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Ausgabe:

1969

Spalte:

763-765

Kategorie:

Neues Testament

Autor/Hrsg.:

Trevijano Etcheverría, Ramón M.

Titel/Untertitel:

En lucha contra las potestades 1969

Rezensent:

Bertram, Georg

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Theologische Literaturzeitung 94. Jahrgang 1969 Nr. 10 764

763

lung in das familiäre Milieu der Gegenwart wahrzunehmen 1 in
der Lage ist.

Ob es R. allerdings gelungen ist, für das .erste Gewand' und
das Schuhwerk (V. 22) den Charakter von Rechtssymbolen hinreichend
wahrscheinlich zu machen, mag bezweifelt werden.

Daß das Verfügungsrecht über Land oder unterworfene Gegner
als Betreten derselben vollzogen bzw. ausgedrückt werden
konnte, ist bekannt. Daß das Schuhwerk selbst aber dieses Verfügungsrecht
symbolisierte und also das Anlegen des Schuhwerkes
als Verleihung des Verfügungsrechtes über einen Besitz
verstanden wurde, dafür gibt es (bisher) keinen Beleg.

Die Deutung des „ersten Gewandes" als Ornat des Erbsohnes
setzt zumindest höfisches Milieu voraus, was R. auch für den Vorwurf
der Erzählung annehmen muß Die Argumentation nähert
sich dadurch aber einer petitio principii. Die Formulierung ,stole
he prote' ermutigt nicht gerade zur Deutung R.s, da für sie
wenigstens der Artikel von dem Substantiv bzw. eine andere
Stellung des Attributes zu erwarten wäre. Es geht nach der Formulierung
um ,ein Gewand, und zwar das erste' (wohl =,beste').
Sieht man die Formulierung im! Duktus der Erzählung, so steht
sie in Spannung zu V. 12 f. 25: der jüngere Sohn bekommt das
beste Gewand des Hauses. So gelesen ist schon der erste Auftrag
des Vaters an die Knechte eine Provokation des älteren Sohnes;
dieser nimmt ja nicht, wie R. möchte (s. S. 66, A. 181, vgl. schon
S. 20), Anstoß an einer ReTnvestitur des Jüngeren, sondern daran,
dafj diesem zuteil wird, was nicht einmal ihm, dem .rechten'
Sohn, zuteil wurde. Diesem Duktus fügt sich die Erwähnung des
.ersten Gewandes' ein. Wenn R. dem älteren Sohn die Reflexion
zuschreibt: „Nach ihm könnte der jüngere Bruder gern wieder im
Hause sein, aber eben nicht so, wie er früher war, sondern anders,
nämlich nicht mehr frei in seinem Wollen und Tun und insofern
auch von dem zu Hause gebliebenen Bruder zu unterscheiden, ja
unterschieden" (66, A. 181), so ist R. damit zwar in seiner Deutung
konsequent, gerät er aber in Widerspruch zu V. 29 f., wo der
ältere Sohn sich gerade über eine unterschiedliche Behandlung
durch den Vater, die im Widerspruch zum unterschiedlichen
Verhalten der Söhne steht, beklagt.

Soll dem Hang zu eklektischer Allegorisierung wirksam begegnet
werden, so wird das Gleichnis nicht nur als wirkliche
Erzählung, sondern vor allem als wirkliche Erzählung zu
beachten sein, so daß die einzelnen Aussagen (.Motive') aus ihrer
Stellung und Funktion im Erzählungsablauf zu bestimmen sind;
sonst könnte die motivgeschichtliche Untersuchung R.s gegen dessen
Intention erneut der Allegorisierung von Einzelzügen der
Erzählung Vorschub leisten.

Potsdam Christoph Bomke

Etcheverria, Ramon M. Trevijano: En Lucha contra las
Potestades. Exegesis primitiva de Ef. 6,11-17 hasta Origenes.
Vitoria: Editorial Eset. Seminario Diocesano 1968. XXX, 424 S.
gr. 8° = Victoriensia. Publicationes del Seminario de Vitoria, 28.

Der Verfasser, Professor der Theologie an den Universitäten
Burgos und Buenos Aires behandelt in seinem Werk ,1m Kampf
gegen die Mächte' die frühchristliche Auslegung von Eph. 6,11-17
bis auf Origenes. Ein einleitendes Kapitel zeichnet den Hintergrund
des Bildes von der Waffenrüstung. Zwei Grundmotive lassen
sich aufzeigen: die Kriege Israels, in denen Jahwe seinem Volke
den Sieg verleiht. So wird der Exodus, die Befreiung Israels aus
der ägyptischen Knechtschaft, zum Symbol der endzeitlichen Erlösung
in dem Endkampf der Völker, der der Errichtung des
messianischen Reiches vorausgeht. Dabei zeigt sich die Einwirkung
des 2., des mythischen Motivs, Jahwes Kampf mit dem
Chaosdrpchen und die Kämpfe der Mächte des Lichts mit den
satanischen Gewalten der Finsternis. Dabei ergänzen die Schriften
des Judentums das biblische Weltbild durch dämonologisehe Vorstellungen
. So wie Altisrael im Kampf gegen feindliche Völker
stand, so stehen die Frommen im Kriegsdienst gegen die gottfeindlichen
Mächte (Qumran!). Die Waffenrüstung in diesem
Kampf ist im AT wie wohl auchl gelegentlich in der griechisch-
römischen Umwelt allegorisch in ethisch.paräneischem Sinne zu
deuten.

