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Ausgabe:

1969

Spalte:

742-743

Kategorie:

Altes Testament

Autor/Hrsg.:

Wallis, Gerhard

Titel/Untertitel:

Geschichte und Überlieferung 1969

Rezensent:

Soggin, Jan Alberto

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Theologische Literaturzeitung 94. Jahrgang 1969 Nr. 10

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den Entstehungsprozeß der prophetischen Texte und in die Ge- und auf die Einzelfragen einzugehen. Zusammenfassend möchten
staltung der prophetischen Verkündigung bietet. wir also nur betonen, daß es dem Verfasser gelungen ist, an einer
Zur Fragestellung: In Sach 12 f und 14 haben wir es mit zwei Reihe von Texten nachzuweisen, daß die einzelnen, in den EinTexten
zu tun, die ganz eigenartig parallel und gleichzeitig gegen- gangsstücken zu Sach 12 und 14 vorausgesetzten Vorstellungen in
sätzlich dastehen «. In beiden handelt es sich um künftige Ereig- der prophetischen Literatur jeweils ältere Vorbilder haben. Bei
nisse. Kap. 12 f berichtet in knappen Worten vom erwarteten Aus- einer vorläufigen Gliederung des Materials ergaben sich dabei
gießen eines „Geistes des Mitleids und des Ergriffenseins" „über drei Vorstellungskreise: 1. Der Kampf der Völker gegen Jerusalem,
die Bewohner Jerusalems" Das wird - nach einer Trauer des 2- Jahwes Kampf gegen die Völker, 3. Jahwes Kampf gegen
Volkes um einen „Durchbohrten" - zur Umkehr und Reinigung Jerusalem (111 ff).

der herrschenden Kreise und der Bevölkerung führen (S. 7). Kap. Beim Vergleich der in Frage kommenden Texte stellt man
14 richtet dagegen den Blick über Jerusalem und Juda hinaus auf dann ferner leicht fest, dafj die einzelnen Vorstellungskreise noch
die Völkerwelt. Die Schilderung ist dieses Mal ausführlich und weiter in verschiedene Schichten aufzuteilen sind. So läßt sich z. B.
eindeutig auf die Endzeit gerichtet. Unter den verschiedenen Mo- bei den Völkersturmabschnitten deutlich eine jüngere und eine
tiven erscheint als zentrales das Hinaufziehen der Völkerreste ältere Schicht erkennen, von denen die letztere offensichtlich auf
zum Laubhüttenfest nach Jerusalem (S. 7). eine uralte Jerusalemer Kulttradition zurückgreift, und zwar auf
Beide Einheiten werden durch syntaktisch gleichlautende Wen- den Eljon-Kult (Ps 46, 5; 87,5; S. 175). - In Bezug auf die Kriege
düngen eingeleitet und ihre Eingangsstücke (12,1-8 und 14,1-5), Jahwes weist der Verfasser darauf hin, daß das AT „heilige
die im vorliegenden Buch näher untersucht werden, sind vom Kriege" im arabischen Sinn nicht gekannt hat (181, Anm. 1),
folgenden Text durch dieselbe Formel „und geschehen wird's an wenngleich das Volk zeitweilig zum Sich-heiligen für den Krieg,
jenem Tag" (12, 9; 14, 6) abgesetzt. Die Eingangsstücke schildern d- h- den Krieg Jahwes, aufgefordert wurde. Bei der Übernahme
in beiden Fällen eine Bedrohung Jerusalems, die nach 14, 2 für der Tradition der Jahwekriege durch die Propheten merken wir,
die Stadt und die Menschen darin ganz grausam sein wird, daß es sich nur um eine künstliche Wiederbelebung nicht mehr leben-
wogegen nach Kap. 12 Jerusalem unversehrt bleibt". di9er Überlieferungen handelt (188). Erst nach dem Fall Jerusa-
r,,,.., ... , ... , . , . . lems kommt es zu einer Aktualisierung der alten Motive in der
Durch hterarkntische Untersuchung kann man kleinere porm ejnes umfassenden Tahwe erichtes über die Völker (189) -
Untereinheiten herausarbeiten, auch vermutliche sekundäre Zusätze „.,„,, ,.„,,,, „ , » «
aussondern, bis nur Gegensätze in beiden Abschnitten als das Hier k,nuPfenT,da"nvdle Kampfhandlungen Jahwes gegen Jerusalem
„ursprüngliche» Gut übrigbleiben. Lutz sieht jedoch richtig, daß " als eme Umkehrung der Tradition vom Jahwekrieg (190,200).
dadurch das Problem noch nicht gelöst ist, und stellt richtig die Aus der ausführlichen und anregenden Untersuchung ergibt
Frage nach dem „traditionsgcschichtlichen Hintergrund" von Sach sich als Schlußergebnis: Die beiden Eingangsstellen Sach 12 und 14
12, 1-8 und 14, 1-5 (S. 9). Sollte es sich herausstellen, daß die lassen sich nicht auf eine einzige Überlieferung zurückführen,
in beiden Abschnitten verwendeten Motive in sachlich verwandten wir haben es da einmal mit einer vorisraelitischen Tradition aus
Texten getrennt erscheinen, wird man von zwei voneinander zu dem Eljon-Kult zu tun (der Völkersturm), andererseits mit einer
scheidenden Traditionen sprechen müssen. Andernfalls würde es zweifachen Ausformung der Tradition vom Jahwekrieg. Im Versich
nur um eine einzige Tradition handeln, und es bliebe höchstens Sleich mit anderen Prophetenstellen läßt sich sogar die Reihenfolge
festzustellen, in welcher Beziehung beide Schilderungen zu ein- der Motive altersmäßig aufstellen: als ältestes Motiv ist jedenfalls
ander stehen. der Völkersturm gegen Jerusalem anzusehen, darauf folgt der

