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Ausgabe:

1969

Spalte:

836-837

Kategorie:

Kirchengeschichte: Alte Kirche, Christliche Archäologie

Autor/Hrsg.:

Beato, Luca

Titel/Untertitel:

Teologia della malattia in S. Ambrogio 1969

Rezensent:

Altendorf, Hans-Dietrich

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Theologische Literaturzeitung 94. Jahrgang 1969 Nr. 11

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schichte des Kreuzeszeichens" von Frz. Jos. D ö 1 g e r wird mit den
Nummern 33-37 zum Abschluß gebracht: die Sinnbilder des Kreuzes
in der Natur, die Kreuzesmystik vom Baum des Lebens, der
Kreuz-Äon in der Gnosis u. a. Zur Nr. 34 über „die Verklärung des
Kreuzes" wäre besonders E. D i n k 1 e r s Buch über „das Apsis-
mosaik von S. Apollinare in Classe" (1964) zu vergleichen. Bei den
Spekulationen über „die kreuzförmige Ausbreitung des Logos im
Weltall" (Nr. 37) hat man mitunter „den Eindruck, als ob das vom
Himmel auf die Erde projizierte Kreuz der Feldmesser und das
Himmelskreuz der Astronomen oder die mit einem Kreuz überzogene
Weltkugel für die christliche Kreuzesmystik zusammengewirkt
hätten". - Auch Theodor K 1 a u s e r s ausgedehnte „Studien
zur Entstehungsgeschichte der christlichen Kunst" kommen mit
diesem Bande zum Abschluß. Kl. prüft unter sorgfältiger Zusammenstellung
des ganzen Materials die Frage, ob es in der christlichen
Sepulkralmalerei und außerhalb ihrer überhaupt Schafträgerfiguren
gegeben habe, die Jesus als guten Hirten darstellen sollen
. Sie wird nur für einige späte Fälle zögernd bejaht, wobei die
Vorstellung eines Christus <|it>x°K°Hn°G die Brücke gebildet haben
dürfte. Bedenkt man, wie selbstverständlich frühere Zeiten allenthalben
mit solchen Darstellungen gerechnet haben, so begreift man
die mächtige Aufräumungsarbeit, die in dieser langen Serie von
Untersuchungen für ein vorsichtigeres und richtigeres Verständnis
der frühchristlichen Kunst geleistet worden ist. Neben den Untersuchungen
des Schafträgers kommt hierbei der über die - gleichfalls
nicht primär christliche - Orans besondere Bedeutung zu. In
einem Rückblick faßt der Verfasser noch einmal das Resultat und
die strengen methodischen Grundsätze seiner Untersuchungen zusammen
. Er spricht an anderer Stelle von den vier großen „Marksteinen
" der Katakombenforschung, die durch die Namen Bosio, de
Rossi, Wilpert und Styger bezeichnet sind. Er selbst dürfte, was die
ikonographischen Probleme anlangt, einen fünften Markstein gesetzt
haben.

Ein weiterer archäologischer Beitrag K 1 a u s e r s zeigt am
Beispiel des Sarkophags des kaiserlichen Expräfekten Catervius in
der Kathedrale von Tolentino, wie auch Grabmonumente „als Auslöser
hagiographischer Erfindung" wirken können. Hans-Jürgen
Horn bietet nach einer sachgemäßen archäologischen Orientierung
eine ausgedehnte „Typologie" des Fensters in der Antike.
Auch das reiche patristische Material verdient Dank. Doch hat er,
ausgehend von der angeblichen „Grundvorstellung" vom „Fenster
als Vermittlung zwischen einem Geborgenheit schaffenden Innen
und einem unheimlichen Draußen" die Grenzen des Allegorisierten
zum Allegorisierbaren und des Allegorisierbaren zum schlicht Sachgemäßen
m. E. nicht genügend beachtet. Die kühne Deutung der
Paulus am Fenster zuhörenden Thekla in den Paulusakten mag
hingehen. Aber was hat die Tatsache, daß man Kranke in Zimmer
legt, in denen sie nicht aus dem Fenster stürzen können, was hat
die Ermordung mit Schüssen durchs Fenster, das schnelle Hinauswerfen
von Dingen, die nicht gefunden werden sollen, und noch
der berühmte Fenstersturz von Prag (S. 46!) mit Dämonenfurcht
und dergleichen zu tun? Ich könnte mühelos einige ergötzliche
baltische Geschichten beisteuern, um diese vermeintlich magischreligiösen
Vorstellungen ganz unsymbolisch zu vermehren. - Rud.
Noll weist auf einem Goldglas-Fragment das allerdings nicht fehlerfreie
erste Beispiel eines eingeschnittenen Bibelverses nach (Mt.
28,20). - H. Bellen erklärt das Hirschgeweih auf einer römischen
Sklavenmarke einleuchtend als apotropäisches Symbol, das
den Sklaven von der Flucht zurückhalten soll. - H.-J. G e i s c h e r
bietet in einem größeren Aufsatz die Quintessenz seiner Dissertation
. Die „heidnischen Parallelen zum frühchristlichen Bild des
Isaak-Opfers" ergeben ein nicht unwichtiges negatives Resultat:
Unter allen Darstellungen von Menschenopfern, Hinrichtungen und
dergleichen kommt keine Szene als Vorlage für Isaaks Opferung in
Betracht. Der Verfasser dankt zahlreichen Personen für Hilfe und
Unterstützung, verschweigt aber „unüberhörbar" den Namen seines
Heidelbergers Lehrers Erich Dinkler, bei dem die Dissertation angefertigt
wurde - ein immerhin beachtliches Beispiel dokumentierter
Undankbarkeit.

