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Ausgabe:

1969

Spalte:

748-750

Kategorie:

Judaistik

Autor/Hrsg.:

Yadin, Yigaʾel

Titel/Untertitel:

Masada 1969

Rezensent:

Bardtke, Hans

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Theologische Literaturzeitung 94. Jahrgang 1969 Nr. 10

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tungsvarianten abgeleitet werden können, herauszuarbeiten und
damit die Besonderheit dieser Stammesmodifikation im Gesamtsystem
des hebräischen Verbs zu erfassen. Wie wichtig diese Aufgabe
ist, zeigt er selbst im ersten Abschnitt der Einleitung (S. 9-12),
wo er auf die bisher angenommenen Funktionen (intensiv, kausativ
, denominativ) und die Schwierigkeiten, sie miteinander in
Beziehung zu setzen und von anderen Stammesmodifikationen
abzugrenzen, eingeht. Ausgangspunkt für seine Untersuchungen
sind die im zweiten Abschnitt der Einleitung (S. 12-15) referierten
Neuansätze in der akkadischen Grammatik, denen zufolge der
dort so bezeichnete D-(Doppelungs-)Stamm grundsätzlich nur
faktitive bzw. denominative, aber keine intensive Bedeutung hat.
Ziel der Studie ist es daher im besonderen, diese Neuansätze für
das Hebräische fruchtbar zu machen. Da rein lexikalisch gesehen
oft kein Unterschied zwischen der Bedeutung von Formen des
Piel und der anderer Stämme - bei Intransitiva zwischen Piel und
Hifil, bei Transitiva zwischen Qal und Piel - festzustellen ist,
kann, wie der Vf. im dritten Abschnitt der Einleitung (S. 15-19)
darlegt, methodisch nur eine syntaktisch-semasiologische Differenzierung
der Formen im jeweiligen Kontext zum Ziel führen. D. h.,
daß vor allem scheinbar bedeutungsgleiche Formen von Piel und
Hifil bzw. Qal und Piel gegenübergestellt werden, um auf diese
Weise einer Unterscheidung, die unserem Sprachgebrauch fremd
ist und daher nicht unmittelbar wiedergegeben werden kann, auf
die Spur zu kommen. Die Untersuchung beschränkt sich ausdrücklich
auf das eigentliche Piel im hebräischen Kanon des Alten Testaments
(einschließlich einiger Beispiele des Pael in den aramäischen
Teilen), läßt also nicht nur Pual und Hitpael, sondern auch Polel-
und Pilpel-Formen unberücksichtigt, um mögliche weitere Differenzierungen
nicht von vornherein auszuschließen.

Den Schwerpunkt bildet das erste Kapitel des Hauptteils
(I. Faktitiv und Kausativ bei intransitiven Grundstämmen, S. 20-
123), da hier alle wesentlichen Entscheidungen fallen und diese
auch für die weiteren Kapitel gültig sind. Nach einer grundsätzlichen
Abgrenzung der intransitiven Verba (S. 20-25) wird das
Piel im Anschluß an die akkadische Grammatik als Faktitiv
gekennzeichnet und von dem bei Intransitiva äußerlich oft bedeutungsgleichen
Hifil in vierfacher Hinsicht unterschieden. 1. Beide
haben nicht die gleiche Beziehung zwischen Subjekt und Objekt
(S. 33-52). Im Piel geht es um ein Versetzen des rein passiv verstandenen
Objekts in einen adjektivisch bzw. durch Verbaladjektiv
ausdrückbaren Zustand (z. B. brennend machen — anzünden), im
Hifil dagegen um ein Veranlassen des als Untersubjekt verstandenen
, also aktivierbaren Objekts zu eigenem Handeln (z. B.
brennen lassen = etwas verbrennen). 2. Unterschiedlich sind die
Aktionsarten der Handlung (S. 52-77), da das Piel speziell am
Endergebnis, eben dem adjektivisch ausdrückbaren Zustand, nicht
aber am Verlauf der Handlung, das Hifil dagegen umgekehrt am
letzteren interessiert ist. Von da aus ergibt sich, daß das Hifil oft
einen durativen, das Piel einen momentanen Vorgang zum Ausdruck
bringt (z. B. das Anzünden des Feuers am Sabbath, Ex 35, 3),
doch kann das Endergebnis auch die Folge von sukzessiven Handlungen
, die einen längeren Zeitraum benötigen, darstellen (z. B.
Feuer unterhalten, Ez 39, 9 f.). 3. Zwischen Subjekt und Handlung
ist eine verschiedene Beziehung festzustellen (S. 77-87). Es läßt
sich nämlich beobachten, daß - vor allem bei den Partizipien -
das Piel oft eine gewohnheitsmäßige, habituelle, das Hifil dagegen
eine besondere, okkasionelle Handlung wiedergibt (vgl. nur die
entsprechenden Partizipien in Jer 7,18 und Ex 22,5). Dies ist
dadurch zu erklären, daß beim Hifil das Objekt zugleich Untersubjekt
, also als mithandelnd zu verstehen ist, so daß das Subjekt
nicht völlig unabhängig bleibt, sondern durch die jeweilige
Situation bestimmt wird. Beim Piel dagegen handelt das Subjekt
unabhängig und direkt, und daher eignet es sich besser dazu, ein
habituelles Verhalten auszudrücken, wiewohl es natürlich auch
nicht-gewohnheitsmäßige Handlungen beinhalten kann (z. B. Ez
21,4). 4. Ein Unterschied besteht auch zwischen Handlung und
Objekt (S. 87-119). Wie der Vf. bereits vor Ausführung der Unterschiede
in einem gesonderten Abschnitt (S. 25-33) gezeigt hat,
drückt das Adjektiv als Prädikat eines Nominalsatzes ein synthetisches
, also ein zum Subjekt neu hinzutretendes Urteil aus. Das
gleiche gilt entsprechend vom Piel, das ja seinerseits einen adjektivisch
umschreibbaren Zustand bewirkt. Der Vf. bezeichnet daher
das Verhältnis von Handlung zu Objekt als akzidentiell, weshalb

