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Ausgabe:

1969

Spalte:

51-52

Kategorie:

Kirchengeschichte: Mittelalter

Autor/Hrsg.:

Müller, Alfons

Titel/Untertitel:

Die Lehre von der Taufe bei Albert dem Großen 1969

Rezensent:

Heidrich, Peter

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Seite 1

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Theologische Literaturzeitung 94. Jahrgang 1969 Nr. 1

den Jahren 1440-1450, wirklich bekannt geworden. Dieser Fund
machte deutlich, daß Margery Kempe nur in „uneigentlichem"
Sinn zu den englischen Mystikern gerechnet werben kann; denn
in ihrem „Buch" findet sich nur wenig geistliche Belehrung. Augustine
Baker hat dann die Lehre der englischen Mystiker des Mittelalters
erneuert und damit einen wesentlichen Anteil an der Bewahrung
und Darbietung ihrer Werke gehabt.

Der Verfasser unseres Buches läßt die Mystiker reichlich selbst
zu Worte kommen. Er setzt sich mit den bisherigen Untersuchungen
über die englischen Mystiker auseinander und kömmt teilweise
zu eigener Beurteilung derselben. Das Buch ist zu begrüßen,
weil es über die in Deutschland wenig bekannten englischen Mystiker
eine gut orientierende Darstellung gibt und das Bild der
Mystik erweitert. Die deutsche Obersetzung der englischen Originalausgabe
„The English Mystical Tradition" ist förderlich zu
solchem Ziel.

Berlin Walter D c 1 i u s

Müller, Alfons: Die Lehre von der Taufe bei Albert dem Großen.

München-Paderborn-Wien: Schöningh 1967. XXIV, 280S. gr. 8°
= Münchener Universitäts-Schriften, Theol. Fakultät. Veröffentl.
des Grabmann-Instituts zur Erforschung der mittelalterlichen
Theologie u. Philosophie, hrsg. v. M. Schmaus, W. Dettloff, R.
Heinzmann, N. F. 2. Kart. DM 32,-.

Das Buch lag der Kath.-Theol. Fakultät München im WS 1961/62
als Dissertation vor, angeregt und betreut von Prof. Schmaus. Es
benutzt für seine Darstellung von den systematischen Werken Albert
» vor allem seine Summa de sacramentis und die entsprechenden
Abschnitte seines Sentenzenkommentars, zieht aber auch exegetische
Werke Alberts mit heran. Der Verfasser vergleicht mit Albert
ständig frühere und spätere scholastische Autoren, um Alberts Stellung
in der Theologiegeschichte zu verdeutlichen; besonders wird
Albert den Anschauungen des Alexander von Haies, Thornes von
Aquino und Bonaventuras gegenübergestellt, Literatur ist reichlich
verarbeitet worden; es fällt auf, daß auch moderne katholische wie
evangelische Untersuchungen zur Tauftheologie herangezogen worden
sind wegen - wie der Verfasser meint - der Bedeutung der
Taufe im ökumenischen Gespräch. Freilich erlaubt der Raum in den
Anmerkungen dazu lediglich bibliographische Hinweise, was den
Wert dieser Ausweitung einschränkt. Man kann allenfalls den Versuch
des Verfassers darin sehen, die Einheit der Theologie trotz
unterschiedlicher Fragestellung in Scholastik und Gegenwart
wenigstens anzudeuten.

Das Buch ist übersichtlich in 11 Kapitel gegliedert. Das erste und
das letzte Kapitel befassen sich mit alttestamentlichen „Vorläufern"
der christlichen Taufe, der Johannestaufe und der Beschneidung.
Die Darstellung der Tauftheologie setzt mit der Definition der
Taufe ein. Grundlegend ist dafür Augustins bekannte Formel:
accedit verbum ad elementum et fit sacramentum, Wortvollzug und
Elementgebrauch sind nicht nur existentiell unentbehrliche Struk-
turelementc, sondern auch innerlich aufeinander bezogen. Der weiteren
Erörterung Alberts liegt das Materie-Form-Schema zugrunde.
Albert verbindet damit eine von der areopagitischen Tauftheologie
bestimmte Interpretation und zieht die Definition des Johannes von
Damaskus heran.

Bei der Frage nach der Einsetzung der Taufe unterscheidet Albert
eine multiplex institutio: officialiter (Übertragung einer Vollzugsgewalt
), causaliter (materialiter, formaliter, effective, zeichenhaft),
guoad effectum salutis. Zwei Kapitel stellen ausführlich Alberts
Verständnis von Materie und Form der Taufe dar, die Ausführungen
über Spender und Empfänger der Taufe schließen sich an. Es
sei besonders auf § 13 verwiesen, in dem Alberts Deutung der lateinischen
Taufformel als indikativische Aussageform mit deoreka-
tivem Gehalt erörtert wird: „baptizo te, etc., id est, ego baptizo te
exterius invocans Patrem, etc., ut interius te baptizet" (S. 93).
Albert spricht dann u. a. über Häretikertaufe, Blut- und Begierdetaufe
, über das Schicksal der ungetauft sterbenden Kinder, über
Patenschaft.

