Recherche – Detailansicht

Ausgabe:

1969

Spalte:

819-821

Kategorie:

Altes Testament

Titel/Untertitel:

Dalle origini all'esilio ; con un'appendice sulle iscrizioni palestinesi della prima metà del 1o millenio a. C 1969

Rezensent:

Rost, Leonhard

Ansicht Scan:

Seite 1, Seite 2

Download Scan:

PDF

819

Theologische Literaturzeitung 94. Jahrgang 1969 Nr. 11

820

Synonyma sieht, sie nämlich auf die Chaldäer oder Babylo-
nier bezieht, versteht Brunet nur unter IS den äußeren Feind,
während er auf eine prochaldäische innerjüdische Gruppe

deutet, die der sich um Gedalja sammelnden Schar ähnlich gewesen
sei. Auch sonst geht Brunet vielfach seine eigenen Wege, wobei
er immer gewichtige Beobachtungen für seine von der communis
opinio abweichende Meinung geltend zu machen versteht. So
schreibt er die ersten vier Lieder dem Jer 52,24 genannten Oberpriester
Seraja zu, der sie in den vier Wochen zwischen der Zerstörung
eines Teils der Mauer von Jerusalem und seiner völligen
Zerstörung (II Kön 25,2; Jer 39,2; 52,6) 587 v. Chr. verfafjt haben
soll, während er es bei der üblichen Ansetzung des fünften Liedes
in der exilischen Zeit sein Bewenden haben läßt und es einem anderen
Verfasser zuschreibt. In der Unterscheidung von IS dem
äußeren Feind, und a^N, dem innerjüdischen prochaldäischen
Gegner, wird Brunet kaum viel Gefolgschaft finden, was keineswegs
ausschließt, daß er die Bedeutung eines derartigen inneren
Feindes richtig gewertet hat. Die Herleitung der ersten vier Lieder
von dem dicht vor seiner Hinrichtung stehenden Oberpriester Seraja
, der eingesehen habe, daß seine nationalistische Haltung ein
Irrweg gewesen sei, gibt - mag man diese nur eine Hypothese
bleibende Annahme gut heißen oder nicht - Brunet Gelegenheit,
namentlich im dritten Kapitel, Jeremias prophetische Verkündigung
und Serajas priesterliche Haltung wirkungsvoll gegenüberzustellen
und damit „La Jerusalem nationale et celle de Jeremie" farbig und
anschaulich zu schildern. So erklärt sich auch der Titel des vorliegenden
Buches „Les Lamentations contre Jeremie", zu dessen
„contre" mit Recht bemerkt wird, daß es das Verhältnis der Klagelieder
zu Jeremia richtiger zum Ausdruck brächte als ihre Herleitung
von Jeremia, wie sie die Bezeichnung „Klagelieder Jeremias"
voraussetzt. Bei allen Bedenken, die man gegen diese oder jene
These Brunets empfinden wird, behält aufs Ganze gesehen doch
das Urteil die Oberhand, daß das vorliegende Buch eine wesentliche
Vertiefung des Verständnisses der Klagelieder bedeutet. Das
ist dadurch mitbedingt, daß es - textkritisch, lexikographisch,
grammatikalisch und historisch-kritisch solide fundamentiert -
eine innere Beteiligung Brunets an diesen Liedern erkennen läßt,
die sich seinem Leser mitteilt und ihn zur Nachempfindung
2V2 Jahrtausende zurückliegender Äußerungen des Schmerzes und
der Trauer anregt. Gute Dienste leisten dabei die ziemlich häufig
angeführten Parallelen aus anderen Bereichen der Geschichte, namentlich
auch aus der weiteren oder engeren Gegenwart. Unter
diesen spielen solche aus der deutschen Geschichte eine verhältnismäßig
große Rolle. So heißt es auf S. 161: „Les oracles antibabylo-
niens de la fin du livre de Jeremie montrent bien que ceux qui sc
rattachaient ä la tradition la plus collaborationniste finirent par
execrer Babel. Et le fait que les Lamentations, ceuvre nationaliste,
proclament la responsabilite des pretres et de la Jerusalem nationale
, prouve qu'inversement le regime dechu fut, des avant l'Exil,
regarde par ses propres partisans comme indefendable. Ii est clair
que le parti national es son regime furent discredites apres leur
chute, comme le furent, pour des raisons d'ailleurs de gravites
bien diverses, le Second Empire et la IIIe Republique, le regime du
Kaiser et le IIIe Reich".

Holle/Saale Otto E i ß f e I d t

Soggin, J. Alberto: Introduzione all'Antico Testamento. I. Dalle
origini all' esilio. Con un' appendice sulle iscrizioni palestinesi
della prima metä del 1° millennio a.C. Brescia: Paideia 1968. 8°.
301 S. 8° = Biblioteca di Cultura Religiosa, 14. Lire 2.200.-.
Der an der Facoltä Valdese di Teologia in Rom tätige Alttesta-
mentler legt hier die erste Hälfte einer zweibändigen Einleitung
in das Alte Testament vor. Nach einem kurzen Vorwort an den Leser
(7-9) bietet er den Stoff in drei Teilen: Prolegomena (13-92),
Der Pentateuch und die früheren Propheten (93-201) und Die vor-
exilischen Propheten (203-264). Als Anhang folgen palästinische
Inschriften (265-272) und eine nach den Kapiteln der Einleitung
geordnete kritische Bibliographie (273-299).

