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Ausgabe:

1969

Spalte:

850

Kategorie:

Ökumenik, Konfessionskunde

Titel/Untertitel:

Svenska kyrkans årsbok 1969

Rezensent:

Israel, Friedrich

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Seite 1

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zustellen. Nach dem reichen Literaturverzeichnis (S. 11-15) und der
Einleitung (S. 17-20), in der Jorgensen Anfänge, Blüte und Agonie
des polnischen Antitrinitarismus bespricht, ist das erste Kapitel
unter dem Titel „Emigrant" (S. 21-116) dem Leben und der Tätigkeit
Lubienieckis (1623-1675) gewidmet. Auf Grund älterer und
neuerer Quellen und Literatur ist die Biographie Lubienieckis ausführlicher
dargestellt. Dieser hervorragende polnische Bruder
stammte aus einer polnischen arianischen Adelsfamilie, lernte in
der bekannten Schule zu Raköw (Kleinpolen) und Kisielin (Krs.
Wlodzimierz); seit 1646 studierte er im Ausland (Orleans, Saumur,
Angers, Paris und Leiden). Im Ausland lernte er viele hervorragende
Männer kennen (Mercier, Heinsius, Capelles), mit welchen
er im Briefwechsel stand. Nach seiner Heimkehr steht er im Dienste
seiner Kirche, deren Lage schwierig wurde; der katholische Klerus
sprach nämlich den Unitariern das Recht auf das Toleranzedikt vom
Jahre 1573 ab. Ihre Situation wurde noch schlechter während des
schwedisch-polnischen Krieges (1655-1660). Sie machten einen
Fehler: begaben sich in den Schutz des schwedischen Königs und
wurden für Verräter erklärt; dasselbe taten zwar auch viele Katholiken
und Protestanten, aber nur die polnischen Brüder wurden
streng bestraft: sie mufjtcn auf Grund des Sejmbeschlusses vom
Jahre 1658 Polen verlassen. Lubicniecki mußte mit vielen polnischen
Brüdern emigrieren, und er wird zum Verteidiger und Führer
der Unitarier-Exulantcn. Im Westen propagierte er seine Lehre,
disputierte mit Katholiken und Lutheranern, wurde verfolgt, viele
Jahre wohnte er in Hamburg, wo er im Jahre 1675 gestorben ist.
Bis jetzt nahm man an, er sei vergiftet worden. Jorgensen beweist,
daß Lubicniecki mit zwei seiner Töchter verschieden ist infolge
seiner Unvorsichtigkeit: Verzchrung von Ergodamina (Afterkorn);
er wurde begraben in der lutherischen Kirche in Altona. Der Verfasser
schließt dieses Kapitel folgendermaßen: der Leichnam des polnischen
Bruders wurde nicht nur in der lutherischen Kirche begraben
, sondern sein Geist und seine Gedanken haben diese Kirche
durchdrungen.

Im II. Kapitel unter dem Titel: „Schriftsteller und Theologe"
charakterisiert Jorgensen Lubicniecki als Schriftsteller und Theologen
vorzugsweise auf Grund von: Historia Reformationis, Theatrum
Comcticum und Compendium. Nach Lubicniecki war der urchristliche
Glaube (fides primaeva) Glaube der Fischer und Zöllner,
später fing man an, in Anlehnung an philosophische Termini die
Dogmen zu bilden; das verdunkelte die Urwahrheit (primaeva
veritas). Die einzige Grundlage in den Glaubenssachen soll die
heilige Schrift sein, die Kirchenväter nur, wenn ihre Aussagen im
Einklang mit der Bibel stehen. Das wahre Christentum finden wir
im Neuen Testament, seinen Inhalt im Apostolicum, und darum
verwirft Lubicniecki das Athanasianum und Filioque. Lubieniecki
verwirft die Lehre von Rechtfertigung, Erbsünde und Prädestination
, legt dagegen ein großes Gewicht der Buße bei. Der Christ soll
das tun, was Gott von ihm verlangt: seine Pflichten erfüllen und
Hoffnung auf die Barmherzigkeit Gottes und den Tod des Erlösers
hegen. In seiner Stellung zur Reformation ist er der Meinung, daß
durch M. Luther die Wahrheit entdeckt wurde, aber damit die Reformation
nicht erfüllt sei. Darum sandte Gott Zwingli, Oekolam-
Pad und Calvin. Die eigentliche Reformation wurde von den Unitariern
in der Mitte des XVI. Jahrhunderts vollendet.

Am Schluß (S. 174-188) geht der Verfasser näher auf Lubicniecki
und die Unitarier ein. Wo sich die polnischen Brüder befanden,
propagierten sie ihre Lehre und die Duldsamkeit; die dänische
Theologie unterlag dem Einfluß der unitarischen Lehre, theolo-
9ische Gedanken Lubienieckis hinterließen Spuren in der Kirchen-
9cschichte. Lubieniecki war in seinen theologischen und sozialen
Anschauungen ein mäßiger Unitarier. Auf Grund der heiligen
Schrift verkündete er den Primat des Glaubens, bekämpfte die
Tradition, zog die Freiheit der Tradition, die Moral dem Dogma,
ratio sana dem Glauben, diese Welt jener vor. Lubienieckis Lehre
und die der polnischen Brüder floß aus dem humanistischen Rationalismus
und der Lehre des linken Flügels der Reformation. Der
Unitarismus hatte die Aufklärung und den Pietismus vorbereitet.
Wenn man von einer originellen polnischen evangelischen Theorie
sprechen will, so nur von der Theologie der polnischen Uni-
taricr.

