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Ausgabe:

1969

Spalte:

114-115

Kategorie:

Altes Testament

Autor/Hrsg.:

Vos, Clarence J.

Titel/Untertitel:

Woman in Old Testament worship 1969

Rezensent:

Osswald, Eva

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Theologische Litcraturzcitung 94. Jahrgang 1969 Nr. 2

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™Ufj des überschüssigen Wassers, ein Zugang von der Stadt zu dieser
unterirdischen Wasscrbevorratungsanlage sorgte für die Wasserentnahme
während einer Belagerung.

Dann dürfte durch die Ausgrabungen das Problem des Verlaufs
der Nchemiamauer geklärt worden sein. Diese verlief auf der Ost-
scitc oben auf dem Ostrand des Hügclplateaus. Nchcmia hat die
schuttbedeckte Ostscitc des Zionshügels für Siedlungszwccke aufgegeben
und hat seine Stadt damit erheblich verkleinert. Auch
auf der Westseite hat die Nchemiamauer den Westrand des Hügel-
nlateaus eingehalten, wie Versuchsgrabungen ergeben haben. Die
Nchemiamauer muftte also wesentlich auf dem Ostrand des Hügel-
Plateaus neu gebaut werden. Sonst konnte er auf vorhandene
Mauer- und Torreste zurückgreifen. Biblisch-literarischer Bericht
und archäologischer Befund stimmen zwanglos hier miteinander
überein.

Hinsichtlich der Ausdehnung der Stadt Terusalem hat die Aus
grabung ergeben, daß die Stadt sich auf den Wcsthügcl, also auf
die Westseite des Tyropoiontales, erst in der Makkabäerzeit ausgedehnt
hat.

Besonders bedeutsam sind nun noch, von zahlreichen Einzelheiten
abgesehen, die hier nicht erwähnt werden können, die
Grabungen in der Altstadt auf dem Muristangelände. Hier hat die
Grabung ergeben, dafi sich in 12 m Tiefe ein alter Steinbruch befand
, der zur Zeit Jesu außerhalb der Stadt gelegen haben muri, da
keine Häuserspuren auf ihn zu entdecken waren. Diesem Befund
entsprechend müssen auch d;e Hinrichtungsstätte und das Grab
Jesu sich ienscits der damaliqen Stadtmauer befunden haben.

Freilich kann angesichts der vielen erfreulichen Entdeckungen
°ine Tatsache nicht verschwiegen werden: Das Terusalem auf dem
Hügelplateau ist völlig verschwunden. Ein Steinbruch, der zur Zeit
der Erbauung von Aclin Capitolina angelegt wurde, hat alle Reste
der alten vorchristlichen und vorexilischen Zeiten beseitigt. Archäologische
Schichten, die auf dem Ostrand des Hüqelplateaus erhalten
waren, sind von früheren Ausgrabungen weggeräumt worden
und können also nicht einmal mehr zur Datenbestimmung herangezogen
werden. Im Hinblick auf das alte Jerusalem, dem das
besondere Interesse der alttestamentlichen Forschung gewidmet
'st, gilt die Feststellung der Ausgräberin leider erst recht, dafi
eben nur das Skelett des antiken Terusalem gefunden worden ist.
Ob sich an anderen Stellen des Zionhügels aufschlußreichere Ergebnisse
werden erzielen lassen, mufi nach Lage der Dinge bezweifelt
werden. Die Lage der Tore, der Verlauf der Südmauer des
Zionhügels. überhaupt die weitere Frcilegung der mittelbronze-
'eitlichcn Stadtmauer bleiben noch zu bestimmen, aber es sind
eben nur Einzelteile des Skelettes, die zu finden wären. Kleinfunde
werden selten bleiben Dafi tierische und menschliche Darstellungen
aus Ton, roh im Ausdruck und wohl absichtlich zerstört, eins'
als Fruchtbarkcitsidolc dienend, gefunden worden sind. kann, aber
braucht nicht mit der deuteronomischen Reform zusammenhängen.
F-inc antihellcnistischc Stimmung im Terusalem des dritten und
zweiten Jahrhunderts v. Chr. kann sich in den geringen Funden
hellenistischer Keramik im Tvropoiontal kundtun, die geringe Anzahl
gestempelter Krughenkel von Weinkrügen griechischer Herkunft
braucht nicht dagegen zu sprechen.

Das nichtiahwistischc Heiligtum an der Nordostecke außerhalb
der Stadtmauer, wenn es ein solches ist. bedarf noch eingehender
"ntersuchung und tvnolooischcr Vergleichung.

Sehr auffällig bleiben die geringen Snuren der persischen Zeit.
Wenn der Palast des persischen Statthalters auf dem Hüg"'
"'ateau gelegen hat. wird er m>t den anderen älteren und iüngerrn
Resten verschwunden sein Und schliefilich bleibt das Problem der
vcrbindung nach Norden zum heutigen Tempclplatz hin. Dort an
•*f Stelle des einstigen Palastes der iudäischen Könige kann auch
r'rv Statthalterpalast des N"hemia und seiner Nachfolger gelegen
haben. Aber dort kann nicht gegraben werden, und sehr wahr-
^rheinlich haben die Architekten des Hcrodes, als sie den TemrH-
n'atz anlegten, alle Reste früherer Plattformen beseitigt bzw. in
'hre Konstruktion mit aufgenommen, wodurch die Snuren früherer
Zoten getilgt worden sind.

