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Ausgabe:

1969

Spalte:

826-828

Kategorie:

Neues Testament

Autor/Hrsg.:

Scharlemann, Martin H.

Titel/Untertitel:

Stephen - a singular saint 1969

Rezensent:

Bertram, Georg

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Theologische Literaturzeitung 94. Jahrgang 1969 Nr. 11

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schaftsgeschichtliches Interesse allein, das den Nachdruck dieses
Kommentars begrüßt, sondern dazu auch der Wunsch, einem Klassiker
der Exegese wieder begegnen zu können, um von ihm immer
noch zu lernen.

Wie zur Wiederauflagc von Gunkels Genesis, so hat auch für
diesen Kommentar Walter Baumgartner ein außerordentlich lebendiges
und eindrucksvolles Bild des Autors gezeichnet, das den
eigentlichen Ausführungen Duhms vorangestellt ist. Der Benutzer
wird dafür besonders dankbar sein, so wie er sich auch über die
Beigabe einer Photographie des Gelehrten freuen wird.

GreiFswald Siegfried Wagner

Dhorme, E.: A Commentary on the Book of Job. Transl. by
H. K n i g h t, with a Prefatory Note by H. H. R o w 1 e y. London
: Nelson [1967]. CCXXIV, 675 S. gr. 8°.

Im Jahr 1926 erschien der Kommentar von P. E. Dhorme, Lc Livre
de Job, in Paris. Er war 1910 begonnen worden und sollte 1914 abgeschlossen
sein; bis zu seinem Erscheinen 1926 hat der Vf. ständig
daran gearbeitet. Der Kommentar hat nicht die ihm gebührende
Beachtung gefunden,- Besprechungen in englischer Sprache nur
C Lattey, Dubl Rev 90 (1927) 148-152, in deutscher Sprache nur
die von L. Dürr, AFO 6 (1929) 27-28, von W. Eichrodt, Theol. der
Gegenw. 23 (1929) 307-308, und die sehr kurze und nur andeutende
von E. König, Theol. Literaturblatt 50 (1929) 36-37; holländisch
TLW van Ravcstcyn, Nicuwc Theolog. Studien 11 (1928) 103-107.
Mehrere ausführliche Besprechungen erschienen in französischer
Sprache, von denen ich nur die von A. Condamin, Revue Apologe-
tique 45 (1927) 327-334, von J. Calcs, Rech, de Science Relig. 18,
(1928) 391-97; Nouv. Rev. Theol. 55 (1928) 121-127; D. H. Dues-
burg, Rev. Benedict. 39 (1939) 269-270; R. Synavc, Rev. des Sciences
Philos. et Theolog. 17 (1928) 140-41; E. Podcchard, Rev. Sciences
Relig. 8 (1928) 103-107 nenne.

Der Kommentar, der lange Zeit nicht mehr zugänglich und auch
in Bibliotheken schwer erreichbar war, ist 1967 in englischer Sprache
neu erschienen, übersetzt von Harold Knight, durchgesehen von
H. H. Rowlcy. Die neue Herausgabe dieses Kommentars ist sehr zu
begrüßen, er wird neben den neueren Kommentaren (Tur Sinai,
Ter rien, Fohrcr, Horst-Kutsch) einen wichtigen Platz behalten.

Die Besonderheit und die besondere Wichtigkeit des Kommentars
von Dhorme liegt in zwei Schwerpunkten: der bis ins einzelne
gehenden Hcrausarbeitung der Geschichte des Textes und der Versionen
und der stetigen, sorgfältigen Heranziehung der altoricn-
talischen Parallelen, vor allem bei der Wortuntersuchung. In diesen
beiden Schwerpunkten wird das Werk seine Bedeutung auch bei
veränderter Forschungslagc noch lange behalten.

Der Kommentar ist so aufgebaut, daß auf eine sehr ausführliche
Einleitung Übersetzung und knappe Kommentierung des Textes
folgen. Die Einleitung beginnt mit dem Namen des Buches und
seinem Ort im Kanon (1) und der Darstellung der einzelnen Teile
des Buches (2-6). Teil 7: Komposition des Buches, 8: Die Lehre des
Buches, 9: Das Buch Hiob im AT, 10: Die Sprache, 11: Metrum
und Strophen, 12: Text und Übersetzungen, 13: zur Geschichte der
Exegese des Buches. Dhorme nimmt für das ganze Buch, abgesehen
von den Elihu-Rcdcn, die er für einen fremden, erst später eingefügten
Bestandteil hält, einen einheitlichen Verfasser an. Das Entstehen
des Buches vergleicht er mit dem organischen Wachstumsprozeß
einer Pflanze, der sich in einem organischen Aufbau zeige.
Vor allem für den Prosa-Rahmen Kap. 1-2; 42,7-11 lehnt er eine
gesonderte Entstehung ab (das .Volksbuch', Kautzsch, Budde). Hier
macht es sich bemerkbar, daß Dhorme die Entstehung des Hiobbuches
noch rein als literarischen Vorgang beurteilt, ohne auf ein
mögliches vorliterarisches Stadium einzugehen. Nur von diesem
methodischen Ansatz her wäre auch die Möglichkeit einer außer-
'sraelitischen Vorgeschichte einzelner Elemente oder Motive zu erlügen
; da der Vf. die Entstehung des Buches nur literarisch sieht,
lehnt er außcrisraelitische, besonders babylonische Einflüsse ab.
Daß auch hierin die Forschungslagc jetzt eine andere ist, zeigen
de Kommentare von Terrien und Fohrcr. Die äußerst sorgfältige
Arbeit am Text spiegelt sich in der Übersetzung; der Vf. bemüht
sich, dem masoretischen Text möglichst nahe zu bleiben und ihn
mir da zu ändern, wo er nicht mehr lesbar ist. In wenigen Fällen
stellt er Verse um. In dem zweifellos zerstörten Teil Kap. 24-27
versucht er, die dritte Rede Zophars wiederherzustellen (27,13.23;
H18-24).

