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1969

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Kirchengeschichte: Alte Kirche, Christliche Archäologie

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Neuerscheinungen

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Aufsatz ist allgemein verständlich, setzt wenig Kenntnisse voraus
und eignet sich daher gut für unterrichtliche und informatorische
Zwecke. An Neufunden sind berücksichtigt die Papyri 53-81, die
neuen Maiuskeln 209-266, die Minuskeln 2402 bis 2754 und die
Lektionarien 1610-2135, ausführlicher freilich nur - mit Recht -
Papyrus Bodmer II, wobei der Spätdatierung Martins vor der in der
Tat unmöglichen Frühdatierung Hungers der Vorzug gegeben
wird.

Die heute beliebte Art, gesammelte Aufsätze herauszugeben, hat
grofje Vorteile, wenn dabei kritisch gesichtet wird. In diesem Buch
ist das geschehen, es sind nur - abgesehen vielleicht von der überflüssigen
Miscelle 6 - wertvolle Aufsätze abgedruckt, bei weitem
nicht alles, was der Autor geschrieben hat. Ob die hier eingeschlagene
chronologische Anordnung nach Jahren der Abfassung vor
einer stärker systematischen, etwa der Zusammenstellung der über
das ganze Buch hin verstreuten textkritischen Aufsätze vorzuziehen
war, ist „a matter of convenience".

Speyer a. Rh. Carl Schneider

(Augustinus, A.:) Sancti Aurelii Augustini. De Trinitate. Libri
XV (Libri I-XII u. XIII-XV). Cura et studio W. J. Mountain,
auxiliante Fr. Glorie. Turnholti: Brepols 1968. CII, 380 S., 1 Taf.
u. XI, S. 381-775 gr. 8° = Corpus Christianorum, Series Latina,
L u. L : Aurelii Augustini Opera, Pars XVI, 1 u. 2.
Das Corpus Christianorum, in den letzten Jahren durch eine
Reihe vorzüglicher, übersichtlich gestalteter Bände bekanntgeworden
, wird jetzt mit diesem Band fortgesetzt, der Augustins dogmatisches
Hauptwerk enthält. Die zwischen 399 und 419/425 (so
Schindler) entstandene Schrift, deren Schwierigkeitsgrad bereits
der Verfasser selbst in Rechnung stellte (ep. 169,1), liegt damit in
einer Ausgabe vor, die jene im entsprechenden Migneband (PL 42)
als überholt erscheinen läßt. Denn die inzwischen leider verstorbenen
Herausgeber haben keine Mühe gescheut, um eine allseitig
verwendbare Edition herzustellen.

So geben die Prolegomena eine Fülle wichtiger Aufschlüsse:
Neben den Testimonien Augustins zu De Trinitate enthalten sie
einen Aufriß früherer Ausgaben (mit den gegenüber der Mauriner-
ausgabe abweichenden Textstellen), eine mit dem Stemma verbundene
Beschreibung der Handschriften (einschließlich der Codices
supplementarii und complementarii); schließlich Hinweise auf
Augustins Quellen sowie auf loci paralleli. Eine Bibliographia
selecta rundet diesen einführenden Teil ab. Die im zweiten Band
enthaltenen Appendices umfassen einen Breviculus alter, die
pseudo-augustinische Oratio in libros de Trinitate, ferner Symbola,
Lectiones variantes aliae, einen Conspcctus testium sowie die In-
dices (Locorum S. Scripturae und Scriptorum). Die Indices erlauben
eine schnelle und sichere Orientierung; sie zeigen z. B., in wie starkem
Maße der Kirchenvater auch in dieser dogmatisch so wichtigen
Schrift neben der Bibel die heidnischen Schriftsteller und Philosophen
(vor allem Cicero, Piaton, Plotin usw.) heranzieht.

Überprüfung von Text und Apparat zeigt allenthalben, daß es sich
um eine fundierte Ausgabe handelt, der die Herausgeber alle Kraft
gewidmet haben. Soweit man von Lücken sprechen kann, spürt
man sie am ehesten in der Bibliographie, die aber wohlweislich als
begrenzt charakterisiert ist. Immerhin sind Abschnitte wie „De
tempore et occasione compositionis" sehr knapp und nicht immer
auf den letzten Forschungsstand orientiert. Nach Aussage der
Bibliographie stehen französisch geschriebene Arbeiten für diesen
Forschungsbereich allzu sehr im Vordergrund, womit die Akzente
doch nicht richtig gesetzt sind. Vielleicht wirft diese „Tatsache",
die sich aus der Bibliographie ergibt, kein besonders günstiges
Licht auf die internationale Zusammenarbeit, um die es heute doch
mehr denn je geht.

Aufs Ganze gesehen, kann man mit Befriedigung feststellen,
daß die für den antihäretischen (und antignostischen) Kampf Augustins
grundlegende Schrift „De Trinitate" nun in einer Ausgabe vorliegt
, die für lange Zeit maßgeblich sein wird.

Halle/Saale Hans-Joachim D i e s n e r

Frank, P. Suso: Gehorsam und Freiheit im frühen Mönchtum

(RQ 64, 1969 S. 234-245).
Frend, W. H. C: Their Word to Our Day. VII. Marcion (ET 80,

1969 S. 328-332).
Schwartz, Jacques: Lucien de Samosate et certains ecrits juifs

(RHPhR 49, 1969 S. 135-140).

