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Ausgabe:

1969

Spalte:

150-154

Kategorie:

Liturgiewissenschaft, Kirchenmusik

Titel/Untertitel:

Jaarboek voor Godsdienstwetenschappen; Sacris Erudiri IX 1957 1969

Rezensent:

Bieritz, Karl-Heinrich

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Theologische Literaturzeitung 94. Jahrgang 1969 Nr. 2

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logic, die unrealistisch ist und papieren bleibt. Selbst Rahneis
dazu erwähnte Wünsche (Exegetica für Prediger, didaktisch gute
Dogmatik-Lehrbücher, Begrenzung des kirchenrechtlich manipulierbaren
Raums in der Kirche z. B.) sind doch Wünsche der ganzen
Kirche und ihrer Theologie, nicht nur der Praktischen. Die
Bestimmung des Verhältnisses der theologischen Disziplinen zueinander
steht - über ihre von Jüngel leider nur dogmatisch deklinierte
wechselseitige Ent- und Belastungsfunktion hinaus - methodisch
noch beim problematischen Begriff der „Hilfswissenschaft
". Aber wenn die Praktische Theologie durch die „Diakonic"
der anderen Fächer (wie Bohren schön, aber wissenschaftstheoretisch
unergiebig formuliert) ihr Selbstverständnis durch Prüfung
ihrer Grundbegriffe und Selbstbescheidung auf Erforschbares,
lehr- und Lernbares klärt, wäre das kein unwesentliches und zur
Fortsetzung ermutigendes Ergebnis der Arnoldshainer Vorträge.

"°n" Gerhard Krause

Goes, Albrccht: Der Knecht macht keinen Lärm. Dreißig Predigten
. Hamburg: Wittig [1968]. 175 S. 8°. Lw. DM12,80.
A. Goes legt erneut (vgl. A. Goes, Hagar am Brunnen, 1958) dreißig
gehaltene Predigten vor, zur Hälfte über alttestamentliche
Texte, denen exegetisch-homiletische Bemerkungen - er nennt sie
•■Marginalien als Nachwort" (S. 161-173) - zugefügt sind. Man ist
dann bei der Lektüre dankbar, die eigenen Erwägungen der Zustimmung
und kritischen Anfrage mit dem konfrontieren zu können
, wie der Prediger selbst seine Arbeit verstanden wissen will.
Goes stellt ein Thema jeder praedicatio voran, welches zuweilen
deren Inhalt zusammenfaßt (vgl. S. 23ff., 64ff., 102ff ), meist aber
den Leser reizen möchte, einer vom Prediger seinen Adressaten
insinuierten Frage nachzugehen, um so Antwort zu bekommen
(S. 59ff., 68ff., 113ft). Der Text der Predigt ist im revidierten
Luther-Deutsch vorangestellt, fünfmal statt dessen nach der Übersetzung
von M. Buber. Das Thema der 10. Predigt. „Der Knecht
macht keinen Lärm", gibt den Titel des in guter Ausstattung vom
Wittig Verlag herausgebrachten Buches. Wenn man die stilistisch
sorgsam durchgefeilten Predigtentwürfe nacheinander durchliest,
ohne sich durch zeitliche Zwischenräume (welche leicht Distanz und
Zerstreuung des Lesers zu erzeugen drohen) unterbrechen zu lassen
, merkt man sehr bald den persönlichen Ten und die seelsorger-
üch zusprechende Art ihres Verfassers. Es sind ja auch drei Kasual-
reden eingefügt (S. 138ff. Taufrede; S. 146ff. Traurede; S. 49ff.
Grabrede), die besonders eine Atmosphäre direkten Zuspruchs
bewirken wollen. Was dem Rezensenten vor allem auffiel, war das
Unnachahmliche dieser Predigtwcisc. Goes ist Dichter. Die Form
seiner Rede, die Kraft bildhaften Ausdrucks und die Originalität
seiner Formulierungen sind mit der Sache, die er verkündigt, so
tief verschmolzen, dalj man, wenn man seine Einsichten in eigenen
Worten sagen wollte, ihm nicht gerecht werden würde. Nichts ist
belanglose Schale oder zufällige Frisur, und nichts bleibt an der
dissonant funkelnden Oberfläche. Nach den Quellen und Wurzeln
des Denkens wird geforscht und diese in das Gegenüber und Miteinander
der Aussagen der Schrift gestellt. Nicht zufällig behandelt
Coes oft kurze Textabschnitte und entnimmt aus ihnen einen
Begriff, ein ihm wichtig erscheinendes Wort, dessen Bedeutung^
tiefe er dann auslotet (vgl. z. B. über das „tragen" S. 59ff.). Seine
Predigten sind stark meditativ geprägt, ohne jemals aus der Realität
der Zeit herauszuglciten (vgl. z. B. die Unterscheidung von
Klarsicht und Gehorsam S. 71). Als Kontrollzeugen der Verkündigung
fungieren nicht nur Autoren der Schrift bzw. besondere Hinweise
auf biblische Aussagen, sondern eine Menge Literaturgut,
™o dem sich der heutige Mensch beschäftigen könnte oder sollte
(v9l. z. B. den Hinweis auf Hegel S. 142). Zuweilen tut sich der
Leser etwas schwer, die inneren Zusammenhänge zwischen den
einzelnen Predigtabschnitten zu erkennen, um die verschiedenen
Gedankenprozesse sachgemäß einander zuzuordnen. Vielleicht hat
die zugrunde liegende R e d c ein Mehr an Erläuterung und Ausdeutung
enthalten, als nun dem Leser gewährt wird. Sagt doch Goes
selbst, daß die gedruckte Predigt „ein Konzentrat gebe, wobei gewisse
Abbreviaturen in Kauf genommen werden mögen" (S. 166).

