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Ausgabe:

1969

Spalte:

791-792

Kategorie:

Praktische Theologie

Autor/Hrsg.:

Peski, Adriaan Mari van

Titel/Untertitel:

The outreach of Diakonia 1969

Rezensent:

Krimm, Herbert

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Seite 1

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Theologische Literaturzeitung 94. Jahrgang 1969 Nr. 10

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und alles gewollt Schockierende. Trotzdem sind Predigten und
Gebete so aktuell und konkret, daß die fehlenden Zeit- und
Ortsangaben für die in Berlin und Zürich gehaltenen Predigten
sich oft erschließen lassen.

Zu bedauern ist, daß Predigten über legendäre Texte, namentlich
über Wundergeschichten, an denen die hermeneutische Kunst
des Autors sich besonders hätte bewähren können, bei der Auswahl
kaum berücksichtigt wurden. Doch liegt ein gutes Beispiel
in der Predigt über Apg. 3,1-21 (S. 86-91) vor.

In einem angefügten Vortrag «Was hat die Predigt mit dem
Text zu tun?" und den abschließend formulierten sechs mal sieben
Thesen faßt der Autor seine systematische Homiletik oder homiletische
Hermeneutik zusammen. Zwei Fragen, die sich daraus
ergeben, seien hier ausgesprochen: 1. Ist es richtig, zu behaupten,
der Ausleger könne nicht an sich selbst interessiert sein, auch
nicht an seiner Heiligung, sondern allein am Auszulegenden? In
den Thesen fordert Jüngel mit Recht, der Prediger müsse die
Wirklichkeit der Hörer ernstnehmen. These IV/6 bezieht ausdrücklich
den Prediger ein. Mufj dann der Prediger als Ausleger
nicht auch sich selber ernstnehmen, also auch nach seiner eigenen
Heiligung fragen (Bohren)? Außerdem müßten hier Otto Haend-
lers psychologische Argumente berücksichtigt werden. Daß die
Heilige Schrift sui ipsius interpres ist, liegt doch auf einer
anderen Ebene als die Frage, ob das auslegende Subjekt für die
Methodik der Schriftauslegung in der Predigt bedeutsam ist
(gegen S. 129).

2. Vortrag und Thesen erwecken den Eindruck, als sei Homiletik
mit Hermeneutik identisch. „Im Räume der Theologie hat
die Hermeneutik dafür zu sorgen, daß das ministerium docendi
evangelii (Predigtamt) die Sprache des Glaubens so spricht, daß
sie die Wirklichkeit des Hörers so trifft, daß der Text zur Predigt
werden kann. Mehr kann die Hermeneutik nicht tun. Denn daß
der Text zur Predigt wird, bleibt Werk des Heiligen Geistes"
(S. 129). Hier wird die homiletische Aufgabe dogmatisch überspielt
. Daß der Text zur Predigt werden kann, ist nicht nur Werk
der Hermeneutik, sondern auch der homiletischen Erwägungen
und der meditativen Durchdringung des Textes. Fragen wie die
nach der sprachlichen Gestaltung, der Gliederung, Veranschaulichung
usw. sind keine hermeneutischen, sondern homiletische
Fragen. Daß Jüngel sie zu meistern weiß, beweisen seine Predigten
. Bei weniger großen Geistern als dem Autor dieser Predigten
verursacht der Sprung von der Hermeneutik in die Predigt verheerende
Folgen. Überraschend ist, wie Jüngel, als ahne er ein
missing link, den Heiligen Geist einführt, dessen methodische
Beanspruchung bei Bohren er zurückweist. Die Thesen 1/3-5
zeigen, daß Jüngel die Bedeutung der „Meditation" zu würdigen
weiß, wenn auch dieser mehrdeutige Begriff nicht erscheint. Dann
kann man aber nicht mehr sagen, Hermeneutik sei diejenige
theologische Funktion, die die biblischen Texte zur Predigt werden
läßt (These 1/1). Hermeneutik ermöglicht die Predigt, indem sie
den Text verstehen hilft. Damit ist noch längst keine Predigt
gemacht. Jüngels Predigten sprechen an, weil der Autor nicht nur
die hermeneutische, sondern auch die homiletische Kunst beherrscht
.

Halle / Saale Eberhard W i n k 1 e r

P e s k i, A. M. van, Dr.: The Outreach of Diakcmia. A Study of
Christian Service, with Special Reference to its International

Aspects. Assen: van Gorcum 1968. VI, 257 S. gr. 8° = Van
Gorcum's Theologische Bibliothek, 39. Kart. hfl. 22,50.