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KIRCHENGESCHICHTE: MITTELALTER

Thomas, Rudolf: Der philosophisch-theologische Erkenntnisweg
Peter Abaelards im Dialogus inter Philosophum, Judaeum et
Christianum. Bonn: Röhrscheid 1966. 236 S. gr. 8° = Untersuchungen
zur allgemeinen Rcligionsgeschichte, N. F., hrsg. v.
G. Mensching. Kart. DM 29,50.

Das Buch hat 1965 der Philosophischen Fakultät Bonn vorgelegen
als Dissertation zur Religionsgeschichte. Der Verfasser weist hin auf
einen Zusammenhang mit den Vorlesungen Helmut Gollwitzers
und Wilhelm Weischedels über „Denken und Glauben" (S. 7). Es
geht um Grundsatzfragen: „Divergenz und Kommunikation von
Wissen und Glauben, natürlichem und positivem Gesetz, natürlicher
und geoffenbarter Religion, Ethos und Religion, Subjektivität und
Autorität, Immanenz und Transzendenz". Thomas suchte „in der
Geschichte des Abendlandes einen der bestimmenden Ansatzpunkte
in der Entfaltung jenes Komplexes auf: Das 12. Jahrhundert. Hier
stehen wir an dem historischen Ort, der als etwaige Grenze zwischen
Früh- und Hochscholastik gesehen werden darf. Von dort an
wird nicht mehr und nur die Anwendung der logischen Kategorien
griechisch-römischen Denkens im Verständlichmachen des christlichen
Dogmas, sondern bereits und vielmehr die „Eigenbewältigung
" antiken vor- und außerchristlichen Erkenntnisgutes in die
christliche Wahrheit vollzogen" (S. 13). Der Traktat „Dialogus
inter Philosophum, Judaeum et Christianum" entstand am Ende
von Abälards Leben und konnte von ihm nicht mehr vollendet
werden; andere haben ihn vollenden wollen (S. 25). Die Arbeit von
Thomas trug ursprünglich den Titel: „Das höchste Gut. Religions-
phänomenologische Untersuchung des Dialogus . . .". Dieser Titel
ließ klarer erkennen, worum es geht. Der 1. Teil „Interpretatio
successiva" (S. 33-152) zeigt immer wieder die Bezogenheit auf
das summum bonum. „Wie ist die Erforschung der Wahrheit zu
verstehen? Sie geht den Weg zur Auffindung vor allem des summum
bonum" (S. 37).

Die drei Gesprächspartner, die vor einem judex ihre Argumente
vortragen, reden zunächst von der Bedeutung des Gesetzes (S. 37
bis 64); schon hier werden die Positionen deutlich. Die folgenden
Teile haben es mit dem summum bonum direkt zu tun: Die Bedeutung
der lex Christi als Enthüllung des summum bonum (S. 64
bis 69); Die Bedeutung der rationes in der Erforschung des summum
bonum (S. 69-87); Das summum bonum qua virtus et voluptas
(S. 87-96); Das summum bonum hominis (S. 96-104); Virtutes
qua viae ad summum bonum (S. 104-12); Summum bonum et
summum malum absolutum et hominis (S. 112-26); Summa bea-
titudo - sine finito loci et temporis (S. 126-33); Regnum caelorum

- sublimitas futurae vitae (S. 133-40); Infernum - summum
malum (S. 140-43); Generalis significatio boni et mali (S. 143-52).

- Die Darstellung wechselt ständig zwischen mehreren Ebenen.
Neben den Gedanken der drei Gesprächspartner des Abälard-Textcs
stehen die Argumente aus der Bibel, den Kirchenvätern und Philosophen
; hinzu kommt als dritte Ebene der Kommentar von
Th. Ein Beispiel: Der Philosophus will gegenüber dem Judacus die
Bedeutung des mosaischen Gesetzes abwerten. Zu seinen Argumenten
sagt Th.: „Ohne um die verschiedenen später zusammenfließenden
Gottcsvorstellungen zu wissen, die sich in den El- und
J-Quellen darstellen, hat hier der Philosophus die wesensmäßige
Unterschiedlichkeit gezeichnet: der Gott im vormosaischen Raum
trug vorherrschend ruhige, gütige und universale Züge, wie z. B.
im Menschheitsbund der Noahgeschichtc; während der Gott vom
Sinai einen leidenschaftlich-hcilig-zornigen Charakter aufweist.
Religionsgeschichtlich handelt es sich um jenen bekannten Vorgang
der Aufnahme des von den Israeliten in Kanaan vorgefundenen
El-Glaubens in den Jahwe-Glauben" (S. 46). Leider ist es nicht
immer so klar, wo Abälard und wo Th. redet. So liest man auf
S. 71: „In dieser Ablehnung der signa und miracula als Begründung
des Glaubens tritt der Philosophus unter die Wirklichkeit des
NT: Hier entsteht der Glaube am Wort ...". Bei den folgenden Erörterungen
handelt es sich um Gedanken von Th.; die einleitenden
Worte ließen aber die Möglichkeit offen, es handele sich um Argumente
des Philosophus. Zuweilen sind die Ausführungen von Th.
weitaus umfangreicher als der Text. So hatte der Philosophus sich
auf 1. Kor. 1,22 berufen und dieses Zitat in bezeichnender Weise
gekürzt. Fast 3 Seiten verwendet Th. auf den Nachweis, daß „keine

Theologische Literaturzeitung 94. Jahrgang 1969 Nr. 11