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Ausgabe:

1969

Spalte:

765-767

Kategorie:

Kirchengeschichte: Alte Kirche, Christliche Archäologie

Autor/Hrsg.:

Pokorný, Petr

Titel/Untertitel:

Počátky gnose 1969

Rezensent:

Heller, J.

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Theologische Literaturzeitung 94. Jahrgang 1969 Nr. 10

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engels, der vor allem den Neubekehrten hilft, durch das Beispiel
und die Lehren der Propheten ist der Widerstand erfolgreich. Auf
die freie Hingabe in der Passion mußte der Sieg Jesu Christi über
die dämonischen Mächte und die Zerstörung ihres Reiches folgen.
In seinem Sieg nimmt er uns gefangen, macht uns damit frei und
schenkt uns das Unterpfand des endlichen Triumphes. Die .übertriebene
' Lehre von der Apokatastasis hat zwei Aspekte: die
Wiederbringung aller Dinge in Christus bleibt geheimnisvoll, die
platonisierende Lehre vom Kreislauf aber hat die Kirche abgelehnt.
Mit der Meinung von der endgültigen Verstoßung der Gegenmächte
in den Abgrund bleibt Origenes schließlich im Rahmen der
Tradition. Die Wiedergeburt des Christen in der Taufe ist der
Anfang eines neuen Lebens zum Lobe Gottes, das aus der Kenntnis
und Befolgung des Wortes Gottes erwächst. Als Grundlage für
die Praxis bedarf vor allem das AT allegorischer Auslegung. Denn
die wörtliche historische Auslegung kann nur zur marcionitisch-
gnostischen Abwertung und Verwerfung des AT führen. In dem
Geisteskampf, der im AT vorgebildet ist, bewähren sich die theologischen
Tugenden der Sicherheit im Glauben, des Vertrauens auf
die Verheißung und der Demut in der Liebe. In der sakramentalen
Gemeinschaft des Heils, in der Kirche als seinem Erlösungswerk
ist Jesus Christus selbst gegenwärtig. Er ist die göttliche Gnade in
Person, ist Gott selbst, der sich uns schenkt. Der Christ aber ist
dem verherrlichten Christus mystisch einverleibt. So kommt es zur
realisierten Eschatologie. Asketisches Leben in dem Purgatorium
dieses Lebens verbinden sich mit der Mystik zur Bereitschaft für
den Advent des Herrn. Auch hier verbinden sich wohl platonische
Einflüsse mit der heilsamen biblischen Erzichungsweisheit, daß
Sünde durch Gott gestraft wird. Aber seine Gerechtigkeit ist
zugleich sein Erbarmen. Auch damit steht Origenes auf dem Boden
der Schrift und der Tradition.

Auch Origenes bezieht sich nicht häufig auf Eph. 6, 11-17 als
Grundlage für das Thema des Geisteskampfes, aber er betont
mehr als seine Vorgänger und Zeitgenossen die kirchliche Bedeutung
der Stelle. Das Verständnis des Bildes von der Waffenrüstunq
auf dem Hintergrund der biblischen Überlieferung besonders auch
des AT führt zur Anerkennung der Einheit beider Testamente.
Reichliches religions- und frömmigkeitsgeschichtliches Material
wird aufgrund ausgebreiteter Quellenstudien und vielseitiger
Literaturkenntnis herangezogen. Die Bilder werden jeweils auf
die konkrete Situation der Gläubigen in ihrem dreifachen Kampf
um die sittliche Haltung, die Reinheit des Glaubens und die Bewährung
im Martyrium bezogen. Damit bemüht sich gerade auch
Origenes die Spannung zwischen den logischen Voraussetzungen des
kosmogonischen Systems und der christlichen Glaubenshaltung zu
überwinden. Letztlich geht es ihm dabei um den Kampf gegen die
Sünde und die Befolgung des Gesetzes Christi.

Anhangsweise erfahren die Ausführungen eine Ergänzung durch
die Darbietung der in den behandelten Schriften vorkommenden
Textüberlieferungen zu Eph. 6,11-17. Dabei werden besonders
.gnostische' Lesarten beachtet. Auch das Stellenregister, das auch
die außcrbiblischcn Texte umfaßt, und das Verfasserregister erleichtern
die Benutzung der Arbeit. Sie ist ein bedeutsamer Beitrag
zur Geschichte und Entfaltung der allegorischen und typologischen
Exegese und zugleich ein grundlegender, erfolgreicher und dankenswerter
Versuch, in die aus so reichen und mannigfaltigen
Quellen gespeiste Geistesgeschichte und Theologie bis auf Origenes
einzuführen und sie einheitlich zu deuten und zu verstehen.
Ol(!ßon Gcoir Bertram

KIRCHENGESCHICHTE: ALTE KIRCHE

Pokorny, Petr: Pocätky gnose. Vznik gnostickcho mytu o
bozstvu Clovck. (Die Anfänge der Gnosis. Die Entstehung des
gnostischen Mythus von der Gottheit Mensch). Praha: Academia,
nakladatelstvi Ceskoslovcnskc akademie ved (Academia, Verlag
der tschechoslowakischen Akademie der Wissenschaften) 1968.
H S. gr. 8° = Rozpravy Ceskoslovcnskc akademie ved, fada
spolefenskych ved, Rocnik 78, sesit 9 (Jahrgang 78, Heft 9)
Kcs. 11,-.