Unter den philologischen Beiträgen ragen zwei umfangreiche
Studien hervor. Cajus F a b r i c i u s untersucht den „sprachlichen
Klassizismus der griechischen Kirchenväter" als „philologisches und
geistesgeschichtliches Problem". Die Herleitung ist im Grunde einfach
: Schon im zweiten Jahrhundert war ein gewisser Attizismus

die obligate Sprache seriöser Publizistik, und im vierten Jahrhundert
, in dem die Weichen endgültig gestellt wurden, war er einfach
zur Hochsprache aller Gebildeten geworden. Interessant ist von
hier aus die verschiedene Einstellung der Väter der frühen Jahrhunderte
: Klemens ist z. B. ein extremer Klassizist, während Ori-
genes auch als Apologet eine unklassizistische Fachprosa schreibt.
Im vierten Jahrhundert bildet nur Epiphanios noch eine vulgäre
Ausnahme vom herrschenden klassizistischen Sprachstil. - Herrn.
Funke untersucht die Majestäts- und Magieprozesse bei Ammia-
nus Marcellinus unter dem Gesichtspunkt von dessen eigener Einstellung
. Obgleich Ammianus Marcellinus in dieser Hinsicht selbst
nicht völlig „aufgeklärt" empfindet, sieht er in der übertriebenen
Verfolgung der Magie durch die christlichen Kaiser den Ausdruck
politischer Angst und Schwäche, aber nicht einer heidenfeindlichen
Gesinnung oder Politik. - W. Speyer erläutert die Legende vom
Tod der Salome, die angeblich ins Eis einbrach, so daß ihr die
Scholle den Kopf absägte. Hier erscheint im Sinne der talio idenüca
ein auch sonst bezeugtes, entlehntes Motiv. Außerdem verweist er
in einem weiteren Beitrag auf einen jüngst entdeckten Psalmus
abecedarius - das älteste Beispiel dieser Art -, der eine mariologisch
akzentuierte Geburtsgeschichte bietet, die sich außer mit den
kanonischen Evangelien besonders mit dem Protevangclium Jacobi
berührt. Der Papyrus wird in die erste Hälfte des 4. Jahrhunderts
datiert. Doch könnte ich mich nicht dazu entschließen, den Text
selbst bis in die Nähe des Protevangeliums Jacobi hinaufzurücken.
- Norb. B r o x weist in Julians Christenpolemik eine Reihe von
Argumenten nach, die uns aus der gnostischen Kritik bekannt sind
(Unwissenheit des Demiurgen, Verdienst der Schlange usw.). Das
besagt freilich nicht, daß er sie selbst aus gnostischen Quellen geschöpft
haben muß.

In der Form eines Aufsatzes über Clemens Romanus und den
Frühkatholizismus bespricht O. K n o c h das einschlägige Buch
von Karlmann Beyschlag. Er erklärt dessen differenzierende
Betrachtung als Ergebnis eines „einseitig-reformatorischen Denkschemas
". Ich kann ihm hierin nicht folgen, meine vielmehr, daß er
seinerseits Paulus in etwas naiver Weise „frühkatholisch" umdeutet
und Klemens angleicht. Wie könnte er sonst die Vollendung des
Gesetzes durch Christus und die Vorstellung eines „Gottes der Ordnung
und der Pflichterfüllung" als typisch paulinische Lehren ausgeben
! Weitere z. T. ausführliche und inhaltsreiche Rezensionen betreffen
archäologische, philologische und editorische Neuerscheinungen
. Hervorgehoben sei die anerkennende, aber an vielen Punkten
auch kritische Besprechung des ersten Bandes von Alfred
Adams Lehrbuch der Dogmengeschichte (1965) durch Jos.
Ratzinger. Als Ergänzung zum RAC erscheint ein m. E. nicht
sehr übersichtlich disponierter, aber ungemein stoffreicher und
anregender Artikel „Barbar" von Wolfg. Speyer (unter teilweiser
Mitwirkung von I. Opelt). Er übertrifft den seinerzeit von
J ü t h n e r verfaßten Artikel im ersten Band vom RAC gut um das
Zwanzigfache. Sp. verfolgt die sprachliche und geistesgcschichtliche
Entwicklung des Begriffs im heidnischen und christlichen Lager bis
an die Schwelle des Mittelalters mit seinen neuartigen und neue
Fragen aufwerfenden Barbarennöten. Sp. 278 könnten neben Irenaus
und Selenas, die in barbarischen Sprachen predigten, noch an
die koptischen Predigten von Athanasios erinnert werden. Hervorgehoben
sei auch die Charakterisierung des „theologisch wichtigen
Begriffs vnocnraöiG" als einer ßapßapos Xe§tS- von der Socrates,
hist. eccl. III 7 berichtet.

Heidelberg Hans v. Campenhausen

Beato, Luca: Teologia della malattia in S. Ambrogio. Torino:
Marietti 1968. 224 S. gr. 8°. Lire 2.300.-.

Das Thema wird in drei Teilen abgehandelt: I. Elementi preli-
minari et introduttivi (Malattie et malati-Corpo e anima - Malattie
fisiche e spirituali), II. Cause della malattia (Peccato e malattia -
Diavolo e malattia - Dio e la malattia), III. Finalitä della malattia
(Malattia come lotta contro il diavolo - Malattia come prova -
Malattia come imitazione di Cristo sofferente - La morte e un
bene); die Kapitel sind noch untergeteilt. Vf. behandelt das Thema
ganz schematisch; die Zitate aus den Schriften des Ambrosius füllen
die einzelnen Rubriken aus, die Vf. aufgestellt hat. Man erfährt
auf diese Weise nichts Neues, und ein Thema ist vertan, das
an sich sinnvoll ist: die Krankheit war besonders für den asketisch