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Ausgabe:

1969

Kategorie:

Kirchengeschichte: Reformationszeit

Titel/Untertitel:

Neuerscheinungen

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Stellung nicht hinausgehen können, daß Calvin trinitarisch denkt
(vgl. S. 104,120ff.). Peter Brunners Schrift, Vom Glauben bei Calvin
■ (1925), führt hier weiter. Im fünften Kapitel wird schließlich aus
dem Wirken Christi extra carnem ein solches extra ecclesiam
(S. 135). Kirche und Reich Christi werden einander gegenübergestellt
. Am Wortgebrauch erweist sich schon, daß das Thema verlassen
ist.

U. E. sind die beiden ersten Kapitel des Buches überaus aufschlußreich
und weiterführend. Doch vermag die These der Kapitel
drei bis fünf, das Extra Calvinisticum bestimme über den Bereich
der Abendmahlslehre hinaus die Christologie Calvins, nicht zu
-überzeugen. Man wird vielmehr davon ausgehen müssen, dafj das
Extra Calvinisticum bei Zwingli, Bucer, Melanchthcm, Calvin u. a.
eine Hilfe für die Auslegung der Einsetzungsworte des Abendmahls
darstellt, die sich auf die Stelle Joh. 3,13 stützt. Die Tatsache, daß es
hier um Schriftauslegung und Gebundenheit an die Hl. Schrift geht,
muß ebenso beachtet werden* wie der Umstand, daß die Aussage
Joh. 3,13 von den genannten Theologen entgegen der altkirchlichen
Tradition angewandt wird: Nicht Christi Gegenwart nach seiner
Menschheit auf Erden und zugleich im Himmel vor der Himmelfahrt
wird ausgesagt, sondern die Gegenwart Christi nach seiner
Menschheit im Himmel und zugleich auf Erden im Abendmahl
nach der Himmelfahrt. Die Eigenart dieser Exegese und ihre Verbreitung
im Protestantismus bedarf der weiteren Erforschung.

Telgte b. Münster Wilhelm H. Neuser

(Confessio Helvetica Posterior:) Vierhundert Jahre Confessio
Helvetica Posterior. Akademische Feier, mit Beiträgen v. J.
Staedtke u. G.W. Locher sowie einleitenden Worten von
J. Dürr.M. Wyttenbachu. O. Gigon. Bern: Haupt 1967.
38 S., 4 Taf. gr. 8°. Kart. sfr./DM 7,80.

Die Veröffentlichung, mit einem Vorwort des Dekans der Evangelisch
-theologischen Fakultät der Universität Bern, Prof. Dr. Johannes
Dürr, und des Präsidenten des Synodalrates der Evan-
lisch-reformierten Kirche des Kantons Bern, Pfr. Max Wyttenbach,
versehen, gibt V^räge wieder, die bei der Berner akademischen
Feier zu dem im Titel angegebenen Anlaß am 21. 11. 1966 gehalten
worden sind.

Joachim Staedtke behandelt in der meisterhaft gedrängten
Kürze von gut 10 Druckseiten „Die historische Bedeutung der Con-
fession Helvetica Posterior". Er geht dabei vor allem der Entste-
hungs- und Verbreitungsgeschichte des Bekenntnisses nach, ohne
nach dem Sammelband „Glauben und Bekennen" (vgl. ThLZ 92
[1967] Sp. 9?'f.), auf den er sich bezieht, noch wesentlich Neues
bringen zu wollen.

Gottfried W. Locher ist mit zwei Beiträgen vertreten: „Die
theologische Bedeutung der Confessio Helvetica Posterior" und „Die
Confessio Helvetica Posterior in der Bernischen Kirchengeschichte".
Im erstgenannten geht L. nach kurzen Ausführungen über Konfession
und Katholizität und einer kurzen Skizze des Inhalts des
Bekenntnisses zur Behandlung der Frage nach Weltanschauung und
Glaube auf Grund der Confessio über und damit zu einer bewußten
Aktualisierung von Inhalten des Bekenntnisses für die Gegenwart,
für „eine Generation von Zweiflern, nicht von Bekennern". Der
zweitgenannte Beitrag L.s behandelt auf knapp 5 Druckseiten das
Schicksal der Confessio im Berner Kirchengebiet.

Ein Literaturverzeichnis und 4 vorzügliche Abbildungen (das
Titelblatt des ersten Berner Drucks der Confessio von 1608 - zweifarbig
-, die Titelseite der ungarischen Übersetzung der Confessio
- 25. Auflage, Budapest 1965 - das Titelblatt von Bullingers
Manuskript der Confessio aus dem Staatsarchiv Zürich und die
Titelseite des einen Erstdrucks der Confessio von 1566) vervollständigen
und illustrieren im echten Sinne des Wortes das Büchlein.
Auch nimmt der Theologe mit Spannung zur Kenntnis, was der
Rektor der Universität Bern, Olof G i g o n , als Philologe in seinem
Geleitwort zu Rang und Aufgabe der Theologie in der Gegenwart
zu sagen hat.

Corrigendum: S. 18 Anm. 4 Z. 2: „Glauben und Bekennen".

Körner/Thür. Ernst Koch

Beumer, Johannes: Ein Beispiel katholischer Zusammenarbeit
während der Reformationszeit (FS 49, 1967 S. 373-383).