Jorgensens Arbeit ist inhaltsreich, auf hohem wissenschaftlichen
N.'vcau, ist in wohlwollendem Geist und Verständnis für die polnischen
Brüder geschrieben und kann allen Kirchenhistorikern und
Theologen empfohlen werden.

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Zum Schluß einige Korrekturen bzw. Ergänzungen:
S. 7: „Ökumenische Bestrebungen ... bis zum Jahre 1645 (nicht
1648).

S. 21: Sienicnskis Frau war Gnojenska, führte den Krebs(rak)
im Wappen.

S. 29 u. 54: Stephan wurde später Palatin, besser Woiwode.

S. 33: wo liegen die Ortschaften: Czarköw, Macowice?

S. 33: mit dem russischen Zaren ... damals besser Moskauer.

S. 34: Für den Leser im Westen müßte man erklären, was die
„Kwartianer" waren. Seit der Mitte des XVI. Jh. war l/< des Einkommens
von den königlichen Landgütern bestimmt zur Unterhaltung
des stehenden Militärs, daher „Kwartianer" (Quarta).

S. 38: Cwinaa, ist das nicht Mecina (Krs. Limanöw, Kleinpolen)?
Da war eine arianische Gemeinde seit 1605.

S. 21: Stephan Niemirycz war kein Historiker.

S. 39 u. 164: Welcher Kazimierz? Das war das Stadtviertel von
Krakow.

S. 22: In der Rakauer Schule wurde Biologie und Medizin nicht
gelehrt.

S. 34: Hetman Chmielnicki war kein Magnat.

S. 37: Die Chronologie der Ereignisse der Jahre 1655-1656 verlangt
nach Überprüfung.

S. 100: Lubomirski wurde verurteilt zur Verbannung und wurde
seines Amtes enthoben.

(Rechtschreibung S. 42: Wawel, S. 34: Kwartianer.).

Warszawa Oskar Bortet

KIRCHEN- UND KONFESSIONSKUNDE

Svenska Kyrkans Arsbok 1969. Fyrtionionde ärgängen. Stockholm
: AB Verbum Kyrkliga Centralförlaget (1968). 309 S. kl. 8°.
In diesem schwedischen Amtskalender fesselt den praktischen
Theologen der Bericht über den „Gemeinde-Paten". Dieser ist nicht
von oben verordnet, sondern vor zehn Jahren aus der Gemeinde gewachsen
. 1968 hatten 53 Gemeinden 1218 Gemeinde-Paten bei einer
Anzahl von reichlich 5000 Kirchgemeinden in Schweden. In Stockholm
z. B. hatten 11 Gemeinden 260 solcher Paten. - Der Gemeinde-
Pate hilft den Taufeltern die Feier würdig auszugestalten und
betet mit ihnen. Er besucht die Eltern auch an den Jahrestagen der
Taufe, berät sie bei der Erziehung des Kindes, bringt gedruckte
„Taufgrüße" und führt das Kind in den Kindergottesdienst.

Das sonst so aufschlußreiche Verzeichnis des theologischen und
kirchlichen Schrifttums fehlt diesmal.

In der Landwirtschaft hat sich der Großraum durchgesetzt, in der
Industrie die Zusammenarbeit der Einzelbetriebe. Auf kirchlichem
Gebiet machen sich die Verantwortlichen Gedanken in dieser Richtung
. Das geht auch die Amtskalender und ähnliches Schrifttum an.
Das schwedische Jahrbuch ist zugleich Pfarrerverzeichnis und bringt
auch ein Verzeichnis der Verstorbenen des vorigen Berichtjahrs. Es
unterrichtet über die Freikirchen, die römisch-katholischen und
othodoxen Gemeinden in Schweden. Es blickt in die Schwesterkirchen
des Nordens, in denen sich ebenfalls die Beziehungen zwischen
Kirche, Gesellschaft und Staat ändern und die allgemeine
Unruhe der Jugend auch die theologische Studentenschaft ergreift.

Leipzig Friedrich O s t a r h i I d

Pottraeyer, Hermann- Josef: Der Glaube vor dem Anspruch der
Wissenschaft. Die Konstitution über den katholischen Glauben
„Dei Filius" des Ersten Vatikanischen Konzils und die unveröffentlichten
theologischen Voten der vorbereitenden Kommission.
Freiburg-Basel-Wien: Herder 1968. 517 S., Dokumentenanhang:
105 S. 8° = Freiburger theologische Studien, hrsg. v. J. Vincke,
A. Deißler, H. Riedlinger, 87.

Das Buch behandelt die erste der beiden im I. Vatikanischen Konzil
proklamierten Konstitutionen: De fide catholica, im allgemeinen
nach den Anfangsworten zitiert als „Dei Filius". Die Untersuchung
verwertet dabei die bisher nicht bekannten theologischen Voten
der Konsultoren Pecci und Franzelin, welche die Entwürfe und
Vorarbeiten für die Konstitution geliefert haben. Diese sind ebenso
wie die verschiedenen Textgestaltungen, welche die von dem
Kurientheologen Kleutgen erarbeiteten und dem Konzil zur Be-

Theologische Litcraturzeitung 94. Jahrgang 1969 Nr. 11