°ie Marginalien enthalten - wohl etwas aphorismenhaft - eine
Menge beachtenswerter Empfehlungen und Hinweise, die gerade
■Manchmal ob ihrer betonten Einseitigkeit denjenigen, der sein
predigt-Geschäft angelegentlich theologisch und homiletisch zu

reflektieren sich bemüht, vor pauschalen Urteilen bewahren können
(vgl. z. B. „Die Predigt als Monolog" S. 167 oder was G. zur
Architektur der Predigt sagt S. 168f.). Der flüchtige Leser mag beim
.Studium des ausführlichen Nachworts zunächst ein wenig darüber
enttäuscht sein, als beschäftige sich der Verfasser fast ausschließlich
mit „Wie' -Fragen. Er merkt aber dann bald, wie „ungetrennt" Sach-
und Formfragen beieinander leben. - Kritische Anfragen lassen
sich da und dort ans Detail richten und betreffen die exegetische
Erkenntnis. Ich weif) nicht, ob man, wie vor allem in den Psalmtext
-Predigten, einen biblischen Satz aus dem Gefüge seines
Lebenszusammenhangs s o herausnehmen kann, um ihn direkt in
unsere Zeit zu stellen, wie dies da und dort G. tut. Die starke Betonung
der „guten" Schöpfung Gottes, um bestimmte Anknüpfungen
für das heutige Verkündigungswort zu finden, könnte zu
Mißverständnissen verleiten, die gerade Goes nicht beabsichtigt.
Doch um diese kritischen Anfragen zu verifizieren, müßte man
einzelne Formulierungen sorgfältig analysieren. -

Wer „predigen" lernen und - das ist wohl die Hauptsache -
sehen will, wie ein Gemeindepfarrer das Evangelium der Gemeinde
, an die er gewiesen ist, ausdeutet, wird bei Goes einen
anregenden Lehrmeister finden.

Pul lach Isartal Herbert Breit

MTUKGIKWISSKNSCHAFT

Sacris Erudiri. Jaarbock voor Godsdicnstwetcnschappen.
IX, 1957: 400 S.; X, 1958: 422 S.; XI, 1960: 452 S.; XII, 1961:
582 S.; XIII, 1962: 594 S. Uitgave van de Sint Pietersabdij,
Stecnbrugge. Brügge: Beyaert; 's-Cravenhage: Nijhoff. gr. 8°.
Infolge einer Verknüpfung unglücklicher Umstände können die
vorliegenden Bände der „Sacris Erudiri" erst heute zur Anzeige
gelangen. L. Fendt, dem das Jahrbuch zur Besprechung anvertraut
war, starb am 9. 1. 57; seine beiden letzten Rezensionen (zu Bd. VII
u. VIILl; vgl. ThLZ82, 1957, Sp. 39-41, 530-531) erschienen postum.
Nach ihm übernahm W. Jannasch die Besprechung der „Sacris
Erudiri"; aber er starb, bevor er seine Aufgabe erfüllen konnte.
Der gegenwärtige Rezensent sieht sich nun in der mißlichen Lage,
gleich fünf voluminöse Bände mit insgesamt 2450 Seiten bedruckten
Papiers und 60 zum Teil recht umfangreichen Aufsätzen von
40 verschiedenen Autoren anzeigen zu müssen. Daß unter diesen Bedingungen
noch nicht einmal eine vollständige Aufzählung aller behandelten
Themen möglich ist, geschweige denn eine einigermaßen
ausreichende Information über den Inhalt der einzelnen Beiträge,
versteht sich von selbst. Der Rezensent kann nur versuchen, auf
bestimmte Schwerpunkte aufmerksam zu machen - und hierbei
erweist sich mit einem Male die beklagte Fülle des Materials als
ein Vorteil: Der größere Zeitraum, den man zu überblicken gezwungen
ist, ermöglicht gleichzeitig ein leichteres Erkennen und
Darstellen der genannten thematischen Schwerpunkte.

Ein Mißverständnis gilt es von vornherein abzuwehren: Es handelt
sich bei den „Sacris Erudiri" - trotz des Untertitels - keineswegs
um eine rein liturgiewissenschaftliche Publikation. Die Themen
, die in irgendeinem Bezug zur Patristik und zur Geschichte der
alten bzw. frühmittelalterlichen Kirche stehen (ohne die Liturgiegeschichte
unmittelbar zu berühren), überwiegen bei weitem. Auch
hier lassen sich bestimmte Schwerpunkte des Interesses erkennen i
Mit dem spanischen Hymnendichter Prudentius (f nach 405) beschäftigen
sich gleich drei Autoren,- H. Silvestre (IX, 50-74), S. T.
Collins (IX, 44-49) und M. P. Cunningham (XIII, 5-59). M. Simonctti
untersucht in zwei Aufsätzen die Überlieferungsgeschichte der
Werke des Rufinus (IX, 5-43; X, 5-42); dessen Freund und späterer
Gegner Hieronymus steht ebenfalls im Mittelpunkt einiger Beiträge
(X, 359-362; XII, 366-371). J. Campos weist auf den Zusammenhang
zwischen bestimmten stilistischen bzw. grammatikalischen
Eigenarten Tertullians und späteren „romanischen" Sprach-
l'ormen hin (X, 353-358) ■ ähnliche sprachgeschichtliche Fragen wer
den auch von V. Bulhart in seinem Exkurs über „Die Konjunktionen
que und qui in den Tractatus Origenis" (einer Schrift aus der
zweiten Hälfte des 4. Jahrhunderts, die den aus dem Kampfe
gegen die Arianer bekannten Bischof von Ilibcris, Gregorius, zum
Verfasser hat) tangiert (XI, 5-11). Um die Verfasserschaft und die