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Ausgabe:

1969

Spalte:

135-140

Kategorie:

Philosophie, Religionsphilosophie

Autor/Hrsg.:

Simons, Eberhard

Titel/Untertitel:

Philosophie der Offenbarung in Auseinandersetzung mit 'Hörer des Wortes' von Karl Rahner 1969

Rezensent:

Eisenhuth, Heinz Erich

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135

Theologische Literaturzeitung 94. Jahrgang 1969 Nr. 2

136

PHILOSOPHIE UND RELIGIONSPHILOSOPHIE

Simons, Eberhard: Philosophie der Offenbarung in Auseinandersetzung
mit „Hörer des Wortes" von Karl Rahner. Stuttgart
-Berlin-Köln-Mainz: Kohlhammer [1966). 179 S. gr. 8°. Kart.
DM 19,80.

Simons untersucht die Möglichkeit von Offenbarung in Auseinandersetzung
mit der religionsphilosophischen Arbeit „Hörer
des Wortes" von Karl Rahner, die in zweiter Auflage neu bearbeitet
von J.B.Metz 1963 erschienen ist (abgekürzt: HdW, vgl.
dazu meine Besprechung ThLZ 90, 1965, Sp. 204ff.). Das primäre
Anliegen des Verfassers bleibt die transzendentalphilosophische
Analyse der Möglichkeit von Offenbarung (12).

Im I. Teil wird HdW dargestellt. Im II. Teil wird seine Denkgestalt
durchsichtig gemacht. Im III. Teil wird erneut nach einer
transzendentalen Reflexion der Möglichkeit von Offenbarung gefragt
.

I. Teil: Darstellung der Möglichkeit von Offenbarung nach

„Hörer des Wortes".
Nach Rahner hat Gott sich im Wort in der Geschichte geoffenbart,
so daß der Mensch, der seinem Wesen nach „in die Geschichte
hineinhorchen muß", diesem Worte begegnen muß, weil „die seinsvernehmende
Vernunft des Menschen je schon fragend eröffnet ist"
(16). „Der spezifische (und bleibende) Ansatz von HdW ist die
Aussage, dafj Offenbarungsverständnis nur mittels des Weltverständnisses
möglich ist" (17). Die hinnehmende Erkenntnis ist
ihrem Wesen nach sinnlich. Die Sinnlichkeit ist immer mit der
Geisligkeit verbunden; sie „gründet in der Grenzerkenntnis transzendenten
Seins, das als absolutes - Gott genannt wird" (19).
Wenn Gott sich offenbaren will, dann mufj er den Menschen in
seinem „In-der-Welt-sein" erreichen (19). Dafj der Mensch „Geist
in Welt, Dasein als In-der-Welt-scin" ist, ist der „rote Faden" in
HdW (20,32).

Das Sein, das überweltlich gegeben wird, geschieht nach Rahner
durch das Wort, das stellvertretendes Zeichen von schlechthin
allem sein kann. „Der Mensch als Geist ist in seiner Transzendenz
offen für das in sich lichte und unendliche Sein alles Seienden.
Offenbarung als besondere Erfüllung dieser Offenheit ist damit
grundsätzlich möglich" (23). Für die Offenbarung ist beides wesentlich
: Die Offenbarung Gottes ist eine Freigabe und ist nur in
freier Annahme durch den Menschen möglich. Das Wort ist das
begriffliche, unmittelbare Zeichen für den Geist. Deshalb läfjt sich
im Wort auljerweltlich Seiendes erfassen.

II. Teil: Erörterung der inneren Problematik von „Hörer des

Wortes".

In HdW wird die Möglichkeit der Offenbarung „in dem
metaphysischen Umrifj ,Gott - Mensch - Welt in Geschichte'
transzendentalphilosophisch" aus der Seinsfrage entfaltet (27). In
drei Abschnitten wird die Frage gestellt nach der Erkenntnis der
Möglichkeit der Offenbarung. Im ersten Abschnitt wird gezeigt, dafj
die verschiedenen Grundweisen des Erkennens die ganze menschliche
Erkenntnis ausmachen. Im zweiten Abschnitt wird gefragt,
ob die Möglichkeit und Freiheit geschichtlicher Offenbarung einheitlich
begriffen ist. Im dritten Abschnitt wird erwogen, ob aus
dem Vollzug der Seinsfrage das „Dasein insgesamt und damit die
Möglichkeit von Offenbarung dem Prinzip nach einheitlich entfaltet
werden kann" (27).

Die Seinserkenntnis ist nach Rahner die Grundweise des menschlichen
Erkennens. Das Selbstbewußtsein des Menschen mufj sich auf
das gelichtete Sein Gottes beziehen, das als solches als das Gute
und Wahre geliebt wird (31). Im Unterschied zur Seinserkenntnis
steht aber die Gegenstandserkenntnis und mit dieser die Fähigkeit
der Abstraktion. Nach Rahner soll „im Bewußtsein des .Vorgriffes
' .. . ein Wissen um das Sein schlechthin, ja ein Wissen
von Gott immer und absolut mitgewufjt" sein (35). Rahner zeigt
nicht, wie die Gegenstandserkenntnis als Scinserkenntnis bejahende
Erkenntnis ist (36). Sie ist hinnehmende Erkenntnis und
damit immer sinnlich. Es gibt also für Rahner eine Erkenntnis
des Seins nur in der Hinwendung zum materiell Seienden, „einen
Ausgang zu Gott nur in einem Eingang in die Welt" (37). Verfasser
wendet sich gegen den erkenntnismetaphysischen Ansatzpunkt von
Mahner, „der zentral und bleibend das gesamte Erkennen und
dessen Sinn von der Gegenständlichkeit her bestimmen soll" (40).