Bei den Darlegungen der Wirkungen der Taufe kommt Albert
naturgemäß auf die Erbsünde zu sprechen, wobei er der augusti-
nischen Betonung der Konkupiszenz nicht folgt und mit seinen
Thesen der Lehre des Thomas den Weg bereitet. Das sakramentale
Prägezeichen bestimmt Albert als Relation, während die meisten

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scholastischen Theologen den Charakter in die Kategorie der Qualität
einordnen, wie auch Thomas. Albert vei gleicht den Charakter
bei der Taufe mit dem anderer Sakramente, fragt, oder der Tauf
Charakter bestehen bleiben kann neben dem character bestiac
(Apok. 13,17) und klärt damit die Bedeutung des Taufcharakters.
Die Bedeutung der Taufe für die Kirchenmitgliedschaft und das
allgemeine Priestertum tritt bei Albert zurück.

Das Buch ist sehr instruktiv, eine knappe Zusammenfassung
schließt die klare Darstellung ab.

Rostock Pctcr H c i d r i c Ii

Aeneas Sylvius Piccolominus (Pius II): De Gestis Con-
cilii Basiliensis Commentariorum Libri II. Ed. and transl. by D.
H a y and W. K. S m i t h. Oxford: Clarendon Press 1967. XXXVIII
268 S. 8° = Oxford Medieval Texts, cd. by V- H. Galbraith,
R. A. B. Mynors, C. N. L. Brooke. Lw. 55 s.

Mitten hinein in das Geschehen des dritten großen Reformkonzils
zu Basel (1431-1449) führt das zweiteilige Kommentarwerk
von Enea Silvio Piccolomini, des späteren Papstes Pius II. (1458
bis 1464). Denys Hay und W. K. Smith haben das 1440 geschriebene
hervorragende Zeitdokument mit stark konziliaristischer Tendenz
bilangual (lateinisch-englisch) nach dem in Wien liegenden besten
Manuskript, einem nur Buch 1 enthaltenden Ms. in Basel und der am
gleichen Ort erschienenen editio prineeps (1524) - sowie unter
Kollationierung weiterer Quellen - ediert. Der Konzilskommentar
ist abgefaßt worden in der Zeit zwischen der Wahl Papst Felix' V.
im November 1439 und seiner Krönung im Juli des folgenden Jahres
. Aus dem Konzilsgeschehen werden lediglich die dramatischen
Schlußdebatten, die zur Absetzung Papst Eugens IV. (Inhalt von
Buch 1) geführt haben, mitgeteilt und außerdem die Umstände der
Wahl des Gegenpapstes, des Herzogs Amadeus von Savoyen (Inhalt
von Buch 2).

Das Konzilsdokument hat besonders dadurch seinen Reiz, daß
hier ein Befürworter der Absetzung Eugens IV. und generell des
Konziliarismus spricht, der diese seine Position, die er als einer
der Sekretäre des schwachen Felix' V. einnahm, später verleugne!
und als Papst gänzlich verlassen hat. Charakteristischerweise ist in
den vatikanischen Beständen kein Exemplar des Kommentars zu
finden. 1460 krönte der nunmehrige Pius II. seinen Antikonziliaris-
mus mit der Bulle „Execrabilis", die jede Appellation an ein Konzil
als häretisch verdammte. Aber bereits vor dem Antritt seines Ponti-
fikats hat Enea Silvio Piccolomini alles getan, um den Eindruck
seines Augenzeugenberichtes von 1440 keine Verbreitung finden
zu lassen. 1450 schrieb er als Bischof den sogenannten „De rebus
Basiliae gestis Commentarius" in Briefform. Dieses an einen Kardinal
gerichtete Schriftstück zeigt schon einen den Ausführungen
von 1440 diametral entgegengesetzten papalistiscr.en Standpunkt.
Um so mehr wird das Interesse an der ursprünglichen Version haften
, die jetzt einer breiteren Öffentlichkeit vorliegt.

Ein Anmerkungsapparat verzeichnet Väterzitate, Bibelstellen,
allgemeine Sacherklärungen und weiterführende Literatur. Darüber
hinaus beschreibt eine längere Einführung die konziliare
Bewegung im Spätmittelalter. Eine Kurzbiographie Enea Silvio
Piccolominis vermittelt einen guten Eindruck von diesem einflußreichen
Renaissancepapst, dessen Schreibfreudigkeit durch eine
skizzenhafte Übersicht über sein literarisches Werk deutlich wird.
Ein Verzeichnis noch vorhandener Quellen für das oben besprochene
Kommentarwerk schließt die Einleitung ab.

Den beiden Herausgebern gilt herzlicher Dank, daß sie einen
instruktiven Blick in den Konziliarismus des 15. Jahrhunderts durch
ihre Edition möglich machen.

Berlin Joachim R o g g c

Basetti-Sani, Guilio: Franziskus von Assisi (Concilium 4,
1968 S. 494-501).

Beer, Francis de: La Genese de la Fraternite Franciscaine (FS 49.
1967 S. 350-372).

B e n d i e k , Johannes: Zum ersten und zweiten Gottesbeweis des

hl. Thomas von Aquin (FS 50, 1968 S. 29-30).
C a m b e 11, Jacques: Glanes franciscaines (FS 49, 1967 S. 293-349).
Honselmann, Klemens: Ein neu aufgefundener Bericht von

der Übertragung der Liboriusreliquien (ThGl 58, 1968 S. 394-398).