tv .. , . , ... ,. , , . y, , Kampf Jahwes gegen die Völker, und als jüngstes Motiv tritt der

Die vorliegende Arbeit bietet nach einer mit der Forschungs- „ c x. t i vi « „ a ■.■.„•-• .

. . , . , , _ . . , , , , , " Kampf Jahwes gegen Jerusalem hinzu (202). „Aus der statischen

geschiente und der Fragestellung sich befassenden Einleitung ,„ • .... ,a ... .... . . .__. -i

» ... „ . . . . , ... ... 1, ~7 , ... außensraehtischen Kulttradition ist eine dynamische, auf Verwirk-

U-10) zunächst eine eingehende Analyse beider Textabschnitte ... . . . Ir .. . .... ,„ „ ,nnn

tu ,nn , ... •.. j. lichung drangende Heilstradition geworden (202).
Ul-32), um dann mit ihnen weitere prophetische Texte zu ver-

gleichen, in denen Jahwe, Jerusalem-Israel und „die Völker" als Der Verfasser schließt seine Untersuchung über Sach 12, 1-8

Partner eines universalen Kampfgeschehens auftreten (33-110). und 14< m't den Worten: „hier eine dem Kult mit seinen For-

Die Einzelergcbnisse werden nach ihren Motiven zusammengefaßt derungen und Traditionen verpflichtete Theologie, für die der

(111-146) und die Traditionslinien bis auf ihren wahrscheinlichen Volkersturm im Sinne der Zionslieder zur Bestätigung der eigenen

Ursprung zurückverfolgt (147-204). Zum Schluß wird noch ein Erwähltheit und zum Anlaß einer inneren Erneuerung wird -

Versuch unternommen, beide Saeharjastellen von den traditions- dort eine aus alten prophetischen Überlieferungen gespeiste Er-

geschichtlichcn Ergebnissen her zu deuten (205-212). In einem Wartung, die ihren konsequenten Ausdruck in der Vorstellung

Anhang wird Stellung genommen zu einer Monographie, mit der findet, daß Jahwe sich unter Mithilfe der Heidenvolker in einem

sich der Verfasser in seinem Buch nicht mehr auseinandersetzen ,etzten -Heiligen Krieg' gegen seine auserwahlte Stadt wendet,

konnte, nämlich: G. Wanke, Die Zionstheologie der Korachiten in er die Königsherrschaft über die ganze Welt antritt (212).

ihrem traditionsgeschichtlichen Zusammenhang (ZAW Beiheft Prag MiloS B18
97/1966). Mit einem reichlichen Literaturverzeichnis und Registern
endet das Buch.

