Recherche – Detailansicht

Ausgabe:

1969

Spalte:

733

Kategorie:

Religionswissenschaft

Titel/Untertitel:

Hindu world 1969

Rezensent:

Mensching, Gustav

Ansicht Scan:

Seite 1

Download Scan:

PDF

733

Theologische Literaturzeitung 94. Jahrgang 1969 Nr. 10

734

„Schintoismus" sollte vermieden werden) „keinen Sinn und kein
Verständnis für Gott als den absolut Heiligen hat" (310), ist gewiß.
Anderes bleibt zu fragen: Ist der Tcnnö-Kult wirklich so weit
außer Kraft, dafj sein Verlust der christlichen Mission „eine neue
Chance" (310) bietet? Hat sich, was der Verf. als ein Zitat anführt,
wirklich „das Verständnis des traditionellen Gottesbcgriffcs von
einem polytheistisch-persönlich/unpersönlichen zum montheisti-
schen Gottesbegriff verlagert" (311)?

TiiiiiiiRon Gerhard Bottnkram

Walker, Benjamin: Hindu World. An Encyclopedic Survey of
Hinduism. Ii A-L. II: M-Z. London: Allen & Unwin (1968).
XIII, 609 S. u. XI, 696 S. gr. 8°. Lw. zus. £ 10.10.0.

Diese umfangreiche und umfassende Enzyklopädie des Hinduismus
ist die erste ihrer Art, in der für Fachleute und interessierte
Laien in mehr als 700 Artikeln von unterschiedlicher Länge die
ganze Fülle des hinduistischen Lebens und Denkens ausgebreitet
worden ist. Jedem Artikel sind Angaben über die einschlägige
Literatur hinzugefügt, freilich nur soweit sie in englischer Sprache
vorliegt.

Der Kreis der Lebensgebiete, die durch Stichworte repräsentiert
sind, ist überaus umfassend und bietet gerade in seiner Vielgestaltigkeit
ein anschauliches Bild des Hinduismus, der bekanntlich
keine Religion ist, wie der Buddhismus oder der Islam, sondern
die Bezeichnung des im Rahmen der indischen Kastenordnung sich
vollziehenden Lebens in seiner ganzen Vielgestaltigkeit, die freilich
durchweg religiös bestimmt ist. Deshalb finden sich in diesem
Werk Artikel über indische Religion und Philosophie, über Yoga,
Kunst, Musik, Erotik und Architektur, über Geschichte und Mythologie
. Zahlreiche Artikel handeln von indischer Kleidung, Lebensweise
, Ernährung und Festen, von indischem Tanz, sozialen Verpflichtungen
und kultischen Riten. Der Verf. teilt im Vorwort mit, daß
das vorliegende Werk die Frucht der Arbeit vieler Fachgelehrter
sei, deren Namen in den Bibliographien zu finden seien. Der
Index enthält über 8000 Stichworte, die entweder auf Hauptartikel
hinweisen oder angeben, in welchem der Hauptartikel der gesuchte
Spezialbegriff behandelt wird. Das erhöht die Brauchbarkeit
dieses umfangreichen Buches erheblich.

Unter dem einzigen, auf das Christentum bezüglichen Stichwort
"Christianity" wird nicht, wie man nach Analogie der Behandlung
des Stichwortes "Buddhism" erwarten könnte, das Christentum in
seiner geschichtlichen Entwicklung dargestellt, sondern die mehr
oder minder legendarische Geschichte der Thomas-Christen in
Indien, von deren Christentum es (Bd I S. 238) heifit: "Christianity
is of greater antiquity in India than in any other country in the
world except Palestine - it is older in India than in Rome itself".
In dem Artikel wird weiter von dem Einfluß gesprochen, der von
dem Christenrum in Indien auf die Entwicklung indischer thei-
stischer Sekten ausging, besonders auf die Shiva- und Vishnu-Sekten,
in denen bekanntlich nur je ein Gott verehrt wird. Besonders aber
sieht der Verfasser des Artikels in der Dominanz der bhakti,
der Liebes- und Glaubenshingabe an Gott, wie sie im Vishnutum
gefordert und praktiziert wird, den Einfluß des Christentums wirksam
, wenn er schreibt: "the doctrinal basis of the worship of
Vishnu is bhakti, or faith in God, who is coneeived of as an
deity filled with compassion for humanity, who recognizes no
distinetions of caste but admits all his devotees to his grace and
love. Here again we find a new dement evolving during the
Christian period".

n""" (IiibIhv Mnnschinc

ALTES TESTAMENT

Henninger, Joseph: Über Lebensraum und Lebensformen der
Frühsemiten. Köln-Opladen: Westdeutscher Verlag (1968). 61 S.
gr. 8° — Arbeitsgemeinschaft für Forschung des Landes Nord
rhcin-Westfalen. Geisteswissenschaften, hrsg. v. L. Brandt,
151. Kart. DM 6,60.