Dadurch wird eine transzendentalphilosophische Erkenntnis der
Offenbarung unmöglich. HdW ist im Blick auf „,Erkenntnis überhaupt
' in sich auffallend uneinheitlich, wenn nicht dualistisch" (42).

Es kommt bei Rahner zu einer Doppelung des Personbegriffcs,
die widersprüchlich ist (49). Das von Gott gesetzte determinierte
Selbst wird mit dem freien Selbst in eins gesetzt (50).

Verfasser fragt, warum nach Rahner der Mensch überhaupt auf
ein daseinsgründendes und erhellendes „Wort" angewiesen ist.
Rahner will „aus dem Selbstverständnis und den darin implizierten
Voraussetzungen selbst die Offenheit des Menschen für geschichtliche
Offenbarung erweisen". Es fragt sich, ob diese „transzendentale
Wende" gelungen ist (53). Es wird nicht gezeigt, dafj ein auslegendes
Wort für das Selbstverständnis notwendig dazu gehört.
Auch wird nicht gesagt, wie ein solches Wort als Wort Gottes erkannt
werden kann (54). Es bleibt unbeantwortet, wie dieses Wort
beschaffen sein mufj, damit es die Offenheit des Menschen für das
Wort auch erfüllen kann. Verfasser weist nach, dafj bei Rahner ein
Widerspruch besteht im Blick auf das Wort Gottes. Der Mensch ist
auf eine Offenbarkeit Gottes ursprünglich nicht hingeordnet, und
doch soll er zugleich für das Wort Gottes offen sein (57).

Zusammenfassend sieht Verfasser die Uneinheitlichkeit in „der
Auffassung des Erkennens als Gegenstands- und Scinserkenntnis
einerseits und Selbst-, Freiheits- und Gotteserkenntnis andererseits
" (58). Die Personbestimmung ist bei Rahner dualistisch.

III. Teil: Systematische Auseinandersetzung der Möglichkeit von
Offenbarung auf Grund von „Hörer des Wortes".
I. Grundlegung zur transzendentalen Daseinsanalyse als Entwurf
der Möglichkeit von Offenbarung.

Zum Vorverständnis von Offenbarung rechnet Simons „das Sichzeigen
eines verborgenen überweltlichen, aber personalen Wesens,
nämlich Gottes ", der über der Geschichte steht und dessen Eingreifen
in die Geschichte für den Menschen von entscheidender
Bedeutung ist (61). Verfasser faßt dieses Vorverständnis weiter
als Rahner, der durch die scholastische Philosophie beeinflußt ist.
Simons gibt zu, daß seine Arbeit in der Tradition von Piaton,
Augustinus, Cusanus, Descartcs, Kant und Fichte steht. Das transzendentale
Verfahren ist wesentlich durch Fichtes Wissenschaftsichre
bestimmt (65f.; 66). Im Unterschied zu einer objektivistischen
Denkungsart, die das ganze Dasein zum Objekt machen will, und
zur subjektivistischen, bei der das Subjekt verabsolutiert und
durch das Objekt begründet wird, will Verfasser transzendental
vorgehen. „Die Beziehung zwischen Subjekt und Objekt sie selbst
sein lassen, das heißt (ins Theoretische gewendet), transzendental
denken, heißt - mit Fichte zu reden - das Bewußtsein durch eine
solche spekulative Konstruktions- bzw. Gestaltungsanleitung in
die Lage bringen, daß es sich selbst einsieht" (67 f.).

Das existentielle Fragen nach dem Sein ist „das Geschehen jener
Offenheit, die das ,Da-sein' des Menschen ausmacht" (68). Es erwacht
primär „zu sich selbst und erst sekundär zu seinem Anderen".
Es erwacht „zu sich selbst als einem einheitlich unterschiedenen
Geschehen eines Sichwissens als Sichwollens. In diesem Sinn ereignet
sich das Fragen als - Erwachen von Bewußtsein" (69). Es
ist ein Bewußtsein, das sich vom Bewußtsein seines Gegensatzes
grundsätzlich unterscheidet und zugleich darauf bezieht. Das ist
die transzendentale Grundstruktur des „Wissens" (70"). Das Bewußtsein
ist Aufgang eines lebendigen Lichtes, das sich selber lichtet
als anfangen, gründen und begründen. Das ist der bleibende
Ansatz dieser transzendentalen Daseinsanalyse (70).

Die transzendentale Ur-Unterscheidung des einen ganzen Bewußtseins
vollzieht sich in der Erkenntnis des Realitätsinhaltes und in
der Idealität der Erkenntnis selber. „Bewußtsein unterscheidet sich
als Vorstellung von etwas und Vorstellung der Vorstellung ursprünglich
in Anschauung und Begriff, ja ist nichts anderes als
dieser Unterschied" (75). Realität und Idealität transzendieren sich
um der jeweiligen Selbständigkeit willen jeweils von sich her auf
das je andere. „Bewußtsein ist - in diesem Sinn - das Geschehen
einer Transimmanenz'' (77). Das eine ganze Bewußtsein enthält
eine dreifache Transimmanenz. Die Ur-Unterscheidung des Bewußtseins
reflektiert sich selbst und weiß sich selbst, Begriff und Anschauung
aus seinem Ursprung gesetzt. „Das Bewußtsein als Entzweiung
und Verdichtung, das sich als dieses noch einmal entzweit
und verdichtet, weiß sich also grundsätzlich dreifach qualitativ
unterschieden als gewußt bzw. setzt sich ebensooft qualitativ unterschieden
als gesetzt" (78). Beim Bewußtsein handelt es sich also