bei der Übersetzung oft adverbielle Ausdrücke wie „trotz allem",
„sogar auch", »unerwartet" u. ä. zur Verbform hinzugesetzt werden
können. Im Hifil dagegen kann die am Untersubjekt veranlaßte
Handlung nichts für dieses wesenhaft Fremdes darstellen. Das
Verhältnis ist daher hier ein substantielles, weshalb bei der
Übersetzung oft ein „entsprechend" oder „umständehalber" hinzugesetzt
werden kann. Das Hifil steht infolgedessen vielfach in
Zweitstellung nach einem neu einsetzenden Piel (z. B. in Gen
35,16 f., wo die gleiche Wurzel erst im Piel, dann im Hifil vorkommt
). Durch diese vier grundsätzlichen Differenzierungsmöglichkeiten
zwischen Piel und Hifil erweist der Vf. das erstere als
eine eigene Größe und vermag damit zugleich den faktitiven
gegenüber dem kausativen Gebrauch konsequent - und zwar
konsequenter, als dies in den akkadischen Grammatiken geschieht
(vgl. S. 38 ff.) - abzugrenzen.

Auch die Pielformen der transitiven Verba sind, wie im zweiten
Kapitel des Hauptteils (II. Aktualis und Resultativ bei transitiven
Grundstämmen, S. 123-229) gezeigt wird, von der gleichen Grundfunktion
abzuleiten, nur daß hier die Abgrenzung von dem nahezu
bedeutungsgleichen Qal (z. B. zerbrochen machen von Qal zerbrechen
) die entscheidende Aufgabe ist. Der Unterschied besteht
wiederum darin, daß das Piel am Endergebnis, nicht aber am
Handlungsvorgang interessiert ist, daher eine resultative Funktion
hat, das Qal dagegen den letzteren intendiert und daher als
Aktualis bezeichnet wird. Von da aus erübrigt sich die Annahme
einer intensiven Grundbedeutung. Im dritten Kapitel des Hauptteils
(III. Piel-Verben ohne Grundstamm, S. 230-274) überträgt
der Vf. seine Ergebnisse auf Verba ohne Grundstamm. Darunter
fallen auch die denominierten, die - unabhängig von den sprachgeschichtlichen
Umständen, die jeweils zur Denomierung geführt
haben - im Piel speziell auf ein Endergebnis, u. U. im privativen
Sinn, hinauslaufen und damit dessen faktitiv-resultative Grundfunktion
bestätigen, ohne daß noch weitere Funktionen angenommen
werden müßten. Ein kurzer Schlußteil (S. 275-278) mit
Zusammenfassung der Ergebnisse und Ausblick auf die noch verbleibenden
Aufgaben sowie eine detaillierte Liste sämtlicher im
Piel vorkommender Verben und je ein Register hebräischer Wörter
und ausgewählter Bibelstellen (S. 279-298) beschließen das Ganze.

Der Wert der vorliegenden Studie liegt nicht nur in den hier
skizzierten Hauptgedanken, sondern ebenso in der ausgedehnten
Beweisführung von Fall zu Fall. Denn durch sie erst wird den
zahlreichen Bedeutungsvarianten im einzelnen Rechnung getragen
und überhaupt eine Fülle von Sonderproblemen behandelt, so daß
sich ein geschlossenes und wohlfundiertes System ergibt. Es wäre
kaum sinnvoll, sich mit dem Vf. um die Deutung einzelner Verse
zu streiten, und zweifellos bedarf es noch ergänzender Untersuchungen
, so besonders zum Hifil, aber auch zu den nicht berücksichtigten
Doppelungsstämmen sowie zu anderen semitischen
Sprachen, um die gewonnenen Ergebnisse von verschiedenen Seiten
her bestätigt oder auch modifiziert zu sehen. Aber hinter diese
Ergebnisse wird man kaum zurückkönnen. Daher gebührt dem Vf.
für seine entsagungvolle Arbeit besonderer Dank, der ihm wohl
am besten dadurch abgestattet werden kann, daß sie als Grundlage
für weitere intensive Bemühungen benutzt wird, um die
hebräische Grammatik zu modernisieren und ihr trotz der zunächst
sehr fremd und kompliziert anmutenden Vorüberlegungen
letztlich zu größerer Klarheit und Einheitlichkeit zu verhelfen.

Leipzig Joachim Conrad

JUDAICA

Yadin, Yigael, Prof.: Masada. Der letzte Kampf um die Festung
des Herodes, übers, aus dem Hebräischen v. M. Pearlman,
aus dem Englischen v. E. u. A. E g g e b r e c h t. 2. Aufl. Hamburg
: Hoffmann und Campe (1967]. 272 S. m. zahlr. z. T. färb.
Abb. u. Ktn. 4°. Lw. DM 38,-.

Nachdem ich bereits den vorläufigen Bericht über die Masada-
Ausgrabungen inThLZ93 1968, 175-177 besprechen durfte, ist es
mir eine besondere Freude, ein weiteres Buch des verdienten Ausgräbers
von Masada, Yigael Yadin, besprechen zu können. Der
Titel der englischen Ausgabe lautet: Masada, Herod's Fortress