Der Verfasser ist Holländer, Student von Leyden, Pfarrer an
drei verschiedenen Remonstranten-Gemeinden in Deutschland und
den Niederlanden. 1964 nochmals Student am Union-Seminary in
New York, wirkt er z. Zt. als Pfarrer und Herausgeber eines
kirchlichen Blattes in Breda. Seine Arbeit über die Reichweite der
Diakonie nennt er „eine Studie des christlichen Dienstes, mit besonderer
Bezugnahme auf seine internationalen Aspekte". Das
Buch ist in englischer Sprache geschrieben, verrät aber eine gute
Kenntnis auch der deutschen, sowohl der theologischen wie der
philosophischen und soziologischen Literatur - daß ihm die beiden
grundlegenden Werke von Paul Phihppi über „Christozentrische
Diakonie" und „Die Vorstufen des weiblichen Diakonissenamtes"
entgangen sind, wiegt allerdings schwer. Das Buch ist in drei
ungleich lange Teile gegliedert: der erste, 50 Seiten umfassende,
versucht eine biblische Grundlegung. Er nennt sie selbst bescheiden
„Biblical notes" und wird dem Neutestamentier wohl auch nur
als das, also als eine kurze Zusammenfassung des Befundes -
unter starkem Anschluß an Bo Reickes Arbeiten - erscheinen
können.

Der zweite, gleich lange Teil bringt vier Fallstudien und
möchte damit die Verschiedenheit der Formen christlichen Dienens
illustrieren. Es werden der „Dienst in Theologie und Leben" der
russischen Orthodoxie, Ethos und Praxis der Quäker, der „Dienst"
der Brüdergemeine und schließlich der bei den Zeugen Jehovas
nebeneinander gestellt. Stärkere Kontraste lassen sich wirklich
kaum finden.

Der dritte und längste Teil umfaßt einige „zeitgenössische
Betrachtungen, hauptsächlich im Blick auf den internationalen
christlichen Dienst". Da ist es nun freilich erstaunlich, wie schnell
und problemlos dem Verfasser der Sprung vom persönlichen
Charakter der biblischen Diakonie zur internationalen, organisierten
Hilfsaktion und zur Behandlung des Einflusses von
Kirchenspitzen auf Staatsbehörden und säkulare Organisationen
möglich scheint. Zwar kommt der Begriff Dimension mehrfach vor,
aber den Verfasser beschwert die Frage nicht, welche Dimension
durch diesen Sprung in die anonyme Massenhaftigkeit verloren
gegangen ist. Überhaupt wird der deutsche Theologe die Tiefendimension
sehr verkürzt finden, wird aber die energische Ausrichtung
auf die Praxis, da ja bei aller Diakonie immer am Ende
die Hauptsache bleibt, anerkennen müssen. Es darf nur nicht ein
Buch den Begriff Diakonie im Titel führen, das dann bloß auf
eine Schilderung großer kirchlicher Hilfsaktionen und kirchlicher
Einflußnahme auf politische Organisationen hinausläuft und dies
offenbar selbst für die zeit- und wesensgemäße Form kirchlicher
Diakonie hält. Zwar weiß der Verfasser wohl von dem „spezifischen
Sinn der Sorge für Notleidende durch direkte Hilfe" (47,
alle Zitate übersetzt) zu berichten, geht aber schon auf der nächsten
Seite zu einer christlichen Bewertung weltlicher sozialer
Normen über, wobei er sich freilich auch auf H.-D. Wendland
berufen kann. Eine Beschäftigung mit Paul Philippis „Christozentrische
Diakonie" hätte den Verfasser zu viel schärferer Begriffsbestimmung
geführt. Das amerikanische Drängen nach der Praxis,
das uns Deutschen einerseits den beschämenden Spiegel unseres
bloß doktrinären Theoretisierens vorhält, macht andererseits eine
positive Bewertung auch einer sehr anerkennenswerten Praxis
schwierig.

Heidelberg Herbert K r i m m

VON PERSONEN

Bibliographie Heinrich Benckert

5.9.1907 - 13.5.1968
Zusammengestellt von Martin K u 8 k e, Rostock
t Selbständige Veröffentlichungen, Aufsätze
1. Der Begriff der Entscheidung bei Ernst Troeltsch (Ein Beitrag
zum Verständnis seines Denkens). ZThK NF 12, 1931, 422-442.

2. Ernst Troeltsch und das ethische Problem. Studien zur systematischen
Theologie, hrsg. v. A. Titius u. G. Wobbermin,
Heft 10, Göttingen 1932.

3. Isaak August Dorners „Pisteologie". ZThK NF 14, 1933, 257-
276.

4. „Auf, laßt uns Zion bauen..." und „Einen Strahl von deinem
Glänze...". Nr. 398 und 421 des Evangelischen Gesangbuches