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Ausgabe:

1969

Spalte:

950-952

Kategorie:

Kirchenrecht

Titel/Untertitel:

Kirche und Staat 1969

Rezensent:

Liermann, Hans

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Dem vierteiligen Buch sind einige frühere Arbeiten einverleibt.
Der erste Teil (Heutige Schriftauslegung und Religionsunterricht)
erschien 1964 als Zeitschriftenaufsatz. Der Verfasser ist sich bewußt
, im katholischen Bereich damit erstmals zur Einbeziehung
der kritischen Exegese in die Grundlegung bibelkatechetischer
Arbeit aufgefordert zu haben (9). Anfragen nach der praktischen
Verwirklichung, die dadurch ausgelöst wurden, beantwortet er
im letzten Teil (Die konkrete Gestalt zeitgemäßer Bibelkatechese)
mit fünf beispielhaften Ausarbeitungen, die bis zum Unterrichts;
cntwurf bzw. Stundenprotokoll führen. Auch für Beispiele dieser
Art wird ein Erstlingsrecht in Anspruch genommen (11). Die
Teilen (Bibelunterricht im Zeitalter kritischer Exegese) und III
(Die Grundsätze neuer Hermeneutik und ihre Anwendung. Zur
Struktur des Bibelunterrichts) entfalten in Referat und Auseinandersetzung
Hauptprobleme des Fragebereichs „Hermeneutik und
Didaktik'.

Der Überblick zeigt, daß das Buch mit seiner Verbindung von
theoretischen Abhandlungen und praktischen Modellen in formaler
Hinsicht als Seitenstück zu H. Stocks „Studien zur Auslegung
der synoptischen Evangelien im Unterricht*, M. Stallmanns »Die
biblische Geschichte im Unterricht" und I. Baidermanns „Biblische
Didaktik" gelten kann. Aber auch der Unterschied tritt bald hervor
: Stachels Buch ist insgesamt praktischer und, was die Auswahl
der Modelle angeht, vielfältiger, als die drei genannten Arbeiten
es sein wollen.

Praktischer: Stachel will konkrete Schulerfahrungen nicht abblenden
, sondern zur Geltung bringen. Die praktizierenden Katecheten
bzw. Religionslehrer, auch solche, die kritischer Exegese
bisher noch fernstehen, sollen zum Gespräch und zum Versuch eingeladen
werden. Das kommt der Lesbarkeit des Buches zugute,
ohne seiner wissenschaftlichen Zuverlässigkeit ernsthaft Abbruch
zu tun. Allerdings wünschte man sich eine ausführlichere Auseinandersetzung
mit Stallmann, dessen Werk immer wieder positiv
angeführt wird, obwohl seine Bestreitung des Verkündigungsauftrages
der Katechese der Position Stachels („Johanneische Bibel-
stunden sind Entscheidungsstunden - oder sie wären überflüs
sig", 136) stracks zuwiderläuft. Die bloße Feststellung, daß „kein
Anlafj besteht, die von einzelnen evangelischen Pessimisten geforderte
Entkerygmatisierung des Bibelunterrichts zu übernehmen"
(108), genügt nicht. Sie genügt gerade dem Leser nicht, der die
Reserve Stachels in gewisser Hinsicht teilt. Das gleiche gilt für das
von Stallmann problematisierte, von Stachel durchaus bejahte Erzählen
im biblischen Unterricht. Der Verzicht auf Auseinandersetzung
an diesen entscheidenden Punkten gibt den Verfasser
dem Verdacht preis, ekletisch zu verfahren.

Vielfältiger: Beispielhaft behandelt werden die Josephsgeschichte
, ein Teil des Hohenpriesterlichen Gebets (joh. 17,20-23),
ein prophetisches Redestück (Hos. 5,15-6,6), die Q-Spruchgruppe
vom Sorgen und die evangelische Ostertradition. Also keine Beschränkung
auf synoptisches (Stock, Baldermann), auch keine
Beschränkung auf erzählendes Gut (Stallmann). Auffällig ist die
Bevorzugung von Redekomplexen - sie stehen sonst keineswegs
im Brennpunkt des katechetischen Interesses - und daß gerade
die hierher gehörenden Beispiele die überzeugendsten sind. Besonders
hervorgehoben zu werden verdient die Behandlung der Lo
3iengruppe vom Sorgen (Mt. 6,25-33/Lk. 12,22-31). Hier wird exegetische
Forschung (Frage nach dem historischen Jesus) unmittelbar
in den Unterricht hinein umgeschlagen, ohne doch die Klasse
zum neutestamentlichen Proseminar hochzustemmen. Hier wird
(durch „aktualisierende Interpretation") die Existenz der Schüler
erreicht, ohne doch den Unterricht zur Predigt zu machen. Hier
wird schließlich ein ausgezeichnetes Muster katechetischer Stufung
vorgeführt, sofern nämlich auf den ausführlichen Unterrichtsent-
wurf für das 9. Schuljahr noch je ein kürzerer für das 5./6. und
9ar das 1. Schuljahr folgen. Ist nun die Bevorzugung von Rede
komplexen nur durch den Wunsch motiviert, eine Lücke zu schlie
•ien? Oder erscheint dem Autor der Weg hier zur Zeit schon gangbarer
als in den anderen Bezirken? Stachel weiß um die Problematik
herkömmlicher Wundergeschichten-Behandlung (183f.),
'T'acht aber keinen eigenen Vorschlag. Das ist bedauerlich.

Praxisbezogenheit und Vielfalt des Buches zeigen sich auch in
den letzten beiden Abschnitten, die dem „Sprechzeichnen" und
d°n „musikalischen Möglichkeiten im Bibelunterricht" gelten. Farbtafeln
, Zeichnungen und Notenbeispiele geben die nötige Anstauung
.