Im 2. Teil der Arbeit wird die Verwendung und Ausgestaltung
des Motivs der Waffenrüstung in der christlichen Überlieferung
von Clemens Romanus bis Clemens Alexandrinus verfolgt. Bei den
Apostolischen Vätern und in den Apokryphen findet sich zwar
kein direktes Zitat von Eph. 6, wohl aber kommen immer wieder
Anspielungen vor. Zu dem kirchlichen und dem eschatologischen
Verständnis der Militia Christi treten mystisch-gnostische Motive
und u. U. der Einfluß einer volkstümlich abergläubischen Dämonologie
. Die koptisch-gnostische Schrift .Das Wesen der Archonten'
(vgl. ThLZ 83, 1958, 663) enthält das erste ausdrückliche Zitat von
Eph. 6. Für Justin hat Christus den entscheidenden Sieg in der
Erlösungstat am Kreuz errungen; der endgültige Sieg über die
satanischen Mächte aber erfolgt erst beim zweiten Advent. Damit
ist im Sinne des Paulus die Spannung zwischen der durch Christus
schon geschehenen Erlösung und der eschatologischen Heilserwartung
überbrückt. Der Christ besitzt seit der Taufe die heilbringenden
Waffen der Erlösung; er nimmt in Läuterung und Bewährung
, im Martyrium teil an dem Kampfe Christi und verkündet
den eschatologischen Triumph. Das gilt auch von der Abwehr der
Häresie, denn sie ist neben Christenverfolgung und Martyrium
Angriffsmittel des Satan. Die Bildsprache von der geistlichen Waffenrüstung
tritt bei Clemens Alexandrinus deutlicher und vielseitiger
hervor. Aber es ist Origenes, der sie in systematischer
Ordnung zu theologischer Bedeutung erhebt. Nur mit Hilfe der
allegorischen Methode vermag Origenes die at.lichen Kriegsgeschichten
mit der Friedensbotschaft Jesu zu vereinen. Die feindlichen
Völker des AT sind die dämonischen Mächte; Jesus aber
zieht ein; Engelsmächte gehen ihm voraus und folgen ihm. Oder:
die beim Einzug vorausgehende und folgende Menge sind die
Propheten und die Apostel. Die Anfänger im Glauben trifft nach
1 Kor. 10,13 nur die menschliche Versuchung durch Fleisch und
Blut. Die Fortgeschrittenen aber werden nach Eph. 6,12 b von den
dämonischen Mächten angegriffen, und ihr Kampf hat kosmische
Bedeutung. Zugleich ist es ein Kampf im Herzen. Es geht um die
christliche Existenz, in die man durch die Taufe, vorgebildet durch
den Durchzug durchs Rote Meer und durch den Jordan, eintritt.
Von der Taufe bis zur Erhöhung geht der Kampf der Seele mit
unsichtbaren Waffen gegen die gefallenen Engel, Wesen die im
dualistischen, gnostischen Sinne vorgestellt werden. Ihrem Abstieg
und immer tieferen Fall wirkt die Wiederbringung durch Gott
entgegen; er verbindet die Getrennten zur vollkommenen Einheit.
Dem Himmel dieser Wesen, dem Luftreich, von dem aus sie den
Aufstieg der Seele verhindern wollen, steht der Himmel Gottes
nicht als Raum im Kosmos sondern, gewissermaßen .entmythologisiert
' als Ausstrahlung und Unterpfand Gottes gegenüber. Das
ist nicht Kosmologie, sondern Theologie. Origenes wendet sich
gegen die mythischen Elemente der heidnischen Wissenschaft,
gegen Astrologie, Magie und Mantik. All das Böse, das daraus
entsteht, führt er auf die gefallenen Engel zurück. Gott hat auch
sie geschaffen; sie müssen seinen Zwecken dienen. Unklar bleibt,
wie das logische Postulat der Freiheit, der Bekehrung auch der
widergöttlichen Mächte sich mit der im christlichen Glauben gegebenen
endgültigen Verdammung der Dämonen hätte vereii.en
sollen. Der Dienst des Christen gilt nach Origenes der Gemeinschaft
. Aber durch seine Predigt wie durch sein asketisches Leben
hat er zur Entstehung eines quietistischen Mönchsideal beigetragen
. Der Christ hat nicht die pneumatische Gabe des Gnostikers,
aber es ist ihm möglich, im Vertrauen auf Gottes Wort den Versuchungen
zu widerstehen. Die Freiheit als Gabe Gottes bedeutet
Teilnahme am göttlichen Sein, das sich in der Nachahmung Christi
durchsetzt. Christus als das lebendige Wort tritt ein, wo die hellenistische
Pädagogik sich auf die Vernunft beruft. Der Weg des
Martyriums führt wohl zu desto schnellerer Vereinigung der
Seele mit Gott. Aber die natürlichen Triebe werden nicht unterdrückt
; sie werden vielmehr auf den Dienst der Kirche, der neuen
Gemeinschaft der Liebe ausgerichtet, so daß sie helfen, sie zu Gott
zu erheben. Die Umbildung der Seele, wie sie Origenes als erster
beschreibt, läßt sie in Erkenntnis und Übung wachsen, sich dem
Logos gleichgestalten und ihm die Sohnschaft vermitteln. Mit dem
Übergang von dem fleischgewordenen zu dem göttlichen Logos
wird der 2. Advent vorweggenommen. Zugleich dringen die feindlichen
Geister mit Verführung zu Zorn, Traurigkeit, Verzweiflung
oder gar mit häretischer Verdrehung des Gotteswortes auf die
Frommen ein und suchen die eschatologische Vollendung zu behindern
. Durch die göttliche Gnade, durch den Beistand des Sehnt*-