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Ausgabe:

1969

Spalte:

752-754

Kategorie:

Judaistik

Titel/Untertitel:

Studies in nineteenth-century Jewish intellectual history 1969

Rezensent:

Wallis, Gerhard

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751 Theologische Literaturzeitung 94. Jahrgang 1969 Nr. 10

bedingt. Der erste Teil spricht über die Geschichte der Forschung
und gibt eine ausgedehnte Übersicht (S. 164-189) über die hauptsächlichen
Forschungsprobleme und den gegenwärtigen Stand der
wissenschaftlichen Diskussion über sie. Dabei geht es vorwiegend
um die einzelnen Perioden der Münzprägung, geordnet nach den
Herrschern bzw. den Perioden wie Makkabäerzeit, 1. und 2. Aufstand
der Juden gegen die Römer, ferner um die Frage, welche
Münzen diesen Perioden der Münzprägung zugewiesen werden
können, wobei eine Münzprägung durch Simon Maccabaeus abgelehnt
wird, da nach Kanaels Ansicht Antiochus VII Sidetes, »nachdem
er sich des syrischen Thrones bemächtigt hatte, das Prägerecht
mit anderen Vorrechten wieder rückgängig machte, und daß es
deshalb zu keiner Prägung des Simon kam" (S.166). Immerhin hat
der vorsichtige Historiker E. Bickermann die Meinung vertreten,
daß die Münzen des Simon vielleicht noch gar nicht entdeckt worden
seien, eine Ansicht, die angesichts vieler unerwarteter Entdeckungen
in Palästina nicht aufgegeben werden sollte. Neben
diesen Münzgruppierungen und den Problemen ihrer Zuweisung
zu den einzelnen Gruppen stehen noch Abschnitte über Spezial-
probleme wie die Paläographie der Münzen, die Prägetechnik und
die Symbolik der Münzen. Auch das Problem des Hever Hajehudim
bzw. Häver Hajehudim wird eingehend behandelt (S. 173, 188 f).
Eine sehr nützliche Zeittafel macht den Beschluß (S. 189 f).

Weitaus wichtiger ist aber nun der zweite Teil, der eine Literaturzusammenstellung
, wiederum geordnet nach jenen Abschnitten,
die die Übersicht über die hauptsächlichen Forschungsprobleme
bestimmten (S. 191-292), bringt. Diese Literaturübersicht ist insofern
wesentlich über die Bedeutung einer üblichen Bibliographie
herausgehoben, indem sie sehr eingehende Referate, die jedenfalls
auch dort, wo sie kürzer geraten sind, die entscheidenden Gesichtspunkte
enthalten, zu fast jeder Nummer bringt. Wenn man bedenkt
, dafj diese numismatischen Arbeiten weit verstreut und oft
schwer zugänglich sind, und daß durch das starke Interesse an
altjüdischer Numismatik im heutigen Israel die Münzforschung
einen starken Aufschwung genommen hat und zahlreiche Arbeiten
im modernen Iwrith geschrieben sind, muß man für diese referierende
Spezial-Bibliographie besonders dankbar sein. Sie vermittelt
einen oft sehr eingehenden Überblick über den gegenwärtigen
Stand des Problems, auf das man gerade in der eigenen Forschungsarbeit
gestofjen ist. Die Ausgrabungen in Qumrän, in den
verschiedenen Höhlen der Wüste Juda und schließlich auf Masada
erfahren hier in den verschiedenen Spezialartikeln eine Beleuchtung
vom Standpunkt des Numismatikers aus, wofür man nur
herzlich dankbar sein kann.

In einem Literaturabschnitt sind auch die Berichte über Münzfunde
zusammengestellt. Dabei fällt auf (S. 287), daß in dem
Bericht von J. W. Crowfoot - G. M. Fitzgerald, Excavations in the
Tyropoeon Valley, PEFA 5, 1927, London 1929, der große Fund
von 319 Makkabäermünzen vielfach ungenau beschrieben wird,
z. T. die Münzen auch nicht photographisch wiedergegeben werden,
so z. B. eine nicht identifizierte Makkabäermünze, die bei dem
gegenwärtigen Stand der Forschung nach Meinung von Kanael
hätte identifiziert werden können. Übrigens sind die Münzen, wie
Kanael mitteilt (S. 287 Nr. 362), heute nicht mehr auffindbar,
obwohl sie seinerzeit dem Palestine Exploration Fund zugeteilt
worden sind.

Daß bei einem referierenden Literaturbericht der Autor auch
seine eigenen Urteile zum Ausdruck bringen darf und bringen
muß, erkennt man an dem sehr kurzen Referat über das immerhin
264 Seiten zählende Buch von W. Wirgin und S. Mandel,
The History of Coins and Symbols in Ancient Israel, New York
1956 (Druckfehler für 1958?), für dessen Referat der Autor viereinhalb
Zeilen aufwendet. Wenn man das Referat von J. Starcky in
RB 67, 1960, 305 f kennt, wird man dem Verfasser wohl zustimmen
müssen, da die Datierungen dieses Buches willkürlich und wenig
überzeugend sind und die Symbole von Anker, Feststrauß, Kelch
etc. sexualsymbolisch gedeutet werden.

Druckfehler und sonstige kleine Versehen, die mir bei der Benutzung
und der Durchsicht aufgefallen sind, brauchen hier nicht
erwähnt zu werden. Sie sind nie sinnentstellend oder störend.

