Recherche – Detailansicht

Ausgabe:

1969

Spalte:

822-824

Kategorie:

Altes Testament

Titel/Untertitel:

Einleitung in das Alte Testament 1969

Rezensent:

Jepsen, Alfred

Ansicht Scan:

Seite 1, Seite 2

Download Scan:

PDF

821

man steht dieser These etwas hilflos gegenüber, da man über dieses
Problem noch kaum etwas gelesen hat.

Geschickt ist die Darbietung der Pentateuchprobleme. Nur würde
man da eben doch ein paar Worte über die Möglichkeit hören, wie
und ob die von von Rad herausgestellten Bekenntnisformeln Einflu5
auf die Formung der mündlichen Überlieferung hatten. Bei der
Übernahme der Nothschen Thesen vom deuteronomistischen Geschichtswerk
hätte man fragen können, ob nicht die Vereinigung
des Dcuteronomismus mit dem Pentateuch erst der Schlußredaktion
des ganzen Werkes zuzuschreiben ist, da ja die Kapitel 32-34
ebensogut dem Numeribuch hätten angehängt werden können und
erst der Einschub des Deuteronomismus Anlaß für ihre heutige
Stellung geworden sein könnte. Vielleicht hätte auch der Hinweis
auf die Jesajarolle lQJes», die an anderer Stelle erwähnt ist, angeführt
werden können, um eine Hypothese wie die von einer Entstehung
der Jesaja-Apokalypse im 2. Jhdt. v. Chr., die der Verfasser
nicht teilt, als unmöglich zu erweisen.

Aber wenn man den Umfang des Buches und die Tendenz des
Inhalts betrachtet, dann sind dies unbillige Gedanken. Denn offensichtlich
ist ein Studentenbuch, das auch gebildeten Laien zugänglich
ist, geplant. Und dieser Zielsetzung wird das Werk in seiner
anregenden und lebendigen Form gerecht.

Erlangen Leonhard Rost

Porteous, Norman W., Prof.: Living the Mystery. Collected

Essays. Oxford: Blackwell 1967. XI, 188 S. 8°. Lw. 35 s.

N. W. Porteous, Professor of Hebrew and Semitic Languages am
New College der Universität Edinburgh, ist einem weiteren Kreis
deutscher Leser bereits durch seine eindringliche Auslegung des
Daniel-Buches von 1962 in der Reihe „Das Alte Testament Deutsch"
bekannt. Das vorliegende Büchlein enthält 11 seiner bemerkenswerten
Aufsätze zu alttestamentlichen Themen aus den Jahren
1948 - 67 - acht weitere Artikel werden S. 181 aufgeführt - und
die bisher nicht publizierte Inaugural Lecture von 1964 samt Vorwort
, Einleitung und Registern. Was diesen Sammelband vor anderen
auszeichnet, ist einerseits die Tatsache, daß dank den in jedem
Aufsatz gleichermaßen hervortretenden theologischen Grund-
erkenntnissen des Vf.s ein Sammelwerk von einer seltenen inneren
Geschlossenheit entstanden ist, was auch der neu gewählte übergreifende
Titel erkennen läßt, und anderseits die sich daraus nun
für den Leser eröffnende reizvolle Möglichkeit, die über etwa zwei
Jahrzehnte hin sich erstreckende Entfaltung und Ausprägung der
Gedankengänge P.s verfolgen zu können.

Schon in den ersten drei Aufsätzen, die sich speziell mit Fragen
einer Theologie des Alten Testaments befassen - Towards a
Thcology of the Old Testament (7-19; 1946), Semantics and Old
Testament Thcology (21-30; 1950) und The Old Testament and
some Theological Thought-Forms (31-46; 1954) -, werden gewichtige
Feststellungen getroffen. Inmitten des empirischen Israel
hat sich Gott sein Volk geschaffen als „a unity of faith". Somit hat
eine Theologie des Alten Testaments sowohl diesen durch sein
Wort ins Leben rufenden Gott als auch das seinem Gott in Glauben
und Gehorsam antwortende Volk Gottes zum Gegenstand, oder,
wie es P. in der Einleitung formuliert, „The acts of God and the
human response must bclong together in any theological treat-
ment" (2). Dabei legt der Vf. in steigendem Maße Gewicht auf die
Tatsache, daß Glauben nicht nur eine Funktion des Kopfes oder
Herzens, sondern des ganzen Menschen ist und somit zur Tat
drängt, diese Tat aber als Ausführung des Willens Gottes von dessen
Offenbarung eindringlicher zeugt als der Umstand, daß Gott
c'nst zu den Erzvätern oder mit Mose gesprochen hat.

Diese Gedanken werden in den beiden nächsten Aufsätzen - The
Basis of the Ethical Teaching of the Prophets (47-60; 1950) und
Ritual and Rightcousncss, The Relation of Ethics to Religion in the
prophctic Literature (61-75; 1949) - insofern weiter verfolgt und
konkretisiert, als die wesentlichsten Wurzeln der prophetischen
Verkündigung sowohl in der lebendigen Tradition darüber, was
Israels eigentliche Bestimmung als erwähltes Volk war, als auch
>n der persönlichen Gotteserfahrung der Propheten gefunden werben
, die diese Tradition als richtig bestätigte und sie zugleich vertiefte
. Hieraus erhellt, daß der ethische Imperativ den ethischen Indikativ
voraussetzt, also ein „Israel" als eine lebendige Wirklichkeit
, das die Kontinuität der Tradition gewährleistete und zugleich

822

die Einheit von Religion und Ethik insofern verkörperte, als es ein
von Gott gerufenes und ihm antwortendes Volk war, bestehend
aus einfachen frommen Menschen.