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Harms, Klaus: Wittenberger Briefe an Herzog Albrecht. Zum
400. Todestag des Preußenherzogs (PB1108, 1968 S. 385-409).

H e y n c k , Valens: Die Bedeutung von „mereri* und „promereri"
bei dem Konzilstheologen Andreas de Vega OFM (FS 50, 1968
S. 224-238).

Hillerbrand, Hans J.: Die neuere Täuferforschung (Verkündigung
und Forschung 13, 1968 Heft 1, S. 95-110).

Knust, Romanus: Ein Beitrag zu Calvin als Reformator der Eccle-
sia Catholica (Catholica 22, 1968 S. 136-146).

M o e 11 e r , Bernd: Zur Reformationsgeschichte (Verkündigung
und Forschung 13, 1968 S. 65-95).

Peters, Wim: Ignatius von Loyola als Prophet (Concilium 4,
1968 S. 502-510).

Stakemeier, Eduard: Luthers De Servo Arbitrio (Catholica 22,
1968 S. 132-135).

KIRCHENGESCHICHTE: NEUZEIT

Kantzenbach, Friedrich Wilhelm: Zwischen Erweckung und
Restauration. Einige Kapitel aus der unbekannten Kirchengeschichte
des 19. Jahrhunderts. Gladbeck: Schriftenmissions-Verlag
(1967). 187 S. 8°. Kart. DM10,80.

Kleinere historische Schriften, wie man früher die in der gelehrten
Werkstatt, gleichsam in einer schöpferischen Pause entstandenen
Arbeiten nannte, haben immer ihren eigenen Reiz und ihre
besondere Aufgabe. Der Autor hat das große Handwerkszeug beiseite
gelegt, der bislang unter Bücher- und Aktenhügeln vergrabene
homo doctus wird zum homo ludens, der nun am begrenzteren
Material, aber in souveräner Beherrschung der Spielregeln für
den wissenschaftlichen Kleinbahnverkehr, die Kunstform des historischen
Essays gestaltet, an dem ein größeres, lemwilliges Bildungspublikum
seine Freude haben soll. So war es jedenfalls vor
vielen Jahrzehnten.

F. W. Kantzenbach, dessen Interesse seit langem der Erweckung
des frühen 19. Jahrhunderts zugewandt ist, hat zwölf Kapitel zu
diesem Thema zu einem Sternbild zusammengefaßt: „Unbekanntes"
zwischen Erweckung und Restauration. Die Erweckung ist heute
ein Stiefkind der Thologen. Sie wissen sie in ihrer Kartei nicht
recht unterzubringen, manche plädieren überhaupt für Überweisung
an die neurologische Abteilung der Religionspsychologie.
Aber die Kirche lebt nun einmal von Erweckungen, sonst wird sie
zum volkskirchlichen Krematorium. Man wird deshalb für alle
literarischen Unternehmungen dankbar sein, die der Erhellung
dieses meist nur von emotionalen Nebeln bedeckten Geländes dienen
. Kantzenbach ist mit seinen kleineren Arbeiten an diese Aufgabe
herangegangen. Zur Hälfte sind sie Personen gewidmet: dem
Arzt Ernst d e V a 1 e n t i j dem Baron K o 11 w i t z ; Ernst Conrad
Ranke, dem um 19 (nicht 15) Jahre jüngeren Bruder des Historikers
; Wilhelm Löhe; Vater und Sohn (= Paul de Lagarde)
Bötticher und dem meist nur mit bedauerlichen Kopfschütteln
betrachteten Heinrich Wilhelm Josias Thiersch. Die 2. Hälfte
gilt einschlägigen Einzelproblemen: Luthers Sprache als Leitbild
(bei E. M. Arndt) j Lutherverständnis zwischen Erweckung und Idealismus
; Erweckungsbewegung, Luthertum und Theosophie; das
Zeitalter des „christlichen Staates"; Christliche Erweckung und
Konversion; Erweckung - Biblizismus - Konfessionelle Frage. -
Nicht alles ist von gleichem Rang, auch nicht gleichmäßig „unbekannt
", aber in der Thematik doch von höchstem Interesse. Man
ahnt, was hier noch alles in den Kellern des Bewußtseins ruht, und
wer ein Organ für individuelles Frömmigkeitsleben hat, möchte
in diesen Räumen noch lange verweilen. Kantzenbach rührt an
viele Begegnungen und Zusammenhänge, von denen man wünscht,
er hätte sie nicht nur im Räsonncment, sondern auch in der Gestaltung
dem Leser viel plastischer vorgeführt. Er hat, ohne daß ich
aus Raumgründen auf Einzelheiten eingehen kann, überall Richtiges
beobachtet, auch viel gesehen, was anderen bisher entgangen
ist. Eine Fülle von verlockendem Material wird ausgebreitet, fast
jedes Thema ist ein großes historisches Schaufenster. Aber die
Szenerie bleibt vielfach im Halbdunkel, die Personen kommen nicht
recht zum eigentlichen Sprechen, sondern werden nur mit dem
akademischen Perkussionshammer vorsichtig beklopft. Die Ketten
des dozierenden „Professoren-Deutsch" sind nicht überall abgc
streift. Etwa bei dem Kapitel über Luthers Sprache als Leitbild
(für E. M. Arndt) hätte der Verf. Gelegenheit nehmen müssen, „die

Theologische Literaturzeitung 94. Jahrgang 1969 Nr. 1