Archäologisch erweist sich Jerusalems Geschichte und sein Auf-
cfieg durch die davidischc Dynastie als ein Verhängnis. Jerusalem
Und auch insbesondere seinem südöstlichen, heute außerhalb der
Mauer gelegenen Zionshügel ist nie die Gelegenheit zur geschiehl-
'r'"n Ruhe gegeben worden, indem sich Sand über die Stätten

einstigen reichen geschichtlichen Lebens legte, die Reste vor der
Zerstörung behütete und dem Spaten des Archäologen die Spuren
der Vergangenheit rein erhielt in einer archäologischen Leiblichkeit
, nicht nur in der Skeletthaftigkeit, wie sie jetzt vorgestellt
worden ist.

Eine Frage klang soeben auf, muß aber nochmals aufgenommen
werden. Das ist die Frage nach dem sogenannten Ophelhügcl, dem
Verbindungsstück zwischen dem Nordende des Hügclplateaus des
Zionshügels und dem nordwärts liegenden Tempelplatz. Hier sind
die Grabungen von Frau Kenyon zwar sehr tief ins Erdreich ge
gangen, haben aber doch wenig ergeben. Der Verlauf der östlichen
und der westlichen Stadtmauer nach Norden über den Ophel hinaus
zum heutigen Tempelplatz ist hypothetisch geblieben Die Ausgräberin
rechnet mit der Möglichkeit, daß die Stadt in der Salomo-
zeit sich an der Nordwestecke des Zionshügels qering in das Tvropoiontal
ausgedehnt hat. Reste einer Kasemattenmauer, die für
die Salomozeit typisch ist, sind zwar aufgedeckt worden, doch
haben spätere Mauerzüge die eine Datierung ermöglichenden
Einzclfunde beseitigt, so daß die Herleitung jener Mauer aus der
Salomozeit unsicher bleibt.

Die von der Ausgräberin mitgeteilten Ergebnisse können sich
natürlich in zahlreichen Einzelheiten noch präzisieren und können
noch genauere Aufschlüsse geben, aber sie werden das von ihr
entworfene Bild der Jerusalemcr Stadtgeschichte nicht wesentlich
ändern.

Der Vollständigkeit halber sei hier noch mitgeteilt, dafi die Ausgräberin
in den beiden letzten Abschnitten ihres Buches das römische
und das byzantinische Jerusalem sowie Jerusalem als Stadt
des Islam und der Kreuzfahrer behandelt.

Auf alle Fälle gebührt der Ausgräberin aufrichtiger Dank, daß
sie so rasch, übersichtlich und vorsichtig einen vorläufigen Bericht
in Buchform vorgelegt hat. Für ihre weiteren Grabungskampagn^p
kann nur voller Erfolg gewünscht werden im Namen aller derer,
die Jerusalem liebhaben.

Leipzig Hans B n r d t k e

V o s , Clarence J.: Woman in Old Testament Worshio. Academisch

Proefschrift. Amsterdam: Vriie Universiteit. X, 219 S. gr. 8°.

Bei der vorliegenden Arbeit handelt es sich um die Dissertation
des Verf.s, mit der er an der freien Universität Amsterdam promovierte
(Promotor: Prof. Dr. Nie. H. RidderbosV Der aktuelle
Anlaß der Untersuchung ist das Problem der Stellung der Frau
in der Kirche, für dessen Lösung nach Ansicht von Vos das Alte
Testament als Teil des Kanons nicht beiseite gelassen werden darf.
Wie der Titel der Untersuchung zeigt, geht es nicht allgemein um
die Stellung der Frau in Israel. Das Ziel der Studie ist vielmehr
folgendes: „our interest is woman's status and rolc as member of
the cultic Community, as worshipper and nossibly as cultic officiant
if indeed woman ever served as officiant" (S. 5V Obwohl die Frag.-
der Teilnahme an Frcmdkulten nicht ganz unberücksichtigt bleibt,
gilt das Hauptinteresse der Rolle der Frau ..in the legitimate wor-
ship". Was mit „worship" gemeint ist, wird folgendermaßen definiert
: „By worship we mean anv word or action by which a
nerson is consc'ouslv anproaching and honoring the deity" fS fiV
Der Verf. möchte insbesondere prüfen, ob die oft aufgestellte Behauptung
, daß die Tahwereligion „wesentlich eine Sache der Männer
" war', wirklich zutrifft.

Die Untersuchung gliedert sich in fünf Kapitel und enthält drei
Exkurse. Sie setzt im ersten Kapitel bei Gen 1-3 ein und beschäftigt
sich zunächst mit den Aussagen über die Frau als Geschöpf
Hottes Dabei wird herausgestellt dafi in Gen 1 Mann und Frau
die Gottebenb'ldlichkeit unterschiedslos zugeschrieben wird und
daß auch in Gen 2 dem Mann keine höhere Stellung als der Frau
zukommt. Ihre Unterordnung unter den Mann nach dem Fall erklärt
sich aus dem Schutzbedürfnis der Frau in einer f-indlich-n
Umwelt. Im ersten Exkurs wird versucht zu zeiqen in welchem
Sinn in der Bibel vom Mann als Haunt der Frau gesprochen wird

Nachdem der Verf. im ^wr-iten Kapitel den androzentrischnn
Charakter der Welt des Alten Testaments aufgezeigt und in einem
Exkurs die Möglichkeit ägyptischen Einflusses auf die Beschnei
dung erörtert hat, wendet er sich dem dritten Kapitel zu. das der

l) M Lohr, Die Stellung des Weibes zu Jahwe-Religion und -Kult. Leipzig 1908.
S 2: vgl R. Smend. Lehrbuch der Alttestamentlichen Religionsgeschichtc. Freiburg
1899', S. 165.