Besonders seien noch die beiden zusammenfassenden Kapitel 8
und 9 hervorgehoben. Der Vf. meint, daß man ein festes, definierbares
Ziel des Verfassers mit seinem Werk nicht festlegen könne;
dagegen arbeitet er in Kap. 8 die beherrschenden theologischen
Linien des Redens von Gott und Mensch, Sünde und Vergeltung
heraus. Diese Linien stellt er im 8. Kapitel in den größeren Zusammenhang
der Bücher des AT (bes. Jer, Dtjes und Ps), zeigt Gemeinsames
und Unterschiede auf und bestimmt so den Ort, an dem
der Verfasser des Hiobbuches die zu seiner Zeit bestehende Vcr-
geltungslehre teils bejaht, teils radikal bestreitet.

Als Zeit der Entstehung nimmt Dhorme 500-450 an, als Ort Palästina
, wobei ihm aber wichtig ist, daß der Verfasser des Hiobbuches
ein weitgereister Mann war, daß er Idumäa und Arabien
wie auch Ägypten besucht hatte.

Es ist zu hoffen, daß dieses bedeutende Werk, das dankenswerterweise
wieder zugänglich gemacht wurde, auch jetzt noch das
ihm gebührende Gewicht in der Erforschung des Hiobbuches erhält
.

St. Leon Claus Westermann

NEUES TESTAMENT

Scharlemann, Martin H.: Stephen, A Singular Saint. Rom:
Pontifical Biblical Institute 1968. X, 211 S. gr. 8° = Analecta
Biblica. Investigationes Scientificae in Res Biblicas, 34. Lire 3000,-.
Die Gestalt des Stephanus ist in der Geschichte der Anfänge der
christlichen Kirche einmalig, ja einzigartig - beides schließt das
englische ,Singular' ein, das auch den Nebensinn des Besonderen
und Seltsamen haben kann. Die Besonderheit dieses Heiligen
kommt in der vorliegenden Darstellung eindrücklich zur Geltung.
Stephanus steht an einem Wendepunkt der urchristlichen Geschichte
, an dem Punkt, wo sie entsprechend Apg 1,8 die Grenzen
Judäas zu überschreiten im Begriffe ist, um die grundsätzlich wichtige
Etappe Samaria zu erreichen. Stephanus hat im Sinne Jesu
selbst bestimmte Eigenarten der samaritanischen Theologie und
Glaubensauffassung in sich aufgenommen und steht schon deshalb
dem Tempel auf dem Zion kritisch gegenüber. Seine ablehnende
Haltung ist darin begründet, daß die mit dem salomonischen Tempel
versuchte Bindung Gottes an einen bestimmten Ort, an das
Heiligtum in Jerusalem, götzendienerisch, heidnisch ist und die im
Alten Testament angelegte universalistische Entfaltung des Gottcs-
glaubens und damit das rechte Verständnis der alttestamcntlichcn
Gottesoffenbarung hindert. Lukas hat das erkannt; er ist ein Historiker
mit der Fähigkeit zur Überschau wie Thukydides. Er legt
dem Stephanus die Rede in den Mund, die weder apologetisch noch
lehrhaft, sondern als Verkündigung gemeint war, als die Verkündigung
des Heilsweges für das erwählte Volk von Abraham bis zu
Moses und bis zu David und die Verkündigung des Gerichts über
den Abfall zum Götzenkult und Tempeldienst, mit dem auch das
aaronitische Priestertum - das Goldene Kalb steht am Anfang
dieses Kultes - getroffen ist. Damit ist eine so im Neuen Testament
und im Urchristentum nicht wiederkehrende Auffassung von einem
Mann ausgesprochen worden, der im Geist redet, durch Wunder
und Machttaten sowie durch die Gabe der vollmächtigen Rede und
des überzeugungskräftigen Streitgesprächs und schließlich durch
die ihm zuteil gewordene Offenbarung Jesu selbst legitimiert ist.
Das ist authentische Überlieferung, nicht im Sinne einer wörtlichen
Wiedergabe der gehaltenen Rede, sondern als Zusammenfassung
der kritischen Theologie des Stephanus, als Einleitung der ersten
Verfolgung der christlichen Gemeinde und damit der Ausbreitung
des Evangeliums.

Es ist nicht ganz leicht, diese Besonderheit des Stephanus in seiner
Stellung und Bedeutung in der urchristlichen Geschichte, so wie
der Verfasser sie sieht, gegenüber dem üblichen Geschichtsbild
oder vielmehr gegenüber den mannigfachen Versuchen, Stephanus
geschichtlich einzuordnen, zur Geltung zu bringen. Aber der Versuch
lohnt und kann als gelungen bezeichnet werden. Die Arbeit
beginnt mit einer kritischen Beleuchtung der bisher vertretenen
Anschauungen und Bemühungen, Wesen und Wirken des Diakons
und Blutzeugen zu erforschen und geschichtlich einzuordnen. Die
verschiedenen Meinungen werden vorläufig kurz charakterisiert,
ihre Verdienste werden hervorgehoben und ihre Mängel oder