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Ausgabe:

1969

Spalte:

861-865

Kategorie:

Systematische Theologie: Ethik

Titel/Untertitel:

1887 - 1914 1969

Rezensent:

Müller, Alfred Dedo

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861

Theologische Literaturzeitung 94. Jahrgang 1969 Nr. 11

862

N e v i 11 e , Robert C.: Can God Create Men and Address Them
Too? (HThR 61. 1968 S. 603-623).

Nikodim, Metropolit von Leningrad und Nowgorod: Die Aufgaben
der Theologie in der Gegenwart (Stimme der Orthodoxie
1969 Heft 2 S. 55-61).

Ochagavia, Juan: La esperanza teologal (Teologia y vida 9,

1968 S. 201-211).

Panikkar, Raymond: Quelques presupposes äla rencontre des

religions (Communio viatorum 11, 1968 S. 217-220).
Parra t, J. K.: The Laying on of Hands (ET 80, 1969 S. 210-214).
Pesch, Rudolf: Zur Theologie des Todes (Bibel und Leben 10,

1969 S. 9-16).

R o e n s c h , Manfred: Das geistliche Amt und das Bischofsamt der
Kirche (Lutherischer Rundblick 16, 1968, S. 235-244).

Scheffczyk, Leoi Stand und Aufgaben der imago-Dei-Theo-
logie (MThZ 20, 1969 S. 1-28).

Scheltens, Gonsalvus: Grundfragen der heutigen Gottesproblematik
(WissWeish 32, 1969 S. 1-18).

Schillebeeckx, Edwardt Einige hermeneutische Überlegungen
zur Eschatologic (Concilium 5, 1969 S. 18-25).

Schlink, Edmund: Der Heilige Geist und die Katholizität der
Kirche (ÖR 18, 1969 S. 6-22).

Schmidt, Erik: Karl Jaspers zum Gedenken (Freies Christentum
21, 1969 S. 54-56).

Schoonenberg, Piet: Ich glaube an das ewige Leben (Concilium
5, 1969 S. 43-49).

Schupp, Franz: Die Geschichtsauffassung am Beginn der Tübinger
Schule und in der gegenwärtigen Theologie (ZKTh 91, 1969
S. 150-171).

- Der Ort der Theologie im System der Wissenschaften bei Paul
Tillich (ZKTh 90, 1968 S. 451-461).

Semmel roth, Otto: Die Präsenz der drei Ämter Christi im gemeinsamen
und besonderen Pricstertum der Kirche (ThPh 44,
1969 S. 181-195).

Shepherd, William C: Hegel as a Theologian (HThR 61, 1968
S. 583-602).

S m o 1 i k , Josef: Die Revolution des Kreuzes (Communio viatorum

11, 1968 S. 233-236).
Socha, Hubert: Die Grundlegung der kirchlichen Heilssendung

nach dem Vaticanum II (MThZ 19, 1968 S. 265-285).
Tihon, Paul: J. A. T. Robinson et la recherche d'un style theo-

logique pour notre temps (NRTh 101, 1969 S. 149-168).
T i 11 a r d , J. M. R.: L'Eucharistie et la fraternite (NRTh 101, 1969

S. 113-135).

Torrance, T. F.: Karl Barth (SJTh 22, 1969 S. 1-9).

- Spiritus Creator (Vcrbum Caro 89, 1969 S. 63-85).
Tournicr, Paul: Vergebung und Heilung der Seele (ZW 40,

1969 S. 183-187).
Valyi-Nagy, Erwin: Allmacht und Ohnmacht Gottes (DtPfrBl

68, 1968 S. 876-881).
Vandcrhcydcn, Ildefons: Der moderne Mensch und der

Glaube an Gott (WissWeish 32, 1969 S. 38-55).
V i s c h e r, Lukas: Die Bedeutung der Bekenntnisse für die Kirche

heute (ÖR 16, 1967 S. 141-152).
Wappler, Klaus: Metaphysik oder Begegnung? (ZdZ 23, 1969

S. 56-61).

Ward, Keith: Christian Ethics and the Bcing of God (SJTh 22,
1969 S. 78-89).

Wetter, Friedrich: Die Eucharistie, das Sakrament der Einheit

mit Christus (TThZ 77, 1968 S. 341-353).
Whitchurch, I. G.: A Forum for Conscience (SJTh 22, 1969

S. 60-77).

Wisse, Stephan: Möglichkeiten der Gottesbegegnung heute (Wiss
Wcish 32, 1969 S. 56-67).

ETHIK

fRagaz, L.:) Leonhard Ragaz in seinen Briefen. I: 1887-1914.
Hrsg. v. Ch. Ragaz, M. Mattmüller, A. Rieh, unter Mitwirkung
v. U. Jäger. Zürich: EVZ-Verlag [1966]. XLIV, 347 S., 1 Porträt,
9r- 8". Lw. DM 29,50.