Um eine richtige Vorstellung von der Fülle des Inhalts zu Wal 1 i s , Gerhard: Geschichte und Überlieferung. Gedanken über

bekommen, müßte man die einzelnen, zum Vergleich herangezo- alttestamentliche Darstellungen der Frühgeschichte Israels und

genen Bibclstcllen miterwähnen, aber in einer kurzen Besprechung der Anfänge seines Königtums. Berlin: Evang. Verlagsanstalt u.

ist es ausgeschlossen, die Problematik so ausführlich aufzurollen Stuttgart: Calwer Verlag [1968]. 130 S., 1 Kte. gr. 8°.

Das Erscheinen von fünf, z. T. unveröffentlichten Aufsätzen aus

iDPrRw,,»m,i , ■ der Feder Gerhard Wallis' sollte sowohl für den Orientalisten als

Min ... (7'°,'lsent mochte diese Gelegenheit wahrnehmen, um nnf ein ._ t>„,i„.,»„.,,, non„ au/4,

vPr.shmdniH des Verlese™ hin/.nwelsen. Lutz meint, der Rezen- auch für den Alttestamentler von Bedeutung sein. Denn auch zu

Tn J- U"M ri"' w"61* elnM einzigen Autors fS. t, Ml. den schon veröffentlichten Materialien, welche in der Wissenschaft-

«j;ÄÄt;„Ä Innerhalb »tÄ liehen Zeitschrift der Martin-Luther-Universität, Halle-Wittenberg,

' pewlsse Sonderstellung einnimmt'1 (8.142) und <l;i (l da „ein neuer erschienen war besonders durch die Tatsache, daß die Wissen-

nl«K.n"t*e»lnnt" (S. lf.O). filier den Autor oder die Autoren kann , T.lf.r*,«.lft_ J„, nBi»oroifätPn Apt DDR im W/PQl-Pn

n «wnnt. werden, deshalb hielt es der Rezensent für schafthehen Zeitschriften der Universitäten der DDK im Westen

»DBeSen in scincm 15,10,1 ausführlicher auf diese Frage ein- nicht genügend verbreitet, ja oft nicht erhältlich sind, der Zugang

" i),,,. d,..... , .. , „, , , , , . .. ,. , . , . nicht immer leicht, wodurch sie nur allzu oft übersehen werden.

v„„ i l<ezeiiHeut wurde um Singular loleh festhalten und nicht . ,,. , . .... .

von den Bewohnern, sondern von dem Bewohner sprechen; vgl. Dieser Lage kann endlich, wenn auch nicht prinzipiell, so wenigen
Kommentar. stens im Einzelfall/ nun abgeholfen werden.
w«-»i ior "'"'nt in der l'nlersuehnng u. a. unerwühnt, daß der . . ... , _ ...... .« tn . ... „,„

Wortlaut von 12,2 cino doppelle Mitteilung bietet: a) Juda steht Jeru- „Die Jakobstradition und Geschichte (S. 13-44, früher WZ .. .

(|! 'j!" Ir':i'"llil'11 gegenüber (vgl. .ins Vorwort !."), b) mich Juda kommt Halle 13 [1964], S. 427-440) wurde .schon bei ihrem Erscheinen

1*. «f^'^/A'.oi/'.'i'ir. ^;;™>,T^ «lö^S^^^Int«1"^ "Sr'^^ficA^r^a«^,".- als „vor allem aus methodischen Gründen beachtenswert"' be-
nie Ii» 'L°r ^.''F0"""»!7' von beiden Textabschnitten gemildert, wenn auch

nient beseitigt. Auch sonst wiire cino gründlichere Exegeso wertvoll -

««wegen. " * *K*° werl i Vgl. die Zeitschriftenschau dor ZAW 77 (19C5), S. 108 f.