Die Schrift ist die Dissertation zur Erlangung der Würde des
candidatus scientiarum an der tschechoslowakischen Akademie der

Wissenschaften, die im Jahre 1967 angenommen wurde. Der Autor,
Dr. theol. habil. Petr Pokorny, CSc, wirkt jetzt als Lehrbeauftragter
für das Neue Testament an der evang. theol. Comenius-
Fakultät in Prag. Im Studienjahr 1967-68 arbeitete er als Gastdozent
an der Theol. Fakultät in Greifswald.

Das Buch hat zwar eine ausführliche englische Zusammenfassung
(S. 59-68); weil es aber tschechisch geschrieben ist, wird es
sicher vielen nicht zugänglich sein, und so wird eine ausführliche
Wiedergabe des Inhalts an dieser Stelle erfolgen. Thematisch
knüpft das Buch an die deutsche Publikation von demselben Autor
„Epheserbrief und die Gnosis, Berlin 1965" an, wo schon manches
der hier vorgelegten Einstellung des Autors wahrzunehmen ist.

Das erste Kapitel „Bisherige Theorien von der Entstehung der
Gnosis" rekapituliert die Forschung von Harnack über Reitzenstein,
Kraeling, Percy, Quispel, Colpe bis Schenke, dessen Behauptung
von der Ableitung der Gottheit Mensch von einer spekulativen
Deutung von Gen. l,26f P. als Ausgangspunkt seiner Arbeit annimmt
. Die zentrale Bedeutung der Vorstellung von der Gottheit
Mensch faßt P. folgendermaßen zusammen: „Der gnostische Mythus
von der Gottheit Mensch und mit ihm selbständige Gnosis
entsteht dort, wo die älteren Tendenzen einer Abneigung von der
Geschichte und von konkreter Wesensart auf entwickelte jüdische
Spekulation von der messianischen Gestalt eines himmlischen
Adam stoßen, diese umdeuten und die alttestamentlichen Stellen,
die von der Entstehung, Sendung und Erlösung des Menschen
handeln, zugunsten eigener Auffassung ausnützen".

Die Behauptung von dem „außerchristlichcn Ursprung der
Gottheit Mensch" (Kap. 2) kann man jetzt durch wichtige Funde
aus Chenoboskion belegen. „Die Entwicklung der Gnosis ging von
den jüdischen Konventikeln mit einem übernationalen religiösen
Programm zu einer Bewegung, die auf Universalität aspirierte...
Inhaltl'ch ist das jüdische Material tief umgedeutet dadurch, daß
mit Hilfe der allegorischen Interpretationsmethode der alttesta-
mcntliche Gott von aller konkreten Wesensart abgesondert wird . . .
Im Vordergrund erscheint eine göttliche Gestalt, ähnlich dem alttestamentlichen
Messias. In den älteren Schichten ist diese Gestalt
überwiegend mit der Gottheit Mensch identisch".

Das Kap. 3 untersucht die „entscheidenden Einflüsse und Bedingungen
bei der Entstehung der Gottheit Mensch". Die früher hoch
geschätzten ägyptischen, persischen und babylonischen Einflüsse
seien nicht entscheidend.

Die eigentlichen Wurzeln der Gnosis liegen in der alten mythischen
Vorstellung von der Ebenbürtigkeit des Menschen mit den
Göttern, die besonders in den Mysterien zum Vorschein kam. „Die
günstigen Bedingungen für die Verbreitung der Gnosis entstanden
am Anfang der Kaiserzeit, als der östliche Mittelmeerraum verkehrsgemäß
und administrativ vereinigt wurde und gleichzeitig
tiefe Verwandlungen erlebte, die durch den Verlust der politischen
Macht sowie auch des politischen Interesses der Städtebewohner
begleitet wurden". So wurde die Entwicklung und die Verbreitung
der Gnosis auch gesellschaftlich und soziologisch bedingt. Man
konnte mit ihrer Hilfe aus der unerfreulichen Realität in die
geklärte reine Geistlichkeit fliehen.

„Die Neuigkeit der Gnosis", behauptet P. in der Zusammenfassung
des Kap. 4, „besteht in der Überzeugung, daß sich der
Mensch aus der Gefangenschaft der feindlichen Welt und der
Schicksalsmächte befreien kann. Diese soteriologische Einstellung
entspringt aus dem jüdischen Messianismus, der aber durch eine
konsequente Spiritualisierung auf den Kopf gestellt wurde. Der
Schöpfer bekommt eine untergeordnete Stelle des Demiurgos ...
Die Gottheit Mensch drückte deutlich die Hoffnung aus, die die
Mehrzahl der damaligen städtischen Bevölkerung leider nur in
einem mystischen Erlebnis der Vereinigung mit der übergeschicht-
lichcn Gottheit erleben konnte".

Das Kap. 5 „Entwicklung der Gnosis" befaßt sich überwiegend
mit den Naasenern - Ophiten und mit dem Problem und der Rolle
des weiblichen Prinzips der Gnosis, das besser den Gegensatz der
Materie und des Geistes erklären könnte. - Der „gesellschaftliche
Träger der früheren Gnosis" (Kap. 6) war das heterodoxe Diasporajudentum
. Die Analyse des Naasener - Traktates (Kap. 7)
und seine tschechische Übersetzung (Kap. 8) machen den Leser
mit der wichtigsten Quelle bekannt. Der abschließende Absatz
„Bedeutung der Gnosis" (Kap. 9) parallelisiert die Gnosis mit