M. Stallmann urteilte jüngst über die Theoriebildung des bibli-

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sehen Unterrichts: „Es ist ein Zustand erreicht, in dem das Gespräch
hin- und hergehen kann, ohne alsbald an konfessionellen
Schranken zu scheitern" (ThP 1968, 50). Die Lektüre des angezeigten
Buches bestätigt dieses Urteil vollauf.

Peterahagen b. Berlin Jürgen H e n k y s

Berg, Horst Klaus [Hrsg.]: Die Methodik in der Evangelischen
Unterweisung. Berlin: Verlag Die Spur, H. Dorbandt KG (1966).
194 S. 8° = Religionspädagogische Studienbücher. Forschungsberichte
und Diskussionen über Probleme der Evangelischen
Unterweisung, hrsg. v. H. K. Berg u. R. Droß, 2.
In diesem Band sind dreizehn Beiträge zur Didaktik und Methodik
der Evangelischen Unterweisung, bis auf eine Ausnahme
selbständige Aufsätze, wiederabgedruckt worden. Den einzigen
originalen (Teil-) Beitrag schrieb W. Klafki. Es handelt sich um
eine knappe Einführung in sein Buch „Das pädagogische Problem
des Elementaren und die Theorie der kategorialen Bildung"
(2. Aufl. 1963), die einem die Evangelische Unterweisung betreffenden
Auszug daraus vorangestellt worden ist. Außer Klafki sind
vertreten H. G. Bloth, G. Bohne, A. Ebeling, H. Graffmann, K. Hau-
schildt, E. Heßler, Günther Koch, H. Ostermann, G. Otto, F. Schmid,
S. Schmutzler und H. Stock. Der Herausgeber leitet die Sammlung
mit einem ausführlichen Diskussionsbericht ein (7-37), der bei
Th. Heckeis berühmtem Buch über die Methodik des evangelischen
Religionsunterrichts (1928) einsetzt und bei der Kritik von
R. Droß an I. Baldermann (1965) endet, also über den Zeitraum
der aufgenommenen Voten (1945-1964) nach rückwärts und vorwärts
hinausreicht.

Die Nützlichkeit einer solchen Quellensammlung steht außer
Frage. Man hat bequem zur Hand, was man sonst aus den verschiedensten
Zeitschriften usw. zusammensuchen müßte. Und dabei
bliebe noch fraglich, ob man der ziemlich versteckt veröffentlichten
Äußerung G. Böhnes über die Praxis der Stundenvorbereitung und
des Stundenaufbaus (47ff.) überhaupt habhaft werden könnte.
Andere Aufsätze, etwa der von G. Otto über die Methodik des
evangelischen Religionsunterrichts als theologisches Problem, werden
in der Literatur immer wieder angeführt, und das Nachschlagen
und Nachprüfen ist nunmehr erleichtert. Nützlich ist ebenfalls
die Einführung. Sie verschafft den Studierenden einen zuverlässigen
Überblick über die Hauptstationen und Hauptprobleme
eines Gesprächs, dessen Ausläufer (noch) in die unmittelbare Gegenwart
hineinreichen. Fragen muß man freilich, ob der Begriff
„Methodik" im Titel nicht durch „Didaktik" hätte ergänzt oder
gar ersetzt werden sollen. Trotz der bekannten Schwierigkeit, die
Begriffe gegeneinander abzugrenzen, dürfte doch Einigkeit darin
bestehen, daß der Sprachgebrauch heute eher dazu neigt, „Di
daktik" im weiteren Sinne als Oberbegriff für „Methodik" denn
(wie es der Herausgeber will, 7) „Methodik" als Oberbegriff für
„Didaktik" gelten zu lassen.

Petershagen b. Berlin Jürgen H e n k y s

G loy, Horst: Die religiöse Ansprechbarkeit Jugendlicher als didaktisches
Problem, dargestellt am Beispiel des Religionsunterrichts
an der Berufsschule. Hamburg: Furche-Verlag (1969).
272 S. 8°. Lw. DM25,-.

Grom, Bernhard: Verkünden oder deuten? Impulse der französischsprachigen
Religionspädagogik (StZ 183, 94, 1969 S. 117
bis 126).

- Verkünden oder deuten? Impulse der französischsprachigen Religionspädagogik
. II (StZ 183, 94, 1969 S. 265-279).

Rinderknecht, Hans Jakob u. Konrad Z e 11 e r : Methodik
christlicher Unterweisung. 5., erweiterte Aufl. 1968 bearb. v.
H. J. Rinderknecht. Zürich: Zwingli Verlag [1968]. 285 S. gr. 8°.
Lw. DM24,-.

KIRCHENRECHT

E i c h m a n n , Eduard, Prof. Dr. [Hrsg.]: Kirche und Staat. I.:
Von 750-1122. Unveränderter Nachdruck der 2. Aufl. 1925. VIII,
126 S. II.: Von 1122 bis zur Mitte des 14. Jahrhunderts. Unveränderter
Nachdruck der Ausgabe 1914. IV, 182 S. München-Paderborn
-Wien: Schöningh 1968. 8° = Quellensammlung zur kirchl.
Rechtsgeschichte u. zum Kirchenrecht, hrsg. v. E. Eichmann
1 u. 2. Kart. DM 20,-.

Wie aus dem Vorwort zur 1. Auflage von Band I aus dem
Jahre 1912 hervorgeht, ist die Quellensammlung aus den Bedürfnissen
des akademischen Unterrichts heraus entstanden. Der be-

Theologische Literaturzeitung 94. Jahrgang 1969 Nr. 12