Im folgenden Aufsatz Royal Wisdom (77-91; 1955) geht es dem
Vf. um die Zusammengehörigkeit von Königtum und Weisheit; denn
von dem König erwartet man in Israel, daß er in seiner Funktion
als Herrscher und Richter die Gewähr für Gerechtigkeit und Rechtschaffenheit
gibt. Im Zuge des geschichtlichen Verlaufs zeigt sich
sodann eine stufenweise Demokratisierung dieses Prinzips bis hin
zum königlichen Gesetz der Nächstenliebe (Jac 2,8). In ähnlicher
Weise verfolgt P. in dem Aufsatz Jerusalem-Zion: The Growth of
a Symbol (93-111; 1961) den Prozeß, wie durch die Verknüpfung
von Friede und Gerechtigkeit sowohl mit Jerusalem als auch mit
dem König der Endzeit diese Stadt zum universalen Symbol für
Gottes transzendente Gnade, für die neue Welt und das neue Volk
Gottes, die erlöste Menschheit geworden ist.

Die folgenden beiden Aufsätze - The Prophets and the Problem
of Continuity (113-125; 1962) und Actualization and the Prophetic
Criticism of the Cult (127-141; 1963) - befassen sich mit den Fragen
nach der Kontinuität und der Vergegenwärtigung des Glaubens
Israels. Dabei ist beachtlich, daß sich P. entschieden gegen
eine Überbewertung des Kultischen in dieser Frage wendet. Denn
so bedeutsam der Kultus auch für die Bewahrung der alten Traditionen
ist, so ist doch in Zeiten eines Abbruches dieser Kontinuität
das einfache Volk an dessen Stelle getreten, das die Überlieferungen
empfangen und im Glaubensgehorsam erwidert hat. Als seine
Sprecher haben wir die Propheten zu verstehen, die nun ihrerseits
die Aufgabe verfolgen, die sich im Kultus vollziehende Vergegenwärtigung
des rettenden Handelns Gottes durch die Forderung
nach der auf Gottes Tat antwortenden Tat des Menschen zu vervollständigen
: „Ritual has its importance ... but ... obedience in
life is even more important" (3). Die nun schon mehrfach ange-
klungcnen Gedanken von der Bedeutung, die dem einfachen Frommen
in Israel zukommt, und von der engen Verbindung von Gottesverehrung
und Nächstenliebe bestimmen den Aufsatz The Care
of the Poor in the Old Testament (143-155; 1966), der insofern
ins Zentrum des israelitischen Glaubens führt, als derjenige, der
sich seines Bruders erbarmt, damit ausdrückt, daß er selbst von
Gottes Erbarmen weiß.

Die letzten beiden Aufsätze - The Relevance of the Old Testament
as the Rule of Life (157-168; 1967) und Theology in Church
and University (169-180; 1964) - stellen eine Zusammenfassung
und Abrundung der Gedankengänge P.s dar. Auch für unser Leben
bleibt die Schrift verbindlich, wie denn gerade für den Theologen
„thought and life, though distinet, are inseparable" (4).

Noch manche treffende Bemerkung P.s, etwa über die hohe Bedeutung
des Geschichtlichen im Alten Testament (vgl. 139 oder
161 f.), über die Zusammengehörigkeit von Erwählung und Bund
(129 f.) oder über das für das Verständnis des Alten Testaments
mit größter Vorsicht zu gebrauchende Konzept der Heilsgeschichte
(2 u. ö.), könnte angeführt werden, um deutlich zu machen, wie anregend
die Lektüre dieses Bändchens ist. Der Dank dafür, seine
Aufsätze jedem Leser nunmehr leicht zugänglich gemacht zu haben,
verbindet sich mit dem Wunsch an den Vf., es möge ihm vergönnt
sein, das auf S. 3 geäußerte Vorhaben einer umfassenden Erarbeitung
der Theologie des Alten Testaments recht bald verwirklichen
zu können.

Halle/Saale Hans-Jürgen Zobel

Sellin, Ernst: Einleitung in das Alte Testament. Völlig neu be-
arb. v. G. Fohrer. 10. Aufl. Heidelberg: Quelle & Meyer 1965.
576 S. 8°. Lw. DM 36,-.

Die zehnte Auflage der Einleitung in das Alte Testament von
Ernst Sellin ist, nachdem die achte und neunte Auflage von L. Rost
herausgegeben war, nun von G. Fohrer in der Tat „völlig neu bearbeitet
". Aus einem Buch von knapp 200 Seiten ist ein Werk von
dreifachem Umfang geworden. F. rechtfertigt das mit dem Hinweis
darauf, daß die gegenwärtige Situation der Einleitungswissenschaft
eine ausführlichere Darstellung nötig macht, wenn sie heute den
auch einst von Sellin beabsichtigten Zweck einer guten Information
erfüllen soll. So unterscheidet sich diese Neubearbeitung von den
älteren Auflagen besonders dadurch, daß sie einmal die gegenwärtige
Fragestellung nach den Formen und Gattungen ausführlich

Theologische Literaturzeitung 94. Jahrgang 1969 Nr. 11