Der erste Teil behandelt in sechs Kapiteln die Aufgaben einer
Einleitung in das Alte Testament, den Kanon des AT, die Bibelkritik
, Beschreibung des AT, Mythos, Legende und Geschichte der
vorliterarischen Entwicklung des biblischen Materials. Ausgehend

von einem Hinweis auf die verloren gegangene elaocY»Vl des ant:i"
ochenischen Mönches Adrian und auf J. D. Michaelis bringt das
erste Kapitel zuerst einige Gründe für die Notwendigkeit einer
Einleitung und gibt als Gegenstand die kanonischen Bücher des
AT, die Apokryphen, eine Auswahl der Pseudepigraphen und der
Qumranschriften an. Das zweite Kapitel behandelt nacheinander
die Traditionen über den palästinischen Kanon, die uns bekannten
Daten über den Ursprung des Kanons, den alexandrinischen Kanon,
den Abschluß des palästinischen Kanons, die hebräische Bibel, die
griechischen Übersetzungen, den samaritanischen Pentateuch, westsemitische
Paraphrasen und Übersetzungen, lateinische Übersetzungen
. Das dritte Kapitel über die Bibelkritik bringt zuerst
eine kleine Einleitung in die Probleme, wie sie etwa durch die
Unterschiede zwischen hebräischer und griechischer Überlieferung
entstehen, zeigt Recht und Grenzen der Anwendung des Grundsatzes
der lectio difficilior und der lectio brevior, geht dann auf
den Streit zwischen Fundamentalisten und Kritikern ein und
schließt daran eine Einführung in die Textkritik oder niedere Kritik
und die historische Kritik oder hohe Kritik an. Unter dem
Titel Beschreibung des AT birgt sich eine kurze Geschichte der alt-
testamentlichen Auslegung oder vielmehr der Wertung des AT, die
in der Untersuchung gipfelt, wie weit noch immer für Synagoge
und Kirche das AT das von Gott inspirierte Wort ist. Im fünften Kapitel
werden das Vorkommen von Mythos, Legende und Geschichte
im AT geklärt, während das sechste Kapitel die vorliterarische
Entwicklung des biblischen Materials zum Gegenstand hat. Die
Verwurzelung in der vorderasiatischen Welt wird aufgezeigt, und
im Anschluß daran werden die literarischen Gattungen behandelt.

Der zweite Teil ist dem Pentateuch gewidmet. Nach einer kurzen
Einleitung wird die innere Tradition für den in langer Zeit gewachsenen
Bestand aufgeführt. Eine Geschichte der Pentateuch-
kritik mit besonderer Berücksichtigung Wellhausens, der Weiterentwicklung
der Dokumentenhypothese, der Gattungsgeschichte
und der auf M. Noth und G. von Rad zurückgehenden Form- und
Überlieferungsgeschichte und der Thesen der schwedischen Schule
folgt. Daran schließt sich eine Diskussion der Quellen J, E, D
und P. Die gesetzlichen Quellen werden im Anschluß an eine Besprechung
des Dekalogs behandelt, worauf eine Darlegung des
hebräischen Prozesses und der Stellung des israelitischen Rechts
innerhalb der vorderorientalischen Rechtstraditionen folgt. Das
vierte bis siebente Kapitel sind den Büchern Josua, Richter, Samue-
lis und Könige gewidmet. Am Eingang steht ein Paragraph über
die deuteronomistische Geschichtsschreibung. Dann wird über Charakteristika
und Einteilung des Josuabuches, das Problem des
Buches, die geographischen Abschnitte und schließlich über den
Grundgedanken des Buches Josua verhandelt, ein Modus, der auch
bei den übrigen vorderen Propheten mutatis mutandis im großen
und ganzen eingehalten wird, nur daß anstelle des Grundgedankens
bei Samuelis und Könige von einer Theologie dieser Bücher
gesprochen wird.

Der dritte Teil behandelt die vorexilischen Schriftpropheten in der
Abfolge Arnos, Hosea, Jesaja, Micha, Nahum, Habakkuk, Zephanja
und Jeremia.

Der Anhang redet über den Bauernkalender von Gezer, den
Mesa'stein, die Samarischen Ostraka, die Siloahinschrift die Inschrift
in einem Grab bei Lachis, das Ostrakon von Javne Jam sowie
die Ostraka von Lachis und teil 'Arad. Auf die gute Bibliographie
ist oben schon hingewiesen worden.

Der Verfasser folgt in der Darstellung des Pentateuchs der üblichen
Quellentheorie trotz aller Anerkennung, die er in den einführenden
Abschnitten neueren Hypothesen zollt, und übernimmt
von M. Noth die These vom deuteronomistischen Geschichtswerk.
In seinen Ausführungen über Protojesaja setzt er sich mit G. Fohrers
Thesen auseinander. Am gelungensten scheint mir der erste
Teil zu sein, der sich durch besonders lebendige Sprache und durch
oft überraschende Vergleiche auszeichnet. Hier wird mit einer geschickten
Apologetik die Notwendigkeit einer kritischen Einleitung
dargetan und das Werden des AT aus der mündlichen, oft sagen-
und legendenhaften Überlieferung heraus dargestellt. Nur vermißt
man ein Eingehen auf metrische Fragen, wie überhaupt das
Kapitel über die poetischen Gattungen etwas dürftig ausgefallen
ist. Gerne hätte man etwas mehr über die metrischen Formen des
Prophetenwortes gehört. Fast nur bei Jeremia wird darauf hingewiesen
, daß nach Duhm nur die metrischen Worte echt seien, und