Diese Bricfsammlung stellt nicht nur ein sehr anziehendes Dokument
der persönlichen Lebensentwicklung von L. R. dar, sondern
Blbt auch höchst aufschlu5rciche Einblicke in die geistige, soziale
u"d religiös-kirchliche Struktur der letzten Jahrzehnte vor dem
• Weltkrieg. A. Rieh gibt eine wirklich entwirrende „theologische

Einführung" in das „Gefälle in der theologischen Entwicklung" von
L. R. Ein sorgfältiger Anmerkungsapparat zu jedem einzelnen Brief
zeigt die intime Vertrautheit der drei Herausgeber nicht nur mit der
äußeren und inneren Entwicklung von L. R., wie sie sich in dem umfangreichen
literarischen Werk (darunter allein 7 Bänden „Die Bibel
- eine Deutung", Zürich 1950), dem Tagebuch und der zweibändigen
Selbstbiographie „Mein Weg" darstellt, sondern auch mit der „inneren
Dramatik" eines geistigen Werdens, von dem L. R. selbst an
P. Wernle schreibt: „Ich vereinige ... manches in eins, was Sie sich
nur getrennt oder miteinander streitend vorstellen können" (282),
„ich bin gewohnt in Antinomien zu leben, und ich bin eine komplizierte
Natur ..." (204). Ein „Register der Briefempfänger", ein Personen
- und Sachregister erleichtern die durchaus erwünschte Orientierung
, da die Briefe „streckenweise wie ein Labyrinth anmuten, in
welchem sich zurechtzufinden schwierig ist" (IX). Diese Hilfe liegt
vor allem in der von A. Rieh stammenden theologischen Strukturanalyse
, die nicht nur das Verstehen der Briefe, sondern die Orientierung
in den zeitgeschichtlichen Kontroversen wesentlich erleichtert
, in die L. R. sich von früh auf geführt sah.

Schon in der Frühphase seiner Entwicklung, während des Theologiestudiums
und der ersten Pfarramtsjahre als Bergpfarrer in
Graubünden, hatte er sich von der Ausgangsposition seiner inneren
Entwicklung, dem theologischen Liberalismus, gelöst, die ihm hier
vielfach entgegentretende Verwechslung von „Liberalismus" und
„Libertinismus" war seinem sittlichen Rigorismus zuwider. Überhaupt
erschien ihm die immer angepriesene „Versöhnung" der „modernen
Kultur" „mit dem Christentum mehr als bedenklich", da
offenbar „für viele von unseren freisinnigen Theologen ... die moderne
Kultur die Hauptsache" war (8). Darüber hinaus setzt schon
während seiner Zeit als Kantonsschullehrer (1893-95) und dann als
Pfarrer in Chur (bis Frühjahr 1902) eine schwere innere Krise ein;
„Mein einziger Gedanke ist: Gott zu finden, und zwar so, daß ich
ihn andern zeigen kann" (35). Die ganze Problematik liegt für ihn
in dem Sachverhalt: „Orthodoxie hat in ihren Formeln immer noch
einen machtvollen Wahrheitsgehalt, der auch in vertrockneter Form
noch seine Wirkung tut; wir aber sind verloren, wenn wir nicht aus
dem frisch strömenden Quell im Innern, dem Geschenk eines in
Nachdenken und religiösem Ernst gelebten Lebens schöpfen können
" (39). In dem Sinn will er freilich „immer ein Reformer bleiben
", dafi es ihm um die „volle innere Freiheit des religiösen Lebens
, Fühlens, Forschens", aber eben um den Geist der freien, „auch
von liberalen Vorurteilen freien Wahrheitsforschung (38) gehen
wird. Dies führt ihn zu einer Relativierung der theologischen
Richtungsgegensätze. Von daher wird ihm
die Gottesfrage „die Frage aller Fragen" (158). „Aber leider muß
ich gestehen, daß ich darin noch eine bedenkliche Herzschwäche
spüre ...". Er hat zwar „die tiefste Überzeugung von der absoluten
Nichtigkeit der Welt ohne Gott, von der göttlichen Hoheit des
Evangeliums, von der Mission der idealen Kirche - und doch, soll
ich eine Predigt halten, so kann ich's nicht, es kommt wie tödliche
Herzschwäche über mich, während es mir im Religionsunterricht
ganz wohl ist". Er zieht aber aus dieser Erfahrung den Schluß:
„Unsere Zeit braucht doch eher treue Priester als gute Schulmeister"
(57). Er vermutet selbst in einem Brief an seinen Lehrer Prof.
P. W. Schmiedel: „Vielleicht ist das Spekulieren dran schuld" (57).
Die Theologie seines Lehrers Biedermann läßt ihn hier im Stich.
Der antispekulative Charakter ihrer Theologien bei aller ihrer sonstigen
tiefgreifenden Verschiedenheit ist der Grund sowohl für die
Begegnung mit Albrecht Ritsehl wie mit S. Kierkegaard. Das eine
Mal wird so die geschichtliche, das andere Mal die existentielle
Begründung des Glaubens gewonnen. Aber von der
Frage aus: „Kann geschichtliche Gewißheit uns selig machen? Ach
der breite Graben Lessings!" (59) und von dem durch Johannes
Weiß aufgezeigten eschatologischen Grundcharakter der
Botschaft Jesu ergeben sich ihm so schwere Vorbehalte, daß er dem
Ritschlianismus abrupt den Rücken kehrt. „Ich bin jetzt endgültig
vom Ritschl'schen und Lipsius'schen Christus los ... Es bleibt eben
nur eins mehr übrig: den lebendigen, gegenwärtigen Gott aus seinen
gegenwärtigen Offenbarungen zu erkennen und
alle Geschichte nur sekundär zu verwerten. Es ist das
die ungeheure Aufgabe, die unserem Geschlechte gestellt ist; diese
Aufgabe ist eben fast zu groß, denn sie ist mehr als die einstige
Reformation" (108). Von da an „gewinnt (sc. in der Churer Zeit)
das religiöse Denken von L. R. zunehmend den Charakter einer