Die Durchzählung der Titel geschieht fortlaufend, so daß die
Bibliographie rund 381 Nummern zählt. Das ist eine respektable
Leistung, die durch zwei Register, ein Sach- und ein Autorenregister
, aufgeschlossen wird. Außerdem werden am Eingang

752

eines jeden Abschnitts der Bibliographie noch Querverweise auf
Literaturnummern gegeben, die z. T. auch in mehrere Abschnitte
eingeordnet werden könnten.

Die Bibliographie ist am 1. März 1967 abgeschlossen worden.
1964 erschien der zweite Band des Biblisch-Historischen Handwörterbuches
, in dem Kanael Spalte 1249-1256 das Stichwort »Münzen
und Gewichte" bearbeitet hat. Kanael zitiert diesen Artikel nicht,
wie auch im Verzeichnis der Abkürzungen (S. 159 f) die Lexika
fehlen. Die gesamte Leistung des Verfassers ist Professor Dr.
Kümmel zum 60. Geburtstag zugeeignet, fürwahr eine schöne
Geburtstagsgabe!

Leipzig Hang Bardtke

Alt mann, Alexander: Studies in Nineteenth-Century Jewish
Intellectual History. Cambridge (Mass): Harvard University
Press 1964. VI, 215 S. gr. 8°. Lw. $ 5,75.

— Biblical Motifs. Origins and Transformations. Ebd. 1966.
IX, 251 S. gr. 8°. Lw. $ 7,50.

— Jewish Medieval and Renaissance Studies. Ebd. 1967. VII, 384 S.
gr. 8°. $ 10,-.

= Philip W. Lown Institute of Advanced Judaic Studies, Brandeis
University. Studies and Texts, 2, 3, 4.

Nachdem in ThLZ 92, 1967, Sp. 502 - 504 der erste Band der
"Studies and Texts" besprochen werden konnte, liegen nunmehr
die drei folgenden Bände vor, die mit ihren Beiträgen einen Einblick
in die Arbeit des Philip W. Lown-Instituts an der Brandeis
Universität während der Jahre 1961-1962, 1962-1963, 1963-1964
gewähren.

Der zweite Band beschäftigt sich, seinem Titel entsprechend,
mit dem Judentum in Deutschland während seiner Emanzipationsbemühungen
im 19. Jahrhundert. Jakob Katz bietet einleitend
eine Studie über " The Term 'Jewish Emancipation': Its Origin
and Historical Impact" (S. 1-25). Demnach ist dieser Terminus
zwar schon zuvor vereinzelt verwendet worden; er wurde aber in
Analogie zu der Prägung "Catholic Emancipation" in England im
Verlaufe der Debatte um die Zulassung der Katholiken zum englischen
Parlament von 1828 an feststehender Begriff auch für das
Streben des Judentums nach bürgerlicher Gleichberechtigung und
geistiger Integration. Nahum N. Glatzer verfolgt in "The Begin-
nings of Modern Jewish Studies" (S. 27-45) dieses intellektuelle
Ringen um Anerkennung und Gleichberechtigung der Juden an
Hand ihrer von dogmatischen Vorurteilen freien, den modernen
Anforderungen entsprechender. Darstellungen der Geschichte des
Judentums innerhalb der Weltgeschichte. An Namen wären zu
nennen Zunz, Jost, Geiger, Graetz. Die gleichen Bestrebungen
geistig selbständiger und selbstbewußter Entfaltung in einer
christlichen Umgebung, ja von ihr angeregt, findet Jakob J. Petu-
chowski in "Manuals and Catechisms of Jewish Religion in the
Early Period of Emancipation" (S. 47-64) wieder. Diese Hand-
und Lehrbücher folgen weithin christlichen Vorbildern. Nach
Alexander Altmann geht selbst "The New Style of Preaching in
the Nineteenth-Century German Jewry" (S. 65-116) auf Anstöße
zurück, die bedeutende christliche Prediger dieses Jahrhunderts
ausgelöst haben. Demgegenüber beklagt Eisig Silberschlag in
"Parapoetic Attitudes and Values in Early Nineteenth-Century
Hebrew Poetry" (S. 117-139) einen Niedergang der hebräischen
Dichtung dieser Zeit. Hans Liebeschütz verfolgt in "German Radi-
calism and the Formation of Jewish Political Attitudes Düring the
Early Part of the Nineteenth Century" (S. 141-170) die wechselvollen
und weithin unbefriedigenden Emanzipationsversuche auf
politischem Gebiet. Emil L. Fackelheim kehrt mit "Samuel Hirsch
and Hegel. A Study of Hirsch's Religionsphilosophie der Juden
(1842)" (S. 171-201) noch einmal auf das geistesgeschichtliche
Gebiet zurück. Fast alle Autoren sehen die aufopferungsvolle Geschichte
der Emanzipation des 19. Jahrhunderts kritisch, zumal es
ihnen zufolge problematisch sein muß, wenn die auf Glaubensund
Religionsgesetzen beruhende jüdische Bekenntnisgemeinschaft
ohne Selbstaufgabe im geistigen wie im politischen Sinne sich
ihrer Umwelt einfügen möchte, die von nationalen, christlichen
Formen her geprägt ist.

Der dritte Band der "Studies and Texts" befaßt sich, dem
Titel entsprechend, ähnlich dem ersten Band - vorwiegend mit
den Schriften des Alten Testaments und deren Auslegung. Cyrus