Das vorliegende Heft, dem andere gehaltreiche Arbeiten des
Verfassers ähnlicher Art vorausgegangen sind, ist gegliedert in
„I. Grundbegriffe und Fragestellung" (S. 7-13); „II. Lebensformen

der ältesten Semiten", nämlich „1. Die Wirtschaftsform"; „2. Die
Gesellschaftsform"; „3. Die Religion" (S. 13-44); „III. Lebensraum
und Chronologie der Frühsemiten" (S. 44-48); „Summary" (S. 49);
„Resume" (S. 50); „Diskussion", an der sich außer dem Vf. Hans
Erich Stier, Wolfram Frhr. von Soden, Franz Kiechle, Leo Brandt,
Hans Wehr und Heinrich Lausberg beteiligt haben (S. 51-61). Wie
es von dem ganzen Heft gilt, so steht auch der „Die Religion"
überschriebene Abschnitt ganz auf der Höhe der Forschung, wobei
deren gegenwärtiger Stand es mit sich bringt, daß die hier in
Betracht kommenden Fragen großenteils nicht eindeutig beantwortet
, daß vielmehr die verschiedenen Antworten, die sie in der
Gegenwart erfahren, neben einander gestellt werden. So ist das
von allgemeinen Entwicklungstheorien bestimmte Bild von der
Religion der Frühsemiten, das J. Wcllhausen und W. R. Smith
entworfen haben, heute ebenso fraglich geworden wie die Vorstellung
, die sich W. Schmidt von ihr als einem monotheistischen
Erbe der - später degenerierten - Urkultur gemacht hat. Das
vorliegende Buch begnügt sich also einstweilen mit der Untersuchung
bestimmter Kultbräuche und Gottesvorstellungen. Ähnliche
Zurückhaltung übt der Vf. gegenüber verbreiteten Vorstellungen
von der Heimat der Semiten und ihren Lebensformen. Was die
letzteren angeht, so ist der Vf. sich dessen bewußt, daß seine
Deutung des ganzen Sachverhalts überraschend erscheinen mag,
„denn sie ist die fast völlige Umkehrung der gewohnten Vorstellung
von der Entwicklung des Semiten: vom Kamelzüchter
zum Kleinviehzüchter und dann zum Ackerbauer" (S. 46). Kurz,
Hennigers Vorlesung und die Beiträge zu der Diskussion über sie
geben ein zuverlässiges Bild von dem, was die heutige Wissenschaft
über Lebensraum und Lebensformen der Frühsemiten zu
sagen vermag.

Halle/Sanle Otto E i ß f c 1 dt

Oyen, Hendrik van: Ethik des Alten Testaments. Gütersloh:
Gütersloher Verlagshaus Gerd Mohn [1967]. 208 S. gr. 8" =
Geschichte der Ethik, hrsg. v. H. v. Oyen u. H. Reiner, 2. Lw.
DM 25,-.

In der Reihe „Geschichte der Ethik", welche in 12 Bänden von
der Ethik der Antike bis zur philosophischen und theologischen
Ethik des 20. Jahrhunderts führen soll, behandelt der Basier
Systematiker H. van Oyen, der mit Hans Reiner zusammen zugleich
Herausgeber der Gesamtreihe ist, die Ethik des Alten Testaments.

Der Weg der Darstellung führt nach einführenden Erwägungen
über die Quellen, die Bedeutung der Geschichte für den alttesta-
mcntlichen Glauben, welcher Gehorsamscharakter trägt und über
die religionsgcschichtliche Einzigartigkeit desselben (S. 9-21)
zunächst zu einer Skizzierung der theologischen Grundlagen des
alttestamentlichen Ethos (S. 22-59). In gutem Einstieg wird
ausgeführt, wie Israel im Namen seines Gottes sowohl um dessen
Offenbarsein wie um seine Unverfügbarkeit weiß. Die dann folgende
Erörterung über den „Bund", die etwas von der in jüngerer
Zeit sehr bewegten Diskussion um die bi'rit-Aussage und die
anhebenden Differenzierungen derselben erkennen läßt, führt
dann wohl etwas rasch unter Überspringung der sich im Gefolge
dieser Diskussion stellenden Probleme zu einem Durchschnitts-
Bundcsverständnis hin, das sich auf Eichrodts Theologie, die vor
diesen Diskussionen konzipiert worden ist, stützt. Von diesem
wird auch im Folgenden ausgegangen. Bei der Besprechung des
Erwählungsglaubens wird die in diesem beschlossene Pflicht zur
Heiligung mit Recht stark herausgehoben. „In der Erwählung
kommt von vornherein der Imperativ zur Geltung" (S. 32). Sie
ruft den kähäl, die Gemeinde, aus den Völkern heraus. In ihrer
Heiligung' zu der vor allem anderen der Lobpreis Gottes gehört,
soll diese ihre richtige Lebensgestaltung finden. In der göttlichen
Heiligkeitsforderung ist als dunkle Möglichkeit im Hintergrund
auch die Drohung des Gerichtes beschlossen. In der Prophetie
wird diese manifest. Ob man hier allerdings urteilen darf, daß die
Leidenschaft prophetischer Warnung „sich in Zynismus, Perversität,
Hohn und Ekel" verlieren kann, wird zu fragen sein. Die Stelle
Ez. 20, 25 f., in welcher Ezechiel nach des Vf. Meinung« „suggeriert
, Jahwe hätte Israel absichtlich falsche Gesetze gegeben" und
dabei die „Beziehung zwischen Ethos und Heiligkeit (zu) vergessen
scheint" (S. 47), ist darin kaum in ihrer ernsthaften biblischen
Gültigkeit verstanden. Sie führt so nahe wie kaum eine andere