwas Vergleichbares liegt vor in den drei Bänden „Tagebuch
des Konzils", die W. Seibel, L. A. Dorn und G. Denzler
erarbeitet haben2 und die aus der Zusammenarbeit der Kath. Nachrichtenagentur
(KNA) mit dem Konzilspresseamt bervorgewachsen
sind. Ein Berichtsband über die 1. Session konnte wegen der damals
bestehenden Schwierigkeiten nicht erscheinen, aber für die
2.-4. Session liegen hier der Hauptinhalt der Reden sowie das
Ergebnis der Abstimmungen, Inhaltsangaben der Dokumente,
Papstreden usw. vor. Diese drei Bände stellen deshalb eine wichtige
Veröffentlichung dar. Sehr nützlich sind auch die Taschenbücher
, die zu den Konzilssessionen erschienen sind und in
denen „Dokumente - Texte - Kommentare" vorgelegt werden*.
Besonders interessant ist der Band über die erste Session. Er
enthält u. a. die Eröffnungsansprache Johannes' XXIII. und andere
Reden des Pacstes, die Rede an die Konzilsbeobachter, die Rede
Kardinal Beas an die Beobachter, die Antwort Prof. Schlinks,
den Vortrag Prof. Cullmanns vor der Presse und Einführung
und Überblick zum Schema über die Quellen der Offenbarung,
auch eine Liste der Kommissionsmitglieder. Ähnlich reichhaltig
sind die weiteren Bände. So enthalten Band 2 die Gedenkrede
von Kardinal Suenens auf Johannes XXIIL, die erste Rede
Pauls VT.; Bd. 3 die Konzilsgeschäftsordnung, den Ritus einer
Konzelebration: Bd. 4 Papstreden vor der UNO und sonstige Ansprachen
und Schriftstücke, das Schlußdekret des Konzils, die
Botschaft des Konzils, Listen u. a. m. Die immer mehr zunehmende
Dicke der Bände erklärt sich durch d'p Aufnahme sämtlicher verabschiedeter
Konzilstexte in deutscher Obersetzung in Bd. 2-4.
Ein vergleichbares Werk - doch noch umfassender - liegt aus dem
St. Benno-Verlag, Leipzig vor: „Vaticanum Secundum" in Zusammenarbeit
mit W. Becker und J. Gülden herausgegeben von O.
Müller1, allerdings noch nicht ganz vollständig Erschienen is(
der Text sämtlicher vom Konzil verabschiedeter Dokumente. Im
übrigen bringt dieses Werk - bisher zur ersten bis dritten Konzilsperiode
- ähnliche Dokumente wie Fromms Taschenbücher, legt
aber das Schwergewicht auf die theologische Durchdringung des
Konzilsgeschehens und enthält dementsprechend eine erhebliche
Anzahl von Vorträgen und Aufsätzen namhafter Theologen zum
Konzil (z.T. im Nachdruck), etwa: K. Rahner. Zur Theologie des
Konzils; H.Volk, Papst und Episkopat; R. Aubert, Die Ekklesio-
logie beim I. Vatikankonzil: J. A. Jungmann. Liturgie nach dem
Konzil u. a. m. Auch die Beobachter kommen zu Wort, der 2. Band
bringt außerdem zahlreiche Kommentare M. v. Gallis zum Konzilsgeschehen
. Man wünschte diesem vorbildlich erarbeiteten Werk
eine baldige Vollendung.

2) Das Konzil als Ereignis war zu einem wesentlichen Teil auch

2) J. M. Sailer Verlag Nürnberg (lag der ThLZ zur Besprechung nicht vor).

3) (Konzil, Zweites Vatikanisches:] Dokumente - Texte - Kommentare.
1.-4. Sitzungsperiode. Osnabrück: A. Fromm [1963/64765/66). 217 S., 346 S.. 357 S.
it. 672 S. 8° = Fromms Taschenbücher .Zeitnahes Christentum", hrsg. v. A. Beckcl,
H. Reiring, O. B. Rcegele, 27, 30, 34, 38.

4) V a t i c a n u m secundum. In Zusammenarb. m. W. Becker u. J-
Gülden hrsg. v. O. Müller. I: Die erste Konzilsperiode. 471 S. II: Di«
zweite Konzilsperiode. 838 S. III/l: Die dritte Konzilsperiode. Dokumente. 180 5-
III/2: Die dritte Konzilsperiode. Die Verhandlungen. 960 S. IV/11 Die vierte Konzilsperiode
. Dokumente. 678 S. Leipzig: St. Benno-Verlag 1963/65/67/68. gr. 8°.